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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am01.04.20111. Auflage
Alte Gräber, neue Tote Bei Bauarbeiten in Kleve wird ein Massengrab entdeckt. Das Entsetzen ist groß. Die Toten, die dort offenbar seit Jahrzehnten liegen, weisen körperliche Gebrechen auf. Euthanasie in Kleve? Ein Verdacht, dem sich keiner gerne stellt und der alte Wunden aufreißt. Während Kommissar van Appeldorn und das KK 11 ermitteln, kommt bereits ein neuer Fall auf sie zu: mysteriöse Todesfälle unter Kleinbauern. Sie alle waren Gegner der «Gen-Mafia», die immer mehr Einfluss am Niederrhein gewinnt ...

Hiltrud Leenders, geboren 1955 am Niederrhein, arbeitete zunächst als Übersetzerin und machte sich später einen Namen als Lyrikerin. Sie war Mutter von zwei Söhnen und seit 1990 hauptberuflich Schriftstellerin. 2018 ist Hiltrud Leenders gestorben.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR8,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextAlte Gräber, neue Tote Bei Bauarbeiten in Kleve wird ein Massengrab entdeckt. Das Entsetzen ist groß. Die Toten, die dort offenbar seit Jahrzehnten liegen, weisen körperliche Gebrechen auf. Euthanasie in Kleve? Ein Verdacht, dem sich keiner gerne stellt und der alte Wunden aufreißt. Während Kommissar van Appeldorn und das KK 11 ermitteln, kommt bereits ein neuer Fall auf sie zu: mysteriöse Todesfälle unter Kleinbauern. Sie alle waren Gegner der «Gen-Mafia», die immer mehr Einfluss am Niederrhein gewinnt ...

Hiltrud Leenders, geboren 1955 am Niederrhein, arbeitete zunächst als Übersetzerin und machte sich später einen Namen als Lyrikerin. Sie war Mutter von zwei Söhnen und seit 1990 hauptberuflich Schriftstellerin. 2018 ist Hiltrud Leenders gestorben.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644439719
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum01.04.2011
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.8
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1020379
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


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Zwei


Bonhoeffer mochte kaum glauben, wie schnell sie vorankamen.

Marie war bei ihren Eltern in Bonn gewesen, als er sie auf dem Handy erreicht hatte.

Ob sie Lust hätte, ihm zu helfen? Die Frage sollte wohl ein Witz sein!

Keine drei Stunden später hatte sie schon bei ihm vor der Tür gestanden und am Samstag im ersten Morgenlicht neben ihm an der Baugrube, wo Klaus van Gemmern schon ein Raster ausgelegt und angefangen hatte, die ersten Abschnitte des Gräberfeldes zu fotografieren.

Marie war als Kind ein Wirbelwind gewesen und auch heute noch quirlig, aber wenn es um ihre Arbeit ging, war sie gründlich und äußerst besonnen.

Bonhoeffer hatte beobachtet, dass van Gemmern sie immer wieder musterte, und Wohlwollen in dessen Blick entdeckt - ein Ritterschlag.

Gegen halb zehn hatte man die ersten sicher verpackten und beschrifteten Knochenfunde in die Pathologie abtransportiert.

«Wir sollten uns dann wohl an unsere Arbeit machen», hatte Bonhoeffer gesagt. «Hier werden wir nicht mehr unbedingt gebraucht.»

«Nein, Klaus weiß genau, was er tut», hatte Marie zugestimmt. «Ein guter Mann.»

«Das ist er, völlig monoman, aber zweifelsohne gut.»

In der Pathologie gab es zwar zwei Sektionstische, sie brauchten aber für jedes einzelne Skelett einen eigenen Tisch, mussten parallel arbeiten, um die Knochen richtig zuordnen zu können. Der Technische Dienst der Klinik hatte mit Sägeböcken, Brettern und Türblättern ausgeholfen, sodass, als gegen Mittag der zweite Knochentransport eintraf, acht improvisierte Bahren an den Wänden des großen Prosekturraumes aufgereiht waren und sie mit ihrer Puzzlearbeit beginnen konnten. Die beiden Sektionstische mit der Spülvorrichtung würden sie brauchen, um die Erde von den Knochen abzuwaschen, bevor sie sie untersuchen konnten.

Als Bonhoeffer das erste Mal auf die Uhr geschaut hatte, war es nach acht gewesen.

«Mach Schluss für heute, Arend, und fahr nach Hause. Ich komme auch bald.»

Er hatte seinen Blick über die Exponate auf der Plane schweifen lassen, die sie in der Mitte des Raumes ausgebreitet hatten, dann die augenscheinlich immer noch putzmuntere Marie angeschaut und geseufzt.

Jetzt saß er zu Hause am Küchentisch und trank seinen zweiten Espresso. Es war Sonntag früh, er hatte fast acht Stunden geschlafen und spürte doch jedes einzelne Lebensjahr in seinen Knochen.

Oben wurde die Dusche abgestellt, und zehn Minuten später kam Marie in die Küche gehuscht. Sie hatte ihren blonden Lockenwust mit einem roten Gummiring irgendwie zusammengewurschtelt, ihre Augen strahlten. «Morgen!»

Bonhoeffer seufzte wieder. «Möchtest du auch einen Kaffee, oder soll ich dir lieber einen Tee kochen?»

«Ein Espresso wäre herrlich, danke. Und gibt´s auch irgendwas zu essen? Ich komme um vor Hunger.»

«Das kann ich mir vorstellen.» Er schaltete den Kaffeeautomaten ein. «Dein Abendessen stand im Backrohr. Hast du meinen Zettel nicht gefunden?»

«Doch, aber ich war zu müde, tut mir leid.»

Bonhoeffer lächelte. «Rührei mit Schinken?»

«Gern, aber setz dich wieder, das kann ich doch selbst ...»

«Das wär ja noch schöner!» Er stellte eine Pfanne auf den Herd und nahm die Butter aus dem Kühlschrank. «Wie lange hast du denn noch gearbeitet?»

«Weiß nicht genau, so bis drei, glaub ich. Vier Skelette sind so gut wie komplett, aber ich habe da ein Problem.»

Irgendwo klingelte ein Handy.

«Das ist meines.» Bonhoeffer drückte Marie den Pfannenwender in die Hand. «Hängt zum Aufladen an der Steckdose, Sekunde.»

«Es war van Gemmern», sagte er, als er zurückkam. «Er hat drei Kinderskelette ausgegraben, fast unversehrt. Sie lagen wohl so tief, dass der Bagger sie nicht durcheinandergeschoben hat. Auch der Bereich daneben scheint unberührt zu sein, sodass wir es vielleicht jetzt ein bisschen leichter haben.»

Marie schüttelte den Kopf. «Klaus ist jetzt schon wieder vor Ort?»

«Ich würde tippen, noch immer.» Bonhoeffer grinste. «Ich sagte doch: monoman.»

 

Auch Norbert van Appeldorn stand früh auf an diesem Sonntagmorgen.

Irgendwann in der Nacht war Paul zu ihnen ins Bett gekrochen, quengelnd und fiebrig, und es hatte lange gedauert, bis Ulli ihn beruhigt hatte.

Der Kleine ging seit ein paar Wochen in den Kindergarten und brachte seitdem einen Infekt nach dem anderen nach Hause.

Gegen sechs wachte van Appeldorn auf, weil er pinkeln musste, und als er ins Schlafzimmer zurückkam, hatten seine beiden sich im Bett so breit gemacht, dass er sie aufwecken würde, wenn er wieder unter die Decke schlüpfte.

Eigentlich war er sowieso hellwach.

Er gönnte sich nur eine Katzenwäsche, stellte die Kaffeemaschine an und ging in den Keller hinunter, wo die Kartons standen, die er aus seinem früheren Leben mitgebracht hatte. Sie waren immer noch zugeklebt und unbeschriftet, deshalb dauerte es eine Weile, bis er den richtigen fand - den mit seinen alten Büchern.

Er schleppte die ganze Kiste ins Arbeitszimmer und suchte diejenigen zusammen, die er brauchte. Dann holte er sich einen Becher Kaffee aus der Küche und setzte sich an den Schreibtisch.

Er nahm sich die Bildbände vor: Kleve vor dem Zweiten Weltkrieg - hatten damals am rechten Spoyufer Häuser gestanden?

Er fand eine Menge Aufnahmen von der Unterstadt, aber keine einzige, die genau diesen Kanalabschnitt zeigte.

Das dicke Buch über den Krieg am Niederrhein, das er damals in einem Antiquariat gefunden hatte: viele Fotos, eindringliche Bilder von Zerstörung und menschlichem Elend, aber kein einziges, das seine Frage beantwortete.

Er hatte das Buch mehr als einmal gelesen, das wusste er noch, aber das meiste war ihm längst wieder entfallen.

Wo hatten sich die Menschen, die in der Stadt geblieben waren, während der Bombenangriffe aufgehalten? In ihren Kellern? In öffentlichen Luftschutzbunkern? Er glaubte sich zu erinnern, dass man in aller Eile noch Bunker gebaut hatte. Aber wo in der Stadt waren die gewesen? Hatte es am Opschlag einen gegeben?

Er machte einen Satz, als Ulli ihn von hinten umschlang.

«Morgen, ich wollte dich nicht erschrecken, sorry.»

«Ist schon gut.» Er zog sie auf seinen Schoß und küsste sie. «Schläft Paul noch?»

«Ja, Gott sei Dank. Er hat wohl auch kein Fieber mehr. Weiß der Himmel, was das wieder war.»

Sie rieb ihre Nase an seiner, stand dann auf und schaute sich die Bücher an. «Ich habe gar nicht gewusst, dass du dich für die Stadtgeschichte interessierst», sagte sie und klang ein klein wenig verunsichert.

«Na ja, das ist auch schon lange her», sagte er leichthin.

Dass er endlich eine seiner Pandorakisten geöffnet hatte, war ein kleines Wunder.

«Geht es um die Skelette, die ihr gestern gefunden habt?»

Er nickte nur, klappte die Bücher zu und stapelte sie auf.

Er wusste sehr gut, wen er fragen konnte, kannte jemanden, der während des Krieges in der Stadt gewesen war, aber er würde sich hüten, ihn aufzusuchen. Besser, er erkundigte sich im Stadtarchiv.

Ulli runzelte die Stirn. Norbert hatte den einsamen Entschluss gefasst, seinen Beruf strikt von seinem Familienleben zu trennen, was natürlich absurd war.

«Glaubst du, die Leute sind während des Krieges umgekommen?»

«Vielleicht, aber wir werden es erst sicher wissen, wenn Arend mit seinen Analysen fertig ist, und das kann dauern.»

Er ging zur Terrassentür und schaute hinaus. «Es scheint wieder ein herrlicher Tag zu werden. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir schon einmal so einen warmen Herbst hatten. Was wollen wir unternehmen?»

Sie lächelte nachsichtig. «Das überlegen wir beim Frühstück. Erst mal gucken, ob Paul wirklich schon wieder fit ist.»

«Okay, ich besorge in der Stadt ein paar Brötchen. Dann kann ich mir im Präsidium auch gleich die Fußballerliste abholen. Mal sehen, wer sich alles so eingetragen hat. Das Kind hat jetzt übrigens endlich einen Namen: Euregio-Polizei-Fußballcup oder Politie , da sind wir uns noch nicht einig.»

Ulli lachte. «Was hat denn die Euregio damit zu tun? Ich dachte, es geht um ein blödes Freundschaftsspiel zwischen dem Nimwegener Präsidium und euch.»

Auch van Appeldorn grinste. «Die holländischen Kollegen haben der Euregio das Preisgeld aus den Rippen geleiert, zweitausendfünfhundert Euro immerhin.»

Ulli klatschte in die Hände. «Wir werden reich! Oder bekommst du als Trainer etwa nichts von dem Batzen ab?»

«Keine Ahnung.»

 

Am Sonntagabend brachte van Gemmern selbst die letzten Gebeine in die Pathologie. «Genau wie bei den Kindern werdet ihr mit diesem hier nicht viel Arbeit haben», sagte er. «Für mich sieht es intakt aus.»

Dann schaute er sich um, ging langsam an den Bahren entlang, auf denen die wieder zusammengefügten Skelette lagen.

«Alle Achtung», entfuhr es ihm. «Dass ihr das so schnell geschafft habt!»

Bonhoeffer wunderte sich. Sie hatten viele Jahre lang gut zusammengearbeitet, einander auf die Schulter geklopft hatten sie nie. Nun denn, vielleicht war das Kompliment ja eher an Marie gerichtet. Die stand am Mikroskoptisch am anderen Ende des Raumes und hatte nur kurz gegrüßt, als van Gemmern hereingekommen war.

«Möchtest du vielleicht einen Kaffee? Wir haben ihn eben frisch aufgebrüht.»

Van Gemmern schüttelte sich. «Wenn ich noch mehr Kaffee trinke, hebe ich ab. Hat sich deine Schätzung bestätigt, was die Liegezeit angeht?»

«Ja», nickte Bonhoeffer, «ich bin gerade eben mit den Tests fertig...
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Autor

Hiltrud Leenders, geboren 1955 am Niederrhein, arbeitete zunächst als Übersetzerin und machte sich später einen Namen als Lyrikerin. Sie war Mutter von zwei Söhnen und seit 1990 hauptberuflich Schriftstellerin. 2018 ist Hiltrud Leenders gestorben.Michael Bay, geboren 1955 in Rheine, arbeitet als Diplompsychologe und Psychotherapeut. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.Artur Leenders, geboren 1954 in Merrbusch, arbeitet als Unfallchirurg in Kalkar. Seit über zwanzig Jahren ist er mit Hiltrud Leenders verheiratet und Vater der beiden Jungen.