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Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Droemer Knaurerschienen am27.11.20131. Auflage
Von Schakkeline, Dewid und Tschastin - Erfahrungen und wahre Geschichten aus dem Alltag einer Familien-Psychologin Sophie Seeberg kriegt es hautnah mit, das Leben, denn die Psychologin begutachtet Familien fürs Gericht. An manchen Tagen macht sie dabei schockierende und zutiefst traurige Erfahrungen, dann wieder erlebt sie Anrührendes, und immer wieder stößt sie auf Geschichten, die spätestens nach Feierabend ihren ganz eigenen skurrilen Humor offenbaren: Wenn zum Beispiel der Vater nicht zum Termin erscheint, weil er betrunken auf der Straße eingeschlafen ist - neben dem Bollerwagen voller Diebesgut. Oder wenn eine Messie-Mutter bei der Wohnungs-Inspizierung den Keller ganz vergessen hat, wo der Rest der Familie auf dem ganzen Müll hockt und wartet, bis die blöde Psychologin wieder weg ist. Mit viel Fingerspitzengefühl und einem unnachahmlichen Sinn für Humor berichtet Sophie Seeberg vom alltäglichen Wahnsinn, den der Job als Familien-Psychologin mit sich bringt. Ein authentischer Einblick in einen nicht ganz einfachen Job, bei dem das Kindeswohl an erster Stelle steht - und der bei aller Tragik eben auch immer wieder urkomische Geschichten zu bieten hat.

Sophie Seeberg ist Diplom-Psychologin und arbeitet seit fast zwanzig Jahren als Sachverständige für Familiengerichte. Ihre Aufgabe ist es, Gutachten für das Gericht zu erstellen, regelmäßig arbeitet sie dabei auch eng mit dem Jugendamt zusammen. Von ihren skurrilsten und außergewöhnlichsten Fällen berichtet sie in diesem Buch.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextVon Schakkeline, Dewid und Tschastin - Erfahrungen und wahre Geschichten aus dem Alltag einer Familien-Psychologin Sophie Seeberg kriegt es hautnah mit, das Leben, denn die Psychologin begutachtet Familien fürs Gericht. An manchen Tagen macht sie dabei schockierende und zutiefst traurige Erfahrungen, dann wieder erlebt sie Anrührendes, und immer wieder stößt sie auf Geschichten, die spätestens nach Feierabend ihren ganz eigenen skurrilen Humor offenbaren: Wenn zum Beispiel der Vater nicht zum Termin erscheint, weil er betrunken auf der Straße eingeschlafen ist - neben dem Bollerwagen voller Diebesgut. Oder wenn eine Messie-Mutter bei der Wohnungs-Inspizierung den Keller ganz vergessen hat, wo der Rest der Familie auf dem ganzen Müll hockt und wartet, bis die blöde Psychologin wieder weg ist. Mit viel Fingerspitzengefühl und einem unnachahmlichen Sinn für Humor berichtet Sophie Seeberg vom alltäglichen Wahnsinn, den der Job als Familien-Psychologin mit sich bringt. Ein authentischer Einblick in einen nicht ganz einfachen Job, bei dem das Kindeswohl an erster Stelle steht - und der bei aller Tragik eben auch immer wieder urkomische Geschichten zu bieten hat.

Sophie Seeberg ist Diplom-Psychologin und arbeitet seit fast zwanzig Jahren als Sachverständige für Familiengerichte. Ihre Aufgabe ist es, Gutachten für das Gericht zu erstellen, regelmäßig arbeitet sie dabei auch eng mit dem Jugendamt zusammen. Von ihren skurrilsten und außergewöhnlichsten Fällen berichtet sie in diesem Buch.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426421338
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum27.11.2013
Auflage1. Auflage
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse821 Kbytes
Artikel-Nr.1291576
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey!


Es roch nach Schweiß, Zigarettenqualm, Frittierfett und nassem Hund. Mal wieder.

Dieser Geruch fällt mir bei so vielen Leuten, zu denen ich als Gutachterin komme, auf. Manchmal mit mehr Zigarettenqualm, manchmal variiert durch Windel- und Erbrochenemaroma, falls kleine Kinder und/oder schwerste Alkoholiker im Haushalt leben. Aber irgendwie ist er doch immer ähnlich. Warum frittieren diese Leute alle ihr Essen? Ist das billiger? Geht das schneller? Oder handelt es sich um eine Familientradition? Jemand sollte diesen Zusammenhang einmal erforschen.

 

Es ging diesmal um eine Mutter und ihre siebenjährige Tochter, Schakkeline. Ja, genau. Schakkeline. Wird genauso geschrieben. Und gesprochen. Ja, auch geschrieben. Mit sch, zwei k und allem Drum und Dran: Schakkeline.

Wie in einer schlechten RTL II-Frauentausch-Parodie.

Ihr sechs Jahre älterer Bruder, Dewid, lebte bei seinen Großeltern väterlicherseits im Harz. Dewid ... Wenn man es laut liest, weiß man, welcher Name sich eigentlich dahinter verbirgt. Und auch dieser wurde genau so geschrieben, wie ihn seine Eltern aussprachen: Dewid. Tatsache.

Wahrscheinlich hieß der zuständige Standesbeamte Üffes und hatte im Laufe der Jahre einen perfiden Sinn für Humor entwickelt, weil er sich ständig die urbane Legende vom Üffes anhören musste, der eigentlich Yves heißt, von seinen Eltern aber »Üffes« genannt wird, weil die eben nicht wissen, dass Yves französisch ist und entsprechend ausgesprochen wird. Ich stelle mir vor, wie Üffes, mittlerweile Anfang vierzig, da hinter seinem dunkelbraunen Schreibtisch sitzt, der immer ein bisschen wackelt. Egal wie viele Bierdeckel Üffes Schneider - er hat sicher einen ganz langweiligen Nachnamen - darunterlegt, immer wackelt der Tisch ein wenig, ohne dass herauszufinden ist, wo genau die Ursache dafür liegt. Vielleicht hat sich der Tisch im Laufe der Jahre schlicht und ergreifend der Persönlichkeit seines Besitzers angepasst. Und weil sein Leben aus schlechtem Kaffee, einer unbefriedigenden Schwärmerei für die Dame, die in der Kantine an der Kasse sitzt, und dem ewigen Gewackel seines Schreibtischs besteht, begann Üffes Schneider eines Tages damit, bei der Anmeldung Neugeborener jeden, aber auch wirklich jeden Namen anzunehmen und keinerlei Korrekturen bezüglich deren Schreibweise vorzuschlagen. Im Gegenteil, er ging sicherlich irgendwann dazu über, den Leuten einzureden, dass man gewisse Namen tatsächlich so schreibe, wie man sie spreche. Das ist zwar niederträchtig vom Herrn Schneider und auch gemein, den wehrlosen Kindern gegenüber, aber ein bisschen tat er mir auch leid ...

 

Aber nun zu Schakkeline beziehungsweise ihrer Mutter, Frau Höffers: Sie hatte nie mit Schakkelines Vater (dem Mann nach Dewids Vater) zusammengelebt, aber ihre Tochter hatte Kontakt zu ihm und auch zu dessen Eltern. Immerhin. Die Großeltern und der Vater schienen den Berichten des Jugendamtes und der Schule zufolge nicht ganz unfähig zu sein, so dass ich die Hoffnung hegte, Schakkeline dort unterbringen zu können. Denn, wie sich spätestens im Laufe der Interaktionsbeobachtung herausstellte, tat die Mutter dem kleinen Mädchen keineswegs gut - im Gegenteil.

Frau Höffers hatte dreifarbige Haare und ein Zungenpiercing, das den Blick ganz wunderbar auf ihren Mund lenkte, so dass man die verfaulten Zähne und den ständig vorhandenen Speichelfaden im Mundwinkel immer vor Augen hatte. Warum eigentlich? Ich habe mich wirklich bemüht wegzusehen, aber es war kaum möglich. Wenn ich es mir recht überlege, ist dieses Zungenpiercing in Verbindung mit verfaulten Zähnen ebenso typisch wie der Geruch der Wohnungen. Jedes Mal nehme ich mir vor zu googeln, ich meine natürlich: zu recherchieren, ob vielleicht Piercings zu verfaulten Zähnen führen können. Wenn aber zuerst die braunen Stumpen da waren, ist es dann nicht einigermaßen dämlich, dann auch noch durch eine Glitzerkugel darauf hinzuweisen?

 

Im Einzelgespräch berichtete mir Frau Höffers, dass Schakkeline nach den Sommerferien noch einmal die erste Klasse wiederholen solle. Die Lehrerin habe gesagt, sie könne noch nicht genug, um mit ihren Klassenkameraden in die zweite Klasse zu gehen, und müsse noch einmal von vorne anfangen. Sie habe das ihrer Tochter so weitergegeben, woraufhin diese »voll rumgeheult« habe. Es war offensichtlich, dass Frau Höffers keinerlei Verständnis für ihre Tochter hatte. Auf meine Frage, wie sie denn auf ihr Weinen reagiert habe, schaute mich Schakkelines Mutter leer an: »Wie jetz?«

»Na ja, haben Sie etwas zu ihr gesagt? Sie getröstet?«

Man konnte Frau Höffers zugutehalten, dass sie angestrengt in ihren Erinnerungen kramte und versuchte, etwas hervorzuholen, was als passende Antwort angesehen werden konnte. Schließlich wurde sie fündig und grinste mich samt braunen Zahnstumpen, Piercing und Speichelfaden im Mundwinkel an, als hätte ihr jemand eröffnet, dass sie gerade die goldene Fritteuse gewonnen hatte, und sagte stolz: »Na, ich hab ihr gesagt, sie soll da mal nicht so blöd rumheulen.«

Da ich wohl nicht mit der Begeisterung reagierte, die sie erwartete hatte, fügte sie hinzu: »Und dann hab ich ihr gesagt, dass sie ja später wieder eine Klasse überspringen kann. Hab ich ja auch gemacht. Zweimal. Also, ist das ja jetzt nicht so schlimm, wenn sie mal ´ne Klasse wiederholen muss, ey.«

Ich befürchte, dass mir kurzfristig die Gesichtszüge entgleisten. Ich fragte noch einmal nach ...

»Ja, klar hab ich eine Klasse übersprungen, ey! Sogar zweimal!« Auf meine erneute Nachfrage stellte sich heraus, dass sie »einen ganz normalen Schulabschluss halt, normal halt« hat (nämlich keinen - sie war auf einer Sonderschule gewesen und ohne Abschluss abgegangen). Sie war aber dennoch der festen Überzeugung, dass sie zweimal eine Klasse übersprungen habe, »weil, da hätte ich wieder in die sechste gesollt und bin dann auf der anderen Schule in die siebte. Und das dann danach noch mal. Statt noch mal die siebte in die achte. Also eine übersprungen. Zweimal.« Sie rechnete mir wilde Sachen vor, bis sie zu dem Ergebnis kam, dass sie wahrscheinlich sogar dreimal eine Klasse übersprungen habe. Beeindruckend - auf eine Art ...

Meine Tochter wäre sicher interessiert, den Rechenweg zu erfahren, um früher die Schule verlassen zu können.

 

Frau Höffers erklärte mir, dass auch ihre Schwester und ihr Bruder hochbegabt seien. Das liege bei ihnen in der Familie. So sei es auch bei ihrer Tochter. »Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey! Da kann man nix machen. Wir sind alle so. Die ganze Familie ist hochbegabt. Das ist so ein Genetik, das bei uns anders ist. Verstehen Sie? Das ist dann nur in unserer Familie. Okay, wenn die Schakkeline mal heiraten tut, kann der Mann das dann auch bekommen. Aber sonst bleibt das nur bei uns.«

Es war klar, dass Frau Höffers´ kognitives Niveau eher suboptimal war. So drücke ich das in Gesprächen mit Jugendamt und Gericht immer aus, um nicht sagen zu müssen, dass die Eltern leider strohdoof sind.

 

Ich war jedenfalls froh, als das Gespräch mit der Mutter beendet war und Schakkeline von der Schule nach Hause kam. Bei Interaktionsbeobachtungen muss ich den Leuten ja nicht ständig gegenübersitzen und sie anschauen.

Nach zehn Minuten wünschte ich mir jedoch die Gesprächssituation zurück. Denn Schakkeline tat mir so leid - und das nicht nur wegen ihres Namens.

Ihre Mutter gab ihr ständig widersprüchliche Anweisungen, was dazu führte, dass das Mädchen das einzig Richtige tat, nämlich gar nichts mehr. Nach den Aufforderungen, sowohl die Schultasche abzulegen als auch »jetzt gefälligst mal hierzubleiben«, die Schuhe sofort auszuziehen, sich »ja wohl mal als Allererstes die Hände zu waschen« und ihr »sofort wenigstens eiiiiin-maaaal« zu helfen, den Tisch zu decken, wäre ich auch verwirrt gewesen und hätte mich nicht mehr gerührt - zumal all das in einem extrem unfreundlichen Tonfall vorgetragen wurde und es wohl wahrscheinlich besser war, gar nichts zu tun anstatt das Falsche.

Schakkeline stand also da, schaute auf den Boden und bewegte sich nicht. Ihre Mutter packte sie an den Schultern, drehte sie um und schubste sie mit einem »Boooooah, ab, Hände waschen, wir ham Besuuuuuch!« in Richtung Bad. Endlich wusste das Mädchen, was zu tun war.

Die gesamte folgende Interaktion ging genau in diesem Stil weiter. Eine Anweisung nach der anderen, teilweise widersprüchlich, teilweise unverständlich: »Jetzt, boah, mach mal, hopp, da, mach doch das, da! Mann, ey!«

Das war wirklich ihr O-Ton! Ich habe mitgeschrieben.

Ich fand es schwer auszuhalten und habe mich mal wieder gefragt, warum ich eigentlich nichts Anständiges gelernt habe. Oder zumindest einen Job mache, bei dem ich einfach von vornherein und ausschließlich helfen kann und nicht ewig lange beobachten muss, um hinterher nur das Allerschlimmste abwenden zu können. Verdammt!

Die arme Kleine tat mir so leid. Ich glaube, sie hätte wirklich gern getan, was ihre Mutter von ihr wollte, aber es war einfach unmöglich herauszufinden, was zum Henker das sein sollte.

 

Ich habe die Interaktionsbeobachtung nach einer Stunde beendet - und denke im Nachhinein, dass das eigentlich noch viel zu lange war. Also, für mein Wohlbefinden war es definitiv zu lang. Für die Begutachtung natürlich nicht, denn es hätte ja sein können, dass sich doch noch was Positives entwickelt. Ein Spiel oder etwas in der Art ... Ich hatte Frau Höffers mehrfach darauf hingewiesen, dass sie...
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Autor

Sophie Seeberg ist Diplom-Psychologin und arbeitet seit fast zwanzig Jahren als Sachverständige für Familiengerichte. Ihre Aufgabe ist es, Gutachten für das Gericht zu erstellen, regelmäßig arbeitet sie dabei auch eng mit dem Jugendamt zusammen. Von ihren skurrilsten und außergewöhnlichsten Fällen berichtet sie in diesem Buch.