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Mein Weg führt nach Tibet

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Kiepenheuer & Witsch GmbHerschienen am12.03.20121. Auflage
»Ein authentischer Bericht einer spektakulären Reise« FR Endlich wieder im KiWi Paperback: Der Bestseller von Sabriye Tenberken, die in Lhasa die erste Blindenschule Tibets gegründet hat. Die Kinder werden u.a. in Tibetisch, Chinesisch und Englisch unterrichtet; daneben gibt es eine Trainingsstätte, in der blinde Jugendliche und Erwachsene in verschiedenen Berufen ausgebildet werden. Von ihrem großen Abenteuer, bei dem sie häufig vor dem Scheitern stand, erzählt Sabriye Tenberken - die selbst blind ist - mit viel Humor und voller Zuneigung zu den Tibetern und ihrer so ganz anderen Kultur. Und sie zeigt uns, dass Blindsein keine Behinderung ist - wer nur will, kann seinen eigenen Traum verwirklichen. »Mit viel Einfühlsamkeit schafft es die Autorin, dass ihr Erfahrungsbericht Sehenden die Augen öffnet.« (Brigitte)

Sabriye Tenberken, geboren 1970 in Köln, erblindete im Alter von zwölf Jahren. Sie hat Tibetologie, Soziologie und Philosophie studiert und kümmert sich seit 1998 zusammen mit ihrem Lebensgefährten Paul Kronenberg um die von ihnen gegründete Blindenschule in Lhasa und um das Kanthari-Institut für Leiter sozialer Projekte im südindischen Kerala. Sabriye Tenberken wurde für ihr Engagement u.a. mit dem Charity-Bambi der Burda-Verlagsgruppe, mit dem Hero Award des Time Magazine, dem National Friendship Award der chinesischen Regierung und dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet und, ebenso wie Paul Kronenberg, zum Ritter von Oranje geschlagen. Sie veröffentlichte die Bücher Mein Weg führt nach Tibet. Die blinden Kinder von Lhasa (KiWi 1302) und Das siebte Jahr. Von Tibet nach Indien über die Besteigung des Lhakpa Ri zusammen mit dem blinden Bergsteiger Eric Weihenmayer und den Kindern der Blindenschule. Der in diesem Zusammenhang entstandene Film »Blindsight« wurde 2007 mit dem Publikumspreis der Berlinale ausgezeichnet.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext»Ein authentischer Bericht einer spektakulären Reise« FR Endlich wieder im KiWi Paperback: Der Bestseller von Sabriye Tenberken, die in Lhasa die erste Blindenschule Tibets gegründet hat. Die Kinder werden u.a. in Tibetisch, Chinesisch und Englisch unterrichtet; daneben gibt es eine Trainingsstätte, in der blinde Jugendliche und Erwachsene in verschiedenen Berufen ausgebildet werden. Von ihrem großen Abenteuer, bei dem sie häufig vor dem Scheitern stand, erzählt Sabriye Tenberken - die selbst blind ist - mit viel Humor und voller Zuneigung zu den Tibetern und ihrer so ganz anderen Kultur. Und sie zeigt uns, dass Blindsein keine Behinderung ist - wer nur will, kann seinen eigenen Traum verwirklichen. »Mit viel Einfühlsamkeit schafft es die Autorin, dass ihr Erfahrungsbericht Sehenden die Augen öffnet.« (Brigitte)

Sabriye Tenberken, geboren 1970 in Köln, erblindete im Alter von zwölf Jahren. Sie hat Tibetologie, Soziologie und Philosophie studiert und kümmert sich seit 1998 zusammen mit ihrem Lebensgefährten Paul Kronenberg um die von ihnen gegründete Blindenschule in Lhasa und um das Kanthari-Institut für Leiter sozialer Projekte im südindischen Kerala. Sabriye Tenberken wurde für ihr Engagement u.a. mit dem Charity-Bambi der Burda-Verlagsgruppe, mit dem Hero Award des Time Magazine, dem National Friendship Award der chinesischen Regierung und dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet und, ebenso wie Paul Kronenberg, zum Ritter von Oranje geschlagen. Sie veröffentlichte die Bücher Mein Weg führt nach Tibet. Die blinden Kinder von Lhasa (KiWi 1302) und Das siebte Jahr. Von Tibet nach Indien über die Besteigung des Lhakpa Ri zusammen mit dem blinden Bergsteiger Eric Weihenmayer und den Kindern der Blindenschule. Der in diesem Zusammenhang entstandene Film »Blindsight« wurde 2007 mit dem Publikumspreis der Berlinale ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783462305982
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum12.03.2012
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse2524 Kbytes
Artikel-Nr.1216270
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

»Kelsang Meto! Kelsang Meto!«

Die Rufe kommen von tief unten. Ich treibe das Pferd weiter. Ruhig und sicher platziert es seine Hufe auf dem steinigen Schräghang. Einen richtigen Weg gibt es nicht, und das Tier hält von Mal zu Mal inne, wie um abzuwägen, welcher Felsbrocken den sichersten Tritt verspricht.

»Kelsang Meto! Komm zurück!« Die angsterfüllten Stimmen scheinen weit entfernt.

Aber umkehren will ich jetzt nicht. Ich darf die Konzentration des Pferdes nicht brechen, und der Rückweg wäre vielleicht noch gefährlicher. Steine poltern uns entgegen, und hin und wieder macht das Pferd einen gewagten Satz, um dem Steinschlag auszuweichen. Es ist ein kleines Bergpferd, das die Kunst des Kletterns beherrscht.

Man hatte mich gewarnt. Der Hengst sei aggressiv und versuche oft genug, sich durch Bocken seines Reiters zu entledigen. Doch ich war auch bockig und hatte mich diesem »Teufel« anvertraut. Und jetzt bin ich froh darüber. Denn das Pferd, von seinem Besitzer Nagpo (der Schwarze) genannt, ist ruhig und hoch konzentriert. Als Kind hatte ich gelernt, mit angeblich schwierigen und temperamentvollen Pferden umzugehen. Das waren oft die sensiblen und intelligenten Tiere, und ich wusste bald, dass ich mich ihnen getrost anvertrauen durfte.

»Kelsang Meto!« brüllt es von unten, »ein Gewitter zieht auf. Wir können nicht über den Pass!«

»Wir müssen!« rufe ich zurück. »Auf der anderen Seite gibt es ein Dorf, und da finden wir bestimmt auch ein Dach über dem Kopf!«

Ein Bauer hatte uns vor dem Unwetter gewarnt: Wir sollten versuchen, möglichst schnell ins nächste Dorf zu gelangen. Diesseits des Passes würden wir zwischen den Geröllhalden höchstens ein bisschen Gras zum Lagern finden, aber nichts, was uns in der Nacht Schutz bieten könnte.

Nagpo hält kurz inne, um unserem Gebrüll zu lauschen. Nach meinem leisen »Tschua!« setzt er sich wieder in Bewegung. Fünf Tage habe ich auf dem Rücken des Pferdes zugebracht, und wir haben uns inzwischen auf eine ganz eigene Sprache geeinigt. Peitsche oder Gerte, selbst Zügel und Schenkeldruck sind nicht mehr nötig, kurze Befehle und leichte Gewichtsveränderungen genügen.

Wind setzt ein, er pfeift in den Ohren und reißt am Gepäck, das hinter mir am Sattel festgebunden ist. Der Wind wird stärker. Er entwickelt sich allmählich zum Sturm. Zum Glück können uns die Windstöße hier nicht gefährden, denn sie kommen von hinten und drücken uns lediglich gegen den Berg.

Bald höre ich das Keuchen der anderen, die doch beschlossen haben, die Passüberquerung zu wagen. Sie sind abgestiegen und klettern nun neben den Tieren her. Ich verlasse mich lieber auf mein Pferd, lasse die Zügel lang herunterhängen und konzentriere mich völlig darauf, Nagpo ruhig zu halten.

Dann haben wir es geschafft. Das Pferd steht schweißgebadet und schwer schnaubend auf der Passhöhe. Der Sturm will uns auf die andere Seite des Berges treiben. Ich steige ab und stelle mich in Nagpos Windschatten, um auf die anderen zu warten. Ich bin überzeugt, dass wir das Gröbste hinter uns haben, und merke, wie mich nach all der Anspannung eine große Müdigkeit überfällt. Was ich nicht ahne: Die bisherigen Strapazen waren nur das harmlose Vorspiel zum wirklichen Inferno.

Als alle unüberhörbar fluchend und völlig außer Atem die Passhöhe erreicht haben, geht es weiter, zunächst ein Stück auf dem Grat entlang. Ich mit Nagpo voran, inständig hoffend, dass wir auf der anderen Seite einen gangbaren Weg finden. Der Hengst ist sicherer und willensstärker als die anderen Pferde und gilt ihnen daher als Leittier. Auch scheint er ein Gespür dafür zu haben, wohin er treten kann. Behutsam wählt er eine Route und testet sie mit den Hufen. Die Erde rutscht unter seinen Tritten, Steine rollen in die Tiefe. Es gibt wohl doch keinen richtigen Weg.

Nagpo zögert einen Moment, und dann setzt er an: ein Sprung von Fels zu Fels, ein gewagter Satz, wie auch meine Reisegefährten später berichten. Es geht über eine breite und unendlich tiefe Felsspalte. Mein linker Steigbügel löst sich bei diesem Sprung, und nach einer elend langen Sekunde klirrt er leise tief unten auf dem felsigen Boden.

Ich spüre, wie sich meine Höhenangst bemerkbar macht, und für einen kurzen Augenblick packt mich das kalte Grausen. Aber ich fasse mich schnell wieder. Ich habe jetzt keine Zeit darüber nachzudenken, was geschehen wäre, wenn ich mich nicht hätte im Sattel halten können. Schnell geht es weiter. Von Fels zu Fels, Sprung um Sprung, tiefer und tiefer.

»Kelsang Meto!« Die Stimmen klingen verzweifelt. Die anderen stehen mit ihren Pferden noch jenseits der Felsspalte.

Auf einem ebenen Stück, einem kleinen Felsplateau, wie ich vermute, bringe ich Nagpo zum Stehen. »Ich warte hier«, rufe ich zurück, »sucht euch einen anderen Weg!« Ich warte lange, viel zu lange. Gedanken schießen mir durch den Kopf. Was, wenn der Sturm, der jetzt um die Felsen heult, sie packt und in die Tiefe wirft?

Nach langen Minuten höre ich, wie sie sich von einer anderen Seite nähern. Aber ich höre noch etwas anderes, ein Donnergrollen in der Ferne, das rasch näher kommt. »Weiter! Weiter!« rufen sie mir zu, und mit einem leisen »Tschua!« setze ich Nagpo wieder in Bewegung.

Der Sturm wird stärker. Er zerrt an meinem Hutband und reißt mir den Hut vom Kopf. Ich lasse ihn fliegen. Die Menschen hier glauben, dass ein wieder gefundener Hut Unglück bringt. Das kann ich im Moment nicht brauchen. Wichtig ist nur die Konzentration meiner vier Sinne auf das, was hier geschieht: Es stürmt. Es donnert. Die Luft ist erfüllt von Sand und feinem Staub, der sich in den Augen festsetzt. Ich ziehe ein Halstuch über die Augen, denn die brauche ich nicht. Ich brauche meine Ohren, um die Steinlawinen heranrollen zu hören, ich brauche meinen Mund, um mit beruhigenden Lauten das Pferd bei Laune zu halten, und ich brauche meinen Gleichgewichtssinn, um auf dem hölzernen Sattel, dessen Bauchgurt sich langsam zu lösen beginnt, sicher oben zu bleiben. Jetzt zählt nur die Bewegung unter mir, jeder Tritt und Sprung des Pferdes.

»Kelsang Meto!« ruft es von hinten, »mehr nach rechts! Links ist der Abgrund!«

Pferde suchen sich gern eine Leitlinie. Und mir wird bewusst, dass mein linker Fuß steigbügellos über dem Nichts baumelt. Ich kann und will das Pferd aber nicht mehr beeinflussen und verlasse mich einfach darauf, dass es weiss, was es tut.

Nagpo scheut auf, denn es donnert nicht weit von uns. Ich höre ein lautes Krachen, Steine splittern, Pferde wiehern panisch, und dann ein Schrei, der mich aus meiner Konzentration reißt. Was war das? Es hatte sich angehört, als wäre ein Felsbrocken in die Tiefe gestürzt und hätte jemanden mit sich gerissen. In meiner Vorstellung sehe ich einen zerschmetterten Körper tief unten in der Felsschlucht. Ich war es, die sie gezwungen hat, mir über den Pass zu folgen, schießt es mir durch den Kopf. Sie wollten mich nicht alleine lassen. Und jetzt ist es meine Schuld, wenn etwas passiert ist.

Ich versuche Nagpo auf dem engen Bergpfad zu wenden, doch er wehrt sich, und mit Recht, denke ich. Was soll ich tun? Ist es fair, einfach hier zu warten? Noch einmal versuche ich Nagpo zu wenden, doch jetzt beginnt er zu bocken, er will weiter nach unten. Um das nervös gewordene Pferd ruhig auf der Stelle zu halten, steige ich ab. Ein zweiter Donnerschlag hallt durch die Nacht. Es beginnt zu regnen. In mächtigen kalten Strömen fließt das Wasser auf mich herab, läuft in meine Kleidung, und bald bin ich durch und durch nass. Plötzlich vernehme ich Pferdegetrappel, das sich schnell von oben nähert. »Was ist passiert?« rufe ich in die Dunkelheit.

Ich höre eine Stimme, doch Regen und Wind verschlucken die Worte. Erst als sie näher kommen, höre ich, wie sie rufen: »Weiter, weiter! Nichts passiert, nur ein kleiner Sturz!«

Ich steige wieder auf, und gefolgt von den klappernden Hufen der Pferde und den polternden Stiefeln der Reiter, die neben ihren Tieren herlaufen, treibe ich Nagpo weiter abwärts. Es geht um eine kleine Felsnase, und ich merke, wie der Weg unter seinen Hufen allmählich eben und sandig wird.

 

Mit den vor Anspannung und Kälte zitternden Pferden stehen wir unter einem Vordach eines Stalls. Wir brauchen nicht lange zu warten, da springt ein eifriger Bauer aus dem Haus und scheucht uns mit lautem Gebrüll zurück in den Regen. Wir versuchen es im Nachbarhof, doch dort hetzt man die Hunde auf uns. Wir sehen wohl wirklich zu unappetitlich aus.

Eine alte Bauersfrau öffnet ein Fenster und hört uns endlich an. Dolma stellt sich vor sie, zeigt auf unsere kleine Karawane und beginnt ihren Vortrag. Sie beschreibt den langen und beschwerlichen Weg über den hohen Pass, verweist auf unsere triefend nassen Kleider und auf ihr Bein, das sie sich bei dem Sturz verletzt hat.

»Ozi-ah!« stöhnt die Bäuerin mitleidsvoll und rührt sich nicht von der Stelle.

Um unsere Not eindrucksvoll zu veranschaulichen, humpelt Dolma nun vor dem Fenster auf und ab, begleitet von schmerzerfüllten Ausrufen. Sie scheint dabei äußerst komische Grimassen zu ziehen, denn die Bäuerin fängt plötzlich lauthals an zu lachen. Nach einer Weile jedoch wird ihr das Schauspiel zu dumm, sie zieht ihren Kopf wieder in die warme Hütte zurück und schlägt das Fenster mit einem Krachen zu.

Entmutigt stehen wir mit unseren Pferden im Regen. Wir bitten Dolma, es noch einmal zu versuchen. »Ohlohi!« ruft sie einige Hütten weiter in die Dunkelheit. Bald darauf öffnen sich ein paar Fenster.

»Wir brauchen nur ein Dach über dem Kopf, einen Stall vielleicht!« ruft Dolma, und es klingt wahrhaft kläglich.

»Woher kommt ihr denn?« will ein skeptischer Bauer wissen.

Sie...
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Sabriye Tenberken, geboren 1970 in Köln, erblindete im Alter von zwölf Jahren. Sie hat Tibetologie, Soziologie und Philosophie studiert und kümmert sich seit 1998 zusammen mit ihrem Lebensgefährten Paul Kronenberg um die von ihnen gegründete Blindenschule in Lhasa und um das Kanthari-Institut für Leiter sozialer Projekte im südindischen Kerala. Sabriye Tenberken wurde für ihr Engagement u.a. mit dem Charity-Bambi der Burda-Verlagsgruppe, mit dem Hero Award des Time Magazine, dem National Friendship Award der chinesischen Regierung und dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet und, ebenso wie Paul Kronenberg, zum Ritter von Oranje geschlagen. Sie veröffentlichte die Bücher Mein Weg führt nach Tibet. Die blinden Kinder von Lhasa (KiWi 1302) und Das siebte Jahr. Von Tibet nach Indien über die Besteigung des Lhakpa Ri zusammen mit dem blinden Bergsteiger Eric Weihenmayer und den Kindern der Blindenschule. Der in diesem Zusammenhang entstandene Film »Blindsight« wurde 2007 mit dem Publikumspreis der Berlinale ausgezeichnet.