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Schöner wird's nicht

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am16.12.2013
Dem Alltag wohnt der Wahnwitz inne. David Sedaris weiß das nur zu gut. Das Beste an seinem Leben ist, dass er darüber Buch führt. Er erläutert, wie man sich mit Schallplattenhüllen vor psychopathischen Singvögeln schützt, was modische Herrenaccessoirs über Erektionsstörungen verraten und warum man in Tokio weder Japanisch lernen noch mit dem Rauchen aufhören sollte.

David Sedaris, geboren 1956 in Johnson City, New York, aufgewachsen in Raleigh, North Carolina, lebt in England. Er schreibt u. a. für den New Yorker und BBC Radio 4. Mit seinen Büchern Naked, Fuselfieber, Ich ein Tag sprechen hübsch und Schöner wird's nicht wurde er zum Bestsellerautor. Zuletzt erschienen im Blessing Verlag Das Leben ist kein Streichelzoo. Fiese Fabeln (2011), Sprechen wir über Eulen - und Diabetes (2013), Calypso (2018) und Bitte lächeln! (2023) sowie seine vielbeachteten Tagebücher Wer's findet, dem gehört's (2017) und Kleine Happen (2023).
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR8,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextDem Alltag wohnt der Wahnwitz inne. David Sedaris weiß das nur zu gut. Das Beste an seinem Leben ist, dass er darüber Buch führt. Er erläutert, wie man sich mit Schallplattenhüllen vor psychopathischen Singvögeln schützt, was modische Herrenaccessoirs über Erektionsstörungen verraten und warum man in Tokio weder Japanisch lernen noch mit dem Rauchen aufhören sollte.

David Sedaris, geboren 1956 in Johnson City, New York, aufgewachsen in Raleigh, North Carolina, lebt in England. Er schreibt u. a. für den New Yorker und BBC Radio 4. Mit seinen Büchern Naked, Fuselfieber, Ich ein Tag sprechen hübsch und Schöner wird's nicht wurde er zum Bestsellerautor. Zuletzt erschienen im Blessing Verlag Das Leben ist kein Streichelzoo. Fiese Fabeln (2011), Sprechen wir über Eulen - und Diabetes (2013), Calypso (2018) und Bitte lächeln! (2023) sowie seine vielbeachteten Tagebücher Wer's findet, dem gehört's (2017) und Kleine Happen (2023).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641135713
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum16.12.2013
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2408 Kbytes
Artikel-Nr.1331079
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Das ist ansteckend

Meine Freundin Patsy erzählte mir eine Geschichte. »Ich bin also im Kino«, sagte sie, »und ich habe meinen Mantel über meinen Sitz ausgebreitet, und dann kommt da so ein Typ ...« An dieser Stelle unterbrach ich sie, weil ich den Tick mit dem Mantel noch nie verstanden habe. Wenn ich ins Kino gehe, habe ich meinen entweder gefaltet auf dem Schoß oder ich lege ihn über die Armlehne, aber Patsy breitet ihren jedes Mal über den Sitz, als ob ihm kalt wäre und sie sich unmöglich im Kino amüsieren kann, während der Sitz friert.

»Warum machst du das?«, fragte ich. Sie sah mich verwundert an und sagte: »Bazillen, Dummkopf. Alle möglichen Leute haben ihre Köpfe an das Polster gelehnt. Kriegst du da keine Gänsehaut?« Ich musste zugeben, dass ich noch nie darüber nachgedacht hatte.

»Du legst dich im Hotel ja auch nicht einfach auf die Tagesdecke auf dem Bett, oder?«, fragte sie. Und wieder dachte ich: Warum nicht? Ich stecke sie mir vielleicht nicht in den Mund, aber sich darauf ausstrecken und ein paar Anrufe erledigen - das mache ich ständig.

»Aber du wischst doch vorher den Hörer ab.«

»Äh, nein.«

»Also, das ist ja ... gefährlich«, sagte sie.

Eine ähnliche Situation hatte ich mit meiner Schwester Lisa in einem Supermarkt erlebt, als mir auffiel, dass sie den Einkaufswagen mit den Ellbogen vor sich her schob.

»Hast du was?«, fragte ich.

»Ach so«, sagte sie. »Fass nie den Griff des Wagens mit bloßen Händen an. Darauf wimmelt es von Bazillen.«

Ist das typisch amerikanisch oder denken die Leute überall so? In Paris sah ich einmal im Supermarkt um die Ecke einen Mann, der seinen Papagei zum Einkaufen mitgenommen hatte. Der Vogel war so groß wie ein halbwüchsiger Adler und hockte auf der Stange des Einkaufswagens.

»Siehst du«, sagte Lisa. »Wer weiß, was für eine Krallenkrankheit das Tier vielleicht hat.«

Das stimmte zwar, aber nicht jeder schleppt einen Papagei mit in den Supermarkt. In meinem ganzen Einkaufsleben war dies der erste exotische Vogel, der mir an der Fleischtheke begegnete.

Meine einzige Vorsichtsmaßnahme besteht darin, alle Klamotten aus dem Secondhandladen zu waschen, seit ich mir einmal durch eine gebrauchte Jeans Filzläuse geholt habe. Ich war damals Mitte zwanzig und hätte mich bis auf die Knochen wund gekratzt, wenn mich nicht ein Freund in die Apotheke geschleppt hätte, wo man mir ein Mittel namens Quell in die Hand drückte. Nachdem ich mich damit eingerieben hatte, kämmte ich mir mit einem speziellen Nissenkamm durchs Schamhaar und staunte nicht schlecht: das also waren die Biester, die sich seit Wochen von meinem Fleisch ernährten. Ich glaube, Patsy hat genau das Bild vor Augen, wenn sie den Sitz im Kino sieht, oder Lisa, wenn sie einen Einkaufswagen schiebt.

Doch ist das alles nichts gegen das, was Hugh erlebt hat. Als er acht Jahre alt war und im Kongo lebte, entdeckte er eines Tages einen roten Fleck auf seinem Bein; nichts Dramatisches, nur ein kleiner Pips, den er für einen Mückenstich hielt. Am nächsten Tag juckte der Fleck noch mehr, und wieder einen Tag später sah er plötzlich, wie ein Wurm aus seinem Bein kroch.

Einige Wochen danach passierte Ma Hamrick, so nenne ich Hughs Mutter Joan, das Gleiche, und obwohl der Wurm etwas kürzer war, dürfte das Erlebnis ungleich traumatischer gewesen sein. Wenn ich ein Kind wäre und etwas aus dem Bein meiner Mutter kriechen sähe, würde ich zum nächsten Waisenhaus gehen und mich auf die Adoptionsliste setzen. Ich würde alle Fotos von ihr verbrennen, alles vernichten, was von ihr stammt, und ganz von vorn anfangen, so sehr ekelte mich. Ein Dad kann meinetwegen Parasiten am ganzen Körper haben, was soll´s, aber bei der eigenen Mutter oder sonst irgendeiner Frau ist es unverzeihlich.

»Also, das ist ganz schön chauvinistisch, findest du nicht?«, sagte Ma Hamrick. Sie war über die Weihnachtstage zu Besuch in Paris, ebenso Lisa und ihr Mann Bob. Alle hatten ihre Geschenke ausgepackt, und Ma sammelte das Geschenkpapier vom Boden ein und strich es mit den Händen glatt.

»Es war bloß ein Guineawurm, das kam ständig vor.« Sie sah zur Küche rüber, wo Hugh irgendetwas mit einer Gans anstellte. »Liebling, wo soll ich das Papier hin tun?«

»Verbrenn es«, sagte Hugh.

»Oh, aber es ist tadellos. Meinst du nicht, dass ihr es noch mal gebrauchen könnt?«

»Verbrenn es«, wiederholte Hugh.

»Wie war das mit dem Wurm?«, fragte Lisa. Sie lag unter einer Decke auf der Couch, noch leicht benommen von ihrem Mittagsschlaf.

»Joan hatte einen Wurm, der bei ihr im Bein lebte«, sagte ich. Ma Hamrick warf einen Bogen Geschenkpapier ins Feuer und sagte: »Also, leben würde ich das nicht nennen.«

»Aber er war in Ihrem Bein?«, fragte Lisa, und ich sah, wie die Rädchen in ihrem Kopf arbeiteten: War ich schon mal unmittelbar nach dieser Frau auf der Toilette? Habe ich eine Kaffeetasse von ihr in der Hand gehabt oder von ihrem Teller gegessen? Wann kann ich einen Test machen lassen? Sind die Krankenhäuser an Weihnachten geöffnet oder muss ich bis morgen warten?

»Es ist schon viele Jahre er«, sagte Joan.

»Wie viele genau?«, fragte Lisa.

»Ich weiß gar nicht mehr - 1968 vielleicht.«

Meine Schwester nickte wie jemand, der gerade Zahlen im Kopf addiert. »Okay«, sagte sie, und ich bereute es, überhaupt damit angefangen zu haben. Sie sah Ma Hamrick nicht an, sondern durch sie hindurch, als könnte sie mit einem Röntgenblick das blanke Knochengerüst sehen und dazwischen das Gewimmel der tausend Würmer, die ihren Wirt 1968 nicht verlassen hatten. Mir war es anfangs genauso gegangen, aber nach etwa fünfzehn Jahren hatte ich mich daran gewöhnt und jetzt sehe ich einfach nur Ma Hamrick. Ma Hamrick beim Bügeln, Ma Hamrick beim Spülen, Ma Hamrick beim Entsorgen des Mülls. Sie will ein angenehmer Gast sein und sucht ständig nach irgendeiner Aufgabe.

»Kann ich vielleicht ...?«, fragt sie, und noch bevor sie zu Ende geredet hat, platze ich heraus, aber sicher, kein Problem.

»Hast du meiner Mutter aufgetragen, auf Händen und Knien durchs Wohnzimmer zu kriechen?«, fragt Hugh, und ich antworte: »Aber nein, jedenfalls nicht direkt. Ich habe nur gesagt, wenn sie die Fußleisten wischen möchte, geht es so am besten.«

 


Wenn Ma Hamrick zu Besuch ist, rühre ich keinen Finger. Meine sämtlichen Haushaltspflichten gehen automatisch auf sie über, und ich sitze bloß im Schaukelstuhl und hebe ab und zu einen Fuß, damit sie mit dem Staubsauger durch kann. Das ist unglaublich entspannend, sieht aber unschön aus, besonders wenn sie anstrengende Dinge erledigt, zum Beispiel irgendwelche Möbelstücke in den Keller schafft, wobei das allein ihre Idee war. Ich hatte bloß angedeutet, dass wir die Frisierkommode kaum nutzen und sie irgendwer einmal nach unten schaffen könnte. Dabei meinte ich nicht ausdrücklich sie, obwohl sie mit ihren dreiundsiebzig Jahren noch viel rüstiger ist, als Hugh ihr zutraut. Harte Arbeit ist sie aus Kentucky gewohnt. Ich glaube sogar, sie liegt ihr in den Genen.

Problematisch wird es nur dann, wenn andere Leute im Haus sind und sehen, wie dieser zierlichen, weißhaarigen Person der Schweiß über die Stirn rinnt. Lisa und Bob zum Beispiel, die in Patsys freiem Apartment übernachteten. Jeden Abend kamen sie zu uns zum Essen herüber, und Ma Hamrick nahm ihnen die Mäntel ab, um anschließend die Servietten zu bügeln und den Tisch zu decken. Danach reichte sie den Aperitif und eilte zu Hugh in die Küche.

»Mein Gott, habt ihr einen Massel«, sagte Lisa und seufzte, als Joan hereinflitzte und meinen Aschenbecher leerte. Ihre Schwiegermutter war erst kurz zuvor in ein Heim für betreutes Wohnen gezogen, jene Sorte Häuser, die das Wort »Senioren« vermeiden und stattdessen lieber von »grauen Tigern« sprechen. »Ich liebe Bobs Mom von Herzen, aber Hughs Mom, mein Gott! Und sich dann noch vorzustellen, dass sie von Würmern zerfressen wurde.«

»Also, zerfressen haben die Würmer sie nicht«, sagte ich.

»Aber von irgendwas müssen sie sich ernährt haben. Oder willst du behaupten, sie hätten ihr eigenes Futter mitgebracht?«

Vermutlich hatte sie Recht, aber wovon leben Guineawürmer? Bestimmt nicht von Fett, sonst hätten sie sich garantiert nicht bei Joan einquartiert, die höchstens neunzig Pfund wiegt und immer noch spielend in ihr Kleid vom Abschlussball passt. Auch nicht von Muskeln, sonst könnte sie mir niemals die ganze Hausarbeit abnehmen. Trinken sie Blut? Oder bohren sie Löcher in die Knochen und saugen das Mark aus? Ich wollte schon fragen, aber als Ma Hamrick ins Wohnzimmer zurückkam, fiel das Gespräch umgehend auf Cholesterin, und Lisa fragte: »Ich will ja nicht neugierig sein, Joan, aber wie hoch sind Ihre Werte?«

Es war eins dieser Themen, zu denen ich wenig beisteuern konnte. Nicht nur, weil ich noch nie einen Test gemacht habe. Ich weiß nicht einmal so genau, was Cholesterin überhaupt ist. Wenn ich das Wort höre, stelle ich mir eine von Hand gerührte, weißliche Soße vor, in der dicke Klumpen schwimmen.

»Haben Sie schon mal Fischtran probiert?«, fragte Lisa. »Bob hat damit seinen Wert von dreiundachtzig auf zweiundzwanzig gesenkt. Vorher hat er Lipitor genommen.« Meine Schwester kennt die genaue Bezeichnung für jede bekannte Krankheit sowie das entsprechende Medikament, eine beachtliche Leistung, besonders wenn man bedenkt, dass sie sich alles selbst beigebracht hat. Angeborene Ichthyose, Myositis ossificans und Spondylolisthesis werden mit Celebrex, Flexeril und Oxyconhydrochlorid behandelt. Ich sagte im Scherz, sie habe in ihrem Leben noch keine Zeitschrift gekauft,...

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Autor

David Sedaris, geboren 1956 in Johnson City, New York, aufgewachsen in Raleigh, North Carolina, lebt in England. Er schreibt u. a. für den New Yorker und BBC Radio 4. Mit seinen Büchern Naked, Fuselfieber, Ich ein Tag sprechen hübsch und Schöner wird's nicht wurde er zum Bestsellerautor. Zuletzt erschienen im Blessing Verlag Das Leben ist kein Streichelzoo. Fiese Fabeln (2011), Sprechen wir über Eulen - und Diabetes (2013), Calypso (2018) und Bitte lächeln! (2023) sowie seine vielbeachteten Tagebücher Wer's findet, dem gehört's (2017) und Kleine Happen (2023).