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Blauer Montag

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
464 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am01.10.2012
Als der 5-jährige Matthew verschwindet, geht ein Aufschrei durch London. In den Zeitungen erscheint sein Bild - und die Psychotherapeutin Frieda Klein kann es nicht fassen: Matthew gleicht bis ins Detail dem Wunschkind eines verzweifelten kinderlosen Patienten von ihr. Ist dieser Mann ein brutaler Psychopath? Warum hat sie das als Therapeutin nicht schon vorher bemerkt? Zusammen mit Inspector Karlsson stößt Frieda auf Parallelen zum Verschwinden eines Mädchens vor mehr als zwanzig Jahren. Sie kommt dem Entführer immer näher. Doch es ist ein Wettlauf gegen die Zeit ...

Hinter dem Namen Nicci French verbirgt sich das Ehepaar Nicci Gerrard und Sean French. Seit langem sorgen sie mit ihren höchst erfolgreichen Psychothrillern international für Furore. Sie leben im Süden Englands.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAls der 5-jährige Matthew verschwindet, geht ein Aufschrei durch London. In den Zeitungen erscheint sein Bild - und die Psychotherapeutin Frieda Klein kann es nicht fassen: Matthew gleicht bis ins Detail dem Wunschkind eines verzweifelten kinderlosen Patienten von ihr. Ist dieser Mann ein brutaler Psychopath? Warum hat sie das als Therapeutin nicht schon vorher bemerkt? Zusammen mit Inspector Karlsson stößt Frieda auf Parallelen zum Verschwinden eines Mädchens vor mehr als zwanzig Jahren. Sie kommt dem Entführer immer näher. Doch es ist ein Wettlauf gegen die Zeit ...

Hinter dem Namen Nicci French verbirgt sich das Ehepaar Nicci Gerrard und Sean French. Seit langem sorgen sie mit ihren höchst erfolgreichen Psychothrillern international für Furore. Sie leben im Süden Englands.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641093631
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum01.10.2012
Reihen-Nr.1
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1780 Kbytes
Artikel-Nr.1205783
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Es war kurz vor drei Uhr morgens. Vier Personen gingen um diese Zeit über den Fitzroy Square. Ein junges Paar trotzte eng aneinandergeschmiegt dem Wind. Die beiden kamen aus Richtung Soho, wo sie einen Nachtklub besucht hatten. Für sie näherte sich der Sonntagabend allmählich seinem Ende. Obwohl sie es einander nicht eingestanden hatten, zögerten sie den Moment hinaus, in dem sie entscheiden mussten, ob sie in getrennte Taxis oder in ein gemeinsames steigen wollten. Eine dunkelhäutige Frau, die einen braunen Regenmantel und einen transparenten Plastikhut trug, dessen Bänder sie unter dem Kinn fest zusammengebunden hatte, schlurfte entlang der Ostseite des Platzes in Richtung Norden. Für sie war bereits Montagmorgen. Sie war unterwegs in ein Büro an der Euston Road, um dort in aller Herrgottsfrühe, während es draußen noch dunkel war, für Menschen, die sie nie zu Gesicht bekam, Mülleimer zu leeren und Teppiche zu saugen.

Bei der vierten Person handelte es sich um Frieda Klein, und für sie war es weder Sonntagabend noch Montagmorgen, sondern irgendetwas dazwischen. Als sie den Platz betrat, schlug ihr der Wind mit voller Kraft entgegen. Um überhaupt etwas sehen zu können, musste sie sich erst einmal das Haar aus dem Gesicht streichen. Im Verlauf der letzten Wochen hatte sich das Laub der Platanen zunächst rot und dann goldgelb gefärbt, doch nun war es durch Wind und Regen von den Ästen befreit worden und umwogte Frieda wie ein Meer aus Blättern. Ihr ging es im Grunde nur darum, London für sich allein zu haben. Näher konnte sie der Erfüllung dieses Wunsches kaum kommen.

Einen Moment lang blieb sie unschlüssig stehen. In welche Richtung sollte sie gehen? Nach Norden, über die Euston Road zum Regent´s Park? Der wäre tatsächlich menschenleer, denn selbst für die Jogger war es noch zu früh. Im Sommer ging Frieda manchmal mitten in der Nacht dorthin, kletterte über den Zaun und tauchte in die Dunkelheit des Parks ein, um zu beobachten, wie das Mondlicht auf dem Wasser des Sees glitzerte, oder um den Geräuschen aus dem Zoo zu lauschen. Heute Nacht aber wollte sie nicht so tun, als wäre sie gar nicht in London. Nach Süden zog es sie ebenso wenig. Dort würde sie über die Oxford Street nach Soho gelangen. An manchen Abenden verlor sie sich gern zwischen den seltsamen Kreaturen, die mitten in der Nacht noch dort ausharrten oder gerade erst aus ihren Löchern gekrochen kamen. Zwielichtige kleine Taxiunternehmen brachten einen rund um die Uhr nach Hause, verlangten dafür aber so viel, wie sie einem nur abknöpfen konnten. Polizisten rotteten sich zu Pulks zusammen. Lieferwagen wichen Fußgängerscharen aus. Außerdem gab es da noch die City-Maut, ganz zu schweigen von der ständig zunehmenden Zahl von Menschen, die weiter aßen und tranken, egal, wie spät es schon war.

Nicht in dieser Nacht. Nicht an diesem Tag. Nicht jetzt, wo eine neue Woche gerade im Begriff stand, widerwillig in die Gänge zu kommen. Eine Woche, die gezwungen sein würde, dem November ins Auge zu blicken und sich auf Dunkelheit und Regen einzustellen, mit der Aussicht auf noch mehr Dunkelheit und Regen. Es war eine Zeit, in der man eigentlich in einen Winterschlaf versinken und erst im März oder April oder Mai wieder aufwachen sollte. Schlaf. Frieda hatte plötzlich das beklemmende Gefühl, von lauter schlafenden Menschen umgeben zu sein, die allein oder paarweise in Wohnungen, Häusern, Pensionen und Hotels lagen und sich als Träumende die Filme in ihren Köpfen ansahen. Zu diesen Menschen wollte Frieda nicht gehören. Sie setzte sich in Richtung Osten in Bewegung, vorbei an den geschlossenen Läden und Restaurants. Einen Augenblick kam es in der Tottenham Court Road mit ihren Nachtbussen und Taxis zu einem Aufblitzen von Aktivität, doch dann war alles wieder ruhig, und Frieda hörte nur noch das Klacken ihrer eigenen Schritte, während sie weiterging, vorbei an anonymen Wohnblöcken, schäbigen Hotels, Universitätsgebäuden und auch ein paar einzelnen Häusern, die erstaunlicherweise überlebt hatten. Obwohl in diesem Viertel viele Menschen wohnten, fühlte es sich gar nicht danach an. Hatte es überhaupt einen Namen?

Zwei Polizeibeamte in einem geparkten Streifenwagen sahen sie auf die Gray´s Inn Road zusteuern. Die beiden betrachteten sie mit gelangweiltem Interesse. Für eine Frau, die allein umherwanderte, war das hier nicht unbedingt eine sichere Gegend. Die beiden Männer hatten Schwierigkeiten, sie richtig einzuordnen. Eine Prostituierte schien sie jedenfalls nicht zu sein. Sie war nicht mehr ganz jung, vielleicht Mitte dreißig. Langes dunkles Haar. Mittelgroß. Ihr langer Mantel verbarg ihre Figur. Sie sah auch nicht aus wie eine Frau, die gerade von einer Party zurückkam.

»Anscheinend hatte sie keine Lust, die ganze Nacht mit ihm zu verbringen«, meinte einer der beiden.

Der andere grinste. »Ich würde sie in einer solchen Nacht bestimmt nicht aus dem Bett werfen«, antwortete er, während er das Fenster öffnete. »Alles in Ordnung, Miss?«, sprach er sie an, als sie vorbeiging.

Sie schob nur die Hände ein wenig tiefer in die Taschen ihres Mantels und eilte weiter, als hätte sie nichts gehört.

»Sehr charmant«, bemerkte einer der Beamten und wandte sich wieder seiner Arbeit zu: Nach einem kleinen Vorfall, der im Grunde kaum die Bezeichnung »Vorfall« verdiente, galt es, ein Formular auszufüllen.

Während Frieda ihren Weg fortsetzte, hatte sie plötzlich die Worte ihrer Mutter im Ohr. Es hätte nicht geschadet, hallo zu sagen, oder? Aber was wusste ihre Mutter schon? Das war einer der Gründe, warum sie diese Spaziergänge unternahm: damit sie nicht reden, sich niemandem präsentieren musste. Sie wollte nicht angestarrt und beurteilt werden. Um diese Zeit wollte sie einfach nur nachdenken oder aber jeden Gedanken ausblenden. In solchen Nächten, in denen sie nicht schlafen konnte, genoss sie es, endlos dahinzumarschieren und auf diese Weise das ganze Zeug aus ihrem Kopf herauszubekommen. Eigentlich sollte das ja im Schlaf passieren, aber bei ihr funktionierte das nicht. Da brachte es auch kaum etwas, wenn sie liegen blieb und doch von Zeit zu Zeit ein wenig einnickte.

Sie überquerte die Gray´s Inn Road, wo es weitere Busse und Taxis gab, und nahm dann eine Abkürzung durch eine schmale Gasse, die so verlassen wirkte, dass man hätte glauben können, die Welt hätte sie vergessen.

Als sie in die King´s Cross Road einbog, sah sie sich plötzlich mit zwei Jungs im Teenageralter konfrontiert. Die beiden trugen Kapuzenpullis und weite Jeans. Einer von ihnen sagte etwas zu ihr, das sie nicht recht verstand. Sie starrte ihn an, woraufhin er den Blick abwandte.

Wie dumm von mir, schalt sie sich selbst. Das war wirklich dumm gewesen. Eine der wichtigsten Regeln für solche Märsche durch London lautete: keinen Augenkontakt aufnehmen! Das konnte als Herausforderung aufgefasst werden. Dieses Mal hatte der Betreffende einen Rückzieher gemacht, aber es reichte schon ein Einziger, der anders reagierte.

Fast schon automatisch schlug Frieda einen Weg ein, der von der Hauptstraße wegführte und dann wieder in sie einmündete, um kurz darauf erneut wegzuführen. Für die meisten Leute, die dort arbeiteten oder mit dem Auto durchfuhren, war dies nur ein hässlicher und unbedeutender Teil Londons: Bürogebäude, Wohnungen, ein Eisenbahndurchstich. Frieda jedoch folgte dem Lauf eines alten Flusses. Sie fühlte sich seit jeher von ihm angezogen. Einst war er durch Felder und Obstgärten zur Themse hinuntergeflossen. Menschen hatten an seinem Ufer gesessen, um sich auszuruhen oder zu fischen. Was wäre jenen Männern und Frauen, die damals an warmen Sommerabenden dort saßen und die Füße im Wasser baumeln ließen, wohl durch den Kopf gegangen, wenn sie in der Lage gewesen wären, die Zukunft vorherzusehen? Der Fluss war zu einem Müllabladeplatz verkommen, einer schmutzigen Kloake, verstopft mit Fäkalien und Tierkadavern und all den anderen Dingen, bei denen die Menschen sich nicht die Mühe machten, sie anderweitig zu entsorgen. Am Ende war er zugebaut worden und in Vergessenheit geraten. Wie konnte ein Fluss in Vergessenheit geraten? Wenn Frieda hier vorbeikam, blieb sie stets an einem Metallrost stehen, durch den aus der Tiefe immer noch das Rauschen des Flusses heraufdrang - fast wie ein Echo aus der Vergangenheit. Und hatte man diese Stelle hinter sich gelassen, konnte man zwischen den Ufern, die zu beiden Seiten anstiegen, dahinspazieren. Hin und wieder erinnerte sogar noch ein Straßenname daran, dass es hier früher einmal Kais gegeben hatte, an denen Lastschiffe entladen wurden, und noch früher Uferböschungen, an deren grasbewachsenen Hängen die Leute saßen und einfach nur zusahen, wie das kristallklare Wasser zur Themse floss. Das war London: Dinge, gebaut auf Dingen, gebaut auf Dingen, gebaut auf Dingen, von denen eines nach dem anderen in Vergessenheit geraten war, aber dennoch eine Spur hinterlassen hatte, und sei es nur ein Wasserrauschen, das man durch einen Metallrost hören könnte.

War es ein Fluch, dass die Stadt so viel von ihrer Vergangenheit zudeckte, oder konnte eine Stadt nur auf diese Weise überleben? Einmal hatte Frieda davon geträumt, dass in London Gebäude, Brücken und Straßen abgerissen wurden, damit die alten, in die Themse mündenden Flüsse wieder ans Tageslicht geholt werden konnten. Aber was hätte das für einen Sinn? Wahrscheinlich blieben diese Flüsse ohnehin lieber, wie sie waren: verborgen, unbemerkt und voller Geheimnisse.

Als Frieda die Themse erreichte, beugte sie sich wie immer über das Wasser. Meist konnte sie in der Dunkelheit gar nicht erkennen, wo der Zufluss aus seinem erbärmlichen kleinen Rohr quoll. So auch an diesem Morgen. Sie konnte nicht einmal sein Rauschen hören....

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Kritik
"Endlich: Ein guter psychologischer Kriminalroman - kenntnisreich, sachlich kompetent und angemessen auf dem schwierigen Gebiet extremer seelischer Verwerfungen. Intelligenter Plot, psychologisch plausibel."mehr

Autor

Hinter dem Namen Nicci French verbirgt sich das Ehepaar Nicci Gerrard und Sean French. Seit langem sorgen sie mit ihren höchst erfolgreichen Psychothrillern international für Furore. Sie leben im Süden Englands.