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Die Liebe in Zeiten der Cholera

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Kiepenheuer & Witsch GmbHerschienen am10.12.20121. Auflage
Ein großer Liebesroman, eine Geschichte voller Lebenskraft und Poesie - Nichts auf der Welt ist schwieriger als die Liebe.  Das erleben und erleiden Fermina Daza und Doktor Juvenal Urbino tagtäglich in ihrer mehr als fünfzigjährigen Ehe. Und keiner erfährt das schmerzlicher als Florentino Ariza, Fermina Dazas Verehrer, der 51 Jahre, 9 Monate und 4 Tage auf sie wartet. Schwärmerisch hat der Telegrammbote Florentino Ariza in poetischen Briefen um sie geworben, hat in aller Keuschheit ihr Herz gewonnen und wieder verloren, aber niemals aufgehört, sie zu lieben. An der Seite ihres Mannes, eines hochgeachteten Arztes, führt Fermina Daza nun ein großbürgerliches Leben. Florentino Ariza, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt, wird ein gesellschaftlich anerkannter Mann und ein erfolgreicher, nimmermüder Schürzenjäger. Im Herzen jedoch ist er Fermina Daza immer treu geblieben, und noch am Abend der Beerdigung ihres Mannes erklärt er ihr erneut seine Liebe.

Gabriel García Márquez, geboren 1927 in Aracataca, Kolumbien, arbeitete nach dem Jurastudium zunächst als Journalist. García Márquez hat ein umfangreiches erzählerisches und journalistisches Werk vorgelegt. Seit der Veröffentlichung von »Hundert Jahre Einsamkeit« gilt er als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftsteller der Welt. 1982 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Gabriel García Márquez starb 2014 in Mexico City.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR20,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEin großer Liebesroman, eine Geschichte voller Lebenskraft und Poesie - Nichts auf der Welt ist schwieriger als die Liebe.  Das erleben und erleiden Fermina Daza und Doktor Juvenal Urbino tagtäglich in ihrer mehr als fünfzigjährigen Ehe. Und keiner erfährt das schmerzlicher als Florentino Ariza, Fermina Dazas Verehrer, der 51 Jahre, 9 Monate und 4 Tage auf sie wartet. Schwärmerisch hat der Telegrammbote Florentino Ariza in poetischen Briefen um sie geworben, hat in aller Keuschheit ihr Herz gewonnen und wieder verloren, aber niemals aufgehört, sie zu lieben. An der Seite ihres Mannes, eines hochgeachteten Arztes, führt Fermina Daza nun ein großbürgerliches Leben. Florentino Ariza, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt, wird ein gesellschaftlich anerkannter Mann und ein erfolgreicher, nimmermüder Schürzenjäger. Im Herzen jedoch ist er Fermina Daza immer treu geblieben, und noch am Abend der Beerdigung ihres Mannes erklärt er ihr erneut seine Liebe.

Gabriel García Márquez, geboren 1927 in Aracataca, Kolumbien, arbeitete nach dem Jurastudium zunächst als Journalist. García Márquez hat ein umfangreiches erzählerisches und journalistisches Werk vorgelegt. Seit der Veröffentlichung von »Hundert Jahre Einsamkeit« gilt er als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftsteller der Welt. 1982 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Gabriel García Márquez starb 2014 in Mexico City.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783462306750
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum10.12.2012
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse2329 Kbytes
Artikel-Nr.1242614
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


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Es war unvermeidbar: Der Geruch von bitteren Mandeln ließ ihn stets an das Schicksal verhinderter Liebe denken. Doktor Juvenal Urbino hatte ihn sofort wahrgenommen, als er in das noch dämmrige Haus trat, wohin man ihn dringend gerufen hatte, damit er sich eines Falles annähme, der für ihn schon seit vielen Jahren nicht mehr dringlich war. Der Antillenflüchtling Jeremiah de Saint-Amour, Kriegsinvalide, Kinderfotograf und der nachsichtigste seiner Schachgegner, hatte sich mittels Goldzyaniddämpfen vor den Martern der Erinnerung in Sicherheit gebracht.

Er fand die Leiche, bedeckt mit einem Tuch, auf dem Feldbett vor, in dem der Mann immer geschlafen hatte, dicht daneben ein Schemel und darauf die Schale, in der das Gift verdampft war. Am Boden hingestreckt und an ein Bein des Bettes gebunden, lag der Kadaver einer großen Dänischen Dogge, schwarz mit schneeiger Brust. Daneben lagen die Krücken. Den unordentlichen, stickigen Raum, der zugleich Schlafzimmer und Labor war, erhellte gerade erst ein Schimmer des Morgenrots im geöffneten Fenster, das Licht reichte jedoch aus, um sofort die Autorität des Todes zu erkennen. Die übrigen Fenster waren, wie jede Ritze im Zimmer, mit Lappen verhängt oder mit schwarzer Pappe vernagelt, was den Eindruck beklemmender Enge verstärkte. Da war ein langer Tisch, vollgestellt mit Flaschen und Tuben ohne Etikett und zwei abgestoßenen Zinnschalen unter einer gewöhnlichen Glühbirne, die mit rotem Papier abgeschirmt war. Die dritte Schale, für das Fixierbad, befand sich neben der Leiche. Überall stapelten sich alte Zeitungen, Zeitschriften und Fotoplatten, beschädigte Möbel standen herum, doch eine fürsorgliche Hand hatte das alles vor Staub bewahrt. Obwohl durch das geöffnete Fenster frische Luft ins Zimmer gedrungen war, lag für den, der ihn zu erkennen wußte, noch immer der laue Bittermandelgeruch gescheiterter Liebe im Raum. Doktor Juvenal Urbino hatte ohne bestimmte Vorahnung mehr als einmal gedacht, daß dies nicht der rechte Ort sei, um in der Gnade des Herrn zu sterben. Doch mit der Zeit hatte er es schließlich für möglich gehalten, daß diese Unordnung einem geheimen Beschluß der göttlichen Vorsehung gehorchte.

Ein Polizeikommissar war vor ihm eingetroffen, zusammen mit einem sehr jungen Arzt, der sein gerichtsmedizinisches Praktikum an der städtischen Poliklinik machte. Sie hatten, während er noch unterwegs war, das Zimmer gelüftet und die Leiche zugedeckt. Mit ihrer feierlichen Begrüßung bezeugten sie ihm diesmal eher ihr Beileid als ihre Ehrerbietung, denn seine Freundschaft mit Jeremiah de Saint-Amour war jedermann bekannt. Der vortreffliche Meister drückte beiden die Hand, wie er es seit jeher bei seinen Schülern vor der täglichen Vorlesung zur Allgemeinmedizin gehalten hatte, dann griff er den Saum der Decke, als sei er eine Blume, zwischen Daumen und Zeigefingerspitzen und enthüllte nach und nach mit sakraler Gemessenheit den Leichnam. Der Mann war vollkommen nackt, starr und verkrümmt, die Augen offen, der Körper blau und seit dem vergangenen Abend um fünfzig Jahre gealtert. Seine Pupillen waren durchsichtig, Bart und Haare gelblich, und über den Bauch zog sich eine alte Narbe, wie von einem Sacknäher zusammengeflickt. Weil er sich so lange an Krücken abgemüht hatte, erinnerten die Spannbreite seiner Arme und sein Oberkörper an einen Galeerensklaven, seine wehrlosen Beine hingegen an ein Waisenkind. Doktor Juvenal Urbino betrachtete ihn einen Augenblick lang, und ihm war weh ums Herz wie selten in den langen Jahren seines fruchtlosen Kampfes gegen den Tod.

»Idiot«, sagte er zu ihm, »das Schlimmste war doch schon überstanden.«

Er deckte ihn wieder zu und gewann seine akademische Überlegenheit zurück. Im Jahr zuvor hatte er seinen achtzigsten Geburtstag mit einer dreitägigen offiziellen Jubiläumsfeier begangen und in seiner Dankesrede wieder einmal die Versuchung abgewehrt, in den Ruhestand zu treten. Er hatte gesagt: »Zum Ausruhen habe ich Zeit genug, wenn ich tot bin, aber diese Möglichkeit beziehe ich noch nicht in meine Pläne ein.« Obwohl er auf dem rechten Ohr immer schlechter hörte und sich beim Gehen auf seinen Stock mit dem Silberknauf stützte, um die Unsicherheit seiner Schritte zu überspielen, war sein Auftreten im Leinenanzug mit der Uhrkette über der Weste immer noch das seiner jungen Jahre. Der Pasteur-Bart war perlmuttfarben wie das Haar, das er schön glatt gekämmt und mit einem sauber gezogenen Mittelscheitel trug, getreulicher Ausdruck seines Wesens. Der immer beunruhigenderen Erosion seines Gedächtnisses begegnete er, soweit möglich, mit hastig auf Zettel geschriebenen Notizen, die am Ende in seinen vielen Taschen durcheinandergerieten, wie auch die Instrumente, die Arzneifläschchen und so vieles andere in seinem vollgestopften Arztkoffer. Er war nicht nur der älteste und angesehenste Arzt, sondern auch der gepflegteste Mann der Stadt. Dennoch brachten ihm seine allzu offen zur Schau gestellte Gelehrsamkeit und die alles andere als unschuldige Art, mit der er den Einfluß seines Namens geltend machte, weniger Zuneigung ein, als er verdient hätte.

Die Anweisungen an den Kommissar und den Assistenzarzt kamen präzise und schnell. Eine Autopsie sei nicht nötig. Der Geruch im Hause genüge vollkommen, um die Todesursache zu bestimmen: Emanationen von Zyanid, das in der Schale mittels einer fotografischen Säure aktiviert worden sei, und Jeremiah de Saint-Amour habe sich zu gut damit ausgekannt, als daß es sich um einen Unfall handeln könne. Eine skeptische Äußerung des Kommissars konterte er auf seine Weise: »Vergessen Sie nicht, ich unterschreibe den Totenschein.« Der junge Arzt war enttäuscht: Noch nie hatte er das Glück gehabt, die Wirkungen von Goldzyanid an einer Leiche zu untersuchen. Doktor Juvenal Urbino war überrascht gewesen, ihn nicht vom Medizinischen Institut her zu kennen, doch das leichte Erröten des jungen Mannes und sein Andenakzent lieferten ihm sogleich die Erklärung: Wahrscheinlich war er neu in der Stadt. Er sagte zu ihm: »Es wird sich hier schon irgendein Liebestoller finden, der Ihnen nächstens den Gefallen tut.« Während er das aussprach, fiel ihm auf, daß unter den unzähligen Selbstmorden, an die er sich erinnerte, dies der erste mit Zyanid war, der nicht seinen Grund im Liebesleid hatte. Daraufhin änderte sich sein Ton.

»Wenn Sie auf einen stoßen, sollten Sie auf etwas achten«, sagte er zu dem Assistenzarzt, »diese Leute haben gewöhnlich Sand im Herzen.«

Dann wandte er sich an den Kommissar wie an einen Subalternen. Er befahl ihm, alle Instanzen zu übergehen, damit die Beerdigung am selben Nachmittag und in größter Diskretion stattfinden könne. Er sagte: »Ich spreche mit dem Bürgermeister.« Er wußte, daß Jeremiah de Saint-Amour von einer primitiven Genügsamkeit gewesen war und daß ihm seine Kunst weit mehr eingebracht hatte, als er zum Leben brauchte, sodaß in irgendeiner Schublade im Haus reichlich Geld für die Begräbniskosten sein mußte.

»Und wenn Sie es nicht finden, macht das auch nichts«, sagte er. »Ich übernehme alles.«

Er ordnete an, den Zeitungen mitzuteilen, der Fotograf sei eines natürlichen Todes gestorben, obwohl er glaube, die Nachricht werde sie eh nicht interessieren. Er sagte: »Wenn nötig, spreche ich mit dem Gouverneur.« Der Kommissar, ein ernsthafter und bescheidener Beamter, wußte, daß die staatsbürgerliche Gewissenhaftigkeit des Meisters sogar seine engsten Freunde zur Verzweiflung brachte, und war daher überrascht, mit welcher Leichtigkeit er sich, um die Beerdigung zu beschleunigen, über den vorgeschriebenen Amtsweg hinwegsetzte. Das einzige, worauf der Arzt sich nicht einließ, war mit dem Erzbischof zu reden, damit Jeremiah de Saint-Amour in geweihter Erde begraben werden könne. Der Kommissar bereute seinen vorlauten Vorschlag und versuchte, sich zu rechtfertigen.

»Es hieß, dieser Mann sei ein Heiliger«, sagte er.

»Etwas noch Selteneres«, sagte Doktor Urbino, »ein ungläubiger Heiliger. Aber das geht nur Gott etwas an.« Aus der Ferne, vom anderen Ende der aus der Kolonialzeit stammenden Altstadt, erschallten die Glocken der Kathedrale und riefen zum Hochamt. Doktor Urbino setzte sich die goldgefaßte Halbmondbrille auf und sah auf die zierliche Taschenuhr, deren feiner Deckel von einer Feder geöffnet wurde: Er war im Begriff, die Pfingstmesse zu verpassen.

Im Wohnraum stand ein riesiger Fotoapparat auf Rädern, wie er in öffentlichen Parks benutzt wird, auf einer Leinwand war in Anstreicherfarben ein Sonnenuntergang am Meer als Kulisse gemalt, und die Wände waren mit Kinderfotos von denkwürdigen Tagen tapeziert: erste Kommunion, das Kaninchenkostüm, der glückliche Geburtstag. Doktor Urbino hatte die allmähliche Verkleidung der Wände verfolgt, Jahr um Jahr, während er sich an den Schachabenden dem Grübeln hingab, und oftmals hatte er in einer Anwandlung von Mutlosigkeit gedacht, daß diese Galerie der zufälligen Bildnisse den Keim der künftigen Stadt in sich trug, die, von jenen unsicheren Kindern regiert und verdorben, nicht einmal mehr die Asche seines Ruhms bewahren würde.

Auf dem Schreibtisch, neben einem Topf mit ein paar Kapitänspfeifen, stand das Schachbrett mit einer unbeendeten Partie. Doktor Juvenal Urbino konnte trotz seiner Eile und seiner düsteren Stimmung nicht der Versuchung widerstehen, die Partie zu studieren. Er wußte, daß es die der vergangenen Nacht war, da Jeremiah de Saint-Amour an jedem Abend der Woche und mindestens mit drei verschiedenen Gegnern spielte, doch stets führte er das Spiel zu Ende und legte danach das Brett und die Steine in ihre Schachtel und die Schachtel in eine Schublade des...
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Autor

Gabriel García Márquez, geboren 1927 in Aracataca, Kolumbien, arbeitete nach dem Jurastudium zunächst als Journalist. García Márquez hat ein umfangreiches erzählerisches und journalistisches Werk vorgelegt. Seit der Veröffentlichung von »Hundert Jahre Einsamkeit« gilt er als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftsteller der Welt. 1982 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Gabriel García Márquez starb 2014 in Mexico City.Dagmar Ploetz, geboren 1946 in Herrsching, übersetzt seit 1983 u.a. Werke von Isabel Allende, Julián Ayesta, Rafael Chirbes, Manuel Puig, Mario Vargas Llosa und Gabriel García Márquez. 2012 wurde sie mit dem Münchner Übersetzerpreis ausgezeichnet. 2010 erschien von ihr »Gabriel García Márquez. Leben und Werk« bei Kiepenheuer & Witsch.