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Philosophie der Technik

E-BookPDFePub WasserzeichenE-Book
152 Seiten
Deutsch
C.H. Beckerschienen am01.07.20131. Auflage
Das Staunen über die Technik ist von gemischten Gefühlen begleitet. Zuerst ist Technik neu, dann gewohnt, dann unsichtbar. Wir bemerken sie nicht mehr. Aber sie beeinflusst unser Leben. Technik wird immer universaler und stellt die Frage nach der Verantwortung neu. Der Band gibt einen Überblick über die Grundströmungen der Technikphilosophie von der Antike über den zweifachen Aufbruch mit der Neuzeit und dem Beginn der Industrialisierung bis hin zur anthropologischen und kritischen Deutung der Technik von Arnold Gehlen, Günther Anders und Hans Jonas. Er hinterfragt das Selbstverständnis des modernen Ingenieurs und Technikers, den Prozess der Automatisierung und die Allverfügbarkeit technischer Lösungen.

Klaus Kornwachs, geb.1947, ist Physiker und Technikphilosoph. Er war Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung, später am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation. 1991 erhielt er den Forschungspreis Technische Kommunikation. Von 1992 bis 2011 hatte Kornwachs den Lehrstuhl für Technikphilosophie an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus inne. Zur Zeit lehrt er an der Universität Ulm. Kornwachs ist Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech).
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR8,95
E-BookPDFePub WasserzeichenE-Book
EUR7,49

Produkt

KlappentextDas Staunen über die Technik ist von gemischten Gefühlen begleitet. Zuerst ist Technik neu, dann gewohnt, dann unsichtbar. Wir bemerken sie nicht mehr. Aber sie beeinflusst unser Leben. Technik wird immer universaler und stellt die Frage nach der Verantwortung neu. Der Band gibt einen Überblick über die Grundströmungen der Technikphilosophie von der Antike über den zweifachen Aufbruch mit der Neuzeit und dem Beginn der Industrialisierung bis hin zur anthropologischen und kritischen Deutung der Technik von Arnold Gehlen, Günther Anders und Hans Jonas. Er hinterfragt das Selbstverständnis des modernen Ingenieurs und Technikers, den Prozess der Automatisierung und die Allverfügbarkeit technischer Lösungen.

Klaus Kornwachs, geb.1947, ist Physiker und Technikphilosoph. Er war Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung, später am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation. 1991 erhielt er den Forschungspreis Technische Kommunikation. Von 1992 bis 2011 hatte Kornwachs den Lehrstuhl für Technikphilosophie an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus inne. Zur Zeit lehrt er an der Universität Ulm. Kornwachs ist Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406638343
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatPDF
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum01.07.2013
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.2805
Seiten152 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2598 Kbytes
Artikel-Nr.1286924
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;Cover;1
2;Titel;3
3;Zum Buch
;2
4;Über den Autor
;2
5;Impressum;4
6;Inhalt;5
7;Einleitung;7
8;1. Technik - fragwürdig und merkwürdig;10
9;2. Philosophisches Nachdenken über Technik als Disziplin der Philosophie;15
10;3. Was heißt zivilisierte und technisierte Welt?;20
11;4. Grundströmungen der Philosophie der Technik;31
12;5. Der Anfang der Technik;72
13;6. Bausteine aktueller Technikphilosophie;78
14;7. Technik ist mehr als angewandte Wissenschaft;88
15;8. Die Frage nach der Ethik;98
16;9. Chancen, Risiken und Ungewissheiten des 21. Jahrhunderts;107
17;Danksagung;122
18;Anmerkungen;123
19;Verwendete Literatur;137
20;Weiterführende Literatur;150
21;Personenregister;151
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Leseprobe

1. Technik - fragwürdig und merkwürdig
Philosophie beginnt und endet mit hartnäckigen Fragen

Meist stellt sich später heraus, dass man früher hätte fragen sollen. Während diese Zeilen geschrieben wurden, barsten nach einem Jahrtausendbeben und einem darauffolgenden Tsunami drei Meiler in der japanischen Nuklearanlage Fukushima - die neue Chiffre für unbeherrschbare Technik nach Tschernobyl. Die Fragen werden lauter: Fragen nach Verantwortung, Komplexität, Nachhaltigkeit, Folgen, nach Fortschritt, Segen und Verhängnis von Technik. Martin Heidegger meinte ganz lapidar, es sei gerade das Unheimliche an der Technik, dass sie funktioniere.[4] Wir erleben Technik meist unbewusst, sie ist oft unsichtbar, sie funktioniert fast selbstverständlich. Wir halten sie für eine Errungenschaft der Naturwissenschaft und der Zivilisation und beginnen unsere Fragen erst zu stellen, wenn sie eben nicht oder nicht mehr funktioniert. Dabei stellen wir fest, dass wir meist gar nicht wissen, wie und warum Technik funktioniert, wer sie in die Welt gestellt hat, wer damit etwas vorhat und wer damit welche Interessen verfolgt. Und wir stellen auch fest, dass Technik, so gut sie gemeint sein mag, zuweilen gar nicht funktioniert, weil das, was sie zum Funktionieren braucht, gar nicht gegeben ist. Dieses Etwas ist in unserem vorläufigen Verständnis nichts Technisches, sondern eher etwas Organisatorisches: Die Stromrechnung muss bezahlt sein, sonst laufen Kühlschrank und Waschmaschine nicht. Die Straßenverkehrsordnung muss erlassen, der Straßenbau organisiert, die Versorgung mit Öl sichergestellt sein. Reparatur- und Ersatzteilservice müssen klappen, sonst ist unser Auto nur ein hübscher Haufen aus Blech, Elektronik, Gummi und Glas, das nicht mehr von A nach B fahren kann.

Die Selbstverständlichkeit von Technik und ihre weitgehende Unsichtbarkeit macht sie bei Fachleuten und Benutzern gleichermaßen fraglos - warum soll man fragen, warum etwas funktioniert, wenn es funktioniert? Das könnte den Verdacht aufkommen lassen, dass philosophische Fragen nach der Technik erst dann auftauchen, wenn sie scheitert. Dann wäre das Problem der Technik lediglich das Problem, das wir mit schlechter Technik haben. Die Philosophie ist aber kein Reparaturbetrieb, sie versteht sich eher als präventive begriffliche Instandhaltung, um es technisch auszudrücken. Der Philosophie geht es, wenn sie nach der Technik fragt, um das Verstehen der Technik, um ihre Deutung und um die Bedingungen der Möglichkeit gelingender wie scheiternder Technik. Abgesehen vom Begriff der Technik selbst, der alles andere als eindeutig ist, liegt die Grundfrage nach der Technik auf der Hand. Es ist das Verhältnis von Theorie und Praxis, von Natur und den menschlichen Handlungsmöglichkeiten in ihr, und es ist die Frage, ob ein Verständnis des Menschen nicht erst durch die Möglichkeiten seines technischen Handelns denkbar wird.
Das Staunen über Technik wird von gemischten Gefühlen und merkwürdigen Empfindungen begleitet

Im Mittelalter hatten Roger Bacon (1214-1292) und später in der Renaissance Francis Bacon (1561-1626) erhebliche Mühe, ihren Zeitgenossen zu erklären, dass Maschinen, die aufgrund von Naturerkenntnissen gebaut wurden, nichts mit Magie zu tun hätten, sondern erst ein geduldiges Hören auf die Natur den Menschen dazu befähige, die Natur nach seinem Willen zu zwingen, d.h., ihm dienstbar zu sein.

Neue Geräte werden bestaunt. Früher drückte man sich die Nase am Schaufenster des Radiogeschäftes oder des Automobilverkäufers platt, heute genießt man das Product Placement oder die Promotion Show neuester Produkte. Die Gefühle sind dennoch zwiespältig: Der Faszination des Neuen folgt in der Regel die Gewöhnung, die so weit geht, dass wir das Technische gar nicht mehr als das Technische wahrnehmen. Aber es gibt auch die Faszination des Grauens und des Erschreckens: In den 1950er Jahren waren die meisten Menschen zugleich fasziniert und erschreckt von der Atombombe; sie waren begeistert von der friedlichen Nutzung der Atomkraft, doch dann nannte man sie alsbald einen sanften Mörder.[5] Einige von uns mögen sich zuerst gegen den Siegeszug des Computers quer durch den Betrieb, dann in den Haushalt gewehrt haben. Das Mobiltelefon wird als Segen und Fluch gesehen - jeder möchte eben kommunizieren und dennoch toben Glaubenskriege z.B. um den Elektrosmog. Dieser Zwiespalt betrifft nicht nur die Gesellschaft und ruft bei fast jeder Technik Proponenten und Opponenten auf den Plan, sondern er ist bei jedem Einzelnen, also auch in unserem eigenen Bewusstsein, zu finden. Eben dieser Zwiespalt ist in der Tat fragwürdig, also des Nachfragens würdig.

Doch welche Fragen stellen sich, wenn wir, je nach Situation, Kultur, Mentalität und vor allem je nach Technikbereichen, völlig unterschiedlich reagieren? Wir zeigen, je nachdem, einmal Angst, einmal Faszination, einmal Protest, einmal Gleichgültigkeit, einmal Ablehnung oder auch einmal Konsumwut. Es geht hier nicht um Meinungs- und Einstellungsforschung, es geht darum, dass uns Technik etwas ausmacht - etwas, das wir doch hervorgebracht haben, das wir erfunden haben, das wir gebaut und organisiert haben und womit manche seit geraumer Zeit nicht mehr ganz zurechtkommen.

Merkwürdige Gefühle und zwiespältige Haltungen zeigen meist an, dass sich ein Problem da verbirgt, wo wir es nicht zu sehen gewohnt sind oder nicht vermuten. Was soll an Technik problematisch sein? Entweder sie funktioniert, dann ist sie brauchbar, oder sie funktioniert nicht, dann ist sie nicht brauchbar - der Konsument oder Benutzer lässt dann eben die Finger davon und schickt die Hersteller nach Hause. Ganz einfach, oder doch nicht?
Zuerst ist Technik neu, dann gewohnt, dann unsichtbar

So einfach geht es leider nicht. Telefonieren war zuerst ein Privileg, dann wurde es ein Recht, und heute ist es im Zeitalter der immerwährenden Erreichbarkeit für viele eine Pflicht, wenn nicht gar Plage. Vieles sehen wir gar nicht mehr als Technik an, weil wir uns daran gewöhnt haben - zum Teil seit Jahrtausenden. Eine normale Milchkuh würde ohne Landwirtschaft, Stall und Bauer nicht überleben - wir haben sie, wie viele andere Tierarten, durch Züchtung zum Haustier gemacht und hergerichtet für unsere Zwecke. Warum empfinden es viele als provozierend, wenn man behauptet, die Kuh sei eine Maschine wie ein Traktor, eine Biomaschine eben, so wie der Traktor eine mechanische Maschine sei? Manche sehen in der Landwirtschaft noch etwas Natürliches, «Bio» als heilsversprechende Vorsilbe ist in aller Munde. Hat jahrhundertelange Züchtung von Mais und Reis nichts mit Technik zu tun, oder macht erst die genetische Manipulation eine Technik daraus?

Wir haben uns an Pflanzenzüchtungen durch Pfropfen, Rückkreuzung und Ähnliches gewöhnt und empfinden sie als «natürliche» Verfahrensweisen der Beeinflussung der genetischen Ausstattung von Nutzpflanzen. Kein Mensch würde auf die Idee kommen, ein Lagerfeuer, bei dem chemische Bindungsenergie von Biostoffen freigesetzt wird, als Technik zu bezeichnen - und doch waren all diese Verhaltensweisen und Hervorbringungen einmal «High-Tech» oder «Neue Technologien», wie die Euphemismen heute lauten.
Technik beeinflusst unser Leben

Es ist schon fast trivial - Technik ist ein philosophisches Thema, seit wir festgestellt haben, dass die Technik, die wir selbst hervorgebracht haben, uns beeinflusst. Das gilt zum einen für unser Denken, indem wir dabei technische Bilder und Metaphern dessen, was wir für machbar halten, verwenden. Es betrifft zum anderen aber auch unsere Zivilisation, weil wir unser Leben vom Funktionieren der Technik abhängig gemacht haben und unsere Kultur, unsere Wissenschaft, die Kunst und nahezu jede Kommunikation ohne Technik nicht mehr möglich wären. Es betrifft unser Leben, das wir als «Mängelwesen» mit technischen Prothesen kompensatorisch aufrechterhalten, und es betrifft auch unsere Psyche, die unsere Organe nach außen zu projizieren scheint und damit Werkzeuge erschafft.

Alle diese Positionen werden heftig diskutiert in der Philosophie der Technik, deren moderner Beginn, zumindest publizistisch, bei Ernst Kapps Grundlinien einer Philosophie der Technik aus dem Jahre 1877 liegen dürfte.[6] Kapp versteht die Kulturgeschichte des Menschen als die Geschichte seiner Werkzeuge. Zur Radikalisierung dieses Gedankens ist es nur ein kleiner Schritt: Beginnt der Mensch überhaupt erst da, wo er Werkzeuge herstellt und sich seine Umwelt seinen Zwecken entsprechend zurichtet? Ist der Mensch von jeher schon der homo faber, der herstellende Mensch? Und was unterscheidet ihn da vom Burgen bauenden Biber, von der kunstvoll Netze spinnenden Spinne, vom Nest bauenden Vogel, von der Hügel errichtenden Termite?

Wenn also Philosophie, so sie sich mit Technik beschäftigt, solche Fragen stellt und zu beantworten versucht, dann zeigt sich zweierlei: Zum einen sind die Fragen selbst uralt. Schon einem Aristoteles wollte die Unterscheidung von Natürlichem und Künstlichem nicht so recht gelingen. Aber diese Fragen müssen immer wieder neu beantwortet werden, jeweils in ihrer Zeit. Zum anderen sind diese Fragen immer damit verbunden, was wir vom Menschen halten und wie wir es mit dem Menschen...
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Autor

Klaus Kornwachs, geb. 1947, ist Physiker und Technikphilosoph. Er war Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung, später am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation. 1991 erhielt er den Forschungspreis Technische Kommunikation. Von 1992 bis 2011 hatte Kornwachs den Lehrstuhl für Technikphilosophie an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus inne. Zur Zeit lehrt er an der Universität Ulm. Kornwachs ist Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech).