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Der Metzger, der kein Fleisch mehr isst ...

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
240 Seiten
Deutsch
oekom verlagerschienen am17.03.2014
Fleisch und Wurst haben in Karl Ludwig Schweisfurths Leben immer eine bedeutende Rolle gespielt: Er erlernte den Beruf des Metzgers, bereiste in jungen Jahren die USA, wo er die Möglichkeiten einer industriellen Produktionsweise erkannte und nach seiner Rückkehr zu nutzen wusste - aus dem elterlichen Familienbetrieb schuf er den Fleischgiganten Herta. Doch mit dem Erfolg kamen die Zweifel und ihm wurde klar, 'dass Fleisch von derart hoch gezüchteten und gequälten Tieren keine lebensfördernde Nahrung sein kann'. 1984 steig er aus der industriellen Fleischerzeugung aus und fing mit den Herrmannsdorfer Landwerkstätten noch einmal neu an: ökologisch, handwerklich und regional. Im vorliegenden Buch schildert er seinen Lebensweg vom Großmetzger zum Bio-Unternehmer und 'Auswärtsvegetarier'. Eindrücklich zeigt er auf, dass Fleischkonsum auch ohne Reue möglich ist - nämlich immer dann, wenn wir weniger, dafür aber Fleisch hoher Qualität verzehren, wenn wir die Tiere achten und artgerecht halten.

Karl Ludwig Schweisfurth gilt als Pionier auf dem Gebiet der ökologischen Erzeugung von 'Lebens-Mitteln'. Der ehemalige Eigentümer von Herta, des einstmals größten industriellen Fleischproduzenten Europas, gründete Mitte der 1980er Jahre die Herrmannsdorfer Landwerkstätten und die Schweisfurth-Stiftung. Die Herrmannsdorfer Landwerkstätten gelten als 'Leuchtturm' und Beispielbetrieb für andere Formen des Lebens und Arbeitens mit der Natur; im Zentrum steht vor allem die artgerechte Haltung der Nutztiere. Die Schweisfurth-Stiftung fördert innovative Ansätze in Wissenschaft, Wirtschaft und Bildung, die für die Entwicklung einer Kultur der Nachhaltigkeit wegweisend sind.
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Produkt

KlappentextFleisch und Wurst haben in Karl Ludwig Schweisfurths Leben immer eine bedeutende Rolle gespielt: Er erlernte den Beruf des Metzgers, bereiste in jungen Jahren die USA, wo er die Möglichkeiten einer industriellen Produktionsweise erkannte und nach seiner Rückkehr zu nutzen wusste - aus dem elterlichen Familienbetrieb schuf er den Fleischgiganten Herta. Doch mit dem Erfolg kamen die Zweifel und ihm wurde klar, 'dass Fleisch von derart hoch gezüchteten und gequälten Tieren keine lebensfördernde Nahrung sein kann'. 1984 steig er aus der industriellen Fleischerzeugung aus und fing mit den Herrmannsdorfer Landwerkstätten noch einmal neu an: ökologisch, handwerklich und regional. Im vorliegenden Buch schildert er seinen Lebensweg vom Großmetzger zum Bio-Unternehmer und 'Auswärtsvegetarier'. Eindrücklich zeigt er auf, dass Fleischkonsum auch ohne Reue möglich ist - nämlich immer dann, wenn wir weniger, dafür aber Fleisch hoher Qualität verzehren, wenn wir die Tiere achten und artgerecht halten.

Karl Ludwig Schweisfurth gilt als Pionier auf dem Gebiet der ökologischen Erzeugung von 'Lebens-Mitteln'. Der ehemalige Eigentümer von Herta, des einstmals größten industriellen Fleischproduzenten Europas, gründete Mitte der 1980er Jahre die Herrmannsdorfer Landwerkstätten und die Schweisfurth-Stiftung. Die Herrmannsdorfer Landwerkstätten gelten als 'Leuchtturm' und Beispielbetrieb für andere Formen des Lebens und Arbeitens mit der Natur; im Zentrum steht vor allem die artgerechte Haltung der Nutztiere. Die Schweisfurth-Stiftung fördert innovative Ansätze in Wissenschaft, Wirtschaft und Bildung, die für die Entwicklung einer Kultur der Nachhaltigkeit wegweisend sind.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783865815927
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum17.03.2014
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1338715
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;Der Metzger, der kein Fleisch mehr isst ...;1
2;INHALT;5
3;Geleitwort von Karl Ludwig Schweisfurth;7
4;Vorwort von Sarah Wiener;9
5;Kapitel 1 Drei Meter fünfzig über dem Boden;13
6;Kapitel 2 Das Auto, das (m)eine Geschichte erzählt;27
7;Kapitel 3 Der Leopard, die Ziege, der Sauerbraten und ich;73
8;Kapitel 4 Mit Else .ng alles an;85
9;Kapitel 5 Ein schmerzliches NEIN;99
10;Kapitel 6 Ein Fastentag in Marbella - oder "Esprit" heißt Witz;129
11;Kapitel 7 Es war einmal ein Wunderland ...;141
12;Kapitel 8 Gedanken an der Klagemauer;155
13;Kapitel 9 Das Lied von der Erde, Mahler und die Regenwürmer;165
14;Kapitel 10 Spaziergang durch Herrmannsdorf mit einem Meisterdenker;183
15;Kapitel 11 Mein letzter Tafelspitz ... auswärts;201
16;Kapitel 12 Eisbein mit Kant;209
17;Kapitel 13 Heidebild - mehrdimensional;217
18;Kapitel 14 Eine ziemlich kurze Rede zum Beschluss oder The proof of the pudding is in the eating;227
19;Die Autoren;235
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Leseprobe


Kapitel 2

Das Auto, das (m)eine
Geschichte erzählt

 

Wenn man Kunst gesammelt hat, wenn man immer wieder Umgang mit bedeutenden Künstlern hatte, wenn man sich häufig als Mäzen versucht hat, dann kann man sich darauf verlassen, dass eine bestimmte Frage immer wieder gestellt wird: »Was ist Kunst?« Oder die gleiche Frage etwas persönlicher gestellt: »Was ist für Sie Kunst, was ist Ihr Kunstbegriff?«

Eine Zeit lang - in meinen frühen mittleren Jahren - meinte ich, es sei ehrenrührig, auf diese Frage keine Antwort zu haben. Man kann sich doch schlecht als Kunstliebhaber, als Kunstförderer, als Kunstanreger gerieren, ohne zu wissen, in welchem Medium man sich da bewegt. Ich habe dann irgendwann bemerkt, dass Kunstkritiker, Kunstwissenschaftler, selbst ausgewiesene Kunstprofis auch nicht sagen können, was denn nun Kunst sei. Nicht so richtig, jedenfalls. Auch die, die viel darüber reden, lavieren meist drum herum. Sie sprechen oft auf hohem Niveau, doch am Ziel vorbei.

Mir hat mal ein Naturwissenschaftler gesagt, Wasser sei so außergewöhnlich, so unvergleichlich einzigartig unter allen Elementen und Elementverbindungen, dass man es zwar formelhaft umschreiben, messen und analysieren, es aber nicht umfassend und befriedigend fassen könne. Man kann allerdings die Funktion und die Wirkung von Wasser sehr gut erfassen und beschreiben. So geht es mir auch mit der Kunst. Die Frage, was das ist, lasse ich beiseite. Ich kann sie nicht beantworten. Aber ich sehe Wirkung. Die interessiert mich. Was macht ein Nagelbild von Günther Uecker mit mir, was macht es mit anderen? Die einschlägigen Kataloge (und die Preislisten) sagen, Uecker sei Weltkunst, weil … Und dann folgt irgendeine Begründung, die ich sehr wahrscheinlich nicht begreife. Es ärgert mich nicht, dass ich sie nicht verstehe, all diese Kunstexperten und ihre Definitionen. Ich sehe, ich spüre Wirkung, fühle mich fasziniert, sehe die Faszination bei anderen. Ich weiß nicht, was Wasser ist. Aber es ist wunderbar. Das merke ich beim Trinken, Schwimmen und Segeln. Nicht beim Definieren.

Als ich mich Mitte der 70er Jahre entschloss, in den Verwaltungs-, Aufenthalts- und Produktionsräumen der Herta-Fleischfabrik in Herten, Nordrhein-Westfalen, Kunst auszustellen, tat ich das als Amateur, als Liebhaber. Natürlich gab es Leute, die lange vorher Kunst in den öffentlichen Raum geholt hatten; es gab zum Beispiel diverse Skulpturenparks. Aber Kunst in Produktionsräumen - sehr wertvolle Originalkunstwerke noch dazu -, das gab es so noch nicht.

Wir hatten damals kein theoretisches Gerüst. Nur ein paar Erwartungen, von denen ich noch reden will. Erwartungen, so wie experimentierende Chemiker eine hypothesenhafte Vorstellung von dem haben, was passieren könnte beziehungsweise sollte. Und ehe ich versuche, die ganze Aktion »Kunst geht in die Fabrik« - die mittlerweile lange schon Kunstgeschichte ist - Revue passieren zu lassen, fokussiere ich lieber ein Kunststück. Eines von ganz besonderer Bedeutung für mich - und, wie ich glaube, sehr weit darüber hinaus. Ich rede von einem Kunststück (Kunst-Stück, weil ich das Gerede über die Frage, was ein Kunst-Werk sei, vermeiden will), das sehr viel über unsere Situation im 21. Jahrhundert aussagt. Es sagt, nein, es schreit: Unser Fleischhunger bedroht uns und alle Kreaturen.

Ich meine das einmalige Kunststück eines berühmten zeitgenössischen Künstlers. Da war dieser alte Buick - eine Metaphernkiste, ein sprechendes Auto, ein Seelenauto, ein Bedeutungsträger mit Kotflügeln. Dieses Auto, eine Installation meines Freundes, des großen Fluxus-Künstlers Wolf Vostell, erzählt die Geschichte der industrialisierten Fleischproduktion. Eine Geschichte, deren Teil ich bin.

*

Bevor ich in das abgelegene kleine Museum in Marl reise, in dem Vostells Objekt-Auto »Mit(h)ropa« (Großes Environment, 1974) heute steht, muss ich mir noch einmal seinen alten Einstellplatz und dessen Umfeld vergegenwärtigen. Das Umfeld, aus dem heraus damals Kunst in die Fabrik ging. Ich werde aber nicht in Herten durch »unsere« Gebäude und Räume streifen - ich bin nicht mal sicher, ob man mich heute ließe. Ich habe die Produktionsstätten, den Gesamtbetrieb und den Namen Herta 1984 an den Weltkonzern Nestlé verkauft, der an gleicher Stelle weitermachte. Ein Rundgang durch heutige Realitäten würde nichts bringen außer vielleicht einem Klopfen unter vernarbten Wunden.

Der Anfang von »Kunst geht in die Fabrik« war einer, der mit Expansion zu tun hatte. Die alte Schweisfurth-Produktionsstätte mitten in Herten drohte die Grenzen des Wachstums zu sprengen. Über die Jahrzehnte hatten wir verdichtet, zu- und dafür vorher partiell abgebaut, umgebaut und angeflickt. Unser Werk gehörte zu Herten, wir waren nach dem Bergbau der zweitgrößte Arbeitgeber mit 2200 Menschen in Lohn und Brot. Aber an Tagen mit Inversionswetterlage roch das 40000-Einwohnerstädtchen wie ein schlecht belüfteter Schweinestall. Hunderte von Herta-Schnelldienstfahrzeugen blockierten zu Stoßzeiten die Innenstadt. Und weil absehbar war, dass wir auch weiterhin expandieren mussten, begaben wir uns auf die Suche nach einem Platz an Hertens Stadtrand.

Er wurde gefunden. Aber ich wollte nicht einfach nur einen neuen Ort, ich wollte auch eine neue Zeit. Mit den alten Produktionsstätten in der Feldhege ging eine Epoche zu Ende und die neue - das spürte ich mehr, als dass ich es wusste - durfte nicht einfach nur die kalendarische Fortsetzung der alten sein. Man sagt ja oft, wenn man von etwas schwer Greifbarem, noch Unbestimmtem spricht, es »schwebe einem vor«. Wie ein Geist, körperlos, noch schwach an Konturen. Aber eben doch anwesend.

Was mir vorschwebte, war ungefähr dies: Alt-Herta war, so gut es der Ort zuließ, nach der Norm gewachsen, um räumlich das bereitzustellen, was der wirtschaftlichen Produktion am ehesten entspricht. Das schien mir für die Zukunft zu wenig zu sein. Menschen im Alter von 20 bis 60 verbringen den weitaus größten Teil ihrer Nichtschlafenszeit am Arbeitsplatz. Nicht zuletzt deshalb hat die Verbesserung von Lebensqualität sehr viel mit Arbeitsplatzqualität zu tun. Qualität? Das hatten wir Hertaner bis dato immer nur auf unsere Produkte und die Art ihrer Vermarktung bezogen.

Aber das war eine zu enge Sicht. Ich hatte Ende der 70er Jahre die damals gerade auf Deutsch erschienene Ausgabe von Ernst Friedrich Schumachers »Small is beautiful« gelesen. Ein Jahrhundertbuch, das dazu beitrug, den Gesamtkomplex Herta - mit seinen zehn Fabriken in mehreren europäischen Ländern, mit einem Jahresumsatz von 1,5 Milliarden Mark - zu weitgehend selbstständigen und damit kleineren Einheiten zu reformieren. Und, für mich noch viel wichtiger, das Buch, das schließlich dafür verantwortlich war, dass ich im Jahr 1984 die Brücke des Supertankers Herta verließ, um auf einem kleinen Küstenmotorschiff auf Gegenkurs zu gehen.

Das sagt und schreibt sich heute viel einfacher, als es sich damals im Dickicht des Gewachsenen erkennen ließ. Ich griff oft zu »meiner Bibel«. Vom »menschlichen Maß« sprach Schumacher. Das klang richtig und schön! Aber klang es nicht zu schön, um wahr zu sein? Was bitte sollte das für einen Industriekapitän und seine diversen Supertanker bedeuten, das menschliche Maß? Die Maßgaben unseres bisherigen Erfolges waren: Kosten senken, Umsatz erhöhen und stetig wachsen. Aber Schumachers Haken saß.

Solche Gedanken - die Thesen vom »Ende des Wachstums« kamen erst ein wenig später auf die Agenda - hatte ich nicht exklusiv, keineswegs. Und das Wort von der »Humanisierung des Arbeitsplatzes« war zwar noch nicht in aller Munde, aber durchaus schon auf relevanten Schreibtischen (wo es meist verblieb).

In der BRD gab es ab Mitte der 70er Jahre beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung ein Forschungsprogramm zur Frage, wie der Schutz von Gesundheit und Leben mittels neuer Technologien und mithilfe wissenschaftlicher Erkenntnisse zur »menschengerechteren Gestaltung der Arbeitsbedingungen« führen könne. Davon wusste ich. Aber wusste ich deshalb mehr? Ich war nie ein Sozialromantiker. Ich hing auch nie der Illusion nach, dass allein schon hellere Räume das (Arbeits-)Leben erträglicher und »lichtvoller« machen könnten. Und der wunderbare Satz von Picasso »Wenn ich arbeite, ruhe ich mich aus. Nichtstun ermüdet mich« gilt vielleicht für Künstler, wohl kaum für Fließbandarbeiter. Dennoch: Es sollte möglich sein, die Unwirtlichkeit der Produktionsstätten wenn schon nicht abzuschaffen, so doch ein Stück weit zu »entbrutalisieren«. Aber wie könnte das gehen, so meine Frage an mich selbst und an etliche Weggefährten? Wie, wenn die Baustoffe nicht Luft und Liebe, Firnis und Marmor, sondern Beton und Glas, Stahl und Putz sind? Sein müssen.

Ich hatte das Glück - und das mehrfach im Leben -, zu Fragen, die mich gerade umtrieben, den richtigen Antwortgeber zu finden. Als ich mich damit befasste, wie der Neubau des Herta-Zentralwerkes gestaltet werden könnte, lernte ich Werner Ruhnau kennen. Ruhnau hatte schon damals den Ruf eines herausragenden Architekten, dessen persönliche Statik auf den Grenzen zwischen Kunst und Bau ruht. Fasziniert hatte mich ganz besonders seine unbedingte Liebe zu handwerklicher Qualität. Es hieß von ihm, dass er gerne - nach Vorbild der mittelalterlichen Großbaumeister, die in sogenannten Bauhütten auf der Dombaustelle hausten - im Körperkontakt mit seiner jeweiligen Schöpfung lebte. Es hieß ferner, dass er mit großen...

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Autor

Karl Ludwig Schweisfurth gilt als Pionier auf dem Gebiet der ökologischen Erzeugung von »Lebens-Mitteln«. Der ehemalige Eigentu¿mer von Herta, des einstmals größten industriellen Fleischproduzenten Europas, gru¿ndete Mitte der 1980er Jahre die Herrmannsdorfer Landwerkstätten und die Schweisfurth-Stiftung.
Die Herrmannsdorfer Landwerkstätten gelten als »Leuchtturm« und Beispielbetrieb fu¿r andere Formen des Lebens und Arbeitens mit der Natur; im Zentrum steht vor allem die artgerechte Haltung der Nutztiere. Die Schweisfurth-Stiftung fördert innovative Ansätze in Wissenschaft, Wirtschaft und Bildung, die fu¿r die Entwicklung einer Kultur der Nachhaltigkeit wegweisend sind.