Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Das Weihnachtshasser-Buch

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am01.10.20111. Auflage
Sie können das «Stille Nacht»-Gedudel nicht mehr hören? Sie möchten die weihnachtliche Familienfeier unter dem Sofa verbringen und Christbaumkugeln lieber als Wurfgeschosse verwenden? Sie haben genug gelitten! Denn Dietmar Bittrich gibt boshafte Tipps für das alternative Weihnachtsprogramm. Mit erfrischendem Witz zeigt der «legitime Erbe von Kishon und Loriot» (Welt am Sonntag), wie man Weihnachten feiert - und trotzdem glücklich ist.

Dietmar Bittrich, Jahrgang 1958, lebt in Hamburg. Er gewann den Hamburger Satirerpreis und den Preis des Hamburger Senats. Im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienen von ihm u.a. der Bestseller 'Alle Orte, die man knicken kann'. Seit 2012 gibt er die erfolgreiche Weihnachtsanthologie mit Geschichten rund um die bucklige Verwandtschaft heraus. Mehr erfahren Sie unter: www.dietmar-bittrich.de
mehr

Produkt

KlappentextSie können das «Stille Nacht»-Gedudel nicht mehr hören? Sie möchten die weihnachtliche Familienfeier unter dem Sofa verbringen und Christbaumkugeln lieber als Wurfgeschosse verwenden? Sie haben genug gelitten! Denn Dietmar Bittrich gibt boshafte Tipps für das alternative Weihnachtsprogramm. Mit erfrischendem Witz zeigt der «legitime Erbe von Kishon und Loriot» (Welt am Sonntag), wie man Weihnachten feiert - und trotzdem glücklich ist.

Dietmar Bittrich, Jahrgang 1958, lebt in Hamburg. Er gewann den Hamburger Satirerpreis und den Preis des Hamburger Senats. Im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienen von ihm u.a. der Bestseller 'Alle Orte, die man knicken kann'. Seit 2012 gibt er die erfolgreiche Weihnachtsanthologie mit Geschichten rund um die bucklige Verwandtschaft heraus. Mehr erfahren Sie unter: www.dietmar-bittrich.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644449916
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum01.10.2011
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1374915
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe




WIR TRAINIEREN ÜBERLEBENSFORMELN


Von der zweiten Adventswoche an wird der Druck des Festes unangenehm spürbar. Krisenzentralen und Telefonseelsorge müssen jetzt das Personal erhöhen. Auch der Absatz von Beruhigungsmitteln steigt bedenklich.

Wir jedoch bleiben gelassen. Wir gehören zu den wenigen, die Weihnachten wirklich lieben. Sogar unser Unterbewusstsein, das dem Fest mit wachsender Beklemmung entgegensieht, können wir umstellen. Wir müssen uns lediglich ein paar autosuggestive Überlebensformeln einprägen. Hier sind die ersten sieben:

«Meine Freude auf die Familie steigert sich von Tag zu Tag.»


«Meine Lust zu feiern wird jeden Tag größer und größer.»


«Ich darf mir bei der Vorbereitung Fehler erlauben. Man wird mir verzeihen.»


«Weihnachten zu feiern ist gut für mich.»


«Durch mein fröhliches Auftreten beglücke ich meine Familie. Meine Familie ist stolz und lobt mich. Ich bekomme ein schönes Geschenk.»


«Das Falten einer Serviette in Form eines Engels fällt mir leicht.»


«Ich kann meinen Schwiegereltern jederzeit gefasst und ruhig gegenübertreten.»




WIR BAUEN UNSERE KRIPPE


Klassische Krippen gibt es wahrlich genug. Franz von Assisi hat sie in einer schwachen Stunde erfunden. Meist bestehen sie aus einem nach vorne offenen Holzhaus mit Giebel, an dem ein Stern klebt. Im Inneren befindet sich eine Futtertraufe, darauf das Kindlein auf Heu und auf Stroh, Maria und Joseph betrachten es froh, Ochs und Esel staunen, Schafe drängen heran, redliche Hirten knien betend davor, hoch oben schwebt jubelnd der Engelein Chor. Obwohl es an Weihnachten dafür eigentlich noch ein bisschen früh ist, nähern sich bereits die Heiligen Drei Könige, gewöhnlich mit Kamelen, zuweilen auch mit Elefanten, und in besonderen Fällen sogar in Begleitung von Löwen und Tigern.

Am Personal hat sich bis heute nichts geändert. Dafür haben diverse kleinliche Forscher darauf hingewiesen, dass es im Orient keine spitzen Giebeldächer gibt, schon gar keine strohgedeckten, sondern nur Flachdächer, und dass die ganze Szene vermutlich ohnehin eher in einer Grotte stattfand, abgesehen davon sei von Ochse und Esel im Evangelium keine Rede. Von dergleichen Pedanterien wollen wir uns nicht stören lassen.

Wir gehen von der klassischen Krippe aus. Falls wir keine zur Hand haben, behelfen wir uns mit neuerem Spielzeug. Kreativ arrangieren wir dann eben eine Westernstadt oder ein Piratenschiff oder gruppieren das Arsenal von Star Wars-Figuren zur Krippe.

Vermutlich haben wir jedoch ein klassisches Exemplar geerbt, das irgendwo auf dem Speicher vor sich hinstaubt. Zwar hat eines der Schafe nur noch drei Beine, und dem dritten König fehlt der Kopf, aber das macht gerade den Charme aus. Wir bauen sie also auf, unsere Krippe. Allerdings ein bisschen anders als in der Kirche. Denn wir wollen die biblischen Figuren endlich aus ihrer aufgezwungenen Starre erlösen. Nach zweitausend Jahren einförmiger Haltung sollen sie sich endlich ein wenig bewegen dürfen. Sie sollen leben und Spaß haben.

Wir beginnen, indem wir den Ochsen aufs Dach setzen. Joseph geht mal eben hinters Haus oder stellt sich an die nächste freie Ecke. Oder er trägt Handschellen (aus einer Halskette hergestellt), weil er in der ganzen Weihnachtsgeschichte nichts zu tun hat. Die Hirten spielen Fußball. Der Löwe kümmert sich derweil um die Schafe. Maria unterhält sich angeregt mit einem der drei Könige, vermutlich mit dem dunkelhäutigen. Die anderen beiden machen es sich im Stroh bequem. Die Kamele ziehen schon wieder von dannen. Und das Jesuskind schaut in den Brunnen oder fällt gerade hinein. Falls wir keinen Brunnen haben, darf es auch aufs Dach klettern. Immerhin war das Jesuskind nach übereinstimmenden Berichten Schlafwandler, wie übrigens die meisten Heiligen.

Natürlich können wir auch lustige Versteckspiele der Figuren rund um das Häuschen andeuten: Joseph muss bis 24 zählen, während die anderen schlaue Verstecke suchen - unterm Stroh, hinterm Baum, in der Futtertraufe, inmitten von Schafen oder unter dem Hängebauch eines Kameles. Es ist auch nicht verboten, Liebesszenen im Stroh zu arrangieren. Schließlich haben sich die Menschen auch damals schon fortgepflanzt. Wer mit wem und wie - das können wir uns ja alle paar Tage neu ausdenken.

Mit dergleichen Inszenierungen verleihen wir der ergrauten Weihnachtskulisse eine frische Aktualität. Deshalb wollen wir unsere Kreativität auch nicht auf den häuslichen Bereich beschränken. Überall, wo wir auf eine Krippe stoßen, in einem Kaufhaus, in einem Altersheim, in einem Kindergarten, vor allem aber in einer Kirche, folgen wir unserer Berufung und erwecken die Figuren zu neuem Leben. Wir lassen sie klettern, sich verstecken, kurz austreten, miteinander spielen und sich lieben.

Das macht nicht nur uns Spaß. Wir sorgen vielmehr dafür, dass auch andere die abgenutzte Szene mit neuen Augen sehen können. Wir machen uns um die Weihnachtsbotschaft verdient.



WIR KAUFEN EINEN WEIHNACHTSBAUM


Eigentlich brauchen wir keinen Weihnachtsbaum. Schließlich haben wir eine Yucca-Palme, an die wir ein paar Sterne hängen, oder einen Kleiderständer, den wir mit Lametta bewerfen können. Kaum jemand wird den Unterschied bemerken. Deshalb sollten wir auch nicht zögern, einen Besenstiel mit eingeschraubten Haken als echte Blautanne aus dem Thüringer Wald auszugeben. Damit weisen wir ganz nebenbei auch noch kritisch auf sauren Regen und Umweltprobleme hin. Viel Bewunderung trägt uns außerdem der kleine, flache Baum mit dem Aufdruck «air freshener» ein, den wir ebenfalls dekorativ platzieren.

Doch vielleicht packt uns doch noch der vorweihnachtliche Ehrgeiz, und wir suchen einen gerade und dicht gewachsenen Baum mit unverbogener Spitze. Im Grunde reicht es, wenn er höher als breit ist. Damit der Transport, besonders das letzte Stück in die Wohnung, auch so richtig Spaß macht, ziehen wir den Baum nicht hinein - das wäre unsportlich. Nein, wir schieben ihn, und zwar mit der Spitze voran. Das ist ein Abenteuer! Die Krone geht höchstwahrscheinlich noch leicht durch die Tür. Je breiter sich dann aber die Astkränze auffächern, desto größer die Herausforderung. Doch selbst wenn die Zweige sich machtvoll gegen die Türpfosten sperren - wir geben nicht auf. Mag sein, dass nur die biegsamsten unter ihnen überleben und nur die gesündesten Nadeln bleiben. Alles andere fällt ab. So haben wir am Ende vielleicht ein kahles, aber auf jeden Fall ein gesundes Exemplar.

Was, wenn der Baum etwas höher ist als die Zimmerdecke? Kein Problem: Wir kürzen, und zwar von oben. Dilettanten sägen einfach das mittlere Stück aus der langen, unverzweigten Spitze und leimen diese dann wieder oben dran. Wir hingegen sägen zuerst einmal die Spitze ab und kürzen vorsichtig immer weiter, bis sich unser Weihnachtsbaum passgenau zwischen Fußboden und Zimmerdecke zwängen lässt. Denn nur wenn ihm die Spitze fehlt, sieht es so aus, als wachse er durch die Decke. Übrigens: Mit ein wenig Glück und bei regelmäßigem Gießen tut er das auch.

Wir schenken unseren lieben Anverwandten einen Weihnachtsbaum

Anders ist es, wenn wir den Baum nicht für uns, sondern für einen unserer lieben Anverwandten (in der Regel eher älteren Jahrgangs) besorgen. Die bedauernswerte Person hat vielleicht nur eine Tanne aus Plastik, aufklappbar wie ein Regenschirm, deren Zweige die unheilvolle Aufschrift «Schwer entflammbar» tragen. Da muss dringend ein echter unverfälschter Baum her.

Frisch geschlagene Bäume sind für unser Unterfangen zu unreif. Ein anständiger Weihnachtsbaum muss gut abgehangen sein und freigebig nadeln. Wir kaufen also einen möglichst trockenen Baum. Vielleicht haben wir noch ein Exemplar vom vergangenen Jahr? Wenn nicht, müssen wir beim Händler ein bisschen suchen.


Zur Probe streifen wir mit der Hand über einen Zweig: Je mehr Nadeln herabrieseln, desto besser. Natürlich machen wir auch den Elastizitätstest: Lassen die Nadeln sich biegen? Oder brechen sie gleich? Wenn sie brechen, werden sie dem Beschenkten garantiert Freude machen.


Es wäre herzlos, den Baum im Freien aufzubewahren, etwa auf dem Balkon oder auf der Terrasse. Ein echter Tannenbaum liebt, genau wie wir Menschen, die gemütliche Wärme des Zimmers. Wir stellen ihn also in der Nähe eines Heizkörpers oder gar des Kamins auf. Gern kuschelt er sich in die Ecke und noch lieber an einen Vorhang.


Selbstverständlich schmücken wir ihn mit echten Kerzen. Der Baum soll schließlich so schön leuchten wie in der alten Zeit. Unsere Wachskerzen bringen wir so an, dass darüber liegende Zweige gleich mit gewärmt werden. Wärme ist wichtig in dieser kalten Zeit.


Wir bauen eine Leiter neben dem Baum auf, damit der Beschenkte die Möglichkeit hat, auch die höchsten Kerzen selbst anzuzünden.


Wir erklären die richtige Reihenfolge zum Anzünden der Kerzen: von unten nach oben und von vorn nach hinten. Denn von unten nach oben geht der Weg des Menschen zu Gott und von vorn nach hinten in eine himmlische Zukunft.


Wir überreichen unserem lieben Anverwandten mit dem Baum eine Packung Wunderkerzen zum Entfachen der Lichter. Streichhölzer sind zu kurz und verlöschen zu schnell. Sparsam und nachhaltig lässt sich der Baum nur mit einer Wunderkerze entzünden.


Zur Sicherheit stellen wir eine Vase in die Nähe des Baumes. Falls es...



mehr

Autor

Dietmar Bittrich, Jahrgang 1958, lebt in Hamburg. Er gewann den Hamburger Satirerpreis und den Preis des Hamburger Senats. Im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienen von ihm u.a. der Bestseller "Alle Orte, die man knicken kann". Seit 2012 gibt er die erfolgreiche Weihnachtsanthologie mit Geschichten rund um die bucklige Verwandtschaft heraus.Mehr erfahren Sie unter: dietmar-bittrich.de