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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am01.10.20121. Auflage
Kein Bier vor vier und keine Leiche ohne Eis... Alle wollen nur das eine: Geld! Die Ex-Frau, die Kinder, der Vermieter, sogar der Kneipenwirt streicht ihm den Kredit: Volkmar Vogt, genannt Volvo, ist als Autor gescheitert. Sein Konto ist leer. Im Gegensatz zu Volvo ist Kurt Kalinski Starautor. Und tot. Ein großes Problem für seinen Literaturagenten Möller, denn der neue Roman ist noch nicht fertig. Viel Geld steht auf dem Spiel. Da kommt Möller die rettende Idee: Keiner erfährt vom Ableben Kalinskis, Volvo beendet den Roman. Bald hat der sympathische Chaot Ärger am Hals: ein sperriges Manuskript, einen störrischen Hund und eine Leiche in der Kühltruhe... «Diesen Stoff darf eigentlich nur Tarantino verfilmen.» (Rüdiger Barth, stern)

Jesko Wilke, 1959 in Hamburg geboren, studierte Philosophie, Kunsttherapie und Kunstpädagogik. Danach war er einige Jahre in sozialen Einrichtungen tätig. Anschließend arbeitete er für die Verlagsgruppe Milchstraße. Seit 2002 ist er Sachbuchautor und freier Journalist und schreibt für verschiedene Magazine. Jesko Wilke hat zwei erwachsene Kinder, er lebt mit Frau und Hund südlich von Hamburg.
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Produkt

KlappentextKein Bier vor vier und keine Leiche ohne Eis... Alle wollen nur das eine: Geld! Die Ex-Frau, die Kinder, der Vermieter, sogar der Kneipenwirt streicht ihm den Kredit: Volkmar Vogt, genannt Volvo, ist als Autor gescheitert. Sein Konto ist leer. Im Gegensatz zu Volvo ist Kurt Kalinski Starautor. Und tot. Ein großes Problem für seinen Literaturagenten Möller, denn der neue Roman ist noch nicht fertig. Viel Geld steht auf dem Spiel. Da kommt Möller die rettende Idee: Keiner erfährt vom Ableben Kalinskis, Volvo beendet den Roman. Bald hat der sympathische Chaot Ärger am Hals: ein sperriges Manuskript, einen störrischen Hund und eine Leiche in der Kühltruhe... «Diesen Stoff darf eigentlich nur Tarantino verfilmen.» (Rüdiger Barth, stern)

Jesko Wilke, 1959 in Hamburg geboren, studierte Philosophie, Kunsttherapie und Kunstpädagogik. Danach war er einige Jahre in sozialen Einrichtungen tätig. Anschließend arbeitete er für die Verlagsgruppe Milchstraße. Seit 2002 ist er Sachbuchautor und freier Journalist und schreibt für verschiedene Magazine. Jesko Wilke hat zwei erwachsene Kinder, er lebt mit Frau und Hund südlich von Hamburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644476011
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum01.10.2012
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse720 Kbytes
Artikel-Nr.1248740
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1

Die einzige Konstante in meinem Leben war ein in die Jahre gekommener Exrocker namens Carlo, den ich dafür bezahlte, dass ich ihn jederzeit unangemeldet vollquatschen durfte. Aus praktischen Gründen trafen wir uns stets bei ihm. Sein Mobiliar ermöglichte einen Aufenthalt in angenehm erhöhter Sitzposition. Außerdem hielt mein Gastgeber größere Mengen jenes Erfrischungsgetränkes bereit, das ich zur Deckung meines Flüssigkeitsbedarfs bevozzugte. Aus Kostengründen musste ich mir diesen Service allerdings mit ein paar Bewohnern meines Viertels teilen. Und wenn es mit meinen Finanzen weiter bergab ging, würde ich mir auch diesen kleinen Luxus bald nicht mehr leisten können. Es war mir nämlich gelungen, den Abwärtstrend umzukehren - in einen Steil-Abwärtstrend!

Carlo stellte ein frischgezapftes Pils vor mir auf den Tresen und sagte: «Wohl bekomm´s.»

Ich hatte ihm gerade anvertraut, dass meine Exfrau mich mit bizarren Forderungen konfrontierte. Beate trug den schwarzen Gürtel im Über-den-Tisch-Ziehen, und mich hatte sie zu ihrem bevorzugten Sparringspartner gemacht.

«Du sollst für ihren Seelenklempner blechen?»

Ich würde für jede Schraube zahlen, die einer bei ihr festzog. Doch Beates Therapeutin tat genau das Gegenteil.

«Außerdem unterstellt sie mir ständig, dass ich horrende Einnahmen vor ihr und ihrem Rechtsbeistand verberge.»

«Du und horrende Einnahmen, nicht zu fassen!», entrüstete sich Carlo.

«Nicht zu fassen», wiederholte ich, etwas unsicher, ob ich diese Form des Zuspruchs gutheißen sollte. Carlo polierte an einem Weinglas herum und stellte es in ein Regal. Anschließend beugte er sich ein Stück über den Tresen und fragte:

«Schon mal was vom Sandwich-Test gehört?»

«Sandwich-Test?», wiederholte ich einigermaßen irritiert.

«Den hättest du mit Beate machen sollen. Also bevor du sie geheiratet hast, meine ich.»

Ich wollte gerade nachhaken, was mein Servicemann mit diesem ominösen Test meinte, als sich in meiner Stammkneipe eine merkwürdige Szene abspielte. Die Tür flog auf, und Tieschen kam in das Lokal gestolpert. Er war auf den drei Stufen, die in den Gastraum führten, schwer ins Straucheln geraten und fast hingeknallt. Dann hatte er sich aber doch noch gefangen und schien den unverhofften Schwung nutzen zu wollen, um eine absurde Vorstellung zu geben. Die Vogelscheuche mit dem löchrigen Mantel und der wirren Kopfbehaarung war genau vor dem Tresen zum Stehen gekommen und krächzte auf einmal: «Überfall!» Sie schwankte merklich, bis ihre Hand an einem imaginären Griff Halt zu finden schien. Ihr flackernder Blick streifte weiter durch die Kneipe.

Tieschen war der Obdachlose unseres Viertels. Jeder im Raum kannte ihn. Normalerweise diente ihm ein zerknitterter Pappbecher als Erwerbsquelle, doch heute fuchtelte er völlig irre mit einer Schusswaffe in der Luft herum. Jetzt richtete er die Kanone auf Carlo.

Oha, dachte ich, das gibt Ärger. Das Teil sah nämlich verdammt echt aus, zu echt jedenfalls, um als Scherz durchzugehen. Dann knallte es auch schon. Es war das Geräusch, das Carlos Handrücken in Tieschens Gesicht machte, als er blitzschnell hinter dem Tresen vorgeschossen kam. Eine seiner Pranken hatte sich die Waffe gegriffen, die andere den Schlag ausgeteilt. Tieschen fand sich auf dem Fußboden wieder. Sein Nasenblut lief zweispurig über Mund und Kinn.

Carlo sagte: «Mach das nie wieder», und reichte mir einen Stapel Papierservietten, die ich an die Vogelscheuche weiterleitete.

«Tut mir leid», näselte Tieschen, und das Papier färbte sich rot, «hab mich in der Tür geirrt.»

Die Eckkneipe wurde von einer esoterischen Buchhandlung und einem uralten Schusterladen gesäumt, dessen Betreiber ausschließlich Reparaturen annahm. Als ich aufschaute, bediente Carlo bereits wieder seine Zapfstelle. Mein Blick fiel auf die Pistole. Sie lag vor mir auf dem Tresen, direkt neben meinem Glas. Ich trank aus und betrachtete die Waffe genauer.

«So ´ne blöde Knarre ist das Letzte, was ich in meinem Laden haben will», knurrte Carlo und tauschte mein leeres Glas gegen ein volles. Dann nahm er das Teil noch einmal in die Hand. Er zog das Magazin heraus, warf einen Blick darauf und schob es wieder an seinen Platz. «Und dieses Scheiß-Spielzeug schon gar nicht. Ist doch nur ´ne Schreckschusswumme. Tu mir einen Gefallen», bat er, in meine Richtung nickend, «und steck das blöde Ding ein.»

Das blöde Ding war ziemlich schwer und lag entsprechend gut in der Hand, fand ich und zielte auf Tieschen: «Peng!», sagte ich, doch er reagierte nicht auf seine Exekution. Immerhin stand er inzwischen wieder und näherte sich zögernd dem Bier, das Carlo ihm auf den Tresen gestellt hatte. Plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper. Er griff nach dem Glas, umfasste es mit beiden Händen und trank es in einem Zug leer.

«Und jetzt verpiss dich, du Blödmann», zischte Carlo mit einem Blick, der jeden Widerspruch ausschloss. Dann registrierte er, dass ich immer noch mit der Kanone herumhantierte. Ein Schriftzug wies sie als Walther P99 aus. Carlo war ein geduldiger Mensch, doch es wäre ein fataler Fehler, das als Phlegma misszuverstehen. Jeder hier wusste das. Also steckte ich die Pistole in meine Manteltasche und schaute zu Tieschen rüber, der im Weggehen vor sich hin brabbelte. Es klang wie eine Protesttirade, die jedoch unverständlich blieb. Also widmete ich mich wieder meinem Bier und meinen eigenen Problemen.

 

Seit Monaten versuchte ich vergeblich, einen Verlag zu finden, der meinen Roman drucken würde, außerdem war ich total pleite. Wenn ich nicht bald ein paar tausend Euro auftreiben würde, sähe es finster aus - kurz vor Hartz IV sozusagen. Ich war bereits mit drei Monatsmieten im Rückstand und hatte am Morgen ein Schreiben zugestellt bekommen, das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Ankündigung einer Räumungsklage enthielt. Ich hatte das Kuvert in der Schublade mit den übrigen ungeöffneten Briefen verschwinden lassen, denen vom Anwalt meiner Exfrau, von meinem Kreditinstitut, sowie den Telefon-, Gas- und Stromrechnungen.

In den letzten zwei Jahren war nicht viel reingekommen. Wie auch? Ich hatte ja an meinem Roman geschrieben. Anschließend hatte ich das Manuskript in einem Copyshop vervielfältigen lassen und an etwa zehn große Verlagshäuser verschickt. Monatelang passierte gar nichts, dann trudelten nach und nach die Absagen ein. Daraufhin machte ich fünfzehn weitere Kopien und wandte mich damit an die kleineren Verlage - das gleiche Spiel. Immer nur Absagen, Standardschreiben, die verrieten, dass sich niemand die Mühe gemacht hatte, sich ernsthaft mit meinem Roman zu befassen.

Zum Schluss hatte ich mich an eine Literaturagentur gewandt. Doch auch das Engagement meines rührigen Agenten führte zu keinem erkennbaren Erfolg. Vor ein paar Tagen hatte ich Robert Möller so lange gelöchert, bis er mir den Namen eines befreundeten Lektors verriet, der das Buch ebenfalls abgelehnt hatte, ein gewisser Herr Kauder. Ich plante, dem Mann alsbald einen kleinen Besuch abzustatten, nur um mir zu beweisen, dass auch er es nicht gelesen hatte. Möller selbst, da war ich mir ganz sicher, hatte sich auch nicht weiter damit beschäftigt. Niemand hatte es gelesen, NIEMAND AUF DER GANZEN WELT!

 

«Wie war das mit diesem Sandwich-Test?», versuchte ich den Faden wieder aufzunehmen. Doch Carlo winkte ab.

«Vergiss es, ist ja eh zu spät. Überleg dir lieber mal, wie du deine finanziellen Probleme in den Griff kriegen willst. Du weißt ja, ich geb meinen Stammkunden gern Kredit, aber einmal im Monat muss was zurückfließen, sonst haut das auf Dauer nicht hin.»

Mit diesen Worten hatte Carlo ein frisches Pils vor mir abgestellt und verzierte meinen Deckel mit einem weiteren Strich.

«Scheiße, mir wird schon noch was einfallen», maulte ich und nahm mir vor, nach diesem Bier zu gehen.

Vielleicht sollte ich eine Bank ausrauben, überlegte ich, als ich die Pistole in meiner Manteltasche spürte. Freiwillig würde die ohnehin kein Geld mehr herausrücken, das war heute mehr als deutlich geworden. Am Vormittag hatte ich dem Vorsteher meiner kleinen Haspa-Filiale einen radikalen Schuldenschnitt vorgeschlagen und freundlich darum gebeten, dass er mein überzogenes Konto in seine Bad Bank überführen sollte. Obwohl mein fleckgesichtiges Gegenüber der Argumentation ganz offensichtlich nicht folgen konnte, bat es mich ständig, leiser zu sprechen. Ein Widerspruch, dem ich durch sorgfältige Betonung meiner Worte zu begegnen versuchte. Jeder Angestellte und jeder Kunde dieser Bank konnte verstehen, was ich sagte, nur der Typ in diesem Glaskasten war ein Totalausfall. Er rückte seine dickwandige Sehhilfe zurecht und verkroch sich hinter einem Flachbildmonitor, der vermutlich intime Einblicke in meine desaströse Finanzlage gewährte. Aufbereitet in einer einzig für Erbsenzähler entwickelten Darstellungsweise, der Tabellenform. Als seine hektischen Flecken zu einem Flächenbrand in Ampelrot zusammengewachsen waren, setzte bei dem Mann eine Art Schnappatmung ein. Dann kam der Sicherheitsdienst.

Das Problem mit den modernen Banken ist, dass sie selbst kleinere Mengen Bargeld immer gleich in so einem automatischen Einzahlungssafe verschwinden lassen. Ein Raubüberfall würde daher vermutlich nicht viel einbringen. Andererseits: Mit fünf- bis zehntausend Euro ließe sich ein Großteil meiner Probleme in Luft auflösen. Ich versprach mir, darüber nachzudenken, sobald ich wieder nüchtern war, ließ meinen Deckel anschreiben und ging nach...
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Autor

Jesko Wilke, 1959 in Hamburg geboren, studierte Philosophie, Kunsttherapie und Kunstpädagogik. Danach war er einige Jahre in sozialen Einrichtungen tätig. Anschließend arbeitete er für die Verlagsgruppe Milchstraße. Seit 2002 ist er Sachbuchautor und freier Journalist und schreibt für verschiedene Magazine. Jesko Wilke hat zwei erwachsene Kinder, er lebt mit Frau und Hund südlich von Hamburg.