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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
251 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am01.08.20131. Auflage
Das Leben ist Theater und Hiddensee die Bühne!

Die Tänzerin Lili Martin will auf Hiddensee die Urne ihres Vaters beisetzen. Außerdem soll sie dort ihrer Tante, die auf der Insel die 'Pension Weltfrieden' führt, eine goldene Brosche zurückgeben, die eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Stück aus dem Goldschatz der Insel hat. Doch ihre Tante ist verschwunden, und die Dauergäste der Pension geben Lili recht unmissverständlich zu verstehen, dass sie nicht erwünscht ist. Zum Glück hilft ihr wenigstens Alexander, ein junger Kellner, der sich offenbar in sie verliebt hat. Er bedrängt sie, die Insel zu verlassen, doch Lili will erst ihre Familienangelegenheiten regeln. Und dabei entdeckt sie eine Ungeheuerlichkeit nach der nächsten ...

»Dieser Roman ist vieles in einem: Ost-West-Satire und Romanze, Urlaubsgeschichte und Krimi - und eine große Liebeserklärung an Hiddensee.« Klaus Modick, Deutschlandfunk.

»'Land in Sicht' ist Krimi, Lovestory und Märchen in einem. Am Strand, auf Hiddensee oder sonst wo, wird er, trotz Sonnenschein, das ein oder andere Nackenhaar in die Höhe treiben. Und zu einem bösen Lachen reizen.« Die Tageszeitung.


Norbert Klugmann, geboren 1952 in Uelzen, ist Autor von 40 Büchern; er lebt in Hamburg.
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Produkt

KlappentextDas Leben ist Theater und Hiddensee die Bühne!

Die Tänzerin Lili Martin will auf Hiddensee die Urne ihres Vaters beisetzen. Außerdem soll sie dort ihrer Tante, die auf der Insel die 'Pension Weltfrieden' führt, eine goldene Brosche zurückgeben, die eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Stück aus dem Goldschatz der Insel hat. Doch ihre Tante ist verschwunden, und die Dauergäste der Pension geben Lili recht unmissverständlich zu verstehen, dass sie nicht erwünscht ist. Zum Glück hilft ihr wenigstens Alexander, ein junger Kellner, der sich offenbar in sie verliebt hat. Er bedrängt sie, die Insel zu verlassen, doch Lili will erst ihre Familienangelegenheiten regeln. Und dabei entdeckt sie eine Ungeheuerlichkeit nach der nächsten ...

»Dieser Roman ist vieles in einem: Ost-West-Satire und Romanze, Urlaubsgeschichte und Krimi - und eine große Liebeserklärung an Hiddensee.« Klaus Modick, Deutschlandfunk.

»'Land in Sicht' ist Krimi, Lovestory und Märchen in einem. Am Strand, auf Hiddensee oder sonst wo, wird er, trotz Sonnenschein, das ein oder andere Nackenhaar in die Höhe treiben. Und zu einem bösen Lachen reizen.« Die Tageszeitung.


Norbert Klugmann, geboren 1952 in Uelzen, ist Autor von 40 Büchern; er lebt in Hamburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841207210
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum01.08.2013
Auflage1. Auflage
Seiten251 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1339510
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
EINS

Ein weißer Blitz spaltete das Schiff vom Mast bis zum Kiel. Lili wurde von der Explosion in den brennenden Himmel geschleudert, trudelte durch die Luft und stürzte kopfüber in die See. Neben ihr klatschten Balken auf das Wasser, Bleche schossen sirrend vom Boot weg und stachen wie Lanzen in die Fluten keinen Meter entfernt. Feuriger Regen verwandelte sich zischend in Dampf, gierig schluckten lodernde Wellen den Kahn, und Lili sank dem Meeresgrund entgegen.

Die Welt unter Wasser war kalt und silbriggrauschwarz, aber sie war nicht stumm. Lili hörte eine Stimme: Weit draußen im Meer ist das Wasser so blau wie die Blätter der schönsten Kornblume und so klar wie das reinste Glas. Ein Echo vervielfachte den Klang. Aber es ist sehr tief, tiefer, als irgendein Ankertau reicht, viele Kirchtürme müßten aufeinander, gestellt werden, um vom Boden bis über das Wasser zu reichen. Dort unten wohnt das Meervolk. War es jetzt ein für allemal mit dem Tanzen vorbei? Meerjungfrauen besitzen keine Füße, aber auch sie, Wunder der See, können tanzen. Das Meerballett. Seeanemonen im Haar, acht Austern am schuppigen Schweif, schwebten sie sachte durch ihr Element. Sie hatten alle Zeit der Welt, aber Lili war eine schlechte Zuschauerin, sie verlangte nach einem anderen Element, Lungen und Hirn schrien nach Luft, sie wollte atmen, wollte leben. Leben war die Bedingung für so vieles.

Neben ihr sanken Reste des Schiffs in die Tiefe, wirkten, als wüßten sie, wohin die Reise geht. Luftblasen befreiten sich aus trudelnden Stücken und strebten kollernd nach oben. Wolken schwarzen Öls verdunkelten die Sicht. Wachen Auges sank Lili der Ewigkeit entgegen, abwärts ins immer dunkler werdende Grau. Woher kam die Stimme, die ihren Namen rief? Wo blieb der Kuß des Prinzen, um sie aus dem hundertjährigen Schlaf zu erwecken? Dies war kein Tanz, kein Drama, kein Spiel. Dies war Leben. Oder Tod. Lili wollte atmen, aber sie wußte, daß Atmen, so wie die Umstände waren, Sterben bedeuten würde. Sie mußte auf kürzestem Weg nach oben. Nur nicht den Mund öffnen jetzt, es war nicht der Moment für Experimente, einmal den Mund geöffnet, einmal kaltes salziges Wasser geschmeckt und dann geschluckt, Wasser im Mund, in Luft- und Speiseröhre, Wasser in den Lungen, alles, was Hohlraum war, von Wasser gefüllt. Würgen würde sie, weinen, strampeln, toben, den Tod schmecken, alles würde sie rückgängig machen wollen, es war ja nur eine Probe, man durfte irren und alles besser machen wollen. Aber der Mensch ertrinkt nur einmal, im vollen Bewußtsein, daß der Körper, was er tut, zum Tode hin tut. Der Tod ist eine Möglichkeit, und irgendwann würde sie ihn wählen, wenn sie Glück hatte, nach einem erfüllten Leben. Aber nicht jetzt, nicht mit 23 Jahren, nicht nicht nicht. Nicht sich dabei zusehen, wie man stirbt, Panik bis zur vorletzten Sekunde, Staunen in der letzten. Dann nur noch Frieden. Sie wollte das nicht, wollte nicht sterben. Sie wollte tanzen. Tanzen war ihre Welt, jenseits des Tanzbodens lauerte das Verderben. Auf das Schiff war sie nur gelangt, weil sie die Tanzbühne verlassen hatte. 25 mal 40 Meter, ihre Welt, vor und hinter dem Eisernen Vorhang. Auf dem Boden Markierungen, Standpunkte, Startpunkte. Unter Wasser war sie nicht zu Hause, hier hatte sie nie geübt, sie stellte sich plump an, linkisch. Kein Naturtalent beim Sterben.

Plötzlich war Musik da. Kein Echo, kein Dämpfer. Kristallklare Musik, brillant in den Höhen. Das Thema, ihr Thema. Das Orchester spielte, der Prinz sprang und schwebte über die Bühne. Neben ihr trudelte der abgerissene Mast in die Tiefe. Immer dramatischer, immer schneller, drängender die Töne aus dem Orchestergraben, höher die Sprünge. Gleich würde er bei ihr sein, den Vorhang zerreißen, die Dornenhecke mit seinem Degen teilen. Der Prinz würde sie küssen, Lili würde atmen, und alles wäre gut. Zart wie ein Hauch berührten seine Lippen Lilis Stirn, sie öffnete die Augen, hob suchend und bittend den Arm. Sie strebte, sie schwamm, kämpfte sich zum Himmel vor. Der Prinz half ihr vom Rosenlager auf die Beine. Mit mächtig-triumphierendem Druck stiegen Klangwolken wie Sauerstoffblasen aus dem Orchestergraben. Die Dornenmauer war gefallen, das zeitenlose Gefängnis öffnete sich, im Handumdrehen erblühte die Hecke zu unglaublicher Pracht. Wenige tastende Schritte, dann tanzten Prinz und Prinzessin zu den heiteren Fanfaren federleicht in etwas Neues hinein. Über ihr tanzte die Sonne auf den Wellen. Wild und glücklich strebte sie ihr entgegen, gleißendes Licht um sie und über ihr. In ihren Ohren klang das magische Tremolo von fünfundneunzig Takten schimmernder Harmonie, während sich der Prinz durch die Dornenhecke kämpfte. Dann war plötzlich Stille, es wurde dunkel, und der Vorhang schloß sich.

In der Pause standen die Mitglieder des Corps de ballet in fürstlichen Roben in der Opernkantine vor dem kleinen Fernsehgerät und verfolgten die Wiederholung der Rede des Parteifunktionärs aus dem östlichen Teil der Stadt. Lili war auch dabei, aber sie befand sich auf dem Höhepunkt der Konzentration, in ihrem Kopf war Platz für »Dornröschen«, für das, was noch kommen sollte nach zwei Akten, in denen sie vor Anspannung mehr als einmal leise gestöhnt hatte. Sie fühlte sich nicht überfordert, kein Gedanke daran, aber sie wollte es besonders gut machen. Heute war der Abend, hic Rhodus, hic salta, der wichtigste Abend im Leben einer Tänzerin von 21 Jahren. Deshalb sah sie zwar die Bewegung auf dem Bildschirm, hörte das Raunen, spürte die Überraschung der Kollegen auf der Haut. Sie hörte ungläubige und aufgeregte Fragen, es ging nicht länger nur um das Lampenfieber, dessen Herrschaft sie sich bei Premieren willig unterwarfen, weil sie nur gut sein konnten, wenn in ihnen das Feuer brannte. Hier die Premiere von »Dornröschen«, dort die Bilder auf dem Schirm des altersschwachen Geräts. Hier das getanzte Märchen, dort das aber Lili war Aurora, auch in der Pause. Für die Aufregungen der Welt würde sie erst in zwei Stunden wieder empfänglich sein wenn überhaupt. Denn heute war ihr Abend. Und auf den Abend sollte ihre Nacht folgen. Lili liebte Premierenfeiern, auch wenn sie nur eine aus der dritten Reihe war und kein einziges Solo hatte. Vergangenheit, schon nicht mehr wahr, heute bat Aurora zum Umtrunk, die Kühlschränke faßten die Flaschen kaum. Lilis Konto sah aus wie nach einem Überfall. Aber wofür ihr Geld ausgeben, wenn nicht hierfür? Die Pause ging zu Ende, der Inspizient bat darum, die Plätze einzunehmen. Aber da war der Fernsehapparat. Als Lili sich umdrehte, sah sie, daß niemand ihr folgte. Sie war begierig zu tanzen, weil Tanzen ihr Leben war. Was war das auf dem Bildschirm?

Beiläufig gab ein Mann mit einer Stimme, der alles Offizielle abging, neue Reiseregelungen für die Bürger seines Staates bekannt. Vor dem Bildschirm Konfusion: Rufe, Skepsis, sogar Lachen, unsichere Blicke nach rechts und links.

Lili: »Los, Leute, die Arbeit ruft.«

Der Koch: »Aber begreifst du denn nicht ?«

Natürlich begriff sie, Lili Martin tanzte »Dornröschen«. Was für ein Ereignis. Geträumt in tausend Nächten. Sie kannte die Schlagzeilen der Zeitungen vom nächsten Tag, hatte sie oft genug getextet, allein für sich oder im Kreis der Freundinnen. »Dornröschen verzaubert die Stadt«. »Nach diesem Ballettabend ist nichts mehr, wie es war.« Der lähmende Zauber der bösen Fee war gebrochen. Das verwunschene Schloß erwachte zu neuem Leben, seine Bewohner weinten vor Freude.

Während der wochenlangen Proben waren Meldungen bis in den Ballettsaal und an Lilis Ohr gedrungen, daß sich etwas tat in dem nur wenige Schritte entfernten fernen Land. Angeblich war viel Nervosität in der Luft jenseits der langen Mauer. Aber die Geschichte mußte warten, denn Lili war im Begriff zu tanzen, die Aurora in »Dornröschen« war ihre erste große Rolle. Zu früh, wie Skeptiker meinten, aber unausweichlich. Die Primaballerina hatte sich das Knie verdreht, und Lili bekam ihre Chance. In der dritten Reihe tanzt man nicht, dort tritt man auf der Stelle.

»Es geht weiter«, sagte Lili in der Tür der Kantine, aber sie sprach nur zu Hinterköpfen. Sie blickte noch einmal auf den Bildschirm, vielleicht war dort etwas, was sie bisher übersehen hatte. Doch sie sah nichts als eine langweilige Männerriege, öde gekleidet hingen die Funktionäre in schlechter Körperhaltung auf bedrückend schlichtem Konferenzgestühl und lauschten dem Sprecher, der mit müder Stimme die Grenze öffnete.

Als sie am Bühnenrand stand, um sich zu verneigen, rauschte der Beifall auf. Sie dachte: Mehr! Mehr! Mehr! Ihr habt zwei Stunden faul auf euern Hintern gesessen, ihr habt Kraft genug. Sie zählte die Vorhänge mit, es gab eine Zahl, die unbedingt erreicht werden mußte. Sie hatte die Zahl niemandem verraten. Nach dem letzten Vorhang leerte sich das Theater so schnell wie selten jemals. Plötzlich stand Lili allein in ihrer Garderobe, allein mit ihren aufgewühlten Gefühlen, allein mit den obligatorischen Sträußen, vorgedruckt das Toi-toi-toi. Auf diesen Abend hatte sie sich gefreut, ach was, für diesen Abend hatte sie diesen Beruf gewählt und keinen der 500 anderen, für diesen Augenblick hatte sie ein Tänzerinnenleben lang geübt, Tausende Stunden. Für diesen Abend hatte sie sich mehr als einmal die Füße blutig getanzt. Sie war in den letzten Jahren häufiger beim Orthopäden gewesen als beim Zahnarzt. Nun waren die Küsse der Kollegen verweht, viele waren in der Luft zerplatzt, andere glühten auf den Wangen nach. Das Tablett mit den Sektgläsern war noch halb voll, im Kühlschrank in der Stehküche lagen Flaschen auf Eis und nicht die schlechteste Sorte. Der Kühlschrank...
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