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Ripley Under Ground

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Diogeneserschienen am21.08.20244. Auflage
Der einzige Mensch, den er geliebt hat und der seinen Aufstieg hätte verhindern können, liegt bei San Remo auf dem Meeresgrund: Tom Ripley hat sich zum souveränen Verbrecher gemausert, der seinen Untaten das Flair französischer Lebensart zu verleihen weiß. Mit seiner Frau Héloise lebt er ein sorgenfreies Luxusleben bei Paris und handelt nebenbei mit berühmten Gemälden ­ nicht nur aus Liebhaberei. Als ein Kunstsammler die Gemälde als Fälschungen entlarvt, beginnt Ripley ein vampirisches Spiel mit anderen Existenzen, um seine schöne Welt ­ und seinen Kopf ­ zu retten.

Patricia Highsmith, geboren 1921 in Fort Worth/Texas, wuchs in Texas und New York auf und studierte Literatur und Zoologie. Erste Kurzgeschichten schrieb sie an der Highschool, den ersten Lebensunterhalt verdiente sie als Comictexterin, und den ersten Welterfolg erlangte sie 1950 mit ihrem Romanerstling ?Zwei Fremde im Zug?, dessen Verfilmung von Alfred Hitchcock sie über Nacht weltberühmt machte. Patricia Highsmith starb 1995 in Locarno.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden (Leinen)
EUR14,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextDer einzige Mensch, den er geliebt hat und der seinen Aufstieg hätte verhindern können, liegt bei San Remo auf dem Meeresgrund: Tom Ripley hat sich zum souveränen Verbrecher gemausert, der seinen Untaten das Flair französischer Lebensart zu verleihen weiß. Mit seiner Frau Héloise lebt er ein sorgenfreies Luxusleben bei Paris und handelt nebenbei mit berühmten Gemälden ­ nicht nur aus Liebhaberei. Als ein Kunstsammler die Gemälde als Fälschungen entlarvt, beginnt Ripley ein vampirisches Spiel mit anderen Existenzen, um seine schöne Welt ­ und seinen Kopf ­ zu retten.

Patricia Highsmith, geboren 1921 in Fort Worth/Texas, wuchs in Texas und New York auf und studierte Literatur und Zoologie. Erste Kurzgeschichten schrieb sie an der Highschool, den ersten Lebensunterhalt verdiente sie als Comictexterin, und den ersten Welterfolg erlangte sie 1950 mit ihrem Romanerstling ?Zwei Fremde im Zug?, dessen Verfilmung von Alfred Hitchcock sie über Nacht weltberühmt machte. Patricia Highsmith starb 1995 in Locarno.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783257600971
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum21.08.2024
Auflage4. Auflage
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1344 Kbytes
Artikel-Nr.1293680
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

[9] 1

Tom war im Garten, als das Telefon klingelte. Er ließ die Haushälterin, Madame Annette, an den Apparat gehen und kratzte weiter das feuchte Moos von den Steinstufen. Es war ein nasser Oktober.

»Monsieur Tomme!« rief Madame Annettes heller Sopran. »Ein Anruf aus London!«

»Ich komme«, rief Tom. Er warf den Spachtel hin und ging ins Haus.

Das Telefon befand sich im Wohnzimmer. Tom setzte sich nicht auf das Sofa, um den gelben Satinbezug nicht mit seiner Gartenjeans zu beschmutzen.

»Hallo, Tom. Hier spricht Jeff Constant. Hast du -« Knattern in der Leitung.

»Kannst du bitte lauter sprechen? Die Verbindung ist schlecht.«

»Jetzt besser? Ich höre dich gut.«

In London konnten sie einen immer gut hören. »Ein bißchen.«

»Hast du meinen Brief bekommen?«

»Nein«, sagte Tom.

»Oh. Wir haben Ärger. Ich wollte dich warnen. Es gibt -« Knistern, Summen, dumpfes Klicken, und die Verbindung war unterbrochen.

[10] »Mist«, sagte Tom gelassen. Ihn warnen? Gab es Ärger in der Galerie? Mit Derwatt Ltd.? Ausgerechnet ihn warnen? Tom war nur eine Randfigur. Gewiß, er hatte sich Derwatt Ltd. ausgedacht und bezog ein bescheidenes Einkommen aus der Firma, aber - Tom warf einen Blick auf das Telefon und wartete darauf, daß es wieder klingelte. Oder sollte er Jeff anrufen? Nein; er wußte nicht, ob Jeff ihn von seinem Atelier oder von der Galerie aus angerufen hatte. Jeff Constant war Fotograf.

Tom ging zu der Fenstertür, die in den Garten führte. Er wollte sich wieder über das Moos hermachen. Gartenarbeit in moderatem Ausmaß gefiel ihm, und er verbrachte jeden Tag etwa eine Stunde mit Rasenmähen, Zusammenrechen von Laub und Zweigen und Unkrautjäten. Es war gut für die Kondition, und außerdem konnte man tagträumen. Kaum war er wieder mit dem Moos beschäftigt, klingelte das Telefon.

Madame Annette kam mit einem Staubwedel in der Hand in das Wohnzimmer. Sie war klein und kompakt, um die Sechzig und munteren Gemüts. Sie konnte kein Wort Englisch und war außerstande, auch nur »Good morning« sagen zu lernen, und das war Tom gerade recht.

»Ich gehe hin, Madame«, sagte Tom und nahm ab.

»Hallo!« rief Jeff. »Hör mal, Tom, kannst du nicht herkommen? Ich meine nach London, weil -«

»Wie?« Die Verbindung war wieder schlecht, aber besser als vorhin.

»Ich meine - ich habe es in meinem Brief erklärt. Ich kann jetzt nicht sprechen. Aber es ist wichtig, Tom.«

»Hat irgend jemand einen Fehler gemacht? Bernard?«

[11] »In gewisser Hinsicht. Es kommt jemand aus New York, wahrscheinlich morgen.«

»Wer ist das?«

»Steht in meinem Brief. Die Derwatt-Ausstellung wird am Dienstag eröffnet. Bis dahin halte ich ihn hin. Ed und ich verschwinden einfach von der Bildfläche.« Jeff klang ziemlich besorgt. »Kannst du kommen, Tom?«

»Ja, ja.« Tom hatte keine Lust, nach London zu reisen.

»Laß Héloïse nichts davon wissen. Ich meine, daß du nach London fährst.«

»Héloïse ist in Griechenland.«

»Oh, prima.« Die erste hörbare Erleichterung.

Jeffs Brief kam nachmittags um fünf Uhr an, per Eilpost und eingeschrieben.

104, Charles Place
London NW8

Lieber Tom,

die neue Derwatt-Ausstellung wird am Dienstag, den 15., eröffnet. Es ist die erste seit zwei Jahren. Bernard hat neunzehn neue Bilder, andere kommen als Leihgaben dazu.

Und jetzt die schlechte Nachricht: Es gibt einen amerikanischen Sammler namens Thomas Murchison - Sammler, nicht Händler -, im Ruhestand und stinkreich. Er hat vor drei Jahren einen Derwatt bei uns gekauft. Den hat er mit einem Derwatt aus einer früheren Periode verglichen, den er in den Staaten gesehen hat, und jetzt behauptet er, seiner wäre nicht echt. Was natürlich zutrifft, weil er von Bernard ist. Er hat an die Buckmaster [12] Gallery (an mich) geschrieben, daß er sein Bild für eine Fälschung hält, weil es nach Technik und Farbgebung zu einer Derwatt-Werkperiode von vor fünf oder sechs Jahren gehört. Mir schwant, daß Murchison mächtig viel Ärger machen will. Was sollen wir tun? Du hast doch immer gute Einfälle, Tom.

Kannst Du rüberkommen und Dich mit uns beraten? Selbstverständlich auf Kosten der Buckmaster Gallery. Mehr als alles andere brauchen wir einen Schuß Selbstvertrauen. Ich glaube nicht, daß Bernard bei einem der neuen Bilder danebengegriffen hat, aber er ist zur Zeit ein einziges Nervenbündel, und wir wollen ihn nicht einmal auf der Vernissage dabeihaben - vor allem nicht auf der Vernissage.

Bitte komm sofort, wenn Du kannst!

Herzlich,

Dein Jeff

PS: Murchisons Brief war zwar höflich, aber was machen wir, wenn er sich in den Kopf setzt, Derwatt in Mexiko aufzusuchen, um sich zu vergewissern, usw.?

Das war tatsächlich ein Problem, dachte Tom, denn Derwatt existierte nicht. Die Geschichte (Toms Erfindung), wie die Buckmaster Gallery und Derwatts treuer kleiner Freundeskreis sie verbreitete, lautete, Derwatt habe sich in ein winziges mexikanisches Dorf zurückgezogen, wo er ganz allein, ohne Telefonanschluß lebte und keine Besucher vorließ; der Galerie habe er ausdrücklich verboten, seine Adresse weiterzugeben. Tja, sollte Murchison sich [13] nach Mexiko aufmachen, dann hätte er eine anstrengende Suche vor sich, gewissermaßen eine Lebensaufgabe.

Zu befürchten stand, wie Tom es sah, daß Murchison wahrscheinlich seinen Derwatt mitbringen, sich auch an andere Kunsthändler wenden würde und danach an die Presse. Das konnte Mißtrauen wecken und am Ende die Derwatt-Schimäre zum Platzen bringen. Würde die Bande ihn in die Sache hineinziehen? (Tom bezeichnete die Leute von der Galerie, Derwatts alte Freunde, in Gedanken immer als »die Bande«, obwohl er sich über den Begriff jedesmal ärgerte.) Bernard war in der Lage, Tom Ripley zu erwähnen, nicht aus Tücke, sondern wegen seiner krankhaften, fast schon christusgleichen Ehrlichkeit.

Tom hatte sich einen tadellosen Namen und einen tadellosen Ruf bewahrt, erstaunlich tadellos. Nicht auszudenken, wie peinlich es wäre, in den französischen Zeitungen zu lesen, daß Thomas Ripley aus Villeperce-sur-Seine, Ehemann von Héloïse Plisson und Schwiegersohn Jacques Plissons, des millionenschweren Eigentümers von Plisson Pharmaceutiques, sich den lukrativen Betrug mit Derwatt Ltd. ausgedacht hatte und seit Jahren Geld damit machte, auch wenn es nur zehn Prozent der Einnahmen waren. Es würde den denkbar schlechtesten Eindruck erwecken. Selbst Héloïse, deren Moralbegriffe Tom als nahezu inexistent einschätzte, könnte sich daran stören, und mit Sicherheit würde ihr Vater Druck auf sie ausüben (indem er ihr den Geldhahn zudrehte), um sie zur Scheidung zu bewegen.

Derwatt Ltd. war inzwischen so gewachsen, daß ein Kollaps weitverzweigte Auswirkungen haben würde. Es wäre das Ende des lukrativen Handels mit Künstlerfarben [14] und -material unter dem Label Derwatt, aus dem die Bande und Tom Tantiemen bezogen. Und in Perugia gab es die Derwatt School of Art - hauptsächlich für harmlose alte Damen und amerikanische Schulmädchen auf Europareise, doch ebenfalls eine Einnahmequelle. Die Kunstschule lebte weniger vom Unterricht und vom Verkauf des entsprechenden Derwatt-Zubehörs als vielmehr davon, daß sie als Makler fungierte, indem sie Häuser und möblierte Wohnungen der Luxusklasse an gutgepolsterte Touristen vermittelte und eine saftige Provision dafür kassierte. Ein englisches Schwulenpaar, das in die Derwatt-Geschichte nicht eingeweiht war, leitete die Schule.

Tom konnte sich nicht entscheiden, ob er nach London fahren sollte. Was konnte er ihnen sagen? Und das Problem war ihm nicht klar: Warum sollte ein Maler nicht für kurze Zeit zu einer alten Technik zurückkehren?

»Möchte Monsieur heute abend Lammkoteletts oder lieber kalten Schinken essen?« fragte ihn Madame Annette.

»Lammkoteletts, glaube ich. Danke. Und was macht Ihr Zahn?« Madame Annette war an diesem Morgen wegen eines Zahns, der sie die ganze Nacht wach gehalten hatte, bei dem Dorfzahnarzt gewesen, in den sie größtes Vertrauen setzte.

»Keine Schmerzen mehr. Dr. Grenier ist so reizend! Er hat gesagt, es wäre ein Abszeß, und er hat ein Loch in den Zahn gebohrt und gesagt, der Nerv würde herausfallen.«

Tom nickte, obwohl er sich fragte, wie ein Nerv herausfallen sollte; wahrscheinlich ein Effekt der Schwerkraft. Er erinnerte sich, wie einmal nach einem der Nerven in seinen Zähnen gegraben worden war, ebenfalls im Oberkiefer.

[15] »Haben Sie gute Nachrichten aus London?«

»Nein, nur - nur ein Anruf von einem Freund.«

»Haben Sie von Madame Héloïse gehört?«

»Heute noch nicht.«

»Ah, stellen Sie sich die Sonne vor! Griechenland!« Madame Annette polierte die bereits spiegelglatte Oberfläche einer großen Eichentruhe neben dem Kamin. »Schauen Sie nur! In Villeperce scheint keine Sonne. Bei uns ist schon Winter.«

»Ja.« Madame Annette sagte in letzter Zeit jeden Tag das gleiche.

Tom erwartete Héloïse erst kurz vor Weihnachten zurück. Es war ihr aber auch zuzutrauen, daß sie unerwartet auftauchte - nach einer unerheblichen und keineswegs irreparablen Auseinandersetzung mit ihren Freunden oder weil sie auf einmal keine Lust mehr hatte, sich so lange auf einem Schiff aufzuhalten. Héloïse war sehr...
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Autor

Patricia Highsmith, geboren 1921 in Fort Worth/Texas, wuchs in Texas und New York auf und studierte Literatur und Zoologie. Erste Kurzgeschichten schrieb sie an der Highschool, den ersten Lebensunterhalt verdiente sie als Comictexterin, und den ersten Welterfolg erlangte sie 1950 mit ihrem Romanerstling >Zwei Fremde im Zug