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Der Balsamträger

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Droemer Knaurerschienen am02.05.20121. Auflage
Der ?Buckelapotheker? Pausback ist riesengroß - doch sein Hirn ist ziemlich klein. Mit einem Reff auf dem Rücken zieht er von Dorf zu Dorf, um seine Tinkturen und Arzneien anzubieten - und wird dabei mehr als einmal übers Ohr gehauen. Da naht Rettung in Gestalt eines Mannes, der zwar keine Füße mehr hat, dafür aber einen blitzschnellen Verstand. Gemeinsam ziehen die beiden fortan ihrer Wege, doch dann verlieben sie sich ausgerechnet in dieselbe Frau. Von Stund an ist es aus mit der innigen Kameradschaft zwischen den Balsamträgern. Beide ahnen nicht, dass die schöne Eva ein dunkles Geheimnis umgibt: Sie ist eine Giftmischerin ...

Wolf Serno arbeitete 30 Jahre als Texter und Creative Director in der Werbung. Mit seinem Debüt-Roman 'Der Wanderchirurg' - dem ersten der fesselnden Saga um Vitus von Campodios - gelang ihm auf Anhieb ein Bestseller, dem viele weitere folgten, unter anderem: 'Der Balsamträger', 'Hexenkammer', 'Der Puppenkönig' sowie 'Das Spiel des Puppenkönigs', 'Die Medica von Bologna', 'Das Lied der Klagefrau' und 'Der Medicus von Heidelberg'.Wolf Serno, der zu seinen Hobbys 'viel lesen, weit reisen, gut essen' zählt, lebt mit seiner Frau und seinen Hunden in Hamburg.
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Produkt

KlappentextDer ?Buckelapotheker? Pausback ist riesengroß - doch sein Hirn ist ziemlich klein. Mit einem Reff auf dem Rücken zieht er von Dorf zu Dorf, um seine Tinkturen und Arzneien anzubieten - und wird dabei mehr als einmal übers Ohr gehauen. Da naht Rettung in Gestalt eines Mannes, der zwar keine Füße mehr hat, dafür aber einen blitzschnellen Verstand. Gemeinsam ziehen die beiden fortan ihrer Wege, doch dann verlieben sie sich ausgerechnet in dieselbe Frau. Von Stund an ist es aus mit der innigen Kameradschaft zwischen den Balsamträgern. Beide ahnen nicht, dass die schöne Eva ein dunkles Geheimnis umgibt: Sie ist eine Giftmischerin ...

Wolf Serno arbeitete 30 Jahre als Texter und Creative Director in der Werbung. Mit seinem Debüt-Roman 'Der Wanderchirurg' - dem ersten der fesselnden Saga um Vitus von Campodios - gelang ihm auf Anhieb ein Bestseller, dem viele weitere folgten, unter anderem: 'Der Balsamträger', 'Hexenkammer', 'Der Puppenkönig' sowie 'Das Spiel des Puppenkönigs', 'Die Medica von Bologna', 'Das Lied der Klagefrau' und 'Der Medicus von Heidelberg'.Wolf Serno, der zu seinen Hobbys 'viel lesen, weit reisen, gut essen' zählt, lebt mit seiner Frau und seinen Hunden in Hamburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426416433
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum02.05.2012
Auflage1. Auflage
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1008 Kbytes
Artikel-Nr.1247509
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Prolog


Potzblitz, gute Frau! Da hätt ich Euch fast über den Haufen gerannt, ich bitte um Vergebung!« Der blonde Jüngling riss voller Schrecken die Arme hoch, ließ sie wieder sinken und setzte ein entwaffnendes Lächeln auf.

Die Frau, der seine Worte gegolten hatten, war eine schwere Matrone mit streitlustigen Augen. »Wer mich umrennen will, muss mehr Fett auf den Rippen haben!«

Der Jüngling lachte schallend. »Trefflich gesagt, trefflich gesagt, fürwahr!« Plötzlich wurde er wieder ernst. »Aber was sehen meine Augen? Ist es ein Trugbild, ein Irrlicht gar? Jetzt erkenn ich Euch! Wie schön, Euch zu begegnen! Ihr seid die Witwe Findteisen, stimmt´s?«

»Allerdings«, versetzte die Dicke ungerührt. Denn um das zu wissen, musste man kein studierter Kopf sein. Sie war in der Stadt bekannt wie ein bunter Hund. »Allerdings«, wiederholte sie und wollte weiter, denn an diesem heiteren Morgen, man schrieb den 23. Aprilis Anno 1777, war Mittwochsmarkt in Schmalenbach, einem kleinen Ort im Thüringer Land. »Ich hab´s eilig!« Doch irgendwie war der Bursche ihr noch immer im Weg, und da sie nicht recht vorwärts kam, fragte sie schließlich: »Wer bist du? Ich kenne dich nicht.«

»Ich bin Listig!«, strahlte der Jüngling.

»Das mag sein. Wie du heißt, wollte ich wissen. Ich habe dich noch nie gesehen.«

»Listig heiß ich, gute Frau.«

»Lächerlich. Das ist kein Name.«

»Vielleicht. Vielleicht auch nicht.«

»Ja, ja, stiehl mir nicht länger meine Zeit.« Die Findteisen hatte endgültig genug von dem Spaßvogel. Der Markt wartete, und sie hoffte auf eine frische Forelle aus der Schwarza.

»Vielleicht heiße ich nicht Listig, aber ich bin´s. Immerhin hab ich bemerkt, dass Euch bei unserer kleinen Rempelei Geld zu Boden gefallen ist.«

»Wie?«

»Ihr habt Geld verloren.« Der Jüngling bückte sich, sammelte die Münzen auf und übergab sie der Witwe mit einer artigen Verbeugung.

»Waaas? Ja, das ist doch ...« Die Dicke schluckte. »Danke.« Widerstrebend musste sie dem Burschen Abbitte leisten. Er schien nicht nur ein Spaßvogel zu sein, sondern auch eine ehrliche Haut. »Nun ja. Hier, nimm. Ein kleiner Finderlohn. Niemand soll sagen, die Witwe Findteisen ließe sich lumpen. Kauf dir etwas zu essen, bist ja klein wie ein Spatz und dünn wie ein Spargel.«

»Ergebensten Dank, und vergelt´s Gott!« Der Jüngling verbeugte sich erneut, diesmal noch tiefer, und blickte der schweren Matrone nach. Die Münzen in der Hand wiegend, kicherte er: »Ich bin Listig, und ich bin listig, du dicke Vettel! Wenn ich´s nicht wär, hätt ich dir alles geklaut - und wär Gefahr gelaufen, dass du den Büttel auf mich hetzt. So aber bin ich kein Dieb, sondern ein ehrlicher Finder.«

Er ging zu einem Stand, an dem es verführerisch nach Gebratenem duftete, und kaufte sich zwei Würste. Mit vollen Backen kauend, schlenderte er die Marktgassen entlang. Wieder einmal hatte er sein Ziel erreicht: satt zu werden, ohne dafür einen Finger krumm machen zu müssen.

Alles in allem war er kein schlechter Kerl, und gegen Arbeit hatte er noch nie etwas gehabt - solange andere sie verrichteten. Er selbst fasste sie nur ungern an. Umso eifriger war er, wenn es um die Freuden der Tafel ging. Er konnte gewaltige Mengen vertilgen und ebenso viel trinken. Dabei blieb er stets schlank wie eine Gerte, und niemand hätte zu sagen vermocht, warum er kein Jota zunahm.

Beschwingt stopfte er sich den Rest der Wurst in den Mund und verließ den Markt.

 

Bald darauf hatte er die Stätte seines Wirkens verlegt. Den Rempel-Trick konnte man nur ein- oder zweimal gefahrlos anwenden. Versuchte man ihn öfter, wurden die Leute misstrauisch.

Listig hielt sich nun in der Nähe der Antonius-Kirche auf, wo er die Kunst des Bettelns ausüben wollte. Das Gotteshaus stammte aus dem Jahre 1247 und war benannt nach dem heiligen Antonius, dem Schutzpatron der Haustiere und dem Bewahrer vor Feuersbrünsten. Sein Kennzeichen war das T-förmige Kreuz, und aus ebendiesem Kreuz wurde ein kostbarer Splitter in der Sakristei verwahrt. Man sagte, er wäre fünf Zoll lang und aus Eisenholz, weshalb er unzerstörbar sei und bis zum Tag des Jüngsten Gerichts halten werde.

Die Leute von Schmalenbach kamen nicht selten in die Kirche, um vor dem Schrein, in dem er sich befand, niederzuknien und den heiligen Antonius anzuflehen, er möge Krankheiten von ihrem Vieh nehmen und den roten Hahn von ihren Dächern verbannen. Sie taten es, obwohl ihre Kirche schon lange keine katholische mehr wahr, sondern eine, in der die Lehren des Doktor Martin Luther Einzug gehalten hatten - Lehren, die es verboten, Reliquien anzubeten. Doch auch über zweihundertsechzig Jahre nach der Reformation glaubten immer noch viele, den Überresten der Heiligen entströme eine göttliche Gnade, und sie waren davon überzeugt, dass selbst dem geringsten Teil noch dieselbe Kraft innewohnte wie dem ehemaligen Ganzen.

Der Pfarrer, ein älterer, gichtgeplagter Gottesmann namens Klapproth, drückte dabei stets ein Auge zu, denn er wollte weder den Splitter von seinem jahrhundertealten Platz entfernen, noch seine Schäfchen in der Kirche missen.

Listig kümmerte das alles wenig. Ihm war nur wichtig, dass er an einem günstigen Ort saß, um Almosen zu erbitten. Er wusste: Im Angesicht Gottes mochte kaum einer Nein sagen, wenn eine Hand sich ihm flehentlich entgegenstreckte. Trotzdem war das Bettelgeschäft kein Leichtes, denn es gab eine Menge abgerissener Gestalten, die mit ihm um die Spendenfreudigkeit der Vorübergehenden rangen.

»Verschließt euer Herz nicht vor einem, den es hungert und dürstet!«, rief er laut. »Denn wie heißt es im Heiligen Buche? Geben ist seliger denn nehmen , ja, so steht es schwarz auf weiß in der Apostelgeschichte zu lesen, ihr guten Leute!«

Listigs Behauptung stimmte sogar, denn er hatte in Rudolstadt eine Lateinschule besucht, weshalb er nicht nur die Gelehrtensprache in Wort und Schrift ein wenig beherrschte, sondern auch an Exegese-Lektionen teilgenommen hatte.

»Verschließt euer Herz nicht vor einem, den es hungert und dürstet ...«, hob er wiederum an, aber so jammervoll seine Stimme auch klang, kein noch so kleines Geldstück fand den Weg in seine Kappe. Die anderen Bettler waren einfach geschickter. Sie schrien lauter und waren dreister.

Listig schaute sich das eine Zeit lang mit an und beschloss dann zu handeln. Er verschwand kurz, kam zurück, ließ sich am Fuße der bronzenen Luther-Statue nieder und begann alsbald wie Espenlaub zu zittern. Als niemand ihn beachtete, jaulte er auf wie ein Hund. Doch auch das half nichts. Niemand schenkte ihm seine Aufmerksamkeit.

Da heulte Listig wie ein ganzes Rudel Wölfe, zitterte noch mehr, lief bläulich an - und hatte endlich Erfolg. Ein paar Menschen schauten zu ihm herüber. »Was hat der Kerl denn?«, fragte ein älterer Mann. »Er schreit, als sei der Bocksbeinige in ihn gefahren.«

»Keine Ahnung«, erwiderte ein anderer, und ein Dritter zuckte mit den Schultern und rief: »Die Almosenjäger sind doch alle gleich! Zu faul, einem Tagewerk nachzugehen, das sage ich euch! Wenn ihr mich fragt, ich denke, sie sind ...«

Niemand sollte jemals erfahren, was der Mann gedacht hatte, denn in diesem Augenblick schlug Listigs Oberkörper hart auf dem Pflaster auf. Er hatte sich nicht mehr aufrecht halten können - nicht einmal im Sitzen. Er schnappte nach Luft, röhrte, röchelte, und zum gewaltigen Schrecken der Gaffer schoss ihm ein Blutstrahl aus dem Mund.

Das Blut breitete sich zu einer Lache aus, während Listig weiterhin am Boden lag und zum Steinerweichen keuchte.

»Es muss etwas geschehen!«, rief der ältere Mann. Alle pflichteten ihm sofort bei.

»Ja, es muss etwas geschehen!«

»Ganz recht, ganz recht.«

»Aber was?«

»Der Bursche muss in ein Siechenhaus.«

»Wir haben kein Siechenhaus, das nächste ist in Saalfeld. Wir müssen ihn dahin schaffen.«

»Ja, ja, aber ich habe keine Zeit. Dringende Geschäfte! Gott ist mein Zeuge.«

»Ich habe auch keine Zeit.«

»Ich auch nicht.«

»Dann sollten wir uns wenigstens barmherzig zeigen.«

»Wie? Ach so!«

Ein halbes Dutzend Münzen fiel auf Listig herab, ein Teil landete in der Kappe, ein anderer in der Blutlache. »Des Himmels Segen über euch, ihr guten Leute«, würgte er hervor, während er mit einer Geschwindigkeit, die seinem Zustand keineswegs entsprach, das Geld einsammelte.

Minuten später schien es ihm wieder besser zu gehen. Er schickte sich an, den Standort zu verlassen, als ihm plötzlich ein hochaufgeschossener Kerl in den Weg trat. Er war so groß, dass Listig zu ihm aufblicken musste wie in eine Baumkrone. »Guter Kniff«, nuschelte der Lange. Er zog ein Stück Tabakpriem aus der Tasche und bot es an. »Biste Kunde?«

Listig zuckte mit den Schultern und musste die Anwort schuldig bleiben.

Der Lange setzte nach: »Wennde kein Strohmer bist, wie´n Kaffer siehste jedenfalls nich aus un wie´n Hannwasser auch nich.«

Listig, der weder wusste, was ein Kunde, noch was ein Strohmer, ein Kaffer oder ein Hannwasser war, legte die Stirn in Falten. »Wenn das ein Rätsel sein soll, Gevatter, so musst du dir die Lösung schon selbst verraten.«

Da schob sich der Lange den Priem in den Mund, dorthin, wo schon ein anderer steckte. Seine Kiefer begannen zu mahlen und den neuen Tabak mit dem alten zu vermischen. Es sah aus, als wandere in seiner Backentasche ein Ball auf und ab.

Listig lachte auf. »Beim Barte meiner Mutter! Wenn ich´s recht bedenk, bin ich kein Kunde, jedenfalls im Moment nicht, weil ich, wie du selber...
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Wolf Serno arbeitete 30 Jahre als Texter und Creative Director in der Werbung. Mit seinem Debüt-Roman "Der Wanderchirurg" - dem ersten der fesselnden Saga um Vitus von Campodios - gelang ihm auf Anhieb ein Bestseller, dem viele weitere folgten, unter anderem: "Der Balsamträger", "Hexenkammer", "Der Puppenkönig" sowie "Das Spiel des Puppenkönigs", "Die Medica von Bologna", "Das Lied der Klagefrau" und "Der Medicus von Heidelberg".Wolf Serno, der zu seinen Hobbys "viel lesen, weit reisen, gut essen" zählt, lebt mit seiner Frau und seinen Hunden in Hamburg.