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Europe Central

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
1028 Seiten
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am15.04.20132. Auflage
William T. Vollmann, der in einer Reihe mit Thomas Pynchon und David Foster Wallace steht, hat mit Europe Central ein Krieg und Frieden für das 21. Jahrhundert geschrieben - ein Epos in Übergröße, in 37 Kapiteln von fiktiven und realen Personen, Künstlern wie Käthe Kollwitz und Dimitri Schostakowitsch oder Militärs wie General Wlassow und Friedrich Paulus, dem Verlierer von Stalingrad. Ihre Lebensgeschichten beschwören aufs Neue die Geschichte des Zweiten Weltkriegs auf sowjetischer und deutscher Seite herauf. Aber im Zentrum des Romans steht eine Liebe: die bedingungslose Liebe von Schostakowitsch zu Elena Konstantinowskaja. Schieben wir zur Seite, was wir über Geschichte wissen, und lassen wir uns ein auf dieses wagemutige, gewaltige, faszinierende, tiefgreifende und umfassende Werk: Europe Central. »Ein ?Krieg und Frieden? des 20. Jahrhunderts, mit dem sich Vollmann endgültig seinen Rang in der Weltliteratur gesichert hat.« Welt am Sonntag

William T. Vollmann, geboren 1959 in Los Angeles, Autor zahlreicher Romane, Erzählbände und Sachbücher, mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Whiting Award; regelmäßige Veröffentlichungen in The New Yorker, New York Times Magazine, Esquire, Wall Street Journal u.a. Der Autor lebt in Kalifornien.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden (Leinen)
EUR39,95
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextWilliam T. Vollmann, der in einer Reihe mit Thomas Pynchon und David Foster Wallace steht, hat mit Europe Central ein Krieg und Frieden für das 21. Jahrhundert geschrieben - ein Epos in Übergröße, in 37 Kapiteln von fiktiven und realen Personen, Künstlern wie Käthe Kollwitz und Dimitri Schostakowitsch oder Militärs wie General Wlassow und Friedrich Paulus, dem Verlierer von Stalingrad. Ihre Lebensgeschichten beschwören aufs Neue die Geschichte des Zweiten Weltkriegs auf sowjetischer und deutscher Seite herauf. Aber im Zentrum des Romans steht eine Liebe: die bedingungslose Liebe von Schostakowitsch zu Elena Konstantinowskaja. Schieben wir zur Seite, was wir über Geschichte wissen, und lassen wir uns ein auf dieses wagemutige, gewaltige, faszinierende, tiefgreifende und umfassende Werk: Europe Central. »Ein ?Krieg und Frieden? des 20. Jahrhunderts, mit dem sich Vollmann endgültig seinen Rang in der Weltliteratur gesichert hat.« Welt am Sonntag

William T. Vollmann, geboren 1959 in Los Angeles, Autor zahlreicher Romane, Erzählbände und Sachbücher, mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Whiting Award; regelmäßige Veröffentlichungen in The New Yorker, New York Times Magazine, Esquire, Wall Street Journal u.a. Der Autor lebt in Kalifornien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518731789
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum15.04.2013
Auflage2. Auflage
Seiten1028 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1261983
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe




Stahl in Bewegung




Wie bisweilen Kleinigkeiten im Wesen eines Menschen ihn uns liebenswert machen, so erheiterte mich an Oberst Blumentritt sein unschlagbarer Fanatismus im Telefonieren.

- Feldmarschall Erich von Manstein (1958)1




1




Ein plumpes schwarzes Telefon, ein Tintenfisch, wollte ich sagen, der Gott unserer Fernmeldetruppe, hat einen Schlupfwinkel in Berlin (wahrscheinlicher noch in Moskau, das von einem deutschen General das Herz Russlands, das Herz eines großen Volkes getauft worden ist).2 Irgendwo in Riffen aus Stahl erzittert ein mit Guttapercha umhüllter Draht: Hiermit erkläre ich …  … die kritische Lage … ein vernichtender Schlag. Aber weil sich die Herkunft der Phrasen nicht verbürgen lässt (und weil auf Mithören der Tod steht), empfiehlt es sich nicht, das Ohr an den Draht zu drücken, der sowieso vor elektrisch geladenen Spottreden platzt; man sitzt besser da und hält still, man wird nicht lange warten müssen; die Verhandlungen sind gescheitert. Chamberlain ist auf der Flucht, er ruft dabei: Frieden für unsere Zeit. Frankreich sagt sich eifrig von der Prager Regierung los. Motorisierte Kolonnen rollen ins verschneite Pilsen ein und rollen weiter. Italien sieht sich schon den Lohn eines Abenteurertums einstreichen, vor dem es sich lieber retten würde, aber ganz im Banne des Telefons schlafwandelt es geradewegs auf den Balkon und erklärt: Wir können von unserem politischen Kurs nicht abweichen. Wir sind keine Dirnen.3 Der ewig wache Schlafwandler in Berlin und der bald schon übertölpelte Realist im Kreml schließen den Ehebund. Das wird wie eine Bombe einschlagen!, lacht der Schlafwandler.4 In ganz Europa beginnen die Telefone zu läuten.

Im runden Saal mit dem fächerförmigen Oberlicht und den griechischen Göttern hinter dem Podium sitzen die österreichischen Abgeordneten stocksteif an ihren hölzernen Schreibtischen mit den rechteckigen schwarzen Intarsien, die alles eleganter wirken lassen; sie waren die ersten, die sich mit unserer Zukunft abfinden mussten; ihr Telefon läutete schon 1938. Bulgarien, dem England die Kredite verweigert hatte, die es sowieso nicht gerettet hätten, nimmt die fünfundvierzig Millionen Reichsmark des Schlafwandlers an. Der Realist gewährt niemandem Kredit, nur dem Schlafwandler. Rumänien mischt Ikonen wie Spielkarten und hofft, dass man es übersieht. Jugoslawien schwatzt Deutschland Flugzeuge und Frankreich Geld ab. In Warschaus feuchten Schatten macht sich schon ein Hauch von Panik breit. Die Drähte erzittern: Fanatische Entschlossenheit … zu allem bereit.

Dem Telefon zufolge (denn vielleicht habe ich doch einmal mitgehört, ich Verräter!) ist die Schaltstelle Europa gar kein Nest aus Nationen, sondern offenes Gelände aus schwarzen Ikonen und Uhren mit Goldrand, dessen zufällige, ewig angefochtene Gebietsgrenzen (im Wesentlichen alte Schutzwälle aus der Römerzeit) ganz nach unseren Wünschen übermalt werden können; Gauleiter und Kommissare kochen sie zu grau gepunkteten Linien herunter, für Polizeikräfte angenehm durchlässig. Nun ist es an der Zeit, den Blick über all die rotgerillten Dachwellen schweifen zu lassen, über all die Turminseln mit ihrer grünen Patina, die sich über den weißen Fassaden mit den grinsenden Fenstern erheben und unter uns in noch nicht vollständig telefonverdrahtete Riffe abfallen; nun ist es an der Zeit, sich der anemonengleichen Sonnenschirme vor den Kaffeehäusern der Schaltstelle Europa zu erfreuen, der alten Dächer, schwarz wie Seetang vom Ruß, des klappernden Hufschlags und anschwellender Glockenklänge, der Schatten ihrer Einwohner unten ganz tief in den engen Gassen. Nun ist es an der Zeit, denn morgen schon wird alles, wie das Telefon verkündet, ohne Vorwarnung ausradiert, dem Erdboden gleichgemacht, eingedeutscht, sowjetisiert, völlig zerschmettert werden müssen. Das ist ein Befehl. Das ist eine Notwendigkeit. Wir werden nicht kämpfen wie diese verweichlichten Feiglinge, die sich von ihrem Gewissen im Zaum halten lassen; wir werden die Schaltstelle Europa beseitigen! Aber für Verhandlungen ist es noch nicht zu spät. Wenn Sie unsere sämtlichen Forderungen binnen vierundzwanzig Stunden erfüllen, werden wir Sie mit Ländereien in den grenzenlosen Weiten des Ostens entschädigen.

In Mecklenburg haben wir eine Vorführung des ersten raketengetriebenen Flugzeugs der Welt abgehalten. Um die Verzückung des Schlafwandlers nicht zu stören, verspricht Göring, wie der Blitz fünfhundert weitere raketengetriebene Flugzeuge bereitzustellen. Dann springt er für ein Rendezvous mit der Schauspielerin Lida Baarovà von dannen. In Moskau erklärt Marschall Tuchatschewski, dass sich Feldzüge im Krieg der Zukunft als breit angelegte Manöverbewegungen von ungeheurem Ausmaß entfalten werden.5 Er wird auf der Stelle erschossen. Und die Minister der Schaltstelle Europa, die man ebenfalls erschießen wird, erscheinen auf von nackten Mägdelein aus Marmor gestützten Balkonen, wo sie verträumte Reden halten und dabei immer mit einem Ohr auf das Läuten des Telefons lauschen. Die Schaltstelle Europa, sagen sie, wird widerstehen, zumindest bis zum Beginn des Fall Weiß. Man wird an jeden Mann einen schweißfeuchten schwarzen Maschinenkarabiner ausgeben, vermutlich handgeschmiedet, dazu zehn runde Bleikugeln, drei schwarze Eierhandgranaten, kaum größer als ein Pistolengriff, und ein gegabeltes Pulverhorn aus gelblichem Elfenbein mit Sterngravur …

Das Telefon brüstet sich: Befreiender Vormarsch … Stoßtruppen … Anteil der motorisierten Verbände.

Auf der anderen Seite der Grenze, wo sich jede Reihe Zaunpfähle von der anderen fortneigt, zerstreuen die stolzen Militärdichter unseres gemeinsamen Opfers alle Befürchtungen und vergleichen das Warschau von 1939 mit dem Smolensk von 1634. Während sie ihre erbärmlichen Truppen in Stellung bringen, ziehen wir die Molotow-Ribbentrop-Linie und stempeln sie . Und warum dort Halt machen? Der Schlafwandler bekommt Litauen, der Realist Finnland. Unsere Überzeugungen sind eine Laterne, deren feines Leuchten sich in ihre Zone herabbeugt. Juden waren und sind es, die den Neger an den Rhein bringen …6 Gerade deshalb behauptet die Partei, daß der Trotzkismus eine sozialdemokratische Abweichung innerhalb unserer Partei ist.7 Das Telefon läutet; General Guderian wird angewiesen, den Fall Gelb einzuleiten. Wir werden die weinroten Ahornblätter und die blassen sechseckigen Kirchtürme der Schaltstelle Europa hinwegfegen.





2




Du wirst nichts davon zu sehen bekommen; Fenster sind in diesem Büro nicht vorgesehen, also ist dir manchmal ein wenig fad, aber wenigstens bist du nie allein, denn auf dem stählernen Schreibtisch, immer in Reichweite, hockt der Tintenfisch, dessen zehn runde Augen, jedes mit einer Ziffer darauf, durch dich hindurch starr die Welt blicken. Der stählerne Pakt … eine tadellose Entscheidung … mein unabänderlicher Wille … wir scharen uns um die Partei Lenins und Stalins. Rechts in der untersten Schublade liegt ein Codebuch, dessen Beschwörungsformeln Geschwindigkeit und Nutzlast des Stahls bestimmen, aber man scheint dem Blick des Tintenfisches nicht entkommen zu können. Wage es, wenn du dich traust; wie scharf können diese zehn Augen sehen? Der Schlafwandler in der Reichskanzlei könnte es dir sagen (nicht dass er es täte): Es sind seine Augen, lidlos, oval, was ihnen eine monoton blöde oder hysterische Anmutung verleiht; draußen im Graben werden einhundert andere Köpfe sehenden Auges wieder zu Lehm, nicht dass sie etwas mit dem Tintenfisch gemein hätten, dessen Starren stets lebendig bleibt.

Was ist mit der Sprechmuschel? Stimmt es, dass er durch die schwarzen Löcher jeden Mucks von dir hören kann? In seinem unterirdischen Hauptquartier mit den vielen Wachtposten sitzt der Realist müde hinter einem großen Schreibtisch und harrt der Forderungen des Telefons. Er hängt zwar Anrufern gerne einfach den Hörer auf, mit so viel Schwung wie der Soldat, der eine weitere Granate in unser Panzerabwehrgeschütz rammt, aber der Affront gilt dem Gesprächspartner, nicht dem Telefon selbst, ohne das er nicht leben kann. In ihm, dem allhörenden, subsumiert er sich; wenn Schostakowitsch hilflos über ihn lästert, weiß er Bescheid. Beim ersten Läuten ruft er seine Generäle zusammen, zur Sitzung rund um den Konferenztisch mit der grünen Decke.

Der Schlafwandler ist ganz Auge; der Realist ist ganz Ohr; indem sie sich sich paaren, erschaffen sie das Telefon.





3




Dieses Bewusstsein mag sich tatsächlich, wie die amerikanischen Sieger versichern werden, aus rein mechanischen Faktoren speisen: Im Bakelit-Schädel[1] des Dinges hängt, in ein Gitterwerk aus purpurnen Drähten gebettet oder von diesem erdrosselt, ein bösartig komplexes Hirn, nicht viel größer als eine Walnuss. Seine Rinde besteht aus zwei braungelben Lappen, mit feinem Kupfer verdrahtet. Es beherbergt Gedanken, so zahlreich und säuberlich aufgestellt wie die verblichenen Adlerstandarten Polens. Das Lager der Konterrevolution … deutsche Ehrlichkeit … die Verleumdungen der Opposition … die Gesundheit der völkischen Lehre....


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Kritik
»...William T. Vollmann... ist der wagemutigste Schriftsteller der Welt und sein Buch Europe Central ein literarisches Großereignis.«mehr

Autor

William T. Vollmann, geboren 1959 in Los Angeles, Autor zahlreicher Romane, Erzählbände und Sachbücher, mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Whiting Award; regelmäßige Veröffentlichungen in The New Yorker, New York Times Magazine, Esquire, Wall Street Journal u.a. Der Autor lebt in Kalifornien.