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Der Mädchenmacher

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am15.09.2014
Auf einer gedeckten Tafel liegt die zerstückelte und lukullisch garnierte Leiche von Karen Kreft. Einen solch perversen Tatort hat die junge Polizistin Lina Andersen noch nicht gesehen. Wie sie bald herausfindet, war die Ermordete Mitglied einer Gruppe militanter Tierschützer. Hat sich ein Tierzüchter, der von der Gruppe überfallen wurde, brutal gerächt? Lina ermittelt undercover und schleust sich in die Tierschutzorganisation ein. Viel zu spät merkt sie, dass sie auf der falschen Fährte ist. Und dann gerät sie selbst in den Fokus des Täters, der begonnen hat, sich in einen wahren Blutrausch zu morden ...

Michael Koglin lebt als freier Journalist, u. a. für Mare, Brigitte, NDR und Die Zeit, sowie als Schriftsteller in Hamburg. Neben Kriminalromanen hat er Kurzgeschichten, Kinder- und Sachbücher sowie zahlreiche Drehbücher und Theaterstücke verfasst. Er wurde mehrfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Bekannt wurde Michael Koglin nicht zuletzt mit der »Dinner for One«-Reihe, schwarzhumorigen Krimis mit dem Personal des bekannten Silvester-Sketches.
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Produkt

KlappentextAuf einer gedeckten Tafel liegt die zerstückelte und lukullisch garnierte Leiche von Karen Kreft. Einen solch perversen Tatort hat die junge Polizistin Lina Andersen noch nicht gesehen. Wie sie bald herausfindet, war die Ermordete Mitglied einer Gruppe militanter Tierschützer. Hat sich ein Tierzüchter, der von der Gruppe überfallen wurde, brutal gerächt? Lina ermittelt undercover und schleust sich in die Tierschutzorganisation ein. Viel zu spät merkt sie, dass sie auf der falschen Fährte ist. Und dann gerät sie selbst in den Fokus des Täters, der begonnen hat, sich in einen wahren Blutrausch zu morden ...

Michael Koglin lebt als freier Journalist, u. a. für Mare, Brigitte, NDR und Die Zeit, sowie als Schriftsteller in Hamburg. Neben Kriminalromanen hat er Kurzgeschichten, Kinder- und Sachbücher sowie zahlreiche Drehbücher und Theaterstücke verfasst. Er wurde mehrfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Bekannt wurde Michael Koglin nicht zuletzt mit der »Dinner for One«-Reihe, schwarzhumorigen Krimis mit dem Personal des bekannten Silvester-Sketches.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641131029
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum15.09.2014
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1504 Kbytes
Artikel-Nr.1382633
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1

Sein Atem rasselte. Er drückte sich gegen die Wand und tastete nach der Pistole in seinem Hosenbund. Durch das Glasdach sah er die vorbeitreibenden Wolken, die für Sekunden den Mond freigaben. Das Licht um ihn herum war unwirklich. Einzelne Staubpartikel tanzten in der Luft. Weiter weg zwischen den alten Traktoren hörte er sie verzweifelt japsen. Das war gut. Er drängte sie in eine Ecke, ließ sie spüren, dass es keinen Ausweg gab. Sie würde sich wehren. Kämpfen bis zum Schluss. Gut.

Vor ihm lag die Achse eines Autos, an der zwei abgefahrene Räder befestigt waren. Sie sah in diesem Licht aus wie die Hantel eines Riesen. Der Größe nach zu urteilen, gehörte sie zu dem Transporter. Um ihn herum lag allerhand Zeug auf dem Boden, über das er fallen konnte. Er war zu alt, um schnell genug wieder auf die Beine zu kommen.

Er hob den Kopf aus dem Schatten und lauschte.

An der gegenüberliegenden Wand standen deckenhohe Regale mit Lichtmaschinen, Lenkrädern, Scheinwerfern und Armaturen. Wie die Mechaniker wohl wiederfanden, was sie in den Regalen abgelegt hatten? Die Bastler, die an ihren Autos schraubten oder fremde Fahrzeuge reparierten, mussten ein System haben. Zumindest eines davon verstand er: Die Teile, die mit Elektrizität zu tun hatten, waren zusammensortiert. Selbst Kabelbäume hatte man aus Fahrzeugen ausgebaut und gelagert.

Er duckte sich und kroch im Schatten des hydraulischen Wagenhebers langsam auf die gegenüberliegende Wand zu. Mit einem Zipfel seines Anoraks blieb er an dem Werkstattwagen hängen, der scheppernd ein paar Meter weiterrollte.

Er blieb stehen, lauschte. Sie musste es gehört haben. Hielt sie ihn für einen Tölpel? Unsinn. Er konnte förmlich spüren, wie die Angst in ihr hochkroch. Schweißperlen tropften von ihrer Stirn. Er griff zu einem schweren Schraubenschlüssel und klopfte sachte gegen eine Motorhaube.

Es war sein Spiel. Und er war am Zug.

»Na, wo steckst du?«, fragte er. Seine Stimme klang brüchig. Der Tonfall müsste schneidender sein, fand er, bedrohlicher.

Er spürte sie nicht mehr. Weiter hinten gab es noch einen Raum mit Traktoren. In der Mitte dieser Halle stand ein Lanz Bulldog, der den Geruch nach Diesel ausströmte. Bei dem schwachen Licht hieß es vorsichtig sein. Bei seiner ersten Inspektion der Werkstatt hatte er zwei Gruben ausfindig gemacht, die nicht abgedeckt waren.

Er würde sie in die Ecke treiben, wusste, dass es von dort nur noch einen Weg gab, bis zu einer Tür, hinter der sich neben einer Toilette eine Abstellkammer verbarg.

Auf dem Boden stand ein Druckluftgerät. Konnte er ihr damit Schmerzen zufügen? Er drückte auf einen der beiden Knöpfe. Zischend entwich die Pressluft.

»Das ist das Geräusch, das du mit hinübernimmst«, flüsterte er.

Die Knie taten ihm weh. Und sein Kreuz schmerzte. Er war das Laufen in gebückter Haltung nicht mehr gewöhnt. Er lauschte wieder.

Hatte sie sich in einer der beiden Gruben versteckt?

Er schlich in den Nebenraum und spähte unter dem Lanz Bulldog hindurch. Nichts. Dann näherte er sich dem Rand der Grube und sah, dass die auf dem Boden liegende Plane vibrierte.

Zu spät. Das hättest du dir früher überlegen müssen, dachte er.

Er wollte ihr in die Augen sehen. Ihr nah sein.

Behutsam stieg er die seitlich hinunterführenden Stufen hinab und richtete die Waffe auf die Ausbuchtung unter der Plane.

Oder sollte er besser das Messer nehmen? Dann würde er die Sache länger auskosten können, ihr Röcheln hören, in ihre flehenden Augen blicken. Mit einem Satz war er bei ihr und hockte sich mit den Knien auf sie. Sie zitterte. Er bildete sich ein, das Heben und Senken ihres Brustkorbs zu spüren, riss die Plane zur Seite und sah ihren grellroten Plastikmund. Sie starrte ihn aus weit aufgerissenen, toten Augen an.

Es war wie beim letzten Mal.

»Da bist du ja«, sagte er. »Endlich bist du da.«

2

Der Anleger schaukelte auf den heranrollenden Wellen, und ein kalter Wind schnitt in Linas Gesicht. Sie zog an ihrem Uniformkragen und sah hinaus auf einen vorbeiziehenden Kahn. Die Seitenwände ragten nur eine Armlänge über die Wasseroberfläche hinaus. Aus dem Frachtraum quoll ein Berg von Geröll, den man vom Grund der Elbe heraufgebaggert haben musste.

»Da hinten«, sagte ihr Kollege Alex. Er wies auf eine Gruppe von Leuten, die um einen Tisch herumstanden.

Ein Rothaariger in grauem Anorak drehte sich abrupt zu ihnen um. Seine Augäpfel traten hervor, als er sagte: »Das wurde aber auch Zeit. Ihr habt doch noch die Autos mit den Blaulichtern? Oder?«

Wie Lina solche Typen hasste! Eine Spezies, die in jedem Menschenauflauf auftauchte und ihnen vorhielt, wie viel Zeit sie gebraucht hatten, die keine Gelegenheit ausließ, sich als moralische Hüter von Recht und Ordnung aufzuspielen. Die immer diesen vorwurfsvollen Unterton in der Stimme hatte, der meinte: »Da ihr ja nichts tut, muss ich mich darum kümmern.«

Lina und Alex schoben sich durch die Schaulustigen, die im Kreis um einen Tisch standen, an dem ein Junge saß, der nicht älter als 16 Jahre sein konnte. Seine Arme waren auf dem Rücken gefesselt, er hielt den Kopf gesenkt. Neben ihm stand ein Mann, der sich als »Wirt der Fischbude gleich dahinten« vorstellte. Er schnaufte aufgeregt.

»Und was soll das Ganze?«, fragte Lina und deutete auf das Paketband, das man dem Jungen um die Handgelenke gewickelt hatte.

»Der haut sonst ab«, sagte der Imbisswirt.

Der Rothaarige feuerte die Menge mit einem »Wir werden uns doch wohl noch wehren dürfen« an. Lina konnte ihn nicht sehen. Er war in einer der hinteren Reihen untergetaucht. Auch das kannte sie schon.

Vorsichtig durchtrennte Alex mit seinem Taschenmesser die Fesseln. Der Junge ließ es über sich ergehen, ohne den Kopf zu heben. Wie in Zeitlupe sanken seine Arme seitlich herunter.

»Der greift blitzschnell in die Auslage. Das hätten Sie sehen sollen. Das war professionell, wenn Sie mich fragen«, sagte der Wirt.

»Ich frage Sie aber nicht«, sagte Lina.

Der Wirt schob sein puterrotes Gesicht nach vorn, öffnete den Mund, schloss ihn wieder.

Lina sah auf die Fischbrötchen in der Glasvitrine. Sie verspürte eine unbändige Lust, ihrerseits dem Wirt Handschellen anzulegen.

Als hätte er ihre Gedanken gelesen, warf Alex ihr einen flehenden Blick zu. Vermutlich hatte er recht. Außerdem war sie jetzt am Ende der Nachtschicht viel zu müde, um das hier auf die Spitze zu treiben. Abgesehen davon, dass sie die »Notmaßnahme« anschließend in einem ellenlangen Bericht würde begründen müssen.

Sie sah den Wirt an. Seine Stimme war nun deutlich leiser, als Lina ihn nach seinem Namen und dem Tathergang fragte. Der Junge saß noch immer auf dem Stuhl und hielt seinen Blick auf den Tisch gerichtet.

»Schaden?«, fragte Lina den Wirt.

»Schaden?«

»Um welchen Schaden handelt es sich?«, wiederholte Lina.

»Na ja, was so ein Brötchen eben kostet.«

Als er Linas Gesicht sah, fügte er hinzu: »Und der Verdienstausfall.«

Lina atmete aus, klappte bedächtig ihr Notizbuch zu und schob es in ihre Uniformtasche.

»Kommen Sie bitte mit«, sagte Lina zu dem Jungen und tippte ihm auf die Schulter. Sie durfte ihn um Himmels willen nicht duzen, weil sie damit anerkannte, dass er unter 18 war.

Er stand auf, ohne den Kopf zu heben, und trat zwischen die beiden Polizisten. Er wirkte verloren in seinem hoch aufgeschossenen Körper, vermied jeden Blickkontakt mit den Polizisten und vermittelte den Eindruck, dass er alles willenlos akzeptieren würde, was auf ihn zukam.

Auf den Boden geheftete Augen, unsichere Schritte. Er hatte Angst. Möglich, dass er befürchtete, in ein Heim gesteckt zu werden. Aus seiner verschmutzten Kleidung schloss Lina, dass er irgendwo abgehauen war und sich nun in Hamburg durchschlug.

Sie dirigierten ihn auf den Anleger. Außer Hörweite der Menschengruppe sagte Lina: »Sie dachten, das ist ein Selbstbedienungsladen, stimmt's?«

Der Junge hob leicht den Kopf, konnte sich aber weiterhin nicht durchringen, Lina anzusehen.

»Siehst du, es war ein Missverständnis«, sagte Lina zu Alex. »Ist schön, wenn die Dinge geklärt sind. Nichts als heiße Luft.«

Als sie hinter einem Souvenirladen außer Sichtweite des Wirts und der vor seinem Imbiss noch immer debattierenden Menschengruppe angelangt waren, blieb Lina stehen. Auch der Junge stoppte.

»Einen schönen Tag«, sagte sie.

Der Junge begriff nicht. Lina berührte ihn leicht am Oberarm, zeigte die Promenade entlang und schlug ihm vor, in diese Richtung zu verschwinden.

»Halt, warte.«

Der Junge erstarrte.

Lina griff in die Brusttasche ihrer Uniform und drückte ihm einen 20-Euro-Schein in die Hand.

»Viel Glück!«, sagte sie.

»Das kannst du nicht machen«, sagte Alex.

»Was schlägst du vor? Ihn mit auf die Wache zu nehmen und so lange einzusperren, bis wir seine Personalien herausgefunden haben? Wegen eines Fischbrötchens?«

Lina schob Alex in Richtung ihres Wagens und ließ den noch immer verwirrt dreinblickenden Jungen stehen.

Der spähte die Promenade entlang, machte ein paar zögerliche Schritte, die immer schneller wurden, drehte sich noch einmal zu Lina und Alex um und verschwand dann in einer Gruppe von Touristen.

Alex hob resigniert die Schultern.

»Und der Bericht?«

»Ein...


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Michael Koglin lebt als freier Journalist, u. a. für Mare, Brigitte, NDR und Die Zeit, sowie als Schriftsteller in Hamburg. Neben Kriminalromanen hat er Kurzgeschichten, Kinder- und Sachbücher sowie zahlreiche Drehbücher und Theaterstücke verfasst. Er wurde mehrfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Bekannt wurde Michael Koglin nicht zuletzt mit der »Dinner for One«-Reihe, schwarzhumorigen Krimis mit dem Personal des bekannten Silvester-Sketches.