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Dialoge

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
319 Seiten
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am15.04.2013Deutsche Erstausgabe
In diesem Werk, das in einer Reihe steht mit seiner ?Summa Technologiae? (1976) und ?Phantastik und Futurologie? (1977), unternimmt Stanislaw Lem eine Neuschöpfung der sokratischen Dialoge, sokratischer Dialoge in einer Zeit, in der die traditionellen Themen der Philosophie, Theologie und Gesellschaftstheorie, vor allem unter dem Einfluss der Kybernetik, eine neue Darstellung erfahren. Die in der Zukunft liegenden Konsequenzen, die die weiter fortschreitende Konstruktion von Computern zeitigen werden - von einem eventuell möglichen ewigen Leben des Individuums bis zur Konstruktion neuer Gesellschaftsformationen - suchen diese Dialoge zu explorieren und zu bewerten.



Stanis?aw Lem wurde am 12. September 1921 in Lwów (Lemberg) geboren, lebte zuletzt in Krakau, wo er am 27. März 2006 starb. Er studierte von 1939 bis 1941 Medizin. Während des Zweiten Weltkrieges musste er sein Studium unterbrechen und arbeitete als Automechaniker. Von 1945 bis 1948 setze er sein Medizinstudium fort, nach dem Absolutorium erwarb Lem jedoch nicht den Doktorgrad und übte den Arztberuf nicht aus. Er übersetzte Fachliteratur aus dem Russischen und ab den fünfziger Jahren arbeitete Lem als freier Schriftsteller in Krákow. Er wandte sich früh dem Genre Science-fiction zu, schrieb aber auch gewichtige theoretische Abhandlungen und Essays zu Kybernetik, Literaturtheorie und Futurologie. Stanis?aw Lem zählt heute zu den erfolgreichsten Autoren Polens. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet, verfilmt und in 57 Sprachen übersetzt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR20,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextIn diesem Werk, das in einer Reihe steht mit seiner ?Summa Technologiae? (1976) und ?Phantastik und Futurologie? (1977), unternimmt Stanislaw Lem eine Neuschöpfung der sokratischen Dialoge, sokratischer Dialoge in einer Zeit, in der die traditionellen Themen der Philosophie, Theologie und Gesellschaftstheorie, vor allem unter dem Einfluss der Kybernetik, eine neue Darstellung erfahren. Die in der Zukunft liegenden Konsequenzen, die die weiter fortschreitende Konstruktion von Computern zeitigen werden - von einem eventuell möglichen ewigen Leben des Individuums bis zur Konstruktion neuer Gesellschaftsformationen - suchen diese Dialoge zu explorieren und zu bewerten.



Stanis?aw Lem wurde am 12. September 1921 in Lwów (Lemberg) geboren, lebte zuletzt in Krakau, wo er am 27. März 2006 starb. Er studierte von 1939 bis 1941 Medizin. Während des Zweiten Weltkrieges musste er sein Studium unterbrechen und arbeitete als Automechaniker. Von 1945 bis 1948 setze er sein Medizinstudium fort, nach dem Absolutorium erwarb Lem jedoch nicht den Doktorgrad und übte den Arztberuf nicht aus. Er übersetzte Fachliteratur aus dem Russischen und ab den fünfziger Jahren arbeitete Lem als freier Schriftsteller in Krákow. Er wandte sich früh dem Genre Science-fiction zu, schrieb aber auch gewichtige theoretische Abhandlungen und Essays zu Kybernetik, Literaturtheorie und Futurologie. Stanis?aw Lem zählt heute zu den erfolgreichsten Autoren Polens. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet, verfilmt und in 57 Sprachen übersetzt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518743157
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum15.04.2013
AuflageDeutsche Erstausgabe
Seiten319 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1262384
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
I

PHILONOUS Sei mir gegrüßt, lieber Freund. Worüber sinnst du nach so ganz allein in diesem schönen Park?

HYLAS Ach, du bist's? Ich freue mich, dich zu sehen. Diese Nacht habe ich in harter Arbeit einen Gedanken entwickelt, der der Menschheit unendlich viel verheißt.

PHILONOUS Was ist denn das für ein wertvoller Gedanke?

HYLAS Ich bin zur Überzeugung gekommen (die eigentlich Gewißheit ist), daß die Menschen dermaleinst die Unsterblichkeit erlangen werden.

PHILONOUS Hör ich richtig? Wie denn das, du bist doch nicht etwa dem Materialismus untreu geworden, den du bisher gepredigt hast?

HYLAS Nie und nimmer. Mein Gedanke kollidiert nicht im geringsten mit dem Materialismus, ganz im Gegenteil, er geht notwendig aus ihm hervor.

PHILONOUS Ich bin ganz Ohr. Laß hören, mein Freund.

HYLAS Wie dir bekannt ist, existiert über die Materie hinaus nichts. Diese Wolken, diese herbstlichen Bäume, diese blaßgelbe Sonne, wir selbst schließlich all das sind materielle Gegenstände, das heißt Ansammlungen von Atomen; die verschiedenartigen Eigenschaften der Körper jedoch entspringen dem Unterschied ihrer atomaren Strukturen. Denn es sind die gleichen Sauerstoff-, Kohlenstoff- oder Eisenatome, ob sie sich nun in Steinen, Blättern oder unserem Blut befinden. Diese Gebilde unterscheiden sich einzig und allein durch ihren Aufbau, durch die unterschiedliche Position ihrer Teilchen, das heißt durch ihre Struktur. Daher kann man ganz generell sagen, daß einzig Atome und ihre Strukturen existieren. Also habe ich mir die Frage vorgelegt, was die Ursache dafür ist, daß ich mich trotz all der Jahre, die inzwischen vergangen sind, immer noch als der gleiche Hylas fühle, der hier als kleiner Junge gespielt hat. Ist dieses Gefühl der individuellen Identität fragte ich mich durch die Identität des Baustoffs meines Körpers hervorgerufen, das heißt der Atome, aus denen er zusammengesetzt ist? So kann es jedoch keinesfalls sein. Denn es ist ja aus den Naturwissenschaften bekannt, daß sich die Atome unseres Körpers dank der Speisen und Getränke, die wir zu uns nehmen, und der Luft, die wir atmen, unaufhörlich erneuern. Knochen, Nerven- und Hautzellen wechseln ihre Atome pausenlos aus, und zwar so schnell, daß alle materiellen Teilchen, aus denen mein Organismus zusammengesetzt war, jeweils nach Ablauf einiger Wochen in den Wellen eines Flusses oder in den Wolken schweben; ich aber existiere gleichwohl weiter und spüre die Kontinuität meiner Persönlichkeit. Wem verdanke ich das? Ganz sicher meiner nicht veränderten atomaren Struktur. Bedenke nur, daß die neuen Atome meines Körpers nicht dieselben sind, die noch vor einem Monat in ihm steckten, sie sind jedoch die gleichen, und das genügt voll und ganz. So statuiere ich also: Die Identität meiner Existenz hängt von der Identität meiner Struktur ab.

PHILONOUS Einverstanden. Und weiter?

HYLAS Die Menschen der Zukunft werden bessere und immer getreuere Kopien von den atomaren Strukturen aller materiellen Produkte der Schöpfung anfertigen. Schon jetzt können sie künstliche Diamanten herstellen oder Saphire, künstlichen Harnstoff und sogar künstliches in Retorten synthetisiertes Eiweiß. Zweifellos werden sie eines Tages die Kunst beherrschen, zunächst die Moleküle des lebenden Körpers und dann ihn selbst aus Atomen zu bauen. In diesem Moment haben sie die Unsterblichkeit gewonnen, denn sie werden in der Lage sein, jeden Verstorbenen ins Leben zurückzurufen, und zwar durch die perfekte Anordnung der Atome entsprechend der Struktur, die sein Körper zu Lebzeiten aufwies. Dieser Prozeß der Auferstehung wird wie ich meine im Inneren einer Maschine vor sich gehen, in die das entsprechende Schema eingegeben wird, eine Art Bauplan, das heißt die Strukturformel eines bestimmten Menschen, nach der die Maschine aus Atomen Eiweißmoleküle baut, Zellen, Sehnen, Nerven und schon tritt dieser Mensch aus der Maschine heraus, froh und munter sowie bei bester Gesundheit. Na, was sagst du dazu?

PHILONOUS Ich sage, daß man das Problem von allen Seiten erörtern muß.

HYLAS Was gibt es da noch zu erörtern? Eine derartige Maschine vermögen wir heute noch nicht zu bauen, der Fortschritt der Wissenschaften gibt uns jedoch die Gewißheit, daß sie einmal gebaut werden wird, und für uns Philosophen ist es nicht wichtig, ob das in tausend oder einer Million Jahren der Fall sein wird. Wie ich bereits sagte, in der Natur kannst du über die Atome und ihre Strukturen hinaus nichts finden. Es gibt insbesondere keine unsterbliche Seele, die, den Toten verlassend, ins Jenseits entschwebt. So wird folglich derjenige, der die Kunst beherrscht, die Atome längst vermoderter Körper wieder gemäß ihrer Struktur zusammenzusetzen, eo ipso diese Körper in ihrer ursprünglichen Gestalt und ihren Funktionen ins Leben zurückrufen können. Wer aber den Körper eines bereits verstorbenen Menschen erneut aus Atomen zusammengesetzt hat der wird ihn vor sich haben in der Fülle seines Lebens, obwohl jener bereits vor Jahrhunderten zu Grabe getragen wurde ...

PHILONOUS Meinst du? Ausgezeichnet. Erlaubst du, daß ich dir zur Erforschung der Spezifika deiner Maschine, die aus Atomen wieder zum Leben erweckt, Fragen stelle, auf die du mir Antwort geben wirst?

HYLAS Gern bin ich damit einverstanden.

PHILONOUS Prächtig. Stelle dir vor, Hylas, daß du heute sterben mußt, denn du befindest dich in der Gewalt eines Tyrannen, der den unumstößlichen Beschluß gefaßt hat, dich zu töten und dazu alle Möglichkeiten besitzt. Der Zeitpunkt deiner Exekution ist auf sieben Uhr morgens festgelegt. Um sechs, das heißt gerade jetzt, begibst du dich von Trauer und Angst gemartert auf deinen letzten Spaziergang vor dem Tode, triffst mich und erzählst mir von deinem Unglück.

Bist du bereit, einen derartigen Ausgangspunkt für unsere Disputation über diese fiktive Situation zu akzeptieren, in der du zum Tode verurteilt bist, ich aber dein Freund bin, der dir helfen will und zugleich Erfinder der Maschine, die aus Atomen wieder zum Leben erwecken kann?

HYLAS Ich bin bereit. Sprich.

PHILONOUS Mein armer Hylas, du mußt sterben, o weh, das ist entsetzlich! Aber nicht wahr, du bist doch Materialist?

HYLAS So ist es.

PHILONOUS Das trifft sich ausgezeichnet. Ich habe soeben die Konstruktion der Maschine vollendet, über die wir in letzter Zeit so viel gesprochen haben. Die Kopien, die ich mit ihrer Hilfe anfertige, unterscheiden sich durch nichts von den Originalen. Der Mensch, den meine Maschine aus Atomen zusammensetzt, weist nicht nur in seiner sterblichen Hülle keinerlei Abweichungen vom Original auf, sondern er besitzt auch sämtliche geistigen Eigenschaften desselben; um ein Beispiel zu nennen, möchte ich nur das Gedächtnis erwähnen wie du weißt, beruht es auf bestimmten individuellen Eigenschaften der Struktur des Gehirns. Meine Maschine liefert eine Kopie vom Aufbau des Gehirns präzis bis ins kleinste Detail, also auch mit dem Gedächtnis an vergangene Ereignisse und die damit verbundenen Gedanken, Erinnerungen und Wünsche. Kurz gesagt, lieber Hylas, wenn du in einer Stunde der Gewalt zum Opfer fällst und gestorben bist, so wird deine sterbliche Hülle noch nicht erkaltet sein, da setze ich schon die Maschine in Gang und aus den gleichen Atomen, aus denen dein Körper jetzt zusammengesetzt ist, baue ich einen lebendigen, einen denkenden Hylas. Ich bürge dir dafür. Na, was sagst du, freust du dich?

HYLAS Aber ja, dreimal ja, selbstverständlich. Du brauchst nur meine atomare Struktur zu erforschen, um sie dann der Maschine einzugeben.

PHILONOUS Versteht sich. Erlaube jedoch, mein Freund, daß ich dich in deiner Sicherheit, den Tod zu überleben, noch bestärke. Du kennst mich, glaubst meinen Worten, meinen Versicherungen, hinfällig jedoch sind die Werke von Menschenhand, Gewißheit ist hier mithin unerläßlich. Erlaube daher, daß ich diesen Hylas, der deine Fortsetzung, deine Kontinuation, sein soll, schon jetzt schaffe. Er wird deinen Tod abwarten, bist du aber gestorben, werde ich mich gemeinsam mit ihm, das heißt mit dir, den Freuden des wiedererweckten Lebens hingeben.

HYLAS Was redest du da, Philonous?

PHILONOUS Du hast schon richtig gehört: Um deine Gewißheit zu erhöhen, werde ich deine Kopie bereits jetzt anfertigen ...

HYLAS Aber das ist doch Unsinn!

PHILONOUS Aber weshalb denn?

HYLAS Das wäre ja ein von mir ganz losgelöstes, ein fremdes Wesen!

PHILONOUS Meinst du?

HYLAS Ja, wie denn sonst? Dieser Mensch kann und wird mir unendlich ähnlich sein, alle werden ihn für mich halten, er wird dieselben Empfindungen haben wie ich, dieselben Wünsche und Neigungen, sogar die Arbeiten, die von mir begonnen wurden, kann er in meinem Geist zu Ende führen, aber das werde doch nicht ich sein! Das ist ein Doppelgänger, gleichsam ein Zwilling, ich aber sterbe für immer!

PHILONOUS Woher nimmst du diese Gewißheit?

HYLAS Nun daher, daß ich, wenn du ihn jetzt gleich erschaffst, und er dann unter uns weilen wird, von ihm als »er« sprechen werde, wie von jedem anderen Menschen, und daß ich ihn sehen werde, der äußerlich ich selbst ist und doch wird er ein anderes, von mir losgelöstes, fremdes Wesen sein, wie jeder Mensch, und die Tatsache, daß er mir gleicht wie ein Ei dem anderen, kann mir meinen Tod nicht im geringsten versüßen. Freilich, für die, die weiterleben, für meine Freunde, meine Verwandten, wird er eine vollkommen perfekte Vortäuschung meiner Existenz sein, ich aber ich werde sterben und nicht weiterleben.

PHILONOUS...
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Autor

Stanislaw Lem wurde am 12. September 1921 in Lwów (Lemberg) geboren, lebte zuletzt in Krakau, wo er am 27. März 2006 starb. Er studierte von 1939 bis 1941 Medizin. Während des Zweiten Weltkrieges musste er sein Studium unterbrechen und arbeitete als Automechaniker. Von 1945 bis 1948 setze er sein Medizinstudium fort, nach dem Absolutorium erwarb Lem jedoch nicht den Doktorgrad und übte den Arztberuf nicht aus. Er übersetzte Fachliteratur aus dem Russischen und ab den fünfziger Jahren arbeitete Lem als freier Schriftsteller in Krákow. Er wandte sich früh dem Genre Science-fiction zu, schrieb aber auch gewichtige theoretische Abhandlungen und Essays zu Kybernetik, Literaturtheorie und Futurologie. Stanislaw Lem zählt heute zu den erfolgreichsten und meist übersetzten Autoren Polens. Viele seiner Werke wurden verfilmt.