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Im Pop wird nicht immer nur die Musik bewertet. Das fällt vor allem bei Künstlerinnen auf: Bei Madonna geht es immer auch um ihr Aussehen und die Wandelbarkeit, bei Taylor Swift muss immer auch erwähnt werden, von welchem Ex-Freund ihre Songs wohl handeln. Einer von ihnen soll John Mayer sein. Bei ihm scheint der Klatsch oft interessanter als seine Songs. Wer mit diesen bisher keine Berührungspunkte hatte, hat seinen Namen vermutlich schon im Zusammenhang mit Bezeichnungen wie "Herzensbrecher" oder "Womanizer" gelesen. In der Tat ist er aber mit seiner Musik nicht unerfolgreich. Sieben Grammys konnte Mayer bisher einsacken, seine Alben haben sich in den US-Charts immer weit oben platziert.
Mit "Sob Rock" vertieft Mayer nun konsequent den Stilmix, für den er ebenfalls bekannt ist. Der Songwriter vermischt Elemente aus Country, Rock, Pop und Blues. Die Vorabsingle "Last train home" bringt mit einem prägnanten Keyboard sogar 80er-Sounds auf den Spuren von Toto und Eric Clapton mit. Dazu gesellt sich Mayers unaufgeregter Gesang. Was vor allem beim ersten Durchgang sehr simpel erscheint, entpuppt sich schnell als waschechter Hit – spätestens, wenn der beinahe penible Gesang von Countrysängerin Maren Morris einsetzt. Das Besondere: Ein eindeutiger Höhepunkt oder ein eingängiger Refrain kommen bei "Last train home" an keiner Stelle vor. Stattdessen zieht sich eine gelassene Euphorie durch den Song. Bei "New light" verhält es sich ähnlich. Hier sorgt ein Synthesizer ebenfalls für deutliche 80er-Einflüsse. Mayers Gesang führt durch eine eher monotone Melodie, die durch Wiederholungen und überraschend hohe Töne immer wieder aufgelockert wird.
Schlägt der Songwriter mit "Sob Rock" noch mal ein völlig anderes Genre ein? Nicht ganz. Insgesamt machen die erfrischenden Retro-Sounds nicht die Mehrheit des Albums aus und kommen etwa noch in "Carry me away" oder der ebenfalls hitverdächtigen Single "Shot in the dark" vor. Die deutlichen 80er-Einflüsse hat der Songwriter im Interview mit dem US-amerikanischen Rolling Stone sogar als "Shitpost" bezeichnet und etwas, das er erst aus sich herauslocken musste.
Mayer lässt noch viel Platz für jene Songs, die man auch geringschätzig als "Kuschelrock" abtun könnte. Der Fokus liegt auf langen Gitarrensoli und geradezu trägen Drums, wie etwa in "I guess I just feel like". Einen Hauch lässiger wird es wieder mit "Wild blue", in dem die Saiten vor allem gezupft werden. In Stücken wie diesen wird Mayer wieder zu dem Musik-Klischee, als das er vermutlich auch wahrgenommen wird. Doch ohne Regen keine Blumen: Erfreuliches wie "Last train home" und "Shot in the dark" lässt darüber hinwegsehen.
(Lena Zschirpe ; plattentests.de)
All songs written by John Mayer
Except "New Light" written by John Mayer and Ernest Wilson