Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Der Tote im Eisfach

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am15.05.2012
Der fünfte Laos-Krimi mit dem unverwechselbaren Dr. Siri
Der 73-jährige Dr. Siri Paiboun, einziger und querköpfiger Leichenbeschauer in Laos, leidet. Man hat ihn verdonnert, an einer politischen Konferenz im Norden des Landes teilzunehmen, wo es ihn kaum überrascht, als einer der Genossen mutmaßlich aus Langeweile tot vom Stuhl fällt. Unterdessen hält seine Assistentin Dtui in der Hauptstadt die Stellung und hat es auch nicht leichter. Im Leichenschauhaus wurde versehentlich ein Toter tiefgefroren - die neue sowjetische Kühlkammer ist unerwartet effektiv -, der sich später als höchst explosiv erweist: Im Bauch der Leiche findet sich eine Hand granate, die wohl für Dr. Siri gedacht war. Während Dtui der Sache nachgeht, wird Siri entführt und bekommt es mit einem Fall zu tun, der mindestens ebenso mysteriös ist wie das Rätsel des eisgekühlten Unbekannten ...

Colin Cotterill, in London geboren, begab sich nach einer Ausbildung zum Englischlehrer auf eine lange Weltreise. Mittlerweile lebt er in Chumphon, Thailand. Seine in Laos angesiedelte Krimireihe um Dr. Siri wurde bereits mehrfach ausgezeichnet.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR8,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextDer fünfte Laos-Krimi mit dem unverwechselbaren Dr. Siri
Der 73-jährige Dr. Siri Paiboun, einziger und querköpfiger Leichenbeschauer in Laos, leidet. Man hat ihn verdonnert, an einer politischen Konferenz im Norden des Landes teilzunehmen, wo es ihn kaum überrascht, als einer der Genossen mutmaßlich aus Langeweile tot vom Stuhl fällt. Unterdessen hält seine Assistentin Dtui in der Hauptstadt die Stellung und hat es auch nicht leichter. Im Leichenschauhaus wurde versehentlich ein Toter tiefgefroren - die neue sowjetische Kühlkammer ist unerwartet effektiv -, der sich später als höchst explosiv erweist: Im Bauch der Leiche findet sich eine Hand granate, die wohl für Dr. Siri gedacht war. Während Dtui der Sache nachgeht, wird Siri entführt und bekommt es mit einem Fall zu tun, der mindestens ebenso mysteriös ist wie das Rätsel des eisgekühlten Unbekannten ...

Colin Cotterill, in London geboren, begab sich nach einer Ausbildung zum Englischlehrer auf eine lange Weltreise. Mittlerweile lebt er in Chumphon, Thailand. Seine in Laos angesiedelte Krimireihe um Dr. Siri wurde bereits mehrfach ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641069315
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum15.05.2012
Reihen-Nr.5
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2805 Kbytes
Artikel-Nr.1167307
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1

KALT ERWISCHT

»Was ist denn das für ein grauenhafter Lärm?«

»Ein Hmong-Bettler, der Flöte spielt, wenn mich meine Ohren nicht täuschen.«

»Das hält ja kein Mensch aus. Wir sind hier in einem Krankenhaus, verdammt noch mal. Kannst du ihm nicht sagen, dass er Ruhe geben soll?«

»Du hast doch Beine. Also sag es ihm gefälligst selbst.«

»Ich bin beschäftigt.«

»Ich etwa nicht?«

Die Pathologie war aus Beton und hatte weder Risse noch Spalten, in denen sich Geheimnisse hätten verstecken können. Auf ihren Logenplätzen links und rechts der Leiche hörten Schwester Dtui und Madame Daeng jedes abfällige Wort der beiden Beamten. Die Buchprüfer erinnerten an ein unglückliches Ehepaar. Die blassen Männer in zerschlissenen weißen Hemden und Polyesterhosen waren gestern Vormittag hereingeschneit. Sie hatten Dtui den amtlichen Bescheid des Justizministeriums in die Hand gedrückt und das Büro in Beschlag genommen. Sie wollten die einwöchige Abwesenheit des Leichenbeschauers nutzen, um seine Buchführung des Jahres 1977 durchzugehen. Wie es schien, hatte man sie ausdrücklich angewiesen, in dem Wust von Papieren nach Fehlern zu suchen. Dtui wusste, dass dies ein nahezu aussichtsloses Unterfangen war, denn ihr Chef hatte eine so erbärmliche Handschrift, dass er sie selbst kaum lesen konnte. Hätte man eine Kakerlake in Tinte getunkt und sie kreuz und quer über das Papier krabbeln lassen, wäre das Resultat vermutlich leserlicher ausgefallen.

Aber Schwester Dtui musste die Buchprüfer für ihre Entschlossenheit bewundern. Sie hatten jeden freien Quadratzentimeter des Büros mit grauen Papierstapeln gepflastert und tänzelten nun barfuß und auf Zehenspitzen von einem zum anderen. Die gesamte erste Schublade des Aktenschrankes hatten sie bereits durchforstet und füllten ihre Kassenbücher nun eifrig mit Notizen. Da es ihnen strengstens untersagt war, mit dem Hilfspersonal über ihren Auftrag zu sprechen, konnte Dtui ihnen leider nicht helfen, das zu finden, was sie suchten.

»Komm, wir gehen Mittag essen«, sagte einer von ihnen.

»Mh-hm.«

Zum ersten Mal seit ihrem Erscheinen waren sie sich einig. Dtui und Daeng hörten Papier rascheln, dann wurde die Bürotür, die seit Jahren niemand mehr in ihren verzogenen Rahmen gezwängt hatte, geschlossen und verriegelt, und einer der beiden Männer ließ aus sicherer Entfernung ein verhaltenes Hüsteln vernehmen.

»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Dtui.

»Genosse Bounhee und ich machen dann Mittag«, sagte er.

»Möchten Sie nicht hereinkommen und sich ein Sandwich mit uns teilen?«, schlug sie vor. Daeng schüttelte lächelnd den Kopf. Seit heute Morgen, als die Leiche eingeliefert worden war, hatten die Männer keinen Fuß mehr in den Sektionssaal gesetzt.

»Äh, nein. Lieber nicht. Wohlsein, Genossin«, sagte der Mann und verschwand.

Die einzige Pathologie in der Demokratischen Volksrepublik Laos hatte vier Räume. Da war zunächst das verbotene, mit Papieren übersäte Büro. Dann gab es noch die enge Lagerkammer, wo der Labortechniker Herr Geung die Präparatgläser polierte. Und schließlich den Sektionssaal selbst, den alle nur den Schneideraum nannten. Hier saßen Schwester Dtui und Madame Daeng beidseits des verstorbenen Offiziers und nahmen ihr zweites Frühstück ein. Diese kleine Respektlosigkeit war keineswegs so pervers, wie es den Anschein hatte, sondern eine nachgerade zwangsläufige Folge der Ereignisse des zurückliegenden Vormittags.

Herr Geung litt an einer milden Form des Down-Syndroms und war wie geschaffen für monotone Aufgaben, die er stets gründlich und zu aller Zufriedenheit erfüllte. Alles Ungewöhnliche hingegen machte ihn nervös. Fremden Menschen oder Geräten, die seine gewohnte Routine durcheinanderbrachten, begegnete er mit Argwohn. Die Buchprüfer waren ein solcher Störfaktor, und Herr Geung grummelte in einem fort missgelaunt vor sich hin. Aber das war nicht das einzige Ärgernis in dieser Woche. Die völlig intakte französische Kühlkammer der Pathologie war durch ein doppelt so großes Monstrum sowjetischer Bauart ersetzt worden. Weder der Krankenhaustechniker, der sie installiert hatte, noch Herr Geung, der für das An- und Abschalten zuständig war, kannte sich mit der Anlage aus. Dtui konnte zwar Russisch lesen, doch keiner der Regler schien die angegebene Funktion zu erfüllen. Und so hatte Herr Geung mit Entsetzen feststellen müssen, dass der Armeehauptmann schon nach knapp zwei Stunden tiefgefroren war.

Bei ihrem Eintreffen hatte Madame Daeng, die Verlobte des Leichenbeschauers, nicht nur Dtui vorgefunden, die den tränenüberströmten Geung zu trösten versuchte, sondern auch einen riesigen Eiszapfen von Leiche, der auf einer stählernen Rolltrage ruhte. Zu allem Übel erwarteten sie einen unbekannten Chirurgen, der am Nachmittag im Beisein des Klinikdirektors, Herrn Suk, die Obduktion vornehmen sollte. Bis dahin mussten sie den Leichnam irgendwie auf Zimmertemperatur erwärmen. Ihn in Decken zu wickeln, kam nicht in Frage, denn das hätte den Auftauvorgang nur verzögert. Es war ein verhältnismäßig kalter Tag Anfang Dezember, und es gab keine Heizung. Madame Daeng, die in jeder Krise einen kühlen Kopf bewahrte, schlug vor, den Soldaten in die Sonne zu schieben, die durch die Fensterjalousien fiel, und sich neben die Leiche zu setzen, damit ihre Körperwärme auf ihn abstrahlen konnte. Die einzige andere verfügbare Wärmequelle war ein rumänischer Wasserkocher. Sie verbanden ihn mit der Steckdose, stellten den Topf ans Ende der Edelstahltrage und sahen dem Wasser beim Blubbern zu.

Jetzt, wo das Wasser schon einmal kochte und auch eine Dose Erdnuss-Margarinen-Kekse bereitstand, konnten sich die beiden Damen ebenso gut ein Tässchen Tee genehmigen. Aus Gründen des Anstands - und um die Krümel aufzufangen - breiteten sie ein weißes Tuch über den Unterleib des Hauptmanns. Und da saßen sie nun und unterhielten sich über die immer leerer werdenden Regale der Geschäfte.

»Wie sieht´s aus?«, fragte Madame Daeng.

Dtui machte die Löffelprobe. »Noch eine Stunde, und er ist so weit.«

»Und wer führt die Obduktion durch? Ich dachte, Siri bringt als Einziger im ganzen Land die nötige Qualifikation mit.«

»Na ja« - Dtui lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück -, »von Qualifikation im strengen Sinne kann eigentlich nicht die Rede sein. Siri ist zwar gut, aber ein gelernter Pathologe ist er nicht. Was unsere Politbürokraten offenbar für nebensächlich hielten; Chirurg - Pathologe, gehopst wie gesprungen. Die können von Glück sagen, dass der Doc gleich in mehrfacher Hinsicht ein kleines Genie ist.« Da Dtui keine Ahnung hatte, wie viel Daeng über Siris Verbindungen zur Geisterwelt wusste, ging sie nicht weiter ins Detail.

»Und heute ...?«

»Vertritt ihn ein junger Starchirurg, der erst seit Kurzem wieder im Lande ist. Er ist vor sechs Jahren als Sanitäter in die DDR gegangen. Erstaunlich, was im Ostblock alles möglich ist. Dort gehen die Uhren anscheinend etwas schneller als bei uns. Aber Obduktionen durchführen darf der Neue auch nicht. Wenn unser Freund hier kein Soldat wäre, hätte man ihn vermutlich auf Eis gelegt, bis Siri wieder da ist. Die Militärs möchten allerdings unbedingt so bald wie möglich wissen, wie ihr Offizier ums Leben gekommen ist. Wie man hört, haben sie bislang keinen Schimmer, wer er ist. Sie warten darauf, dass seine Einheit ihn als vermisst meldet. Der Klinikdirektor hat unseren Jungstar gefragt, ob er auf die Schnelle eine Obduktion durchführen könnte, worauf der Knabe meinte: So schwierig kann das ja wohl nicht sein. Nun ja, wir werden sehen.«

»Es wäre jedenfalls weitaus schwieriger, wenn wir ihn nicht aufgetaut hätten. Es scheint zu funktionieren. Allmählich fängt er an zu müffeln.«

»Ja, jetzt rieche ich´s auch.«

»Sieht aus, als würden wir mehr Wärme ausstrahlen, als wir dachten.«

In der Tat. Und die beiden Frauen hatten allen Grund zu strahlen. Die dralle, wunderschöne Dtui verdankte ihrer ersten sexuellen Erfahrung ein Baby, das unter ihrem Herzen wuchs. Zum Glück hatte Phosy, der Polizist, das einzig Richtige getan und ihr das Jawort gegeben. Tante Bpoo, die Wahrsagerin, hatte Dtui prophezeit, dass es ein Mädchen werden würde. Sie war zwar erst im dritten Monat, hatte ihrer Tochter aber schon einen Namen gegeben und ihr rosa Sonnenhüte gehäkelt. Die Kleine würde fröhlich, rund und intelligent werden wie ihre Mutter ... und Medizin studieren ... und sich erst schwängern lassen, wenn sie verheiratet war, statt mit dem positiven Testergebnis in der Tasche vor den Traualtar zu treten. In dieser Hinsicht würde sie ganz anders werden als ihre Mutter.

Madame Daeng strahlte, weil sie im vorgerückten Alter von sechsundsechzig Jahren einen Antrag von dem Mann erhalten hatte, den sie seit ihrer Jugend heimlich liebte. Als Siri und sie sich vor ein paar Monaten im Süden des Landes wiedergefunden hatten, waren die alten Jungmädchengefühle von Neuem erwacht. Sowohl Siri als auch sie waren verwitwet - der hohe Preis des Krieges, der das Land jahrzehntelang verwüstet hatte. Trotzdem waren die beiden alten Kampfgenossen offen für eine neue Liebe. Dreist und schamlos war sie ihm nach Vientiane gefolgt und hatte alle verfügbaren Daumen gedrückt. Siri hatte auf denkbar unlaotische Art um ihre Hand angehalten: mit Blumen. Ein Brauch, den er zu ihrer großen Freude aus Frankreich mitgebracht hatte. Sie hatte ihm...


mehr

Autor

Colin Cotterill, in London geboren, begab sich nach einer Ausbildung zum Englischlehrer auf eine lange Weltreise. Mittlerweile lebt er in Chumphon, Thailand. Seine in Laos angesiedelte Krimireihe um Dr. Siri wurde bereits mehrfach ausgezeichnet.