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Mörderkind

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
464 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am05.12.2014Auflage
Sie liefen ihr nach und schrien: »Mörderkind, Mörderkind!« Ihr Leben lang war sie für alle nur das Mörderkind. Fionas Kindheit war ein Alptraum. Und nun ist ihr Vater tot. Seine letzten Worte galten ihr: »Ich bin kein Mörder.« Widerstrebend macht sie sich auf die Suche nach der Wahrheit. Beginnt nachzuforschen, befragt ihre Familie. Und stößt auf ungeheuerliche Geheimnisse und eine Intrige, deren tödliches Gift bis heute wirkt ...

Schon als Kind verfügte Inge Löhnig über so viel Fantasie, dass ihre Geschichten noch heute in der Familie legendär sind. Neben dem Beruf als Grafik-Designerin war Schreiben lange ein Hobby. Erst mit dem Erscheinen der Reihe um den Münchner Kommissar Konstantin Dühnfort wurde daraus die neue Profession. Die Kriminal-Romane von Inge Löhnig sind ebenso regelmäßig auf der Bestsellerliste zu finden, wie die spannenden Familien-Romane, die sie unter dem Pseudonym Ellen Sandberg veröffentlicht. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextSie liefen ihr nach und schrien: »Mörderkind, Mörderkind!« Ihr Leben lang war sie für alle nur das Mörderkind. Fionas Kindheit war ein Alptraum. Und nun ist ihr Vater tot. Seine letzten Worte galten ihr: »Ich bin kein Mörder.« Widerstrebend macht sie sich auf die Suche nach der Wahrheit. Beginnt nachzuforschen, befragt ihre Familie. Und stößt auf ungeheuerliche Geheimnisse und eine Intrige, deren tödliches Gift bis heute wirkt ...

Schon als Kind verfügte Inge Löhnig über so viel Fantasie, dass ihre Geschichten noch heute in der Familie legendär sind. Neben dem Beruf als Grafik-Designerin war Schreiben lange ein Hobby. Erst mit dem Erscheinen der Reihe um den Münchner Kommissar Konstantin Dühnfort wurde daraus die neue Profession. Die Kriminal-Romane von Inge Löhnig sind ebenso regelmäßig auf der Bestsellerliste zu finden, wie die spannenden Familien-Romane, die sie unter dem Pseudonym Ellen Sandberg veröffentlicht. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843709385
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum05.12.2014
AuflageAuflage
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2292 Kbytes
Artikel-Nr.1410193
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1

Was für ein beschissener Tag. Viel zu kalt für Oktober, und obendrein regnete es seit dem frühen Morgen. Fiona fuhr die Auerfeldstraße entlang und wischte sich eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich unter dem Radhelm gelöst hatte. Das Funkgerät an ihrem Schultergurt trat krächzend in Aktion. Frank, der Dispatcher, meldete sich. »Hallo, Fi. Wo bist du?«

Sie betätigte die Sprechtaste. Ein Lieferwagen schoss aus einer Einfahrt. Instinktiv riss sie den Lenker herum und schaffte es auszuweichen. Das Hinterrad rutschte weg. Sie fing den Sturz mit einem Bein gerade noch ab. »Arschloch!«

»Nette Begrüßung.«

»Nicht du.« Ihr Herz raste. Adrenalin bis in die Haarspitzen. »So ein Penner! Er hat ja eine komfortable Knautschzone. Und nach ihm die Sintflut.« Sie atmete durch. Ging schon wieder.

»Alles okay mit dir?«

»Aber sicher. Bin in der Auerfeld.«

»Passt. Abholung Metz drei. Hinterhof. Schreinerwerkstatt. Geht in die Schön siebzehn. Übernimmst du?«

»Klar. Muss vorher aber noch die Sachen bei dem Steuerberater abliefern. Dauert drei Minuten.«

»Geht in Ordnung.«

Der Lieferwagen bog in eine Seitenstraße. Fiona sandte ihm einen giftigen Blick hinterher. Dem Fahrer hätte sie eigentlich gerne was erzählt. Sie trat in die Pedale, schlängelte sich zwischen zwei Wagenkolonnen hindurch und fuhr bei Dunkelorange über die Kreuzung an der Rosenheimer Straße.

Als Fahrradkurier arbeitete sie erst seit drei Wochen. Der bisherige Höhepunkt in ihrer Laufbahn schlecht bezahlter Jobs. Unter anderem als Tierpflegerin, Animateurin und Klettercoach. Es war an der Zeit, herausfinden, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte. Wobei sie es eigentlich wusste. Tief in ihr gab es diese Stimme, die sich immer wieder Gehör verschaffen wollte. Film. Das war es. Oder Videokunst, vielleicht auch Malerei. Doch sobald diese vorlaute Stimme sich in ihr rührte und sie drängte, endlich den Vorbereitungskurs für die Kunstakademie zu besuchen oder sich mal die Aufnahmekriterien der Filmhochschule anzusehen, gab Fiona ihr was aufs Maul. Es ging nicht. Alle Stacheln stellten sich auf. Niemals würde sie in seine Fußstapfen treten. Niemals! Mit ihm hatte sie nichts gemein.

Also versuchte sie es immer wieder mit etwas anderem. Ihre abgebrochenen Studiengänge häuften sich. Jura war ihr zu trocken gewesen und außerdem zu nah an dem Päckchen, das sie mit sich herumschleppte. Kunstgeschichte zu theoretisch und diese Tourismuskiste zu kommerziell. Ewig von mies bezahlten Jobs zu leben - wobei leben grandios übertrieben war -, war jedenfalls nicht der Plan. Der heutige Tag bestätigte sie wieder einmal in dem Vorsatz, endlich eine vernünftige Ausbildung zu machen. Es war schon beinahe Mittag, und sie hatte erst ein paar mickrige Aufträge gehabt. Eine Kurzstrecke für fünf Euro. Eine Abholung im sechsten Stock eines Bürogebäudes, dessen Lift ausgefallen war. Ihr war nichts anderes übriggeblieben, als die Treppen nach oben zu spurten. Gratis Fitnesstraining. Als ob es ihr daran mangelte. Und nun die Zustellung für den Steuerberater.

Stau in der Orleansstraße. Fiona wich auf den Gehweg aus, wechselte nach hundert Metern auf die Spur für Busse und Taxen, was wütendes Gehupe zur Folge hatte. Von wem auch immer. Sie sah sich nicht um und bog auf den Orleansplatz ein. Der Regen ließ nach. Das Kopfsteinpflaster glänzte. Aus den Kastanien entlang der Wörthstraße segelten die ersten gelben Blätter. Ein paar Wochen noch, und alles würde kalt und grau und matschig sein. Die ganze Stadt ein Spiegel ihres Lebens. Wenn man mal von den ersten Jahren absah, in denen es Sommer gewesen war. Was dachte sie denn da? Fi verscheuchte diese Gedanken. Man musste das Leben nehmen, wie es kam, und durfte sich nichts gefallen lassen. Das war der Trick.

Ein schwarzer Porsche überholte sie mit drei Millimetern Abstand, großzügig geschätzt, und rauschte dabei durch eine Pfütze. Ein Schwall Dreckwasser spritzte hoch und ergoss sich über Hose und Schuhe. Verdammter Idiot! Der Kerl fuhr einfach weiter. Es war nicht zu fassen.

Die Ampel Ecke Breisacher schaltete auf Rot. Der Wagen stoppte. Fiona holte ihn ein, hielt mit ihrem Mountainbike so dicht neben der Fahrertür, dass an Aussteigen nicht zu denken war, jedenfalls nicht, ohne den teuren Lack zu zerkratzen, und schlug mit der flachen Hand aufs Dach. Es schepperte eindrucksvoll. Nun galt ihr die Aufmerksamkeit des Fahrers. Die Seitenscheibe glitt herunter. Der Kerl war höchstens so alt wie sie und sah aus wie Söders jüngeres Double. Schicker Anzug, Designerschal. Jurastudent, darauf wettete sie ihren Arsch, Bewohner des Hotels Mama und garantiert Mitglied in einer schlagenden Verbindung oder wenigstens in einem Golfclub. Und dann noch diese Pilotenbrille. Boah. Echt übel.

»Hast du ein Problem?«, fauchte er sie an, noch bevor die Scheibe unten war. Sehr schön. Er war jetzt mindestens so wütend wie sie. Doch sie würde ihn grillen. Und das schneller, als er denken konnte. Ihr kam schon lange keiner mehr blöd.

»Ich? Ein Problem?« Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Wieso denn? Ich wollte mich nur für die Dusche bedanken. Jetzt bräuchte ich allerdings noch ein Handtuch.« Mit einem Ruck zog sie Söders Doppelgänger den Schal vom Hals und wischte den Dreck von Hose und Schuhen.

»Du hast sie ja nicht mehr alle! Gib den her!« Eine Hand fuhr hangelnd aus dem Fenster. Sicher wäre er aus dem Wagen gesprungen, wenn er nur gekonnt hätte.

»Nur nicht so ungeduldig.« Sie zog das edle Tuch durch die Finger. »Sicher Kaschmir, oder?« So weich wie sich das anfühlte, lag sie mit dieser Vermutung sicher nicht verkehrt. Jedenfalls war der Schal zum Händetrocknen bestens geeignet.

»Das ist Diebstahl. Ich zeige dich an, du Schlampe.«

Fiona schätzte seinen Blutdruck auf ungefähr zweihundert. Nicht sehr gesund. »Keine Panik. Du bekommst ihn doch gleich zurück«, erwiderte sie sanft und beugte sich zu ihm hinunter, als spräche sie zu einem Debilen. »Und das mit der Schlampe solltest du besser für dich behalten. Schlimm genug, dass du so von mir denkst. Paragraph 185 StgB: Beleidigung. Ich tue jetzt einfach mal so, als hätte ich das nicht gehört. Okay?« Genüsslich polierte sie mit dem teuren Fetzen den Lenker.

»Du hast ja nicht alle Latten am Zaun!« Seine Hand kreiste an der Schläfe, für den Fall, dass sie nicht verstand, was er meinte. Dort pochte unter der Haut eine Ader. »Du gehörst ja eingewiesen!«

Die Ampel war längst grün geworden. Die beiden Wagen hinter ihnen scherten aus und fuhren davon. Bedauernd verzog Fiona den Mund und setzte ihren Unschuldsblick auf. »Weshalb ist es ein Problem für dich, wenn jemand nett zu dir ist? Ich habe mich doch nur bedankt.«

Söders Doppelgänger sah aus, als würde er gleich explodieren, wie ein Dampfkochtopf mit defektem Ventil. »Du hältst dich wohl für besonders schlau. Na warte.« Er rutschte auf den Beifahrersitz und sprang aus dem Wagen. Als er um das Heck kam, warf sie ihm den Schal zu. »Da! Fang! Deine Mami wäscht ihn bestimmt für dich.«

Auf weiteren Streit hatte sie keinen Bock. Sie waren quitt. Im Anfahren warf sie dem Kerl noch eine Kusshand zu, vernahm einen dumpfen Fluch und hörte eine Sekunde später hinter sich die Wagentür zuknallen und den Motor aufheulen. Die Ampel schaltete auf Rot. Die Kreuzung war frei. Sie fuhr weiter. Der Kerl hatte sicher nicht die Eier, es ihr gleichzutun. Wetten? Als sie sich umsah, stand der Porsche an der Haltelinie. Sie hatte es ja gewusst.

Mit sich zufrieden radelte sie den Bordeauxplatz entlang und bog in die Comeniusstraße ein.

Zurückschlagen oder untergehen. Sie war sieben gewesen, als sie dieses ungeschriebene Gesetz erkannt hatte. Damals, als sich ihre Welt um hundertachtzig Grad gedreht hatte, sich von einem ewigen Mittsommertanz in die Dunkelheit und Kälte einer Polarnacht verwandelte. Es war so lange her. Sie wollte nicht mehr daran denken.

Fiona hielt vor dem Haus, in dem sich die Steuerkanzlei befand, und sah sich um. Den Porsche hatte sie abgehängt.

Ihr iPhone begann zu schrillen. Keine Zeit für privaten Kram. Sie warf nicht mal einen Blick aufs Display, kettete das Bike an und betrat das Haus. Dritter Stock. Wo war der Lift? Suchend sah sie sich um. Nirgendwo. Zweite Gratiseinheit Cardiotraining. Der Bagjack auf ihrem Rücken wippte im Takt, als sie zwei Stufen auf einmal nehmend nach oben hechtete. Die Socken waren durch die Dusche nass geworden. Bei jedem Schritt gaben ihre Schuhe ein schmatzendes Geräusch von sich. Die Füße wurden kalt. Was für ein beschissener Tag. Er konnte nur noch besser werden. Schlimmer ging es wirklich nicht mehr.

Hinter dem Empfangstresen saß eine Frau, die aufsah, als Fiona eintrat. »Radlkurier. Ich habe was für euch.« Sie zog die Ordner hervor, ließ sich den Empfang quittieren und den Kurierscheck aushändigen und war nach einer Minute wieder raus aus dem Laden.

Jetzt in die Metzstraße zur Schreinerei, von dort weiter nach Untergiesing. Sie erledigte den Job und funkte Frank an. Im Moment hatte er keinen Anschlussauftrag. Die Gelegenheit für eine Mittagspause. Sie hatte einen Bärenhunger.

In der Nähe gab es einen türkischen Imbiss. Beinahe alle Tische waren besetzt. Hauptsächlich von Männern. Handwerker und LKW-Fahrer. Der eine oder andere interessierte Blick streifte sie, als sie Jacke und Radhelm ablegte. Einer konnte es nicht lassen und pfiff. Kerle standen nun mal auf lange Haare und wohlgeformte Brüste. Und sie stand auf Sixpacks und Muckis und Männer,...


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