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dtv Deutscher Taschenbuch Verlagerschienen am01.07.2011
Das Vermächtnis der Inka 1573. Bei Nacht und Nebel nähert sich ein schwarzes Schiff in geheimer Mission der spanischen Küste, an Bord ein Jesuit und eine Inka-Prinzessin. 1780. Nach Jahren fern von Madrid macht Sebastián de Fonseca bei seiner Heimkehr eine schreckliche Entdeckung: Sein Vater und sein Onkel, ein Jesuitenpater, sind mit einem bizarr geknüpften Strick erdrosselt worden. Hat ihr Tod etwas mit der alten Chronik aus dem Vizekönigreich Peru zu tun, die sie entschlüsseln wollten? Oder mit der seltsamen roten Knotenschnur, mit der sie gebunden ist? Mit der Mestizin Umina begibt sich der Militäringenieur auf eine abenteuerliche Reise nach Vilcabamba, der letzten Bergfeste der Inka

  Agustín Sánchez Vidal, 1948 in Salamanca geboren, ist Professor für Film- und Medienwissenschaft an der Universität Zaragoza und einer der weltweit anerkannten Experten für das Werk von Luis Buñuel und Carlos Saura. Des Weiteren hat er Drehbücher für Film und TV verfasst und mehrere Monografien zu Literatur-, Kunst- und Filmgeschichte veröffentlicht. Sein Romandebüt >Kryptum< (dtv 21086) stand 20 Wochen auf der Spiegel-Bestsellerliste.
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Produkt

KlappentextDas Vermächtnis der Inka 1573. Bei Nacht und Nebel nähert sich ein schwarzes Schiff in geheimer Mission der spanischen Küste, an Bord ein Jesuit und eine Inka-Prinzessin. 1780. Nach Jahren fern von Madrid macht Sebastián de Fonseca bei seiner Heimkehr eine schreckliche Entdeckung: Sein Vater und sein Onkel, ein Jesuitenpater, sind mit einem bizarr geknüpften Strick erdrosselt worden. Hat ihr Tod etwas mit der alten Chronik aus dem Vizekönigreich Peru zu tun, die sie entschlüsseln wollten? Oder mit der seltsamen roten Knotenschnur, mit der sie gebunden ist? Mit der Mestizin Umina begibt sich der Militäringenieur auf eine abenteuerliche Reise nach Vilcabamba, der letzten Bergfeste der Inka

  Agustín Sánchez Vidal, 1948 in Salamanca geboren, ist Professor für Film- und Medienwissenschaft an der Universität Zaragoza und einer der weltweit anerkannten Experten für das Werk von Luis Buñuel und Carlos Saura. Des Weiteren hat er Drehbücher für Film und TV verfasst und mehrere Monografien zu Literatur-, Kunst- und Filmgeschichte veröffentlicht. Sein Romandebüt >Kryptum< (dtv 21086) stand 20 Wochen auf der Spiegel-Bestsellerliste.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423408448
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum01.07.2011
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3812
Artikel-Nr.1035411
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



ERSTER TEIL
DER GORDISCHE KNOTEN




Die Mestizin


Madrid, 1780

 

Sebastián de Fonseca hatte das Theater lange Zeit nicht mehr betreten. Jahrelang hatte er diesen Ort gemieden, sich nicht einmal an dem Gebäude vorbeigetraut,um jenen Tag zu vergessen, an dem â¦ An diesem Abend war ihm jedoch keine andere Wahl geblieben, und so riss er sich nun zusammen und bot der Dame an seiner Seite den Arm.

Lächelnd sah Frasquita Boncalcio zu ihm auf. Nicht alle hatten einen so schmucken und stattlichen Militär als Begleitung, Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle. Er hatte ein markantes Gesicht mit einem kräftigen Kinn und hoch liegenden Wangenknochen, seine Haut war sonnengebräunt, das Haar pechschwarz, die Nase imposant. Und überdies war er noch gute zehn Jahre jünger als sie! Sie war stolz auf ihn und froh, die Aufführung nicht mit ihrem Ehemann Onofre besuchen zu müssen, der ihren Freundinnen Angst einflößte, sodass sie Abstand hielten und Frasquita damit um die neuesten Klatschgeschichten brachten. Dabei tuschelte sie so gerne mit ihnen über die jeweiligen Hausfreunde. Über sie hatte ein gebildeter, moderner Ehemann großmütig hinwegzusehen. Schließlich brauchte eine vernachlässigte Ehefrau etwas zu ihrer Zerstreuung, sei es nun ein Pudel, ein kleiner Affe - oder eben ein stattlicher Galan.

Kaum hatten sie die Schwelle zum Foyer überschritten, kam ihnen Frasquitas Freundin Águeda entgegengeeilt.

»Meine Liebe, wie schön!«, rief sie, hauchte zwei Küsschen auf Frasquitas Wangen und reichte Sebastían dann die Hand. »Und dich habe ich ja schon Ewigkeiten nicht mehr gesehen, erst recht nicht hier im Theater.« Als sie Frasquitas warnenden Blick bemerkte, wechselte sie schnell das Thema. »Wo warst du die ganze Zeit?«

»In den Bergen von Torrero, nahe Zaragoza.«

»Und was hast du dort gemacht?«

»Ich habe die Pläne für den Kaiserlichen Kanal von Aragón ausgearbeitet.«

»Ihr Militäringenieure habt es gut: Ihr kommt viel herum und habt so stets eine gesunde Gesichtsfarbe. Obwohl â¦ du hattest ja schon immer einen dunklen Teint.« Sie bedachte ihn mit einem koketten Augenaufschlag und wandte sich dann wieder ihrer Freundin zu. »Hast du eine Ahnung, warum um diese Premiere hier so ein Wirbel gemacht wird?«

»Ich weiß nur, dass es die Neufassung eines Stücks von Tirso de Molina ist und dass sie es Der gordische Knoten genannt haben«, sagte Frasquita kurz angebunden, da sie die Schmeicheleien der Jüngeren etwas eifersüchtig machten.

»Sie sollten lieber mal seinen Spötter von Sevilla neu bearbeiten, diese Komödie über den berühmten Frauenverführer«, erwiderte Águeda unbekümmert und reckte dann den Hals. »Ah, wen sehe ich da? Doña Marguerita mit ihrem neuen Galan. Was für ein stattlicher junger Mann! Ihr entschuldigt mich?«

Frasquita sah ihr nach und holte dann einen Flakon aus ihrem Täschchen.

»Du scheinst mir ein wenig abwesend zu sein«, tadelte sie ihren Begleiter, während sie ihren Hals mit etwas Parfum betupfte.

»Eher angespannt.«

»Weil du wieder hier bist, wo sie â¦?«

»Das allein wäre Grund genug«, schnitt er ihr hastig das Wort ab. »Aber ich muss zu Cañizares, dem Direktor der Theatertruppe. Mein Vater hat mir eine Nachricht mitgegeben, die ich ihm persönlich überreichen soll.«

»Dann erledige das am besten gleich. Ich warte hier auf dich.«

Während sich Sebastián an den Grüppchen elegant gekleideter Menschen vorbeischlängelte, überlegte er einmal mehr, warum sein Vater ihn eigens für diese Vorstellung aus Zaragoza hatte kommen lassen. Irgendetwas schien ihn in höchstem Maße zu beunruhigen, und die Nachricht an Cañizares musste sehr wichtig sein, denn sein Vater hatte außerordentlich nervös gewirkt und ihn gebeten, den Theaterdirektor möglichst noch vor der Vorstellung aufzusuchen.

Nur noch wenige Schritte trennten Sebastián vom Eingang zu den Künstlergarderoben, da entdeckte er unter den Theaterbesuchern auf einmal den Marqués de Montilla, der verächtlich in seine Richtung blickte. Missgestimmt wandte sich der junge Militäringenieur ab. Eigentlich brauchte ihn Montillas Anwesenheit nicht zu verwundern, war der Erzrivale und Nachbar ihrer andalusischen Ländereien doch ein Mann mit guten Beziehungen zum Hofe, der keine Gelegenheit ausließ, seine gesellschaftlichen Kontakte zu pflegen. Sebastián drängte sich weiter durch die Menge, als er sich plötzlich einem ungewöhnlichen Aufgebot an Soldaten gegenübersah, die ihm den Durchlass verwehrten.

Unverrichteter Dinge musste er zu Frasquita zurückkehren.

»Was ist los?«, fragte sie überrascht.

»Ich bin nicht zu Cañizares durchgekommen. An allen Eingängen haben Wachen Posten bezogen. Offensichtlich wird hoher Besuch erwartet.«

In diesem Augenblick verkündete ein Saaldiener die Ankunft des Grafen von Floridablanca, Don José Moñino. Ein überraschtes Murmeln lief durch das Foyer, das immer lauter wurde, während sich die Theaterbesucher schnell entlang dem roten Teppich gruppierten.

»Wusstest du, dass der erste Minister kommt?«, flüsterte Sebastián Frasquita zu, als er sie ganz nach vorne in die erste Reihe schob.

»Nein, ich hatte keine Ahnung«, wisperte sie zurück. »Und wenn Floridablanca kommt, ist auch mein Mann dabei. Ich verstehe nicht, warum er so ein Geheimnis darum gemacht hat.«

Kurz darauf erschien unter beachtlichem Zeremoniell der Graf, an dessen linker Seite Floridablancas Vertrauensmann, Onofre Boncalcio, einherschritt.

»Hast du gesehen?«, tuschelte Frasquita Sebastián ins Ohr, nachdem sie den Minister mit einer kleinen Verneigung begrüßt hatte. »Der Graf wird immer magerer. Er arbeitet ununterbrochen. So wie Onofre.«

Doch Sebastián blickte nicht auf den ersten Minister, sondern auf die Person, die zu seiner Rechten einherschritt. Zum ersten Mal seit vielen Jahren regte sich in ihm ein Gefühl, das er für immer tot geglaubt hatte. Die schlanke junge Frau mit dem pechschwarzen Haar, dem rosigen Mund von betörender Sinnlichkeit, den leicht mandelförmigen Augen und einer Hautfarbe zwischen kupfern und zimten, wie man es nur bei Mestizinnen fand, war eine Schönheit, die ihm den Atem nahm.

»Wer â¦ wer ist das?«, stammelte er.

Frasquita zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nur, dass sie Umina heißt und eine Inkaprinzessin ist. Sie muss ziemlich reich sein. Ihr Besuch wird streng geheim gehalten.«

»Und was macht sie hier, so fern ihrer Heimat?«

»Wie es scheint, ist sie nach Spanien gekommen, um den Beweis für ihre Abstammung von den Inkas zu erbringen. Sie sucht wohl irgendwelche Papiere, um ihren Anspruch auf den Thron zu bekräftigen.«

»Und da scheint was dran zu sein. Warum sonst zeigt sich Floridablanca mit ihr auf der Premiere eines Schauspiels um die Gebrüder Pizarro und die Eroberung Perus?«

Hinter der Mestizin ging ein kräftiger, großer Indio, der als Lakai gekleidet war. Seine Livree war auf das Hermelincape und das prächtige rote Samtkleid seiner Herrin abgestimmt, das mit zwei Reihen Smaragden gerafft war, deren Strenge sich an ihrem großzügigen Dekolleté verlor. Doch nicht nur die dunkle Haut, die sich vom Brustansatz bis zu den fast nackten Schultern erstreckte, betörte Sebastián, er war auch ganz fasziniert von der Art, wie sie sich bewegte und ihre Figur zur Schau stellte. In seinem früheren Leben hatte ihn das an den Frauen am meisten beeindruckt. Er war nicht müde geworden, die Anmut ihres Gangs zu bewundern. Es war ihm immer so vorgekommen, als ob diese natürliche Grazie die Welt erst in Bewegung setzte und sich um die eigene Achse drehen ließ. Und nun überkamen ihn nach so langer Zeit wieder dieselben Gefühle. Verrieten seine auf Umina gerichteten Augen diese Sehnsüchte womöglich? Denn als sie an ihm vorbeischritt, ihn dabei fast streifte, sah sie ihn lange und eindringlich an.

»Dieses unverfrorene Frauenzimmer«, wisperte Frasquita entrüstet, als Floridablancas Gefolge vorbeigezogen war. Sie musterte ihren Begleiter, der der Schönen noch immer hinterhersah. »Nimm dich in Acht. Du bist noch nicht reif für eine solche Frau.«

»Wie meinst du das?«

»Sie ist viel zu gefährlich für dich. Auch wenn sie sich jetzt so herausgeputzt hat, ist sie doch eine wahrhaftige Amazone. Vor zwei Tagen haben sie sie auf die Jagd mitgenommen, und Floridablanca hätte fast keine Beute gemacht. Was ihr ins Auge fällt, wird erlegt. Doch jetzt komm, die Vorstellung fängt gleich an.«

 

Frasquitas Loge lag direkt neben der Bühne. Nachdem Sebastián ihr geholfen hatte, den Stoff des Reifrocks zu ordnen, sah er sich unauffällig nach der Mestizin um. Sie saß in der Ehrenloge zwischen Onofre und dem ersten Minister. Der riesenhafte Indio nahm ihr gerade das Hermelincape von den Schultern.

Frasquita zupfte Sebastián am Ärmel. »Onofre hat mir erzählt, dass das heutige Stück Tirso de Molinas Trilogie über die Gebrüder Pizarro zur Grundlage hat.«

»Das stimmt. Mein Vater, der ja ein großer Theaterkenner ist, hat Cañizares geholfen, die drei Teile zu einem Stück zusammenzufassen.«

»Tatsächlich? Das hat mir Onofre gar nicht erzählt. Dann ist es ja erst recht schade, dass dein Vater es wegen seines Rollstuhls nicht sehen kann. Hast du es gelesen?«

»Nein, er hat alles dem Theaterdirektor gegeben. Ich hätte aber auch gar keine Zeit dafür gehabt, schließlich bin ich erst vor ein paar Stunden in Madrid...


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Autor

Agustín Sánchez Vidal, 1948 in Salamanca geboren, ist Professor für Film- und Medienwissenschaft an der Universität Zaragoza und einer der weltweit anerkannten Experten für das Werk von Luis Buñuel und Carlos Saura. Des Weiteren hat er Drehbücher für Film und TV verfasst und mehrere Monografien zu Literatur-, Kunst- und Filmgeschichte veröffentlicht. Sein Romandebüt >Kryptum
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