Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Null-Null-Siebzig Operation Eaglehurst

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am01.02.20121. Auflage
Mit Rollator und Reizgasdüse auf Verbrecherjagd »Es war nicht seine Entscheidung gewesen, hierherzukommen. Nach Eaglehurst im Allgemeinen und in das Zimmer Nummer 214 im Besonderen. Das hatte William für ihn entschieden, und jetzt lag es an ihm, die bevorstehende Aufgabe zu lösen.«  Ex-Agent James Gerald (70) zieht vorübergehend in das Seniorenheim Eaglehurst in Hastings, um den Tod seines Freundes und Kollegen William Morat aufzuklären. Kurz nach James' Ankunft kommen zwei weitere Heimbewohner zu Tode. Bald kommt er mit Hilfe seiner früheren Kollegin Sheila Humphrey einem dunklen Geheimnis auf die Spur ...  

Marlies Ferber, geboren 1966, studierte Sinologie in Deutschland, China und den Niederlanden und arbeitete als Verlagslektorin, bevor sie sich ganz dem Schreiben und Übersetzen widmete. Sie ist freie Dozentin für kreatives Schreiben der Bundesakademie Wolfenbüttel und lebt mit ihrer Familie in Hagen.
mehr

Produkt

KlappentextMit Rollator und Reizgasdüse auf Verbrecherjagd »Es war nicht seine Entscheidung gewesen, hierherzukommen. Nach Eaglehurst im Allgemeinen und in das Zimmer Nummer 214 im Besonderen. Das hatte William für ihn entschieden, und jetzt lag es an ihm, die bevorstehende Aufgabe zu lösen.«  Ex-Agent James Gerald (70) zieht vorübergehend in das Seniorenheim Eaglehurst in Hastings, um den Tod seines Freundes und Kollegen William Morat aufzuklären. Kurz nach James' Ankunft kommen zwei weitere Heimbewohner zu Tode. Bald kommt er mit Hilfe seiner früheren Kollegin Sheila Humphrey einem dunklen Geheimnis auf die Spur ...  

Marlies Ferber, geboren 1966, studierte Sinologie in Deutschland, China und den Niederlanden und arbeitete als Verlagslektorin, bevor sie sich ganz dem Schreiben und Übersetzen widmete. Sie ist freie Dozentin für kreatives Schreiben der Bundesakademie Wolfenbüttel und lebt mit ihrer Familie in Hagen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423409148
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum01.02.2012
Auflage1. Auflage
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1747 Kbytes
Artikel-Nr.1048786
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 3

Miss Hunt sagte kein Wort, während sie James zum Aufzug begleitete. Er überlegte, ob sie wohl zum ersten Mal einen Toten gesehen hatte.

»Wie alt war Mr Maddison eigentlich?«, fragte er, als sie den Aufzug betraten.

»Ich hätte nie gedacht, dass er der Nächste ist«, gab Miss Hunt zurück.

Das ist zwar nicht ganz die Antwort auf meine Frage, dachte James, aber wahrscheinlich ist die Arme noch ganz durcheinander. Oder war sie von Natur aus nicht sehr aufgeweckt? Er betrachtete Miss Hunt, als sie im Aufzug nebeneinander standen. Sie war hellblond, hatte ein gleichmäßiges Gesicht, eine Stupsnase, große Augen von kräftiger blauer Farbe und einen Mund, der aussah, als wäre er nur ausnahmsweise ernst. Er schätzte, dass sie Kleidergröße 40 trug, dabei wirkte sie trotz ihres großen Busens und ihrer kräftigen Statur sehr sportlich. Früher hätte er sie attraktiv gefunden. Inzwischen war sein Schönheitsideal mit ihm gealtert. Die Frauen, zu denen er sich hingezogen fühlte, waren meist jenseits der vierzig. Wahrscheinlich hatte das etwas mit seinem Realitätssinn zu tun und damit, dass das Interesse jüngerer Frauen an ihm inzwischen, falls überhaupt vorhanden, eher auf geistiger Ebene anzusiedeln, wenn nicht sogar fürsorglicher Natur war.

»Kürzlich mit Mr Morat war es ähnlich«, unterbrach Miss Hunt seine Betrachtungen. »Er starb ganz plötzlich. Von einem Augenblick auf den anderen.«

Als er den Namen seines Freundes hörte, wurde James hellwach. »Waren Sie dabei?« Miss Hunt hob fragend den Kopf. »Als er starb, dieser Mr ...«, ergänzte James ungeduldig.

Der Fahrstuhl hielt an, und Miss Hunt reichte James ihren Arm. »Morat«, sagte sie, »Mr Morat. Ja. Ich habe ihn gefunden. Er war im Salon zusammengebrochen. Es war furchtbar. Er ist in meinen Armen gestorben.«

»Hat er noch etwas gesagt?«

»Nein. Er hat mich nur angeschaut, und dann wurden seine Augen ...«

Miss Hunt schluchzte auf. James war bewusst, dass eigentlich er Miss Hunt tröstend den Arm um die Schulter hätte legen sollen, statt sich von ihr den Flur entlangführen zu lassen.

»Ich glaube, das ist nicht der richtige Beruf für mich«, stieß Miss Hunt hervor. Sie fuhr sich wie ein kleines Mädchen mit dem Ärmel über das Gesicht, um die Tränen wegzuwischen. Danach waren sowohl ihre Augen als auch der Ärmel ihres weißen Pullovers von Wimperntusche verschmiert. »Eigentlich wollte ich Erzieherin werden, aber ich habe keinen Ausbildungsplatz bekommen. Das hier ist furchtbar. Dieses Elend. Ich will nicht, dass das Leben so ist. Ich will nicht immer wieder mit ansehen, wie Leute sterben. Ich träume davon. Ich wache nachts mit Herzrasen auf, weil ich träume, ich selbst bin alt und wohne im Altenheim und ...«

»Haben Sie heute Nachtdienst?«, unterbrach James ihren Gefühlsausbruch.

»Ja, warum?«, fragte sie erstaunt.

Er reichte der jungen Pflegerin ein Taschentuch. »Ist es Ihnen schon einmal passiert, dass hier nachts jemand nach Ihnen klingelt, weil er Albträume hat?«

Miss Hunt sah ihn nachdenklich an, dann nahm sie das Taschentuch und schniefte in jede der Ecken einmal laut hinein. »Entschuldigen Sie bitte.«

»Nein, nein, schon gut. Ich wollte Ihnen nur vor Augen führen, dass viele Dinge von außen betrachtet schlimmer aussehen, als sie für den Betroffenen sind. Das gilt zum Beispiel für das Alter. Und ich glaube, sogar für das Sterben.«

Sie waren an der Tür von James´ Apartment angekommen. »Vielen Dank für die freundliche Begleitung«, sagte James. »Ich wünsche Ihnen einen - wie soll man sagen - möglichst guten Abend unter den gegebenen Umständen. Nehmen Sie es sich nicht so zu Herzen, die ganz Sache, lenken Sie sich ab!«

»Wie soll ich das denn anstellen?« Miss Hunt schloss die Zimmertür auf. »Ich habe Nachtdienst, und ich weiß genau, dass bis morgen früh ständig nach mir geklingelt wird, weil sie es alle kaum erwarten können, mit mir über Mr Maddison zu reden. Bei Mr Morat war es genauso. Die ganze Nacht haben sie geklingelt und mich ausgefragt, es war nicht zum Aushalten.«

Miss Hunt schickt der Himmel, dachte James. Sie ist ja noch nützlicher, als ich gedacht hatte. Eine Informationsquelle erster Güte.

»Halten Sie durch!«, riet er ihr väterlich. »Ihnen ist doch hoffentlich klar, dass Sie den vielen verängstigten Menschen, die hier leben, damit einen großen mitmenschlichen Dienst erweisen, nicht wahr? Das kann man gar nicht hoch genug schätzen.«

»Meinen Sie wirklich?«

»Ja, Miss Hunt, genau so ist es«, versicherte James. »Sie müssen verstehen, die Menschen, die den Tod dieses armen Mannes mit ansehen mussten, sind schockiert, und es tut ihnen gut, darüber zu reden. Auf diese Weise können sie das, was geschehen ist, verarbeiten. Und im Übrigen ist dies auch für Sie selbst das Beste. Indem man anderen hilft, hilft man auch sich selbst, ist es nicht so?«

Miss Hunt nickte tapfer. »Mr Gerald, Sie haben recht. Es tut mir leid, ich bin selbstsüchtig gewesen.«

»Aber nein, Miss Hunt, keineswegs«, beruhigte James die Pflegerin. Es war wichtig, dass sich seine Informationsquelle jetzt nicht in Selbstmitleid vergrub, sondern in dieser Nacht auf ihrem Posten blieb.

»Und ich verspreche Ihnen, dass zumindest ich Sie heute Nacht nicht belästigen werde. Ich werde schlafen wie ein Stein.«

Miss Hunt lächelte zum ersten Mal an diesem Abend. »Bei Ihnen wäre es doch etwas anderes, Mr Gerald!« James fiel auf, dass ihre beiden oberen Schneidezähne besonders groß und kräftig waren, was ihr ein niedliches, nagetierhaftes Aussehen verlieh.

Nachdem Miss Hunt sein Zimmer verlassen hatte, zog James sein Handy hervor und wählte eine Nummer. David Grenville war gleich am Apparat.

»David, hier spricht James.«

»James! Wie geht es dir?«

»Gut so weit. Hör zu, es ist wichtig: Kannst du veranlassen, dass ein Leichnam obduziert wird? Ein Mann namens Thomas Maddison ist heute im Seniorenheim Eaglehurst in Hastings verstorben. Möglicherweise ist er vergiftet worden.«

»James, wie stellst du dir das vor? Das geht nicht einfach so, wenn aus Sicht des Arztes, der den Totenschein ausgestellt hat, kein Verdacht auf eine unnatürliche Todesursache besteht.« James sah das Kopfschütteln seines alten Freundes förmlich vor sich.

»Ich bin mir noch nicht darüber im Klaren, wie alles zusammenhängt. Und ob es überhaupt einen Zusammenhang gibt. Aber auch William ist vor drei Wochen ganz plötzlich gestorben, und zwar hier, im Seniorenheim Eaglehurst.«

»Ja, ich habe gehört, dass er gestorben ist. Aber das war doch oben bei Glasgow, dachte ich? Hat er nicht seit ewigen Zeiten in Schottland gelebt?«

»Bestattet wurde er in Schottland, aber gestorben ist er hier in Hastings. Angeblich an einem Herzanfall, aber das glaube ich nicht. Er hatte mir kurz vorher noch einen merkwürdigen Brief geschrieben. David, du weißt, ich habe dich noch nie um etwas gebeten, wenn es nicht wichtig war.«

»Was genau stand in dem Brief, den William dir geschickt hat?«

»Ein Limerick.«

»Wie bitte? William hat dir einen Limerick geschickt?«

»Du kennst ihn bestimmt. Jedes Kind kennt ihn: There was a young lady from Riga ...«

»... who smiled as she rode on a tiger«, fuhr David fort. »Ist das eine Art Geheimcode zwischen euch?«

»Nein, das nicht. Aber unter den Limerick hatte er noch geschrieben: Ruf mich an! Doch als ich das tat, erreichte ich niemanden. William war zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Da stimmt etwas nicht.«

»Was hat denn der Arzt festgestellt, der den Totenschein ausgestellt hat?«

»Wie gesagt, Herzversagen.«

»Wer war der Arzt?«

»Ein Dr. Goat hier aus Hastings, anscheinend der Hausarzt des Seniorenheims.«

»Und Williams Leiche wurde nicht obduziert?«

»Nein, laut Totenschein war es ja eine natürliche Todesursache. Man hat den Leichnam bereits nach Schottland überführt, eingeäschert und in der Familiengruft beigesetzt.«

»Wenn ich dich richtig verstehe«, fasste David zusammen, »hat dir William ein lustiges kleines Gedicht geschickt. Kurz darauf erfährst du, dass er gestorben ist, und schließt daraus, dass es einen Zusammenhang zwischen diesem lustigen kleinen Gedicht und seinem Tod gibt. Und dann reist du nach Hastings in das Seniorenheim und bringst den nächsten Toten auch damit in Verbindung.«

»So, wie du es darstellst, hört es sich lächerlich an«, sagte James unmutig.

»Das hast du gesagt«, gab David trocken zurück.

»Aber findest du es nicht auch äußerst merkwürdig, dass es keine zwei Stunden nach meiner Ankunft schon wieder einen Toten hier gibt?«

»James«, sagte David vorsichtig, »du bist in einem Altenheim.«

»Mag sein. Trotzdem. Wie sieht es aus, hilfst du mir nun oder nicht?«

»Wie hieß der Mann noch gleich?«

»Thomas Maddison.«

»Wie ist deine Telefonnummer? Sie erscheint nicht bei mir auf dem Display. Immer noch die alte?«

»Ja.«

»Gut, ich rufe dich wieder an.«

Eine halbe Stunde später klingelte James´ Handy. »Die Welt ist klein«, sagte David. »Rate, wen ich bei der Polizei an der Strippe hatte: Rupert Ruthersford. Er wird sich darum kümmern und meldet sich bei dir. Schöne...
mehr