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Dann mach ich eben Schluss

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am23.09.2013
Zerbrecht nicht, was mich hält!
Und was, wenn Max einfach einen Schlussstrich ziehen wollte? Es allen zeigen: seinem Manager-Vater, der ihn nur nach Leistung beurteilte. Seiner unterkühlten Freundin Annika, die ihn ständig umkrempeln wollte. Seinem besten Freund Paul, der gleichzeitig sein stärkster Konkurrent war. Seinem Lehrer, der nur in Noten denkt. Seiner großen Liebe Delia, die ihn verlassen hat. Einfach abhauen. Ruhe haben. Ist es das, was Max wollte, als er sein Auto gegen den Baum steuerte? Oder stand er einfach unter Schock, weil er etwas herausgefunden hatte, das ihm den Boden wegzog? Max hat Freunde und Familie in Trauer gelähmt zurückgelassen. Stückchen für Stückchen müssen sie das Bild seines Lebens zusammensetzen, um die Antwort zu finden. Und jeder hat ein Puzzleteil Schuld hinzuzufügen ...

Christine Fehér wurde 1965 in Berlin geboren. Neben ihrer Arbeit als Lehrerin schreibt sie seit Jahren erfolgreich Kinder- und Jugendbücher und hat sich einen Namen als Autorin besonders authentischer Themenbücher gemacht. Für ihr Jugendbuch »Dann mach ich eben Schluss« wurde sie 2014 mit dem Buxtehuder Bullen ausgezeichnet.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR8,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextZerbrecht nicht, was mich hält!
Und was, wenn Max einfach einen Schlussstrich ziehen wollte? Es allen zeigen: seinem Manager-Vater, der ihn nur nach Leistung beurteilte. Seiner unterkühlten Freundin Annika, die ihn ständig umkrempeln wollte. Seinem besten Freund Paul, der gleichzeitig sein stärkster Konkurrent war. Seinem Lehrer, der nur in Noten denkt. Seiner großen Liebe Delia, die ihn verlassen hat. Einfach abhauen. Ruhe haben. Ist es das, was Max wollte, als er sein Auto gegen den Baum steuerte? Oder stand er einfach unter Schock, weil er etwas herausgefunden hatte, das ihm den Boden wegzog? Max hat Freunde und Familie in Trauer gelähmt zurückgelassen. Stückchen für Stückchen müssen sie das Bild seines Lebens zusammensetzen, um die Antwort zu finden. Und jeder hat ein Puzzleteil Schuld hinzuzufügen ...

Christine Fehér wurde 1965 in Berlin geboren. Neben ihrer Arbeit als Lehrerin schreibt sie seit Jahren erfolgreich Kinder- und Jugendbücher und hat sich einen Namen als Autorin besonders authentischer Themenbücher gemacht. Für ihr Jugendbuch »Dann mach ich eben Schluss« wurde sie 2014 mit dem Buxtehuder Bullen ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641087531
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum23.09.2013
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2206 Kbytes
Artikel-Nr.1288705
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Natalie Rothe, 16 Jahre, Maximilians Schwester

1.

Es ist eng zu dritt in Maximilians Zimmer, zu eng. Natalie ist froh, als es an der Tür klingelt und ihre Mutter sie bittet, hinzugehen, während sie selbst sich auf Max´ Bett setzt und mit der Hand über die Stirn reibt. Es ist so schwer, für alle, so schwer und wird nicht leichter, egal wie viel Zeit vergeht. Erst ein paar Wochen sind seit Max´ Tod vergangen. Der Vater hat eine leere Umzugskiste in die Mitte des Raumes gestellt und öffnet Max´ Kleiderschrank, irgendwann müssen sie anfangen, es hilft nichts, weiter so zu tun, als käme der Sohn jeden Moment zur Tür herein. Seine Frau hatte gesagt, es sei ihr noch zu früh.

Natalie geht durch den Flur zur Wohnungstür, drückt auf den Summer und lauscht, ob von unten jemand die Treppe hoch kommt oder nur Reklame in die Briefkästen im Eingangsbereich verteilt wird.

Es kommt jemand, junge Schritte, die glatt von Max stammen könnten. Aber Max kommt nicht, Max kommt nie mehr nach oben, nie mehr nach Hause, und bei diesem Gedanken schießen sofort wieder Tränen in Natalies Augen wie seit seinem Tod immer wieder. Ihr Blick fällt in den Spiegel an der Flurgarderobe, ich sehe aus wie ausgespuckt, denkt sie, die Augen erloschen; meine und Mamas sind mit denen von Max gleich mit erloschen. Es ist so schlimm, so schlimm. Es gibt keine Worte dafür und keine Gedanken, nur Fetzen davon, die immer wieder von selbst in einem zähen Brei kreisen, den sie kaum umrühren kann, sie kommt nicht weiter, es kommen immer nur Tränen. Aber jetzt nähern sich die Schritte auf der Treppe, sind auf der Etage angekommen, Max´ bester Freund Paul kann es auch nicht sein, der liegt noch im Krankenhaus. Natalie linst durch den Türspion, wer ist denn das, sie kennt den Typen nicht, es ist keiner aus der Schule, sie tupft sich mit ihrem zerknüllten Papiertaschentuch über die Augen, seit Max´ Tod hat sie immer eines in der Hosentasche, ihre Lider fühlen sich entzündet an, sie kann es nicht ändern. Der Fremde zieht den Messingring hoch, der die Klingel an der Wohnungstür auslöst, Natalie öffnet, sieht ihn fragend an, spricht keinen Gruß aus. Erst mal soll er sich erklären.

»Hi«, beginnt er, Natalie sieht, dass ein entschlossener Ausdruck in seinem Gesicht einem erschrockenen, verlegenen weicht, unwillkürlich tritt er einen halben Schritt zurück. »Ich wollte eigentlich meine Sachen abholen, die ich ersteigert habe. Vielleicht passt es gerade nicht, aber so langsam will ich die jetzt mal haben. Bezahlt habe ich sie schließlich gleich. Vor über drei Wochen.«

»Was für Sachen?« Natalie verzieht das Gesicht. »Ich hab dich noch nie gesehen, und bei uns versteigert auch niemand was. Klingel mal bei den Nachbarn, vielleicht wissen die mehr.« Schon will sie die Tür schließen und ihn stehen lassen, doch der junge Mann reagiert schnell und setzt seinen Fuß auf die Schwelle.

»Ich bin hier richtig«, beteuert er und zieht ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus seiner Jackentasche, faltet es auseinander und zeigt es ihr. »Das hier ist der Ausdruck von der Auktion. Mal- und Zeichenutensilien wegen Hobbyaufgabe zu versteigern, ich war Höchstbietender mit 37,36 Euro. Das Geld habe ich sofort online überwiesen; wenn du willst, zeige ich dir auch den Kontoauszug.«

Natalie reißt ihm den Ausdruck aus der Hand, starrt darauf. Starrt auf das Foto, sieht Maximilians Ölkreidestifte, seine Acryl- und Aquarellfarben, die Radiergummis und Bleistifte, seine Blöcke in verschiedenen Größen, zwei kleinere Leinwände auf Keilrahmen. Alle Sachen liegen unverkennbar auf seinem Schreibtisch, und ganz unten steht es auch: Verkäufer Maximilian Rothe, Bamberger Straße 10.

»Max hat seine Malsachen verkauft?«, fragt sie trotzdem, mehr sich selbst als ihn. »Sorry, das wusste ich nicht.« Sie schüttelt den Kopf, starrt noch einmal auf das Blatt, dann geht ein Ruck durch ihren Körper, sie blickt wieder auf und gibt es ihm zurück.

»Und es geht auch gar nicht«, sagt sie. »Tut mir echt leid, aber ... du kannst die Sachen nicht haben.«

»Wieso nicht?« Der Käufer hat noch immer seinen Fuß in der Tür. »Sie gehören mir, und da dieser Maximilian weder das Paket losgeschickt noch auf E-Mails reagiert, geschweige denn mir das Geld zurücküberwiesen hat, wollte ich die Sachen jetzt abholen. Er kann froh sein, dass ich den Fall nicht im Portal gemeldet habe. Noch nicht.«

»Trotzdem rücke ich sie nicht einfach raus. Geh doch in einen Laden für Künstlerbedarf und hol dir was Neues, wenn du so dringend was brauchst. Max ist tot, er kann dir die Sachen nicht geben.«

»Tot?« Der junge Mann reißt die Augen auf. »Ach so, deshalb ... das konnte ich nicht ahnen, das tut mir leid, also ... dann ist es klar, dass er nicht antworten kann, wenn er ... nein, das klingt zu makaber. Entschuldige, dagegen ist diese blöde Auktion natürlich völlig unwichtig, auch das mit dem Geld, also Schwamm drüber, so viel war es ja nicht, du hast jetzt ganz andere Sorgen, aber das wusste ich nicht, ehrlich, ich geh dann mal jetzt.«

Natalie nickt.

»Wer ist denn da an der Tür?«, ruft ihre Mutter aus Max´ Zimmer, und Natalie denkt, dass sie jetzt bloß nicht herkommen soll und noch weniger ihr Vater, keiner von beiden, sie würden den jungen Mann sofort wegschicken, der Vater mit harten, unfreundlichen Worten, die Mutter überfordert, und Natalie will auch nicht mehr zu ihnen in Max´ Zimmer, das eilt doch alles nicht, sie erträgt die Enge darin nicht und auch nicht, wie Stück für Stück von Max´ Sachen abgebaut werden, in Kartons verpackt, in Säcke für die Altkleidersammlung gelegt, oder willst du damit mal zum Flohmarkt gehen, Natalie, du kaufst doch selber manchmal da, auch wenn du das weiß Gott nicht nötig hättest. Nein, will sie nicht.

»Ist für mich«, ruft sie in die Wohnung und hofft, dass ihre Mutter es damit gut sein lässt , nicht weiter drängt und dass auch ihr Vater nicht auf irgendwelchen Prinzipien beharrt, von wegen es sei Trauer im Haus und jeglicher Besuch von Natalies jungen Leuten unangemessen.

Der junge Mann begreift, nimmt seinen Fuß von der Schwelle, bleibt aber stehen. Natalie betrachtet ihn, weiß plötzlich nicht mehr, was sie sagen soll, aber eigentlich wirkt er nicht unsympathisch, er muss nicht sofort gehen, so war das nicht gemeint. Sie stellt fest, dass er einen offenen, freundlichen Blick hat mit seinen hellen Augen, die blau sind oder grau, seine langen Haare hat er in der Mitte gescheitelt, nicht mit dem Kamm sondern nur irgendwie, auch nicht besonders gründlich gebürstet, hinten hat er sie zu einem Zopf gebunden. Seine Lederjacke, die irgendwann vielleicht mal cognacbraun gewesen ist, stammt sicher auch vom Flohmarkt, dazu trägt er eine rostrote Baumwollhose und beigefarbene Sneakers, ein verwaschenes Shirt. Kein übler Typ, wirklich nicht. Kein gelackter Affe wie Paul.

»Bist du Max´ Freundin?«, fragt er leise, und auf einmal begreift Natalie, dass er zu einer neuen Zeit in ihrem Leben gehört, der Zeit nach Max´ Tod, er kennt ihn nicht und wird ihn nie kennenlernen, er ist erst danach aufgetaucht, steht plötzlich hier vor der Tür und hat keine Ahnung, keine Ahnung von Max und was Natalie gerade durchmacht.

»Seine Schwester«, erläutert sie knapp und deutet auf die Halskrause, die sie seit dem Unfall tragen muss. »Ich hab überlebt, sogar nur leicht verletzt, aber er ...« Sie spürt wieder die aufsteigenden Tränen, nicht jetzt, nicht jetzt. Sie atmet tief durch. Vielleicht ist es gut, mit ihm zu reden, rauszugehen und einfach diesem Fremden alles zu erzählen. Die kreisenden Fragen, den zähen Brei, der aber allein durch den Grund seines Kommens schon ein wenig flüssiger geworden ist. Dann war es doch Selbstmord. Wenn Max vorher seine Malsachen ins Netz gestellt hat, war es Selbstmord. Sonst hätte er das nie gemacht, nie.

»Wenn du jetzt lieber allein sein willst ...«, sagt er und wendet sich schon zum Gehen, aber Natalie hält ihn am Jackenärmel fest.

»Nein«, flüstert sie, räuspert sich und strafft ihren Körper, versucht sich zu fangen. »Vielleicht gebe ich dir die Sachen doch mit. Aber erst will ich wissen, zum wem sie kommen. Ob Max das gewollt hätte, dass sie bei dir landen. Wenn ich kein gutes Gefühl habe, kannst du es vergessen, das sag ich dir gleich. Wir können ein bisschen rausgehen, wenn du noch Zeit hast.« Sie langt hinter sich an die Garderobe und tastet nach ihrer Jacke, aus Leder wie seine, nur schwarz statt hellbraun, schwarz wie alles, was sie trägt, immer schon, die Trauer um Max macht da keinen Unterschied. Dann will sie nach draußen treten und die Tür hinter sich zu ziehen, doch jetzt ist er es, der sie aufhält.

»Sag deinen Eltern Bescheid, dass du weggehst.«

Natalie blickt ihn verwundert an, tut aber, was er sagt. Ihre Eltern nicken nur, müde und willenlos, keiner von beiden hat inzwischen irgendetwas in die Kisten gepackt.

Rausgehen. Zum ersten Mal reden. Draußen sein mit jemandem, den es bisher noch nicht gab. Natalie riecht die warme Erde und spürt die Julisonne auf ihrer Stirn und ihren Wangen, als sie auf die Straße tritt. Man kann sich nicht ewig einigeln, sie ist sowieso nicht der Typ dafür. Es muss ja weitergehen, Max würde sich klammern an den Gedanken, dass wenigstens sie weitermacht. Sich jetzt nicht fallen lässt.

Wie von selbst und in stummer Übereinstimmung steuern sie den Weg zum Park an. Irgendwo dahinter beginnt der Friedhof.

»Ich bin übrigens Jonathan«, sagt er. »Erzähl einfach mal. Falls du die Malsachen doch noch rausrückst ... dann weiß ich wenigstens, wer das war, dem sie gehört...


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Autor

Christine Fehér wurde 1965 in Berlin geboren. Neben ihrer Arbeit als Lehrerin schreibt sie seit Jahren erfolgreich Kinder- und Jugendbücher und hat sich einen Namen als Autorin besonders authentischer Themenbücher gemacht. Für ihr Jugendbuch »Dann mach ich eben Schluss« wurde sie 2014 mit dem Buxtehuder Bullen ausgezeichnet.