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Wintergeschichten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am22.04.2014
Die perfekte Lektüre für lange Herbst- und Winterabende
Von der Gluthitze Afrikas in die Wintersonne des Nordens. Wie in ihren Erinnerungen »Jenseits von Afrika«, die durch die legendäre Verfilmung zum Bestseller wurden, erweist sich Tania Blixen auch in »Wintergeschichten« als Erzählerin von Weltrang. Ernest Hemingway sagte von ihr, dass sie an seiner Stelle den Literaturnobelpreis hätte erhalten sollen. Diese Ehre blieb ihr versagt. Doch ihr Werk hat sich einen festen Platz im Herzen der Leser erobert, ihre großartigen Geschichten haben bis heute nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt.

Die Dänin Tania Blixen, 1885 in Rungstedlund bei Kopenhagen geboren, wanderte nach dem Studium der Malerei in Kopenhagen, Paris und Rom 1914 nach Kenia aus, wo sie den schwedischen Baron Blixen-Finecke heiratete und zu schreiben begann. Die gemeinsame Kaffeeplantage führte sie nach der Scheidung alleine weiter, bis sie wegen der Weltwirtschaftskrise und nach dem tödlichen Unfall ihres Geliebten Denys Finch Hatton 1931 gezwungen war, in ihre Heimat zurückzukehren. Für «ihre» Kikuyus hatte sie ein Bleiberecht auf der Farm erwirkt. Der Vorort von Nairobi, in dem die Hütten standen, trägt noch heute ihren Namen. 1962 starb sie in Rungstedlund. Mit ihrem autobiografischen Roman, der 1937 unter dem Titel 'Den afrikanske Farm' auf Dänisch und 'Out of Africa' auf Englisch erschienen ist, wurde Blixen weltberühmt. Sie zählt heute zu den populärsten Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts.
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Produkt

KlappentextDie perfekte Lektüre für lange Herbst- und Winterabende
Von der Gluthitze Afrikas in die Wintersonne des Nordens. Wie in ihren Erinnerungen »Jenseits von Afrika«, die durch die legendäre Verfilmung zum Bestseller wurden, erweist sich Tania Blixen auch in »Wintergeschichten« als Erzählerin von Weltrang. Ernest Hemingway sagte von ihr, dass sie an seiner Stelle den Literaturnobelpreis hätte erhalten sollen. Diese Ehre blieb ihr versagt. Doch ihr Werk hat sich einen festen Platz im Herzen der Leser erobert, ihre großartigen Geschichten haben bis heute nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt.

Die Dänin Tania Blixen, 1885 in Rungstedlund bei Kopenhagen geboren, wanderte nach dem Studium der Malerei in Kopenhagen, Paris und Rom 1914 nach Kenia aus, wo sie den schwedischen Baron Blixen-Finecke heiratete und zu schreiben begann. Die gemeinsame Kaffeeplantage führte sie nach der Scheidung alleine weiter, bis sie wegen der Weltwirtschaftskrise und nach dem tödlichen Unfall ihres Geliebten Denys Finch Hatton 1931 gezwungen war, in ihre Heimat zurückzukehren. Für «ihre» Kikuyus hatte sie ein Bleiberecht auf der Farm erwirkt. Der Vorort von Nairobi, in dem die Hütten standen, trägt noch heute ihren Namen. 1962 starb sie in Rungstedlund. Mit ihrem autobiografischen Roman, der 1937 unter dem Titel 'Den afrikanske Farm' auf Dänisch und 'Out of Africa' auf Englisch erschienen ist, wurde Blixen weltberühmt. Sie zählt heute zu den populärsten Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641144043
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum22.04.2014
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse11257 Kbytes
Artikel-Nr.1391897
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Der junge Mann mit der Nelke

In den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts lag in Antwerpen, nahe dem Hafen, ein kleines Hotel, das »Hôtel de la Reine« hieß. Es war ein sauberes, solides Haus, in dem Schiffskapitäne mit ihren Frauen zu logieren pflegten. Diesem Hotel näherte sich an einem Abend im März ein junger Mann, in Trübsal versunken. Wie er so vom Hafen heraufkam, wo er mit dem Schiff aus England angekommen, war er, so dünkte ihn, das einsamste Wesen auf der Welt. Und niemanden gab es, mit dem er über sein Elend sprechen konnte, denn in den Augen der Welt schien er ein Glückskind zu sein, ein junger Mann, den jedermann beneiden musste.

Er war ein Schriftsteller, der mit seinem ersten Buch berühmt geworden war. Das Publikum war entzückt davon; die Kritiker hatten es einhellig gelobt; und es hatte ihm Geld eingebracht, nachdem er sein Leben lang arm gewesen war. Das Buch beschrieb, aus seinen eigenen Erfahrungen heraus, das schwere Los armer Kinder, und es hatte ihn mit Sozialreformern in Verbindung gebracht. Er war mit Begeisterung in einen Kreis hochgebildeter, edler Männer und Frauen aufgenommen worden. Er hatte sogar in ihre Gemeinschaft eingeheiratet, die Tochter eines berühmten Gelehrten, eine schöne junge Frau, die ihn vergötterte.

Er befand sich nun zusammen mit seiner Frau auf der Reise nach Italien, um dort sein neues Buch zu vollenden; das Manuskript trug er in seiner Reisetasche bei sich. Seine Frau war ihm ein paar Tage vorausgefahren, denn sie wollte unterwegs ihre alte Schule in Brüssel besuchen. »Es wird mir guttun«, hatte sie lächelnd gesagt, »einmal über etwas anderes nachzudenken und zu reden als über dich.« Sie wartete jetzt im »Hôtel de la Reine« auf ihn und würde gewiss über nichts anderes nachdenken und reden wollen.

Alle diese Dinge sahen vortrefflich aus. Aber die Dinge waren nicht, wie sie schienen. Das waren sie eigentlich kaum einmal, dachte er, doch in seinem Falle lagen die Dinge genau umgekehrt. Seine Welt war auf den Kopf gestellt worden, kein Wunder, dass er sich in ihr elend, sterbenselend fühlte. Er war in die Falle gegangen und hatte es zu spät gemerkt.

Denn in seinem Herzen fühlte er die Gewissheit, dass er nie wieder ein großes Buch schreiben würde. Er hatte nichts mehr zu sagen, und das Manuskript in seiner Tasche war nichts als ein Packen Papier, der seinen Arm niederzog. Eine Bibelstelle kam ihm in den Sinn - denn als kleiner Junge war er in die Sonntagsschule gegangen -, und er sagte sich: »Ich bin zu nichts hinfort nütze, denn dass man mich hinausschütte und mich die Leute mit Füßen zertreten.«

Wie sollte er den Menschen vor die Augen treten, die ihn liebten und an ihn glaubten: seinem Publikum, seinen Freunden, seiner Frau? Er hatte nie daran gezweifelt, dass sie ihn mehr lieben mussten als sich selbst und seine Belange über ihre eigenen stellen mussten, seines Genies wegen und weil er ein großer Künstler war. Wenn aber sein Genie ihn verlassen hatte, so gab es künftig nur zwei Möglichkeiten. Entweder verachtete und verstieß ihn die Welt, oder aber sie liebte ihn weiterhin, und dann war ihr sein Wert als Künstler gleichgültig. Von dieser letzteren Möglichkeit wandte er sich, obwohl er in seinen Gedanken selten vor etwas zurückschreckte, in einer Art horror vacui ab; sie drohte die Welt zum leeren Raum und zur Karikatur zu machen, zu einem Tollhaus. Eher alles andere ertragen als das!

Der Gedanke an seinen Ruhm vergrößerte und verschärfte seine Verzweiflung. Wenn er in der Vergangenheit unglücklich gewesen war und zuzeiten erwogen hatte, ins Wasser zu gehen, war das wenigstens seine Privatsache gewesen. Jetzt dagegen war das grelle Scheinwerferlicht des Ruhms auf ihn gerichtet; Hunderte von Augen beobachteten ihn, und sein Scheitern oder sein Selbstmord würden Scheitern und Selbstmord eines weltberühmten Schriftstellers sein.

Doch selbst diese Überlegungen waren für sein Unglück von untergeordneter Bedeutung. Wenn es zum Schlimmsten kam, konnte er auch ohne seine Mitmenschen auskommen. Er hatte keine hohe Meinung von ihnen und konnte sie fahren lassen, Publikum, Freunde und Frau - und dies mit unendlich viel weniger Bedauern, als sie je vermutet hätten, solange nur er selbst im Angesicht Gottes leben konnte und in seinem Wohlgefallen.

Die Liebe zu Gott und die Gewissheit, dass Gott ihn wiederliebte, mehr als alle anderen Menschen, hatten ihn zu Zeiten der Armut und Not aufrechterhalten. Auch besaß er die Gabe der Dankbarkeit; das ihm jüngst widerfahrene Glück hatte das Einvernehmen zwischen Gott und ihm bestätigt und besiegelt. Jetzt aber fühlte er, dass Gott sich von ihm abgewandt hatte. Und wenn er kein großer Künstler war, wer war er dann, dass Gott ihn lieben sollte? Ohne seine visionären Kräfte, ohne sein Gefolge von Einfällen, Scherzen und Tragödien, wie konnte er sich da dem Herrn auch nur nahen und Ihn anflehen, dass Er ihn aufrichte? Die Wahrheit war, dass er dann nicht besser war als andere Menschen. Die Welt mochte er betrügen, doch noch nie in seinem Leben hatte er sich selbst betrogen. Er hatte sich Gott entfremdet, wie konnte er da weiterleben?

Seine Gedanken wanderten und brachten neue Leidensnahrung heim. Das Urteil seines Schwiegervaters über die moderne Literatur fiel ihm ein. »Oberflächlichkeit«, hatte der alte Herr gedonnert, »ist ihr Merkmal. Unserer Zeit fehlt das Gewicht, ihre Größe ist hohl! Dein edles Werk dagegen, mein lieber Junge …« Im Allgemeinen besaßen die Ansichten seines Schwiegervaters keinerlei Relevanz für ihn, doch im Augenblick war er so niedergeschlagen, dass er unter diesen Worten doch litt. Oberflächlichkeit, dachte er, war das Wort, das Publikum und Kritiker auf ihn anwenden würden, wenn sie die Wahrheit entdeckten - ohne Gewicht und hohl. Sie hießen sein Werk edel, weil er ihre Herzen gerührt hatte, als er die Leiden der Armen beschrieb. Er hätte jedoch ebenso gut vom Leiden der Könige schreiben können. Jene hatte er nur beschrieben, weil er sie zufällig kannte. Jetzt, da er sein Glück gemacht hatte, entdeckte er, dass er über die Armen nichts mehr zu sagen wusste und dass er am liebsten nichts mehr von ihnen hören würde. Das Wort »Oberflächlichkeit« begleitete seine Schritte in der langen Straße wie eine zweite Melodie.

Während er über diese Dinge gegrübelt hatte, war er langsam weitergegangen. Die Nacht war kalt, ein dünner, scharfer Wind fuhr ihm entgegen. Er schaute auf und dachte, dass es wohl gleich regnen würde.

Der Name des jungen Mannes war Charlie Despard. Er war ein kleiner, schmächtiger Mann, eine winzige Gestalt in der verlassenen Straße. Er war noch keine dreißig und sah für sein Alter ungemein jung aus; man hätte ihn für einen Jungen von siebzehn Jahren halten können. Haut und Haare waren braun, die Augen dagegen blau, das Gesicht schmal und die Nase ein wenig schief. Seine Bewegungen waren auffallend leicht, und er hielt sich ganz gerade, selbst in seiner gegenwärtigen Niedergeschlagenheit und mit der schweren Reisetasche an der Hand. Er war gut angezogen in seinem Havelock, seine Kleider sahen neu an ihm aus und waren es auch.

Er wandte seine Gedanken dem Hotel zu und fragte sich, ob es wohl besser sei, in einem Haus zu sein als draußen auf der Straße. Er beschloss, ein Glas Brandy zu trinken, sobald er ins Hotel kam. In jüngster Zeit suchte er Trost beim Brandy; zuweilen fand er ihn dort, zuweilen nicht. Er dachte auch an seine Frau, die ihn im Hotel erwartete. Sie schlief wohl schon. Wenn sie nur die Tür nicht abgeschlossen hatte, so dass er sie nicht zu wecken und mit ihr zu reden brauchte, dann würde ihre Nähe vielleicht tröstlich sein. Er dachte an ihre Schönheit und an ihre Güte gegen ihn. Sie war eine hochgewachsene junge Frau, mit hellem Haar und blauen Augen und einer Haut, so weiß wie Marmor. Ihr Gesicht hätte klassisch genannt werden können, wäre der obere Teil nicht ein wenig kurz und schmal gewesen im Verhältnis zu Mundpartie und Kinn. Die gleiche Eigenheit wiederholte sich in ihrer Gestalt: Der Oberkörper war ein wenig zu kurz und schmächtig im Verhältnis zu Hüften und Beinen. Sie hieß Laura. Sie hatte einen klaren, ernsten, sanften Blick, und ihre blauen Augen füllten sich leicht mit Tränen der Rührung; schon ihre Bewunderung für ihn brachte sie zum Überquellen, sobald sie ihn nur sah.

Doch was nützte ihm das alles? In Wirklichkeit war sie ja gar nicht seine Frau; sie hatte ein Trugbild ihrer eigenen Phantasie geheiratet, und er stand draußen in der Kälte.

Er betrat das Hotel und merkte, dass er nicht einmal den Brandy mehr wollte. Er stand nur in der Halle, die ihm wie ein Grab vorkam, und fragte den Portier, ob seine Frau angekommen sei. Der alte Mann antwortete ihm, Madame sei wohlbehalten eingetroffen und habe ihn davon unterrichtet, dass Monsieur nachkäme. Er bot an, die Reisetasche des Gastes nach oben zu tragen, Charlie war jedoch der Meinung, dass er seine Lasten besser selber trage. Er ließ sich von ihm die Zimmernummer geben und ging allein die Treppen hinauf und den Korridor entlang. Zu seiner Überraschung fand er die Doppeltür des Zimmers unverriegelt und trat gleich ein. Dies schien ihm die erste kleine Gunst zu sein, die ihm das Schicksal seit langer Zeit erwies.

Der Raum, den er betrat, war nahezu dunkel; nur beim Toilettentisch brannte ein schwaches Gasflämmchen. Ein Duft von Veilchen lag in der Luft. Seine Frau hatte sie wohl mitgebracht und sie ihm mit einer Zeile aus einem Gedicht schenken wollen. Sie lag jedoch tief in den Kissen vergraben. Er wurde in seiner gegenwärtigen Verfassung von Kleinigkeiten so leicht beeinflusst, dass es ihm ob...


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Autor

Die Dänin Tania Blixen, 1885 in Rungstedlund bei Kopenhagen geboren, wanderte nach dem Studium der Malerei in Kopenhagen, Paris und Rom 1914 nach Kenia aus, wo sie den schwedischen Baron Blixen-Finecke heiratete und zu schreiben begann. Die gemeinsame Kaffeeplantage führte sie nach der Scheidung alleine weiter, bis sie wegen der Weltwirtschaftskrise und nach dem tödlichen Unfall ihres Geliebten Denys Finch Hatton 1931 gezwungen war, in ihre Heimat zurückzukehren. Für «ihre» Kikuyus hatte sie ein Bleiberecht auf der Farm erwirkt. Der Vorort von Nairobi, in dem die Hütten standen, trägt noch heute ihren Namen. 1962 starb sie in Rungstedlund. Mit ihrem autobiografischen Roman, der 1937 unter dem Titel "Den afrikanske Farm" auf Dänisch und "Out of Africa" auf Englisch erschienen ist, wurde Blixen weltberühmt. Sie zählt heute zu den populärsten Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts.
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Schweier, Jürgen
Übersetzung