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Die Duftnäherin

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
624 Seiten
Deutsch
Droemer Knaurerschienen am28.08.20131. Auflage
Deutschland im Jahre 1349. Endlich bietet sich der sechzehnjährigen Anna die Gelegenheit zur Flucht vor ihrem gewalttätigen Vater. Sie macht sich auf den Weg nach Bremen, in die Heimatstadt ihrer verstorbenen Mutter, begleitet von dem jungen Gawin. Hier kommt Anna bei einer Seifensiederin unter. Sie wird Schneiderin und lässt sich etwas ganz Besonderes einfallen: In die Säume der Kleider näht sie Seife ein und erzeugt so wundervolle Düfte. Bald finden ihre außergewöhnlichen Kreationen Anklang bei den hochstehenden Damen der Stadt. Die zwischen Anna und Gawin aufkeimende Liebe muss zunächst geheim bleiben - schließlich haben sie sich als Geschwister ausgegeben.

Caren Benedikt, geboren 1971, wuchs in einer norddeutschen Kleinstadt auf. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten und arbeitete danach als freie Journalistin. Heute lebt sie gemeinsam mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in einem kleinen Ort bei Bremen. Weitere Informationen unter www.caren-benedikt.de
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Produkt

KlappentextDeutschland im Jahre 1349. Endlich bietet sich der sechzehnjährigen Anna die Gelegenheit zur Flucht vor ihrem gewalttätigen Vater. Sie macht sich auf den Weg nach Bremen, in die Heimatstadt ihrer verstorbenen Mutter, begleitet von dem jungen Gawin. Hier kommt Anna bei einer Seifensiederin unter. Sie wird Schneiderin und lässt sich etwas ganz Besonderes einfallen: In die Säume der Kleider näht sie Seife ein und erzeugt so wundervolle Düfte. Bald finden ihre außergewöhnlichen Kreationen Anklang bei den hochstehenden Damen der Stadt. Die zwischen Anna und Gawin aufkeimende Liebe muss zunächst geheim bleiben - schließlich haben sie sich als Geschwister ausgegeben.

Caren Benedikt, geboren 1971, wuchs in einer norddeutschen Kleinstadt auf. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten und arbeitete danach als freie Journalistin. Heute lebt sie gemeinsam mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in einem kleinen Ort bei Bremen. Weitere Informationen unter www.caren-benedikt.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426418260
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum28.08.2013
Auflage1. Auflage
Seiten624 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1154 Kbytes
Artikel-Nr.1288272
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


3. Kapitel


Hastig schlug sie die Augen auf. Ihr Atem ging schnell, und sie versuchte, im Dunkeln etwas zu erkennen. Das Feuer war ausgegangen, und sie hatte jedes Zeitgefühl verloren.

»Es ist noch nicht Morgen«, hörte sie Gawin in die Dunkelheit hinein sagen.

»Woher weißt du das?«

»Ich weiß es eben. Schlaf weiter. Ich wecke dich, sobald der Tag anbricht.«

Hatte er etwa schon länger dort wach gelegen und ihrem Atem gelauscht? Sie fröstelte. Die feuchte Luft in der Höhle fühlte sich klamm an, die Kleidung klebte schwer an ihrem Körper. Das Strohlager zu Hause war wärmer und vor allem trockener. Dennoch fühlte sie sich hier wohler und sicherer und empfand vor allem Stolz. Sie war geflohen, hatte den Aufbruch gewagt und ihr Schicksal in die eigenen Hände genommen. Nie wieder wollte sie Angst empfinden und sich fügen. Lieber würde sie sterben. Mit diesen Gedanken glitt sie sanft zurück in den Schlaf, während Gawin weiterhin mit bangem Herzen ihrem Atem lauschte. Sobald der Morgen da wäre, würde sie fortgehen und ihn zurücklassen. Einen Moment lang, einen kurzen Augenblick, hegte er den Gedanken, den Ausgang zu versperren und sie dadurch zum Hierbleiben zu zwingen. Er wollte nicht mehr allein sein. Mutlos seufzte er, als er wieder zur Besinnung kam. Selbstverständlich würde er die Höhle nicht verschließen. Er schalt sich selbst einen Dummkopf. Einen Dummkopf, der es nicht anders verdiente, als für immer allein zu sein.

»Es wird Tag.« Seine Stimme klang sanft, vorsichtig berührte er ihre Schulter. Anna kam es so vor, als habe sie seit dem letzten Wachwerden nur einen Wimpernschlag lang die Augen geschlossen, dabei mussten seither mehrere Stunden vergangen sein.

»Danke.«

Sie setzte sich auf und blinzelte in die Dunkelheit. Sie konnte keinen Lichtunterschied zu vorher ausmachen. Woher Gawin wissen wollte, dass der Tag mittlerweile angebrochen war, konnte sie sich nicht erklären.

»Willst du noch etwas essen?«

Im ersten Moment wollte sie ablehnen, doch dann besann sie sich. Es kam nicht darauf an, ob sie sofort aufbrach oder sich noch etwas Zeit ließ. Ihr nächstes Ziel würde sie heute sowieso nicht erreichen und ob sie Gelegenheit fände, eine sichere Rast einzulegen, konnte sie nicht wissen.

»Ja.«

»Dann entfache ich das Feuer.«

»Und du?«, fragte Anna. »Bist du sicher, dass du wirklich hierbleiben und nicht mit mir kommen willst?«

Funken sprühten auf. Eine kleine Flamme fraß sich durch trockenes Gehölz, entzündete ein breiteres Holzscheit und erwärmte sofort ihre Haut. Anna rieb sich die Arme und streckte ihre Hände dem Feuer entgegen. Gawin hatte ihr noch nicht geantwortet, und sie suchte seinen Blick. Er sah sie nicht an, steckte geschäftig das Fleisch auf die Spieße und lehnte sie dann an das Gestell, das er am Vortag über der Feuerstelle gebaut hatte. Einen Spieß behielt er in den Händen und drehte ihn mit gleichmäßigen Bewegungen über der Flamme. Auf ihm befand sich eines der Fleischstücke, die er schon gestern vorgegart hatte. So brauchte es nicht lange, bis er es für den Verzehr für gut befand und an Anna weiterreichte.

»Danke.«

Er nickte, nahm dann einen der angelehnten Spieße und prüfte das Fleisch. Mit nur geringem Appetit zupfte er Stücke vom Rand ab und stopfte sie sich in den Mund.

»In welche Stadt willst du gehen?«

»Mal sehen«, wich Anna der Frage aus.

»Einen wie mich wollen sie in der Stadt nicht.« Es gelang ihm nicht, die Traurigkeit dabei aus seiner Stimme zu verbannen.

»Du könntest dir dort Arbeit suchen.«

»Was soll einer wie ich schon arbeiten?«

Anna überlegte. Die Frage war berechtigt. Wenn er schon so lange im Wald wohnte und nie etwas mit den Stadtmenschen zu tun gehabt hatte, war sein Leben nicht nur völlig anders verlaufen als das ihre. Er hatte zudem auch nie irgendeine Art von Tätigkeit erlernt oder ausgeübt. Daran hatte sie bisher nicht gedacht.

»Du kannst gut jagen.«

»Das kann jeder.«

Sie wollte widersprechen, wusste aber nichts Stichhaltiges dagegen einzuwenden.

»Hast du denn nie woanders gelebt? Ich meine, außer hier im Wald?«

Er zögerte und hörte auf zu essen. Stattdessen zupfte er missmutig weitere Fasern von dem gebratenen Stück Fleisch auf seinem Spieß ab. Noch nie hatte er jemandem seine Geschichte erzählt. Manchmal glaubte er ja selbst nicht mehr, dass es ein Leben außerhalb des Waldes für ihn gegeben hatte.

»Ich war auf einem Schiff«, hörte er sich selbst mit rauher Stimme sagen.

»Du bist zur See gefahren? War dein Vater Seefahrer?«

Gawin schüttelte den Kopf. »Er war nicht mein Vater. Nur ein Freund meiner Eltern. Nach ihrem Tod hat er sich um mich gekümmert.«

»Was ist geschehen?«

Gawin schwieg. Statt zu antworten, stopfte er sich wieder Fleisch in den Mund und kaute geräuschvoll. Er wollte ihr nicht erzählen, was passiert war. Was hätte er auch schon groß sagen sollen?

Seine Eltern waren gestorben, noch bevor er sich ihre Gesichter hatte einprägen können. Ein Mann, der ihm erzählte, ihr Gefährte gewesen zu sein, nahm sich seiner an und ließ ihn auf seinem Schiff leben, bis zu jenem Tag, an dem er wegen einer Gaunerei am höchsten Mast aufgeknüpft worden war. Ihn hatte die Besatzung beim nächsten Anlegen an Land abgesetzt und sich selbst überlassen. Das war viele Jahre her, aber er wollte weder jetzt noch irgendwann sonst in seinem Leben wieder darüber sprechen.

Anna sah die Veränderung in seinem Gesicht. Er brauchte nichts weiter zu sagen, sie wusste auch so, dass er nicht darüber reden wollte.

»Du hast mir gestern sehr geholfen«, sagte sie. »Was ist, wenn der Meier dich erwischt?«

»Er weiß ja nicht, dass ich es war. Außerdem hat er mich bisher auch nie bemerkt.«

»Ich will nicht, dass dir etwas geschieht.«

Gawin spürte, wie er errötete. Noch nie hatte ihm jemand etwas so Freundliches gesagt. Sein Herz klopfte schnell in seiner Brust.

»Warum?«, brachte er überrascht hervor.

Anna hob kurz die Schultern. »Ich weiß nicht. Weil du mir geholfen hast.« Sie machte eine kurze Pause. »Wie alt bist du?«

Er überlegte. Nicht weil er abwog, ob er ihr die Wahrheit sagen sollte. Gawin wusste es einfach nicht.

»Vierzehn«, antwortete er. »Nein, warte, eher fünfzehn. Wir haben Frühjahr.«

Seine Antwort ließ Anna erschauern: Er konnte sein eigenes Alter nicht mit Gewissheit benennen. Sie empfand tiefes Mitleid mit ihm. Dieser Junge verkörperte für sie die Einsamkeit. Sie räusperte sich.

»Dann bist du bald ein Mann. Willst du dein Leben etwa damit verbringen, dich in einer feuchten Höhle zu verstecken?«

Gawin zuckte mit den Schultern. Anna wartete noch einen Moment, ob er etwas sagte. Schließlich begann sie ihre Habseligkeiten zusammenzusammeln.

»Ich werde mich jetzt aufmachen. Hab Dank für deine Hilfe.«

»Ich zeige dir den Weg hinaus. Sonst stößt du in der Dunkelheit noch irgendwo an.«

Dicht hinter Gawin kroch Anna aus der Höhle. Der Morgen graute, und nur wenig Licht drang durch das Blätterdach der Bäume auf den Waldboden hinab.

»In welche Richtung willst du?«

Anna zögerte. Sie wollte ihm nicht die ganze Wahrheit sagen. Zu groß war ihre Angst, dass ihr Vater irgendwann hier auftauchen und Gawin nach ihr befragen könnte. Wer wusste schon, wie lange es dauern würde, bis der Junge sie unter Schmerzen verriet? Doch bereits im nächsten Moment schalt sie sich einen Dummkopf. Wie sollte ihr Vater ausgerechnet darauf kommen, in diesem Wald nach ihr zu suchen, und dann auch noch direkt auf Gawin stoßen?

»Du musst es mir nicht sagen«, unterbrach Gawin ihre Gedanken.

»Das ist es nicht«, gab sie schnell zurück. »Ich will an der Weser entlang flussabwärts.«

»Komm! Ich zeig dir den Weg.« Gawin schlug sich vor ihr durch das dichte Gebüsch, hielt die Zweige für sie beiseite und ließ sie hindurchschlüpfen. Es dauerte nicht lang, bis sie eine Lichtung erreichten und er stehen blieb.

»Du musst da runtergehen«, deutete er mit ausgestrecktem Arm nach rechts. »Nach der Lichtung kommst du wieder in ein kleines Waldstück. Die Bäume stehen dort nicht sehr dicht. Halte dich dort linker Hand, dann kommst du bald an eine Weggabelung. Auch hier hältst du dich links. Der Weg führt dich aus dem Wald hinaus.«

Anna folgte mit den Augen seinem Fingerzeig. Sie traute sich nicht, noch einmal zu fragen, ob er sie nicht begleiten wolle. Wahrscheinlich war es ohnehin besser, sich allein durchzuschlagen. So ein ungepflegter, halb verhungerter Kerl wie Gawin würde sie nur aufhalten.

»Es soll ein Kloster in Rehburg-Loccum geben. Kennst du es?«

Gawin runzelte die Stirn. »Hast du nicht gesagt, dass du in eine Stadt willst?«

»Ich will ein paar Tage im Kloster unterkommen, um dort zu rasten und mir neue Kleider zu nähen.«

»Und du glaubst, die Ordensschwestern geben dir einfach so Stoff für ein Kleid, nur weil du darum bittest?«

Anna zuckte mit den Schultern. Sie würde ihm unter keinen Umständen verraten, dass sie genug Geld dabeihatte, um den Schwestern ganze Stoffballen abzukaufen.

»Na, versuchen kannst du es ja«, räumte Gawin ein und deutete erneut über die Lichtung. »Ich kenne das Kloster. Es ist derselbe Weg. Aber da wirst du kein Glück haben.«

»Weshalb nicht?«

»Es ist ein Mönchskloster. Die werden einer einzelnen Frau keinen Zutritt gewähren und erst recht nicht mit ihr unter einem Dach leben.«

Anna überlegte. Auf den Gedanken, dass in dem Zisterzienser-Kloster, von dem sie schon das eine oder andere Mal in der Schänke gehört hatte, keine Ordensschwestern,...
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Autor

Caren Benedikt, geboren 1971, wuchs in einer norddeutschen Kleinstadt auf. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten und arbeitete danach als freie Journalistin. Heute lebt sie gemeinsam mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in einem kleinen Ort bei Bremen. Weitere Informationen unter caren-benedikt.de