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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Diogeneserschienen am18.12.20133. Auflage
Seit der Heirat seiner ehemaligen Freundin Annabelle führt der Chemiker David Kelsey ein Doppelleben. Unter falschem Namen hat er sich ein Haus gemietet, in dem er ohne Wissen seiner Freunde die Wochenenden verbringt. Hier hat er sich eine Traumwelt aufgebaut, in der er sich einbildet, mit Annabelle zusammenzuleben. Eines Tages erscheint Annabelles Mann im Wochenendhaus, um Kelsey zur Rede zu stellen.

Patricia Highsmith, geboren 1921 in Fort Worth/Texas, wuchs in Texas und New York auf und studierte Literatur und Zoologie. Erste Kurzgeschichten schrieb sie an der Highschool, den ersten Lebensunterhalt verdiente sie als Comictexterin, und den ersten Welterfolg erlangte sie 1950 mit ihrem Romanerstling ?Zwei Fremde im Zug?, dessen Verfilmung von Alfred Hitchcock sie über Nacht weltberühmt machte. Patricia Highsmith starb 1995 in Locarno.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR21,90
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextSeit der Heirat seiner ehemaligen Freundin Annabelle führt der Chemiker David Kelsey ein Doppelleben. Unter falschem Namen hat er sich ein Haus gemietet, in dem er ohne Wissen seiner Freunde die Wochenenden verbringt. Hier hat er sich eine Traumwelt aufgebaut, in der er sich einbildet, mit Annabelle zusammenzuleben. Eines Tages erscheint Annabelles Mann im Wochenendhaus, um Kelsey zur Rede zu stellen.

Patricia Highsmith, geboren 1921 in Fort Worth/Texas, wuchs in Texas und New York auf und studierte Literatur und Zoologie. Erste Kurzgeschichten schrieb sie an der Highschool, den ersten Lebensunterhalt verdiente sie als Comictexterin, und den ersten Welterfolg erlangte sie 1950 mit ihrem Romanerstling ?Zwei Fremde im Zug?, dessen Verfilmung von Alfred Hitchcock sie über Nacht weltberühmt machte. Patricia Highsmith starb 1995 in Locarno.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783257603965
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum18.12.2013
Auflage3. Auflage
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1688 Kbytes
Artikel-Nr.1339519
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

[9] 1

Es war die Eifersucht, die David nicht schlafen ließ, ihn aus dem zerwühlten Bett in der dunklen, stillen Pension hinaus auf die Straße trieb.

Allerdings lebte er mit dieser Eifersucht nun schon so lange, daß die üblichen Begleitbilder und Assoziationen, die direkt aufs Herz zielen, nur mehr unterschwellig auf ihn wirkten. Jetzt ging es bloß noch um die SITUATION, und die war und blieb unverändert, und das seit fast zwei Jahren. Zwecklos, sie im einzelnen aufzudröseln. Die SITUATION war wie ein Stein, ein an die fünf Pfund schwerer Stein, den er Tag und Nacht in der Brust trug, nur daß es abends und nachts, wenn er nicht arbeitete, ein bißchen schlimmer war als bei Tage.

Die Straßen in dem ziemlich heruntergekommenen Villenviertel waren jetzt, kurz nach Mitternacht, finster und menschenleer. David bog in einen abschüssigen Seitenweg ein, der zum Hudson River hinunterführte. Hinter sich hörte er schwach das Tuckern anspringender Automotoren: Das Kino an der Main Street war aus. Er hielt sich hart am Bordstein, um einem verwachsenen Baum aus dem Weg zu gehen, dessen Stamm sich weit übers Trottoir neigte. Aus dem Eckzimmer im Obergeschoß eines zweistöckigen Holzhauses drang ein gelbliches Licht. Liest da einer [10] noch so spät, überlegte David, oder mußte bloß mal jemand aufs Klo? Ein Mann ging vorbei, träge und torkelnd, ein Betrunkener. Gleich hinter dem Schild mit der Aufschrift SACKGASSE stieg David über einen niedrigen weißen Zaun auf ein Schotterfeld und starrte mit verschränkten Armen geradeaus in die Finsternis, auf den Fluß. Richtig sehen konnte er ihn nicht, aber riechen, und er wußte, daß er da war - graugrün, tief und verdreckt. An die fünf Minuten trotzte David, der ohne Jackett aus dem Haus gegangen war, dem schneidenden Herbstwind, dann machte er kehrt und sprang über den Zaun zurück auf die Straße.

Der Weg zur Pension führte ihn an Andys Diner vorbei, einem Aluminiumcontainer, der diagonal zur Fahrbahn auf einem unbebauten Grundstück stand. Obwohl er nichts essen, ja sich nicht einmal aufwärmen wollte, ging David rein. Die beiden einzigen Gäste, zwei Männer, saßen weit auseinander, und David nahm sich einen Hocker etwa in der Mitte zwischen ihnen. Es roch nach brutzelnden Hamburgern und ganz schwach auch nach dem dünnen Kaffee, den David nicht mochte. Sam, ein kräftiger Mann mit schleppendem Gang, führte das Diner zusammen mit seiner Frau. Andy war, so hatte David von irgendwem gehört, vor ein paar Jahren gestorben.

»´n Abend, wie geht´s?« grüßte Sam müde und wischte, ohne aufzusehen, flüchtig mit einem Lappen über die Theke.

»Danke. Ich hätte gern einen Kaffee.«

»Schwarz?«

»Ja, bitte.«

Mit Milch und Zucker schmeckte der Kaffee hier fast [11] wie Tee und hätte sicher niemanden wach gehalten. David stützte sich mit dem Ellbogen auf den Tresen, ballte die klamme Rechte zur Faust, und während er sie mit der linken Hand warm rubbelte, starrte er blicklos auf eine grellbunte Speisereklame. Jemand kam herein und setzte sich neben ihn, ein Mädchen. David schaute nicht mal hin.

»Guten Abend, Sam«, sagte das Mädchen, und sofort hellte Sams Miene sich auf.

»Hi! Wie geht´s uns heute? Was darf´s sein? Wie immer?«

»Mhm. Mit viel Schlagsahne.«

»Macht aber dick.«

»Ach, damit hab ich keine Probleme.« Sie wandte sich David zu. »Guten Abend, Mr. Kelsey.«

David schrak zusammen und sah sie an. Nein, er kannte sie nicht. »Guten Abend«, erwiderte er, lächelte mechanisch und blickte wieder geradeaus.

Nach einer kleinen Pause fragte das Mädchen: »Sind Sie immer so schweigsam?«

Diesmal sah er sie bewußt an und dachte: Das ist kein Flittchen, bloß ein ganz normales Mädchen. »Doch, schon«, versetzte er wortkarg und zog den Kaffeebecher zu sich heran.

»Sie erinnern sich wohl nicht mehr an mich, wie?« fragte sie lachend.

»Nein, tut mir leid.«

»Ich wohne auch bei Mrs. McCartney.« Sie lächelte strahlend. »Montag abend hat sie uns doch miteinander bekannt gemacht, und im Speisezimmer seh ich Sie auch jeden Abend. Aber ich frühstücke vor Ihnen. Ich heiße [12] übrigens Effie Brennan. Freut mich, zum zweitenmal Ihre Bekanntschaft zu machen.« Dabei nickte sie ihm so schwungvoll zu, daß ihre hellbraunen Haare mitwippten.

»Ganz meinerseits«, sagte David. »Tut mir leid, daß ich so ein schlechtes Gedächtnis habe.«

»Ach, für Gesichter vielleicht. Aber als Wissenschaftler sind Sie ein genialer Kopf, sagt Mrs. McCartney. - Danke, Sam.«

Sie beugte sich über ihre Schokolade, sog das Aroma ein, und David bekam, auch ohne hinzusehen, mit, wie sie heimlich den Löffel an ihrer Papierserviette abwischte, bevor sie ihn in die Tasse tunkte und anfing, mit dem Sahnehäubchen zu spielen, das sie wieder und wieder in die Schokolade stippte.

»Sie waren heute abend nicht zufällig im Kino, oder, Mr. Kelsey?«

»Nein.«

»Da haben Sie auch nicht viel versäumt. Aber ich bin einfach ein wahnsinniger Kinofan. Vielleicht, weil ich keinen Fernseher mehr habe. Die Mädels, mit denen ich früher zusammenwohnte, die hatten einen, aber er gehörte ausgerechnet der, die dann ausgezogen ist. Zu Hause habe ich selber einen, aber ich bin schon seit einem halben Jahr nicht mehr daheim gewesen, außer zu Besuch. Ich komme übrigens aus Ellenville. Sie sind auch nicht von hier, oder?«

»Nein, aus Kalifornien.«

»Oh, Kalifornien!« wiederholte sie andächtig. »Na ja, da kann Froudsburg wohl nicht mithalten, aber für meine Verhältnisse ist das hier schon eine richtige Stadt.« Wieder zeigte sie ihr strahlendes Lächeln. Sie hatte große, kräftige [13] Vorderzähne und ein relativ schmales Gesicht. »Ich hab hier eine gute Stelle als Sekretärin in einem Holzlager. Bei Depew - vielleicht sagt Ihnen der Name was? Ein schönes Appartement hatte ich auch schon, aber dann hat eine aus unserer Wohngemeinschaft geheiratet, und ohne sie konnten wir die Miete nicht mehr bezahlen. Jetzt bin ich auf der Suche nach was Erschwinglichem. Auf Dauer möchte ich nämlich nicht bei Mrs. McCartney hängenbleiben.« Sie lachte.

David wußte nicht, was er darauf sagen sollte.

»Fühlen Sie sich denn da wohl?« fragte sie.

»Ach, es geht so.«

Sie beugte sich tief über die Tasse und trank einen Schluck. »Na ja, als Mann macht einem das vielleicht nicht soviel aus, aber ich hab doch lieber ein Bad für mich allein. Wohnen Sie eigentlich schon lange dort?«

»Etwas über ein Jahr.« David spürte den Blick des Mädchens auf sich ruhen, obwohl er sie nicht ansah.

»Was? Na, dann muß es Ihnen wohl gefallen.«

Das hatte er auch schon von anderen gehört. Alle Welt und selbst dieses Mädchen, das doch gerade erst bei Mrs. McCartney eingezogen war, wußte, daß er gut verdiente. Früher oder später würde irgendwer aus der Pension ihr auch sagen, was er mit seinem Geld machte.

»Aber Mrs. McCartney hat mir erzählt, daß Sie Ihre kranke Mutter unterstützen.«

Sie wußte es bereits. »So ist es«, sagte David.

»Mrs. McCartney findet das großartig von Ihnen. Ich übrigens auch. Sie hätten nicht zufällig ein Streichholz, Mr. Kelsey?«

[14] »Tut mir leid, aber ich rauche nicht.« Er hob die Hand. »Sam, haben Sie mal Feuer?«

»Klar.« Sam schob David im Vorbeigehen mit der freien Hand ein Streichholzheftchen hin.

Das Mädchen hielt sich die Zigarette zwischen zwei Fingern an die Lippen, als erwarte sie, daß David ihr Feuer geben würde, doch er reichte ihr nur lächelnd die Streichhölzer, legte ein Zehncentstück auf die Theke und rutschte vom Hocker. »Gute Nacht dann.«

»Sekunde, ich komme mit. Das heißt, wenn Sie auch nach Hause wollen.«

David blieb stumm, aber er saß in der Falle. Als er ihr notgedrungen die Schiebetür öffnete, erzählte sie gerade, daß sie immer zur Kaffeepause ins Diner komme, weil das Holzlager ganz in der Nähe sei. Sie plapperte unbekümmert drauflos, und David tat so, als ob er zuhören würde. Sie erkundigte sich nach seiner Beratertätigkeit bei Cheswick Fabrics, und er antwortete, es gehe einfach darum, diverse Konkurrenten abzuwimmeln, die in der Fabrik rumschnüffelten, um beispielsweise hinter die Rezeptur ihrer Schaumstoffspülung zu kommen.

»Och, jetzt nehmen Sie mich aber auf den Arm! Mrs. McCartney sagt, Sie sind der Boss bei Cheswick und Sie gehen nicht zu den Leuten hin, sondern die müssen zu Ihnen kommen, weil Ihre Firma Sie auch nicht einen Tag entbehren kann.« Das Mädchen redete wie ein Wasserfall, und ihre klare Stimme hallte laut durch die schlafende Straße.

»Keine Ahnung, wo sie das herhat. Unser Boss ist ein gewisser Lewissohn. Ich bin nur der Chefingenieur. Ein ganz gewöhnlicher Chemiker.«

[15] »Apropos Chemie! Ich wette, bei Mrs. McCartney im oberen Bad ließe sich ein brandneuer Stoff analysieren«, sagte sie lachend. »Haben Sie das orangene Zeug in der Wanne gesehen, unterm Wasserhahn? Allmächtiger!«

David, der wußte, worauf sie anspielte, lachte mit. Und unter der nächsten Straßenlaterne schaute er sich das Mädchen genauer an. Sie war knapp einsfünfundsechzig groß, etwa vierundzwanzig Jahre alt, nicht direkt hübsch, aber auch nicht unansehnlich. Ihre hellbraunen Augen blickten freimütig und mit einer gewissen Verschmitztheit...
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Autor

Patricia Highsmith, geboren 1921 in Fort Worth/Texas, wuchs in Texas und New York auf und studierte Literatur und Zoologie. Erste Kurzgeschichten schrieb sie an der Highschool, den ersten Lebensunterhalt verdiente sie als Comictexterin, und den ersten Welterfolg erlangte sie 1950 mit ihrem Romanerstling >Zwei Fremde im Zug