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Von Glücksmomenten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
150 Seiten
Deutsch
Insel Verlag GmbHerschienen am16.04.20121. Auflage
Es sind Schwächen, peinliche Geheimnisse, Freudenblitze, flüchtig intensive und respektlose Vergnügen all' italiana, die Francesco Piccolo mal kurz, mal länger aufgezeichnet, beschrieben, erzählt hat. »Von Glücksmomenten« - in Italien ein Bestseller - setzt sich aus einem Mosaik alltäglicher Situationen, Zerstreuungen, Erlebnissen und Wahrnehmungen zusammen: ironisch, gemein, erstaunlich, beglückend.


Francesco Piccolo, geboren 1964 in Caserta, lebt in Rom. Auf deutsch erschien der Roman Vorbeigeliebt oder Wenn ich wirklich dabei war, hab ich geschlafen (2000). Zuletzt wurden der Roman La separazione del maschio (2008; Die Trennung des Mannes) und Momenti di trascurabile felicità (2010; Von Glücksmomenten) veröffentlicht. Der Autor schreibt Drehbücher für Film und Fernsehen.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden (Leinen)
EUR14,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextEs sind Schwächen, peinliche Geheimnisse, Freudenblitze, flüchtig intensive und respektlose Vergnügen all' italiana, die Francesco Piccolo mal kurz, mal länger aufgezeichnet, beschrieben, erzählt hat. »Von Glücksmomenten« - in Italien ein Bestseller - setzt sich aus einem Mosaik alltäglicher Situationen, Zerstreuungen, Erlebnissen und Wahrnehmungen zusammen: ironisch, gemein, erstaunlich, beglückend.


Francesco Piccolo, geboren 1964 in Caserta, lebt in Rom. Auf deutsch erschien der Roman Vorbeigeliebt oder Wenn ich wirklich dabei war, hab ich geschlafen (2000). Zuletzt wurden der Roman La separazione del maschio (2008; Die Trennung des Mannes) und Momenti di trascurabile felicità (2010; Von Glücksmomenten) veröffentlicht. Der Autor schreibt Drehbücher für Film und Fernsehen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783458771708
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum16.04.2012
Auflage1. Auflage
Seiten150 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1099069
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;Cover;1
2;Informationen zum Buch oder Autor;2
3;Titel;3
4;Impressum;4
5;Von Glücksmomenten;5
6;Widmung;6
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Leseprobe


 

Mittwochs oder manchmal auch früher lese ich in der Zeitung im Lokalteil von Rom die Ankündigung eines Films, auf den ich bereits gespannt war. Daneben steht: »ab Freitag«. In dem Wissen, dass am kommenden Freitag ein Zeitraum beginnt, in dem ich mir den Film bald, an irgendeinem Abend, ansehen werde, falte ich die Zeitung zusammen. Ich weiß noch nicht wo und wann. Aber anschauen werde ich ihn.

Der Freitag kommt und geht vorüber. Das erste Wochenende steht überhaupt nicht zur Diskussion. Sonst würde auch die Vorfreude zu kurz ausfallen; außerdem gehen alle am ersten Wochenende.

Ich warte.

Die Woche darauf informiere ich mich täglich, in welchem Kino und um wie viel Uhr der Film läuft, ob in der Nähe oder in meinem Lieblingskino, und ich wäge sowohl den Kinosaal als auch die Straße ab und, wenn ich ehrlich sein soll, sogar den Bürgersteig, wo ich hinterher jemanden nach einer Zigarette fragen werde, die ich dann langsam und genüsslich rauche, während ich an den einen oder anderen Dialog aus dem Film denke. Am Ende suche ich mir sogar den Bürgersteig aus, auf dem ich nach dem Film die Kippe austreten werde. Wahrscheinlich werde ich allein zur ersten Vorstellung gehen oder in Begleitung abends um halb neun oder - noch besser - ich werde nach dem Abendessen gehen, einen Freund fragen, ob wir uns etwas früher treffen und noch eine Runde um den Block spazieren wollen, um dann die letzte Vorstellung zu besuchen.

Dann warte ich. Und warte. Und denke: Nächste Woche gehe ich.

Woche für Woche beobachte ich, wie die Kinos wechseln und es immer weniger werden. Dabei weiß ich ganz genau, dass ich ab kommenden Donnerstag das Zittern kriege, weil es ihn am nächsten Tag eventuell nicht mehr gibt, den Film. Doch dann gibt es ihn noch, zum Glück, allerdings in ein kleines Kino oder an den Stadtrand verbannt, wie in einer langsamen Agonie, die deshalb nicht endet, weil er noch auf mich wartet. Jetzt ist er weiter weg, es wird schwieriger, aufwändiger; und härter, jemanden zu finden, der ihn noch nicht gesehen hat.

Erst jetzt lasse ich mich von einer neuen, heimtückischen Idee verleiten, und während sie mir im Kopf herumschwirrt, habe ich bereits den Entschluss gefasst, sie auf alle Fälle in die Tat umzusetzen - völlig sinnlos, aber ich kann nicht widerstehen.

Ich werde nicht gehen.

Scharrend werde ich den letzten Tag abwarten, einen Donnerstag, weil ich weiß, dass er am nächsten Tag verschwunden sein wird, werde alle Leute anrufen, die ich kenne, und ihnen sagen, dass man vielleicht doch noch gehen sollte, ist schließlich die letzte Gelegenheit, während ich andererseits die gute Ausrede habe, es nicht mehr rechtzeitig zu schaffen, falls tatsächlich einer Zeit haben sollte.

Dann lasse ich ihn auslaufen, diesen Film, den ich unbedingt sehen wollte. Ich wollte ihn unter keinen Umständen verpassen, und nun verpasse ich ihn, und ab morgen werde ich sagen, dass ich ihn verpasst habe, leider. Am Freitag schlage ich die Zeitung auf, suche das Kinoprogramm ab, und tatsächlich ist er nicht mehr da, verschwunden.

Und irgendwie, nicht nachvollziehbar, fühle ich mich erleichtert.

 

Sonntags morgens ziemlich früh, wenn die Stadt wie ausgestorben, still und wunderschön ist, gehe ich raus und streife durch die Gegend. Und jedes Mal laufen mir zwei oder drei von ihnen über den Weg, einmal sogar fünf. Manchmal auch nur eine. Keine nie.

Ich meine diese blassen Frauen, deren Schminke verschmiert ist, die elegante Kleidung und hohe Absätze tragen, das frühmorgendliche Gesicht gezeichnet von der schlaflosen Nacht und das Kleid vom Samstagabend noch verrutscht. Und sogar noch mit etwas Glänzendem auf Gesicht, Kleid oder Mantel. Manchmal muss ich etliche Viertel durchqueren, bis endlich Absätze zu hören sind oder eine Tür, die sich öffnet, und eine von ihnen taucht auf und kneift, vom Morgen geblendet, die Augen zu.

Nachdem sie die Nacht woanders verbracht hat, sucht sie nun ein Café, weiß aber nicht wo, um vor dem Nachhausegehen einen Cappuccino zu trinken.

Sie ist fehl am Platz, gehört noch zum Abend davor, passt überhaupt nicht in diesen Sonntagmorgen. Dennoch sieht sie fabelhaft aus, etwas blass und durcheinander, vor Müdigkeit leicht benommen. Erschöpft. Jedoch von einer sanften Zufriedenheit, die sich unter ihrem wirren Äußeren wie unter einem Teppich versteckt. Ich folge ihr ins Café und bestelle wie sie einen Cappuccino, bleibe auf Abstand, so, dass ich sie noch beobachten kann, ohne ein Wort zu verlieren, ohne die geringste Absicht, sie anzusprechen, ich beobachte einfach nur jede Bewegung, die Art, wie sie mit dem Löffel langsam im Kaffee rührt, während sie ins Leere starrt und gähnt und wie sie manchmal vergisst zu zahlen. Bis sie zum Ausgang geht und das Geräusch ihrer Absätze die Stille durchbricht. Sie öffnet die Tür und geht. Und erst jetzt ist der Moment, mit dem der gestrige Abend vorbei ist.

 

Ich gehe in ein Schuhgeschäft, weil ich im Schaufenster Schuhe gesehen habe, die mir gefallen. Ich zeige sie der Verkäuferin und nenne ihr meine Schuhgröße, 46. Sie kommt zurück und sagt: »Tut mir leid, Ihre Größe haben wir nicht.«

Dann fügt sie immer hinzu: »Aber 41 haben wir.«

Sie schaut mich an, schweigt und wartet auf eine Reaktion.

Nur ein einziges Mal würde ich gern erwidern: »Gut, dann geben Sie mir die in 41.«

 

Das Geräusch des Geschirrs, wenn es vom Kellner hinter der Theke achtlos ins Spülbecken geschmissen wird.

 

Die schnellen, mechanischen Handgriffe der Apotheker, wenn sie die Medikamente einpacken.

 

Ich reserviere mir rechtzeitig einen Platz im Zug. Am Bahnhof angekommen, steige ich nicht sofort ein. Ich warte ab. Ich schaue mir am Kiosk sämtliche Zeitschriften an und ziehe am Automaten eine Flasche Wasser. Kurz vor Abfahrt des Zuges, zwei oder drei Minuten vorher, steige ich schließlich in meinen Wagen. Hoffnungsvoll gehe ich an meinen Platz. Häufig erkenne ich es schon von weitem. Wenn er frei ist, verstaue ich oben das Gepäck und setze mich.

Enttäuscht.

Denn ich mag es, wenn sich jemand auf meinen Platz gesetzt hat, in der Hoffnung, dass ich nicht komme.

Ich weiß, dass die Person schon zigmal auf die Uhr geschaut hat, ich weiß, dass sie jedes Mal, wenn jemand kam, gebangt hat, es könnte der sein, der Anspruch auf seinen Sitz erhebt, ich weiß, dass sie jedes Mal gespannt den Atem angehalten hat. Und ich weiß, dass sie jetzt, wenige Minuten vor Abfahrt, glaubt, es geschafft zu haben.

In diesem Moment komme ich.

Mit meinem unveräußerlichen Recht, sie von meinem Platz zu weisen. Ich, der noch bis vor ein paar Jahren Angst hatte, jemand könnte auf meinem Platz sitzen, so unangenehm war es mir, ihn zu bitten aufzustehen, und so leid tat es mir. Heute, da ich ein Arsch geworden bin, freut es mich.

»Entschuldigen Sie, aber dieser Platz ist eigentlich besetzt.« Und ich zücke die Fahrkarte. Ich sage extra eigentlich, damit er noch eine Sekunde länger hoffen kann, ich würde hinzufügen: Aber das macht nichts.

Doch ich rühre mich nicht von der Stelle. Und er macht sich davon, gekränkt, fast als würde er abhauen, auf der Suche nach einem anderen Platz.

 

Totale auf den Schiffsbug und die vier im New Yorker Zoo geborenen und aufgewachsenen Pinguine, die es zum ersten Mal in ihrem Leben an den Rand der Antarktis geschafft haben und diese schweigend betrachten.

Am Ende sagt einer von ihnen: »Hier ist's ja voll ätzend!«

Und sie beschließen, nach Madagaskar zu fahren.

 

Der Tag, an dem die Winter- oder die Sommerzeit losgeht.

Weil man nie genau weiß, ob nun die Normalzeit anfängt oder aufhört. Und ob wir in der Nacht eine Stunde länger oder kürzer schlafen werden: Diese Frage ist die Ursache aufreibender Diskussionen, die über den Zeitpunkt hinausgehen, an dem die Uhrzeiger verstellt werden müssten, und die einem eventuell noch die zusätzliche Stunde Schlaf vereiteln. Denn es gibt immer jemanden, der, obwohl du es ihm anhand von Zeichnungen auf einem Blatt erklärt hast, nicht zu überzeugen ist und der meint, es sei genau andersherum: dass wir nämlich eine Stunde länger schlafen können und nicht kürzer, wie alle behaupten (oder eine Stunde kürzer und nicht länger).

Wenn du gähnst oder sagst, du hättest Hunger oder seiest müde, wird dich immer einer darauf hinweisen, wie logisch das ist, denn es ist zwar zehn Uhr, aber es ist so, als wäre es elf; es ist zwei Uhr, aber eigentlich wäre es eins. Oder, wenn um sieben Uhr abends die Sonne noch hoch am Himmel steht, was dich ganz selig macht, weil nun endlich der Frühling gekommen ist, und du sagst: »Wie schön, dass die Tage wieder länger werden«, bekommst du zu hören, dass das so nicht stimmt, weil es zwar richtigerweise sieben Uhr, genaugenommen aber sechs ist und nur deshalb die Sonne noch so hoch steht.

Und das verdirbt dir die Laune.

Trotzdem ist es schön, wenn in der Zeitung auf der ersten Seite unten in der Ecke eine Uhr abgebildet ist mit der Unterschrift: Nicht vergessen, heute Nacht die Uhr eine Stunde vor (oder zurück) stellen. Und am nächsten Tag kannst du fragen: Habt ihr auch nicht vergessen, die Uhr eine Stunde vor (oder zurück) zu stellen?

 

Bevor ich die Wohnung verlasse, schalte ich kurz vor der Tür das letzte Licht aus. In den zwei Sekunden plötzlicher Dunkelheit suchen meine Hände blind nach der Tür, berühren sie und tasten sich zum Schloss vor, genau an die Stelle, wo der Schlüssel hinein muss, dann endlich kann ich aufschließen, und von...

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Kritik
»Wer die üblichen Carpe-diem-Genieße-den-Tag-Sinnsprüche nicht leiden kann, aber trotzdem einen möglichst legalen Stimmungsaufheller dringend nötig hat, sollte schnurstracks zum nächsten Buchladen marschieren und Von Glücksmomenten verlangen.«mehr

Autor

Francesco Piccolo, geboren 1964 in Caserta, lebt in Rom. Auf deutsch erschien der Roman Vorbeigeliebt oder Wenn ich wirklich dabei war, hab ich geschlafen (2000). Zuletzt wurden der Roman La separazione del maschio (2008; Die Trennung des Mannes) und Momenti di trascurabile felicità (2010; Von Glücksmomenten) veröffentlicht. Der Autor schreibt Drehbücher für Film und Fernsehen.