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Ich habe keine Feinde, ich kenne keinen Hass

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am09.09.20111. Auflage
Liu Xiaobo ist nicht nur der prominenteste Systemkritiker Chinas, sondern einer der einflussreichsten Schriftsteller und Denker des Landes. Er ist eine Schlüsselfigur für die chinesische Demokratiebewegung. Umso erstaunlicher ist, dass bislang kaum etwas von ihm in einer westlichen Sprache zu lesen war. Mit dieser Auswahl seiner wichtigsten Texte ist Liu Xiaobo als ein herausragender Autor, Denker und Lyriker für das deutsche Publikum zu entdecken. Seine Essays zur chinesischen Politik der Gegenwart, zu Kultur und Gesellschaft und zur Demokratiebewegung sowie seine Gedichte bestechen nicht nur durch Mut und Weitsicht, sondern auch durch glasklare Gedankenführung und geschliffene Sprache. Sie eröffnen uns einen neuen, bislang unbekannten Kosmos. Mit einem Vorwort von Václav Havel.

Liu Xiaobo, geboren 1955, wuchs in Changchun in der Volksrepublik China auf. Die Zeit der Kulturrevolution verbrachte er in der Inneren Mongolei. Nach seinem Studium der Literatur wurde er 1988 von der Pädagogischen Universität Peking promoviert. Liu war unter anderem als Gastprofessor an den Universitäten Oslo und Columbia und an der University of Hawaii tätig. Liu beteiligte sich an den Studentenprotesten von 1989, die am 4. Juni 1989 blutig niedergeschlagen wurden. Es folgten mehrere Jahre im Gefängnis und in Umerziehungslagern. Seine Arbeiten konnte Liu nur im Ausland veröffentlichen. Seit 2003 war er Präsident des Unabhängigen Chinesischen PEN-Zentrums. Im Dezember 2008 wurde Liu Xiaobo wegen »Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt« verhaftet. Im Dezember 2009 verurteilte ihn die chinesische Justiz zu elf Jahren Haft. Im Dezember 2010 wurde Liu Xiaobo der Friedensnobelpreis verliehen. Kurz zuvor erhielt er den Hermann-Kesten-Preis des deutschen PEN-Zentrums. Im Juli 2017 erlag er inhaftiert seiner schweren Krebserkrankung.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextLiu Xiaobo ist nicht nur der prominenteste Systemkritiker Chinas, sondern einer der einflussreichsten Schriftsteller und Denker des Landes. Er ist eine Schlüsselfigur für die chinesische Demokratiebewegung. Umso erstaunlicher ist, dass bislang kaum etwas von ihm in einer westlichen Sprache zu lesen war. Mit dieser Auswahl seiner wichtigsten Texte ist Liu Xiaobo als ein herausragender Autor, Denker und Lyriker für das deutsche Publikum zu entdecken. Seine Essays zur chinesischen Politik der Gegenwart, zu Kultur und Gesellschaft und zur Demokratiebewegung sowie seine Gedichte bestechen nicht nur durch Mut und Weitsicht, sondern auch durch glasklare Gedankenführung und geschliffene Sprache. Sie eröffnen uns einen neuen, bislang unbekannten Kosmos. Mit einem Vorwort von Václav Havel.

Liu Xiaobo, geboren 1955, wuchs in Changchun in der Volksrepublik China auf. Die Zeit der Kulturrevolution verbrachte er in der Inneren Mongolei. Nach seinem Studium der Literatur wurde er 1988 von der Pädagogischen Universität Peking promoviert. Liu war unter anderem als Gastprofessor an den Universitäten Oslo und Columbia und an der University of Hawaii tätig. Liu beteiligte sich an den Studentenprotesten von 1989, die am 4. Juni 1989 blutig niedergeschlagen wurden. Es folgten mehrere Jahre im Gefängnis und in Umerziehungslagern. Seine Arbeiten konnte Liu nur im Ausland veröffentlichen. Seit 2003 war er Präsident des Unabhängigen Chinesischen PEN-Zentrums. Im Dezember 2008 wurde Liu Xiaobo wegen »Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt« verhaftet. Im Dezember 2009 verurteilte ihn die chinesische Justiz zu elf Jahren Haft. Im Dezember 2010 wurde Liu Xiaobo der Friedensnobelpreis verliehen. Kurz zuvor erhielt er den Hermann-Kesten-Preis des deutschen PEN-Zentrums. Im Juli 2017 erlag er inhaftiert seiner schweren Krebserkrankung.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104009988
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum09.09.2011
Auflage1. Auflage
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1122 Kbytes
Artikel-Nr.1250445
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Politik unter chinesischen Vorzeichen



Die Stimmen der Mütter vom Tiananmen

Lektüre der »Berichte einer Suche« von den Angehörigen der Opfer



Jiang Jielian, der 17-jährige Sohn von Ding Zilin, einer ehemaligen Philosophieprofessorin der Chinesischen Volksuniversität (Zhongguo renmindaxue), wurde am Abend des 3. Juni 1998 von einer Kugel der Sondereinsatztruppe tödlich getroffen. Frau Professor Ding hat in den 90er Jahren eine Vereinigung von weiblichen Angehörigen der Opfer des Zwischenfalls vom 4. Juni auf dem Tiananmen gegründet und Maßnahmen angestoßen zur Untersuchung der Todesfälle vom 4. Juni; unter großen Mühen hat sie zum zehnten Jahrestag des 4. Juni 1998 einen kleinen Band herausgebracht mit dem Titel »Zeugen des Massakers suchen Gerechtigkeit«. In diesem kleinen Band sind Namen, Geschichten und Fotos von 155 Opfern aufgelistet und 25 »Berichte einer Suche«. Liu Xiaobo ist dem Ehepaar Ding Zilin als ehemaliger Student freundschaftlich verbunden, er hat die »Bewegung der Mütter vom Tiananmen« von Anfang an unterstützt. Der hier vorliegende Artikel wurde am Vorabend des 4. Juni 2004 geschrieben. Mit Ding Zilin, Zhang Xianling, die ihren 19-jährigen Sohn verloren hat, und Huang Jinping, die ihren Mann verlor, wurden drei der wichtigsten Mitglieder der »Mütter vom Tiananmen« in den drei Monaten davor verhaftet und kurzzeitig auch eingesperrt. Bis heute sind die Mütter vom Tiananmen Gegenstand der inneren Kontrolle. Der ursprünglich relativ lange Artikel wurde hier auf die wesentlichen Teile gekürzt.

Anmerkung der Herausgeberin


Die Lektüre der Erinnerungen der Angehörigen der Opfer hat mir die Grausamkeit der Henker am konkreten Detail gezeigt, daneben habe ich Menschlichkeit leuchten sehen in all diesem Terror.

Der 4. Juni war kaum vorüber, als von offizieller Seite bereits über die monopolisierten Medien, in denen die Wirklichkeit auf den Kopf gestellt wird, Geschichten von der Grausamkeit der sogenannten Unruhestifter gegenüber den Sondereinsatztruppen verbreitet wurden - wobei man die Grausamkeiten an einfachen Bürgern durch die Sondereinsatztruppen mit aller Macht verschwiegen hat. Dennoch sind in Erinnerungen längst alle Details der Grausamkeit der Sondereinsatztruppen bei dem großen Massaker nachzulesen, trotz der strengen Nachrichtensperre. So ist zum Beispiel die extrem grausame Szene in der Nähe des Xidan, wo die Sondereinsatztruppen Studenten und Bürger mit Panzern verfolgten, längst in den Erinnerungen von Augenzeugen aufgetaucht. Heute haben die Angehörigen der Opfer erneut lebendiges Zeugnis für diese Grausamkeiten abgelegt.

In diesen »Berichten einer Suche« kann jeder lesen, wie die Sondereinsatztruppen blind in alle Richtungen feuerten, wodurch viele unschuldige Bürger den Tod fanden. Etwa um 23.00 Uhr am Abend des 3. Juni, als die den Sondereinsatztruppen vorausgeschickten Fußtruppen von Westen nach Osten vorgerückt und über die Überführung von Muxidi hinweg waren, haben sich die Soldaten auf Befehl zu Boden geworfen, ein Offizier blieb auf einem Knie, hob das Sturmgewehr Richtung Straße und gab blind zwei Salven ab. Viele Menschen sanken zusammen, die Menge stob in Panik auseinander. Ein Student, der den Versuch machte, dieses blinde Gemetzel zu verhindern, wurde erschossen. Am Abend des 3. Juni gegen 22.00 Uhr eröffneten die von Westen nach Osten rasenden Militärwagen hemmungslos das Feuer auf die Einwohner in den Gassen.

Und es war in der Tat dieses blinde Geballer, das viele Menschen in ihrem eigenen Zuhause tötete. Unter den 182 Toten vom 4. Juni, die man bereits ausfindig gemacht hat, war eine ganze Reihe, die an der Bewegung von 1989 weder teilgenommen noch irgendwie den Militärkonvois im Wege gestanden haben, ja, sie haben sich die Tumulte nicht einmal angesehen - und doch sind sie durch diesen verbrecherischen Beschuss umgekommen. Manche starben bei sich zu Hause durch eine verirrte Kugel, wie zum Beispiel Ma Chengfen, eine Soldatin im Ruhestand, die erschossen wurde, als sie auf der Treppe ihres Hauses saß und mit ihren Nachbarn plauderte. Oder der 66 Jahre alte Arbeiter Zhang Fuyuan, der im Innenhof des Hauses seiner Verwandten von den Sondereinsatztruppen erschossen wurde. Eine alte Frau aus der Kreisstadt Wan in Sichuan, die als Kinderfrau bei einem Minister im Gebäude Nr. 22 nahe der Überführung von Muxidi arbeitete, hat nur einen einzigen Blick vom Balkon im 14. Stock geworfen und ist von einer Kugel der Sondereinsatztruppe ihres Lebens beraubt worden. Der Schwiegersohn eines stellvertretenden Generalstaatsanwalts, der im gleichen Gebäude wohnte, wurde in der Küche seiner Wohnung von einer Kugel getroffen.

Das Erschütterndste ist, dass Leute, die auf den Straßen unterwegs waren und zufällig auf die Sondereinsatztruppen stießen, von den Soldaten, die vom Morden blutunterlaufene Augen hatten, zu Tode gehetzt wurden. Yang Ziping, Wang Zhengsheng und An Ji starben in der Nähe der Nanlishi-Straße durch die wahnsinnige Hatz der Sondereinsatztruppe. Damals brachte die Sondereinsatztruppe von insgesamt sieben Menschen, fünf Männer und zwei Frauen, drei zu Tode und verletzte zwei.

Außerdem kann man in dem Bericht erfahren, dass die Sondereinsatztruppen grausam genug waren, Hilfe für die tödlich Verletzten zu untersagen. Frau Zhang Xianling lieferte folgende Details: Als die Sondereinsatztruppe das Feuer eröffnete, sprang ein junger Mann hoch, um Fotos zu machen, und ging von Kugeln getroffen zu Boden; die Menschen, die Augenzeuge dieser Szene waren, wollten hinzustürzen, um ihn zu retten, aber die Sondereinsatztruppen erlaubten niemandem, sich dem Verwundeten zu nähern; eine alte Dame kniete sich sogar vor die Soldaten hin und flehte sie an: »Das ist doch noch ein Kind, ich flehe euch an, lasst uns ihm helfen!« Ein Soldat richtete brutal die Mündung seines Gewehrs auf die alte Frau und sagte: »Er ist ein Unruhestifter, wer einen Schritt näher kommt, den schieße ich nieder!« Und als dann zwei Rettungswagen herankamen, wurden auch sie von den Sondereinsatztruppen abgefangen. Als der Arzt aus dem zweiten Wagen sprang, um zu verhandeln, wurde auch er nicht durchgelassen, ihm blieb nichts anderes übrig, als zurückzufahren. Zu töten und nicht einmal die Bergung der Toten zu erlauben, das ist Grausamkeit in der Grausamkeit!

Und weiter kann man lesen, wie die Henker versuchten, ihre schändlichen Taten zu vertuschen: Sie ließen die Leichen verschwinden und vernichteten Beweise. Viele Menschen, die während des großen Massakers vom 4. Juni spurlos verschwanden, sind bis heute nicht wieder aufgetaucht, und auch ihre Leichen hat man nicht gefunden.

Wang Nan, der Sohn von Zhang Xianling, sollte von den Sondereinsatztruppen unter dem Rasen vor dem Haupttor der Mittelschule 28 (heute ist der Name geändert in Chang´an-Mittelschule) vor dem Tiananmen verbuddelt werden, und nur weil sein Körper in einer Uniform steckte und er einen regulären Waffengürtel umhatte, hielten die Sondereinsatztruppen ihn fälschlich für einen Soldaten, und nur deshalb haben sie die Leiche von Wang Nan dann doch noch ins Krankenhaus gebracht. Als Zhang Xianling die Leiche ihres Sohns gefunden hatte, erlaubten die Sondereinsatztruppen den Familienangehörigen anfänglich nicht, die Leiche mitzunehmen, sie herrschten sie an: »Es ist nicht erlaubt, ihn wegzubringen, machen Sie, dass Sie wegkommen, sonst werden Sie verhaftet!«

Später lief Zhang Xianling von Pontius zu Pilatus und hörte, dass in der Grube mindestens drei namenlose Leichen gelegen hatten, die beiden anderen waren als unbekannte Tote verbrannt worden. Zhang Xianling sagte: »Bei unserer späteren Suche haben wir gut ein Dutzend Familien gefunden, deren Angehörige spurlos verschwunden waren, auch Leichen sind niemals aufgetaucht. Es ist gut möglich, dass sie zu den Verbrannten gehörten.«

Als ich die »Berichte einer Suche« las, hat mich besonders gequält und mir die tiefsten Gewissensqualen verursacht, dass unter diesen von den Henkern so leichtfertig ihres Lebens Beraubten Menschen aller Altersgruppen waren - manche 66 Jahre alt, manche erst neun Jahre alte Kinder, 30-, 40-jährige Menschen in den besten Jahren und 17-jährige Jugendliche und junge Leute in den 20ern. Von ihnen gehörte nicht einer zur sogenannten Elite, noch weniger gehörten sie wie ich damals zu den angesagten Figuren - im Gegenteil, sie waren ganz einfache Studenten und Bürger. Im Grunde wollten sie nichts weiter, als ein ganz normales Leben führen, ein ganz normales, profanes Glück erleben, und doch, in dieser blutdurchtränkten Nacht folgten viele von ihnen dem Ruf ihres mitleidigen Herzens und ihres Gerechtigkeitsgefühls, sie verließen entschlossen ihre sicheren Wohnungen und stürzten sich in die Gefahr.

Einige von ihnen hatten bereits an der Bewegung von 89 teilgenommen und auf dem Platz bis zum letzten Augenblick standgehalten, bis sie von den verbrecherischen Kugeln ermordet wurden. So zum Beispiel der 25-jährige Cheng Renxing, ein Student der Chinesischen Volksuniversität, der bei den Vorbereitungen, vom Platz des...

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Autor

Liu Xiaobo, geboren 1955, wuchs in Changchun in der Volksrepublik China auf. Die Zeit der Kulturrevolution verbrachte er in der Inneren Mongolei. Nach seinem Studium der Literatur wurde er 1988 von der Pädagogischen Universität Peking promoviert. Liu war unter anderem als Gastprofessor an den Universitäten Oslo und Columbia und an der University of Hawaii tätig. Liu beteiligte sich an den Studentenprotesten von 1989, die am 4. Juni 1989 blutig niedergeschlagen wurden. Es folgten mehrere Jahre im Gefängnis und in Umerziehungslagern. Seine Arbeiten konnte Liu nur im Ausland veröffentlichen. Seit 2003 war er Präsident des Unabhängigen Chinesischen PEN-Zentrums.Im Dezember 2008 wurde Liu Xiaobo wegen »Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt« verhaftet. Im Dezember 2009 verurteilte ihn die chinesische Justiz zu elf Jahren Haft. Im Dezember 2010 wurde Liu Xiaobo der Friedensnobelpreis verliehen. Kurz zuvor erhielt er den Hermann-Kesten-Preis des deutschen PEN-Zentrums. Im Juli 2017 erlag er inhaftiert seiner schweren Krebserkrankung.Hans Peter Hoffmann, Professor für Sinologie, freier Autor und Übersetzer, lehrt und schreibt in Tübingen und Taipeh.