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Das unendliche Blau

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Droemer Knaurerschienen am28.08.20131. Auflage
Das Leben ist Jetzt Kurz vor ihrem 50. Geburtstag erfährt Martha, dass sie Krebs hat, im Endstadium. Die Journalistin entscheidet sich gegen jede Art von Therapie und geht statt dessen nach Bologna. Sie verlässt ihre Tochter, ihre Freunde, ihren Vater - Jetzt, da ihr Leben mit einem Ablaufdatum versehen ist, tut sie endlich, was sie immer gewollt und sich immer versagt hat. Ohne festen Plan, nur mit ein paar Träumen im Gepäck macht sie sich auf - und findet in Italien nicht nur Antworten auf Fragen, die sie sich bis dahin nie gestellt hat. Sie findet das Lachen, die Leidenschaft, die lange vermisste Lebensfreude - und die große Liebe. Sie trifft Michele, und gerade weil sie weiß, dass ihr nur noch ein paar Wochen bleiben, lässt sie alles zu und nichts aus. Mit ihm feiert sie den Augenblick. 'Ich will uns, solange es uns noch gibt. Jeden Moment will ich mit dir leben', sagt sie fast trotzig, wissend, dass alles andere Verschwendung von Zeit wäre, die sie nicht mehr hat. Sie zieht die Sicherheitsnetze ein, die sie jahrzehntelang sorgfältig gespannt hat, lässt den freien Flug zu und erlebt so, dass genau das ihr den Hauptgewinn beschert.

Annette Hohberg wurde 1960 in Schleswig-Holstein geboren. Sie verließ den Norden nach der Schule Richtung München. Dort studierte sie Linguistik, Literaturwissenschaften und Soziologie und begann danach als Journalistin zu arbeiten. In der Zeit besuchte sie viele Male die indonesische Insel Bali. Ihre erste Reise fand Ende der 80er-Jahre statt. In den nachfolgenden Jahrzehnten war sie immer wieder für einige Wochen dort, knüpfte Freundschaften und schrieb mit einer balinesischen Köchin ein Kochbuch. Die Insel und ihre Bewohner, ihre Traditionen und Bräuche haben tiefe Spuren in ihr hinterlassen. Die Idee, einen Roman auf der Insel der Götter zu verorten, war da nur folgerichtig. Es ist auch eine Liebeserklärung an einen Ort, in dem sie so etwas wie eine zweite Heimat gefunden hat. Annette Hohberg ist gut dreißig Jahre später wieder in ihre erste Heimat, nach Schleswig-Holstein gezogen. Sie lebt jetzt auf einem Gutshof an der Ostsee.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDas Leben ist Jetzt Kurz vor ihrem 50. Geburtstag erfährt Martha, dass sie Krebs hat, im Endstadium. Die Journalistin entscheidet sich gegen jede Art von Therapie und geht statt dessen nach Bologna. Sie verlässt ihre Tochter, ihre Freunde, ihren Vater - Jetzt, da ihr Leben mit einem Ablaufdatum versehen ist, tut sie endlich, was sie immer gewollt und sich immer versagt hat. Ohne festen Plan, nur mit ein paar Träumen im Gepäck macht sie sich auf - und findet in Italien nicht nur Antworten auf Fragen, die sie sich bis dahin nie gestellt hat. Sie findet das Lachen, die Leidenschaft, die lange vermisste Lebensfreude - und die große Liebe. Sie trifft Michele, und gerade weil sie weiß, dass ihr nur noch ein paar Wochen bleiben, lässt sie alles zu und nichts aus. Mit ihm feiert sie den Augenblick. 'Ich will uns, solange es uns noch gibt. Jeden Moment will ich mit dir leben', sagt sie fast trotzig, wissend, dass alles andere Verschwendung von Zeit wäre, die sie nicht mehr hat. Sie zieht die Sicherheitsnetze ein, die sie jahrzehntelang sorgfältig gespannt hat, lässt den freien Flug zu und erlebt so, dass genau das ihr den Hauptgewinn beschert.

Annette Hohberg wurde 1960 in Schleswig-Holstein geboren. Sie verließ den Norden nach der Schule Richtung München. Dort studierte sie Linguistik, Literaturwissenschaften und Soziologie und begann danach als Journalistin zu arbeiten. In der Zeit besuchte sie viele Male die indonesische Insel Bali. Ihre erste Reise fand Ende der 80er-Jahre statt. In den nachfolgenden Jahrzehnten war sie immer wieder für einige Wochen dort, knüpfte Freundschaften und schrieb mit einer balinesischen Köchin ein Kochbuch. Die Insel und ihre Bewohner, ihre Traditionen und Bräuche haben tiefe Spuren in ihr hinterlassen. Die Idee, einen Roman auf der Insel der Götter zu verorten, war da nur folgerichtig. Es ist auch eine Liebeserklärung an einen Ort, in dem sie so etwas wie eine zweite Heimat gefunden hat. Annette Hohberg ist gut dreißig Jahre später wieder in ihre erste Heimat, nach Schleswig-Holstein gezogen. Sie lebt jetzt auf einem Gutshof an der Ostsee.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426420645
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum28.08.2013
Auflage1. Auflage
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse761 Kbytes
Artikel-Nr.1288453
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1


Es ist wohl dieser Satz gewesen. Dieser eine Satz. Gedankenlos hingeworfen, wie man das mit Sätzen manchmal so macht, nur um irgendwas zu sagen. Eine alte Freundin ihrer Mutter ist es, die ihn ein wenig betrunken auf den Tisch knallt: »Carpe diem ist eine Einstellung, die sich heute niemand mehr leisten kann.«

Dort liegt er dann, der Satz, zwischen Brotkrümeln und Rotweinflecken und Salzstreuern, zunächst unbemerkt, bis ihre Mutter ihn mit einem »Wie meinst du das?« vorsichtig aufliest.

Sie beherrscht das gut, dieses leicht lauernde Nachfragen, das Antworten verlangt, Ausflüchte nicht zulässt. Damit hat sie ihren Mann vor Jahren in die Kapitulation getrieben; sie wollte zu viel wissen von ihm, und sie bekam, was sie wissen wollte. Heute, an ihrem fünfzigsten Geburtstag, hat er einen Blumenstrauß geschickt und eine Karte, auf der er ihr viel Glück wünscht. Ihre Mutter hat die Blumen wortlos in einen kleinen Eimer in der Küche gestellt und neben der Spüle stehen lassen. Es sind rote Rosen, die einen merkwürdigen Kontrast zu dem schmutzigen Geschirr bilden, das sich dort im Laufe des Abends angesammelt hat.

Lina hat sich vorgenommen, mit ihrem Vater zu reden. Man darf seine Frau nicht nach Strich und Faden betrügen und ihr elf Jahre später rote Rosen schicken.

Und nun sitzt ihre Mutter da, hält ihre eben gestellte Frage in der Hand wie etwas, das leicht zu Bruch gehen kann. Eine Frage wie hauchdünnes Glas. »Was meinst du damit?«

Das leise Vibrieren in ihrer Stimme löst etwas aus, das man sonst nur aus Konzertsälen kennt - ein Abebben der Gespräche, sobald der Dirigent den Taktstock hebt, hier und da noch ein Räuspern, ansonsten pure Aufmerksamkeit.

Die Menschen am Tisch sehen zu ihrer Mutter. Viele Freunde aus fünf Jahrzehnten, einige Kollegen aus Redaktionen, wenige Verwandte.

»Ach, ich meine ja nur ... Wer kann denn schon tun, was ihm gefällt?«, versucht die Freundin abzuwiegeln. Es liegt Wohlwollen in der Art, wie sie das sagt. Dieser versöhnliche Schulterschluss-Tonfall, in den Betrunkene gern mal überwechseln und die Konsonanten dabei nicht mehr ganz zu fassen bekommen.

»Wir sind doch alle nur Feiglinge ...«, entgegnet ihre Mutter, und die sechs Worte sind scharf wie hauchfeine Klingen, die bei der kleinsten Berührung Verletzungen hinterlassen.

»Martha, bitte, was ist in dich gefahren?«

»... kleingeistige, ängstliche, verklemmte Feiglinge, stets darauf bedacht, nicht von der Spur abzukommen. Immer schön vollkaskoversichert gegen das Leben.«

»Was wird das hier?«, mischt sich ein Kollege ihrer Mutter ein. »Klassischer Fall von Midlife-Krise, würde ich sagen ...« Er lacht. Ein kurzes, verlegenes Lachen, das sich nicht ganz aus der Deckung traut.

»Carpe diem ist immer eine Option«, schneidet Martha ihm das Wort ab. »Wer aufhört, daran zu glauben, kann sich gleich einen Sarg bestellen.«

Die Freundin beugt sich vor, als wollte sie Martha damit näher kommen, eine Brücke bauen. »Aber es gibt Pflichten. Es gibt Verantwortung. Es gibt ...«

»Und das erzählst du mir?«, unterbricht Martha sie. »Mir, die Lina allein durch Pubertät, Abi und Studium gebracht hat? Die jedes Wochenende im Pflegeheim verbringt, um Papa den Hintern abzuwischen? Die sich im Job vierteilt, um wenigstens die laufenden Kosten begleichen zu können? Mir erzählst du was von Verantwortung?«

Lina sieht ihre Mutter fassungslos an. Ihre Mutter, die es nicht leiden kann, wenn jemand die Beherrschung verliert. Ihre Mutter, die lieber die Tür hinter sich schließt, statt ein Wort zu viel zu sagen. Ihre Mutter, die selbst bei der Scheidung das bewahrte, was ihr alle hoch angerechnet hatten: Contenance.

Lina spürt, wie ihre eigene Verwirrung auch die anderen am Tisch erfasst, ein unbekanntes Virus, das sich sekundenschnell ausbreitet und gegen das keiner hier so schnell ein Gegenmittel parat hat.

Sie greift nach der Hand ihrer Mutter, drückt die vertrauten dünnen Finger.

Martha sieht auf, als hätte jemand sie wachgerüttelt. Streicht sich mit der freien Hand das Haar aus dem Gesicht. Dunkelblondes schulterlanges Haar, ohne Spuren von Grau. Wie ein junges Mädchen wirke sie, hat vorhin einer der Gäste gesagt. Sie trägt ein schwarzes Kleid heute, eines mit Stickereien am Ausschnitt. Dazu etwas Silberschmuck. Die Uhr ist ein altes Geschenk ihres Mannes. Eine Art vorwegnehmender Wiedergutmachungsversuch vor fünfzehn Jahren, als die Ehe noch keine Brüche, sondern gerade mal feine Sprünge gezeigt hatte. Martha hat nie aufgehört, die Uhr anzulegen; in solchen Dingen ist sie pragmatisch.

Jetzt wirft sie ihren graublauen Blick der Tochter zu, lässt ihn dort für Momente nach Ankerpunkten suchen, während ihre Hand noch immer in Linas liegt, zart und ein wenig kälter als sonst.

»Entschuldigt, bitte«, flüstert sie.

Als sie die Finger löst, zuckt sie kaum merklich mit den Schultern. »Entschuldigt«, sagt sie noch einmal, etwas lauter diesmal.

Und dann steht sie vom Tisch auf wie in Zeitlupe. Sie geht Richtung Tür. Ihr »Bin gleich wieder da« nimmt sie mit.

Das Letzte, was Lina von ihrer Mutter sieht, ist die wippende Bewegung des schwarzen Kleides.

 

Marthas Kollege, der mit der Bemerkung über die Midlife-Krise, fragt nach einer guten halben Stunde als Erster, wo die Gastgeberin eigentlich sei.

Da zuckt Lina noch mit den Schultern und setzt ihr Gespräch mit einem alten Freund ihrer Mutter fort. Ein Gespräch über ihr Studium. Sie hat vor, hier auszuziehen und für ein Jahr ins Ausland zu gehen. Paris oder Rom oder Barcelona, so genau weiß sie das noch nicht. Sie weiß nur, dass sie wegwill. Weg aus dem Elternhaus, das als Nest ausgedient hat. Sie lebt ganz gern mit ihrer Mutter. Sie haben eine Art Nichtangriffspakt geschlossen, die großen Schlachten sind geschlagen, jetzt regiert auf beiden Seiten freundliche Nachsicht. Und trotzdem weiß Lina, dass es Zeit wird. Zeit, ihre Sachen zu packen.

Als sie kurz darauf aufsteht und in die Küche geht, sehen die Rosen ihres Vaters sie an. Es sind teure Rosen, solche, die nicht auf einen Fingerdruck hin nachgeben. Er ist schon immer großzügig gewesen in diesen Dingen; manchmal hat ihre Mutter ihn verschwenderisch genannt, nicht ohne dabei zu lächeln. Es ist ein verstecktes Lächeln gewesen, eines, von dem Lina ahnt, dass Martha Männer damit um den Verstand bringen kann. Aber sie hat nie viel Gebrauch davon gemacht. Sie hat ihren Job als Journalistin erledigt und ist auf Pressereisen früh zu Bett gegangen. Sie hat sich um Lina gekümmert. Und um ihren alten Vater, der jetzt in einem Heim lebt und weder Tochter noch Enkelin mehr erkennt.

Martha hat all das nahezu klaglos getan; nur hin und wieder hat Lina sie spätabends mit einem Glas Rotwein auf dem Sofa sitzen sehen, und sie hat gewusst, dass es nicht das erste Glas gewesen ist. In diesen Momenten hat ihre Mutter sie hineinsehen lassen in den Raum, den sie sonst so sorgsam hinter dicken Läden verschließt. Sie macht nicht viel Aufhebens um sich; manchmal glaubt Lina, sie ist deswegen eine so gute Journalistin. Eine, die für ihre Porträts und Interviews und Reportagen viel Anerkennung bekommen hat. Eine, der man gern Aufträge gibt. Einen Röntgenblick besitze sie, behaupten manche, und trotzdem bringt sie den Menschen Empathie entgegen. Keiner kann sich dem entziehen.

 

»Mami?«, ruft Lina in den Flur hinein.

Die Wände, an denen Fotos aus fünf Jahrzehnten hängen, werfen die Frage zurück.

Sie läuft die Treppe hinauf, dort, wo die Schlafzimmer und das Büro ihrer Mutter liegen. Die Türen stehen offen. Lina blickt auf ordentlich gemachte Betten und auf einen weniger ordentlichen Schreibtisch.

»Mami?« Ihre Stimme hat nun einen alarmierten Unterton.

Sie klopft an die Badezimmertür und öffnet sie, als sie keine Antwort bekommt. Sieht auf Zahnputzgläser, Cremetöpfe, Haarbürsten, spärlich beleuchtet von der Straßenlaterne vor dem Fenster.

Lina setzt sich auf den Badewannenrand, spürt den Rotwein, den sie getrunken hat. Und sie spürt noch etwas. Ein Gefühl, das sich in ihren Eingeweiden formiert wie eine zu allem entschlossene Armee. Angst. Sie kann diese Angst nicht mehr in ihre Schranken weisen; binnen Sekunden wird jeder Winkel ihres Körpers davon besetzt.

 

Sie weiß nicht, wie lange sie dort sitzt, weil Sekunden und Minuten in diesem nächtlichen Badezimmer die Konturen verlieren. Sie weiß nur, dass sie irgendwann nach ihrem Handy sucht. Sie wählt die Nummer ihrer Mutter. Und dann hört sie den vertrauten Klingelton. Er kommt von nebenan, aus Marthas dunklem Schlafzimmer. Ihre Mutter geht nie ohne ihr Handy irgendwohin. Niemals.

Als Lina in die Garage läuft, um nach dem Auto zu sehen, ahnt sie bereits, was sie erwartet: Der alte Lancia ist verschwunden.

Ihr Blick irrt umher, findet schließlich das Schlauchboot, mit dem sie und ihre Eltern früher auf dem Plöner See herumgepaddelt waren. Irgendjemand hat es vor Jahren dort an die Wand gehängt, und seitdem hat sich keiner mehr darum gekümmert. Ein Stück aus einem Leben, dem die Luft ausgegangen ist, ohne dass es einer bemerkt hat.

Was sag ich jetzt den Gästen?, fährt es Lina durch den Kopf. Und im nächsten Moment entschließt sie sich zur Lüge. Sie wird erklären, ihrer Mutter sei nicht wohl gewesen, sie habe sich hingelegt. Sie wird um Entschuldigung bitten und sich von allen verabschieden, als sei nichts geschehen.

 

Es ist einfacher als erwartet. Einige reagieren verwundert, andere besorgt, doch niemand hakt weiter nach. Die meisten greifen nach Jacke, Autoschlüssel, Handy, bedanken sich und...
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Annette Hohberg wurde 1960 in Schleswig-Holstein geboren. Sie verließ den Norden nach der Schule Richtung München. Dort studierte sie Linguistik, Literaturwissenschaften und Soziologie und begann danach als Journalistin zu arbeiten. In der Zeit besuchte sie viele Male die indonesische Insel Bali. Ihre erste Reise fand Ende der 80er-Jahre statt. In den nachfolgenden Jahrzehnten war sie immer wieder für einige Wochen dort, knüpfte Freundschaften und schrieb mit einer balinesischen Köchin ein Kochbuch. Die Insel und ihre Bewohner, ihre Traditionen und Bräuche haben tiefe Spuren in ihr hinterlassen. Die Idee, einen Roman auf der Insel der Götter zu verorten, war da nur folgerichtig. Es ist auch eine Liebeserklärung an einen Ort, in dem sie so etwas wie eine zweite Heimat gefunden hat. Annette Hohberg ist gut dreißig Jahre später wieder in ihre erste Heimat, nach Schleswig-Holstein gezogen. Sie lebt jetzt auf einem Gutshof an der Ostsee.