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Silicon Wahnsinn

Wie ich mal mit Schatzi nach Kalifornien auswanderte
Ullsteinerschienen am01.07.2014
'Wir waren gerade zehn Jahre verheiratet. Andere Ehefrauen bekommen da ja gern einen Ring, eine Reise oder einen neuen Busen spendiert. Mir schenkte mein Kerl mal eben ein neues Leben.' Als ihr Mann für ein Jahr ins kalifornische Silicon Valley muss, sagt Katja Kessler ihrem gemütlichen Leben in Potsdam kurzentschlossen Tschüss und findet sich über Nacht mit vier kleinen Kindern und sieben großen Koffern in einem Mini-Apartment am Highway wieder. Mit einem Mal heißt Alltag: Kolibris vor dem Küchenfenster, der Duft von Eukalyptus in der Luft, Popo-Vermessungs-Roboter in der Jeans-Abteilung. Aber schnell wird auch klar: Mist! Hier läuft leider gerade verdammt viel schief ... Wie es ist, im Land der unbegrenzten Möglichketen an eigene Grenzen zu stoßen, warum Glück ein Gast ist, der gern durch die Hintertür kommt - Katja Kessler erzählt. Mitreißend und saukomisch. 'Beim Reisen lernst du vieles kennen. Zum Beispiel dich selbst.'

Katja Kessler, geboren 1969 in Kiel, ist Zahnärztin, Journalistin und Bestsellerautorin - u.a. Herztöne, Das Mami Buch und Der Tag, an dem ich beschloss, meinen Mann zu dressieren. Kessler ist mit dem Gesamtherausgeber der Bild-Gruppe, Kai Diekmann, verheiratet. Sie lebt mit ihrem Mann und vier Kindern in Potsdam.
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Produkt

Klappentext'Wir waren gerade zehn Jahre verheiratet. Andere Ehefrauen bekommen da ja gern einen Ring, eine Reise oder einen neuen Busen spendiert. Mir schenkte mein Kerl mal eben ein neues Leben.' Als ihr Mann für ein Jahr ins kalifornische Silicon Valley muss, sagt Katja Kessler ihrem gemütlichen Leben in Potsdam kurzentschlossen Tschüss und findet sich über Nacht mit vier kleinen Kindern und sieben großen Koffern in einem Mini-Apartment am Highway wieder. Mit einem Mal heißt Alltag: Kolibris vor dem Küchenfenster, der Duft von Eukalyptus in der Luft, Popo-Vermessungs-Roboter in der Jeans-Abteilung. Aber schnell wird auch klar: Mist! Hier läuft leider gerade verdammt viel schief ... Wie es ist, im Land der unbegrenzten Möglichketen an eigene Grenzen zu stoßen, warum Glück ein Gast ist, der gern durch die Hintertür kommt - Katja Kessler erzählt. Mitreißend und saukomisch. 'Beim Reisen lernst du vieles kennen. Zum Beispiel dich selbst.'

Katja Kessler, geboren 1969 in Kiel, ist Zahnärztin, Journalistin und Bestsellerautorin - u.a. Herztöne, Das Mami Buch und Der Tag, an dem ich beschloss, meinen Mann zu dressieren. Kessler ist mit dem Gesamtherausgeber der Bild-Gruppe, Kai Diekmann, verheiratet. Sie lebt mit ihrem Mann und vier Kindern in Potsdam.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843709439
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Verlag
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum01.07.2014
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse24176
Artikel-Nr.1410216
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Wir zogen in zwei Gruppen los. Ich und die anderen.

Die anderen, das waren Schatzi, Peter, Martin, Julia und Andrea, auf die unten in der Hotellobby zwei weitere >andereausgebuffter FuchsNur dass das klar ist, im Bett liege ich immer oben.meinen Immobilien-Schießhund. Ich schaute mich um. Angeblich hing hier auch immer Mark Zuckerberg mit seinen Facebook-Leuten ab und machte dicke Deals klar. Aber: Laden leer. Nur eine nette Omi mit schlohweißem Haar, Schultertüchlein und Antithrombosestrümpfen hinter einem riesigen, zerlesenen San Francisco Chronicle. Vor ihr auf dem Tisch: das Seniorinnentäschchen mit dem langen Riemen. Wie frisch von der Kaffeefahrt.

»Are you Mrs Gordon?«, versuchte ich mein Glück

Die Omi ließ ihre Zeitung sinken: »Yes! Griaß di! Katja, oda? I bin die Rosie. Und hier samma auf Du und Du. Woast?«

Huch - in jeder Hinsicht. Die Stimme einer Vierzigjährigen. Wahrscheinlich Botox in den Stimmbändern.

»Setz di her! I bin a bissl zu early. Sorry!«

Was natürlich eine Lüge war, ich war zu spät. »Gern doch!«, log ich zurück. Natürlich wollte ich viel lieber gleich Häuschen gucken.

»Bist zum erstn Moi do im scheena Palo Alto?« Rosie schaute neugierig.

»Ja. Und wie lange lebst, ähm, du hier?«

»A geh! Scho ewig und drei Dog.« Rosie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ned von schlechtn Socken, oda? O'g'fanga hob i ois Ranchverkäuferin. I bin oane von die wenigen Weibersleid, die sich mit die Cowboys die Stangen g'haltn hat.«

Oder so. Was auch immer sie gehalten hatte.

»Und was hat dich nach Palo Alto verschlagen?«

»Mei Gspusi. A fescher Kerl.« Sie schwelgte kurz.

»Da haben wir ja was gemeinsam.«

»Na, des glaub i net. Mei Gspusi is scho abg'haun.« Sie legte ihre Hand auf meinen Arm: »Im Valley werden de Kerle olle …« Sie tippte sich mit dem Finger an die Schläfe und machte eine Kurbelbewegung.

Wir bestellten zwei Weißweinschorlen. Weiß man ja: Ist der Alkohol zu früh, hat sich der Tag in der Stunde geirrt. Und plauderten uns ein wenig warm.

»Woast? Oans sog i da: Des is hier ois a bissl crazy«, führte mich Rosie in die Riten des Valley ein. »Die san hier olle ned ganz sauba. Aber liab sans scho, muss i sogn.«

»Ach ja?« So ganz langsam bekam ich Angst.

Rosie war kurz offline - einem ihrer vielen Gedanken auf der Spur. »Jetz schau dir amoi des riasige Stanford-Dingens hier o. Des ham die Eheleit Stanford hiae hig'pflanzt. Die ham nur oan Buam g'habt, aber der is mit sechzehn krepiert. Dragisch is des. Da hamm's sich dann g'sogt: The children of California should be our children!« Sie hatte rezitierend die Stimme gehoben. »Sauba, oda?«

Weiß nicht, ob mir die Geschichte so gut gefiel.

»Pack ma's!«, sagte Rosie, und wir sprangen in ihren dreiundfünfzig Jahre alten Audi Quattro. Vielleicht war er auch ein bisschen jünger. Zuvor hatte ich die Schorlen bezahlt. Mein leer gesüffeltes und Rosies unberührtes Glas. »Und oans muass i noch loswerdn«, meinte Rosie jetzt, »wennsd do middags wos drinkst, denga's olle, du bist a Suffkopf.«

Gut, dass wir mal drüber gesprochen hatten.

Im Kopf hatte ich bereits eine kleine >NoKrawatten

2. No Frauen

3. No Tischmanieren

4. No Schwarze

Jetzt ergänzte ich:

5. No Fun.

Für eine Omi fuhr Rosie eine ganz schön flotte Sohle. Gelb war das neue Grün. Nebenbei drehte sie eifrig am Senderknöpfchen:

»Und oans muass i dir aa noch sogn: Hör fui Radio!« Sie hob mahnend den Finger. »Dann lernst aa de Sprochn!«

Hatte Rosie bestimmt viel gemacht.

»Sprichst guad Englisch?«

»Geht so.« Ich gehöre ja zu denen, die bei Amazon John Grisham im Original bestellen und dann in der Badewanne in der Bunten blättern.

»Eh voilà. Jetzd samma do!«, rief Rosie plötzlich und riss das Steuer nach rechts in eine Parkbucht. Meine Liste war da schon ordentlich lang geworden. Gab viel zu sehen auf Palo Altos Straßen. Beziehungsweise, nicht zu sehen:

6. No Hunde

7. No Kinderwagen

8. No Raucher

9. No Müll

»Ois aussteign. Grüß Gott in Menlo Park!« Ich guckte erstaunt aus dem Fenster: Vor zwei Minuten waren wir noch in Palo Alto gewesen. Das war hier ja wie Ruhrgebiet. Da fängt ja auch Duisburg an und Mühlheim ist noch gar nicht zu Ende. Alles eine Matsche.

»Obacht!«, verklickerte mir Rosie mal kurz den Silicon-Valley-Mietmarkt. »Mit den Wohnungen is des so: Es gibt koane!«

»Okay.«

»Nur Haisl!«

»Okay.«

»Und mit di Haisl is des so: Alles saudeier, da legst di nieder.« Sie musterte mich neugierig. »Is dein Gspusi a rich guy?« Dann machte sie wieder eine ihrer wegwerfenden Handbewegungen: »Aba di san eh alle gleich weg.«

Wie jetzt? Die Haisl? Oder die Gspusis?

Mir rutschte das Herz in die Hose. Meine schlimmsten Befürchtungen - sie schienen alle wahr zu werden. Die letzten Wochen in Deutschland hatte ich nämlich schon kräftig im Internet gesurft, bevorzugt auf Craig's List, dem Schwarzen Brett Amerikas. Da gab's Autos, Jobs, Hunde, Meinungen - und eben auch was zum Wohnen. Mehrfach waren mir vor Schreck die Augen aus dem Kopf gefallen: 6 000, 8 000, 9 000 Dollar - normale Valley-Mieten. Auf den angehängten Fotos: Achtziger-Jahre-Flachdach-Bungalows mit PVC-Böden und Plastikfenstern. Ab 12 000 Dollar wurd's hübsch. Mit den Augen von Ivana Trump betrachtet. Viel Marmor, Goldarmaturen, römisches Säulenzeugs. Dazu polierte Chippendale-Tischchen, Lüster, Brokatgardinen, die du gleich mitmieten musstest. Da knurrte der Blindenhund. Und natürlich hatte ich auch die 18 000-Dollar-Kategorie angeklickt. Man ist ja neugierig. Schicke Pools, schicke Böden, schicke Küchen. Ging doch. Wenn auch nicht für uns. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass zu viel Platz auch nicht immer gut ist. Da brauchtest du ja Peilsender für die Kids.

Rosie zwinkerte: »Relax, i hob da a Schmankerl!«

Ich stieg aus. Achtundzwanzig feuchte Grad legten sich auf mein Gesicht - als wenn die Kosmetikerin mit dem Wasch­lappen kommt. Wir waren mit Aircondition gefahren. Das lässt vergessen, dass Palo Alto auf dem Breitengrad von Sizilien liegt. Aufgeregt guckte ich die Straße hinauf und hinunter. Häuser wie aus Schöner Wohnen: Sprossenfenster, Erker, Holzschindeldächer, Giebel. Die Gärten eine Kampfansage: Bougainvillea, Engelstrompeten, Oleander, Callistemon, Schönmalve, Calla. Ich habe schon viel Geld versenkt in Dinge, die in Brandenburger Erde nicht wachsen. Ich kenne mich aus.

»Ja, wo ist es denn?« Mich hatte das Jagdfieber gepackt.

»Schaust gnau drauf. Des beißt di gleich.«

Mein Blick glitt über den strohgelben, sonnenverbrannten Vorgarten, den aufgeplatzten Plastikbrunnen mit den zwei Steinspatzen, die im leeren Becken ein trockenes Bad nahmen. Weiter zum geduckten, pagodig nach unten gezogenen Dach, das vergitterte Fenster erahnen ließ. Überall blätterte die Farbe.

»Oh. Ich dachte, hier wird noch gebaut.«

»Na ja«, meinte Rosie, »i sog imma: Wer wie dahoam lebn will, der soll a dahoam bleibn. Musst holt auf den Käs schaun, ned auf die Löcher.«

Es dauerte eine Ewigkeit, bis die Tür aufgezogen wurde und eine freundliche Chinesin ihren Kopf durch den Spalt steckte: »Ye-hes?« Was für ein Stimmchen. Die war bestimmt Synchronsprecherin im Micky-Maus-Film.

»Hi, I am Rosie«, erklärte Rosie, »I called yesterday.«

»Oh wwwellkamm!«, freute sich die Chinesin, als seien wir ihre lang vermissten Tanten aus Shanghai. Sie wies auf einen Zettel, der auf dem Fußboden klebte: >Thank you for coming! Please remove your shoes!Danke fürs Kommen. Schuhe aus.

Ein Flechtkörbchen offerierte blaue Plastik-Schuhüberzieher und Kunstfellpuschen mit Tiergesicht. Ich half der schwankenden Rosie in die Überzieher und entschied mich selbst für barfuß.

Wenn man sich erst mal entschlossen hat, Dinge gut zu finden, geht der Rest wie von selbst. Beherzt steckte ich die Zehen in die flauschige Auslegware und durchstelzte bedächtig das Wohnzimmer. Wer mich sah, konnte annehmen, ich besichtigte den Petersdom. Der Amerikaner an sich verlegt ja gern Teppich, das fiel mir nicht zum ersten Mal auf. Auf Flughäfen, in Stadien, Banken, Hoteleingängen, überall Surrrr! und Brummm!, weil irgendwer staubsaugte. Nun habe ich...

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Autor

Katja Kessler, geboren 1969 in Kiel, ist Zahnärztin, Journalistin und Bestsellerautorin - u.a. "Herztöne", "Das Mami Buch" und "Der Tag, an dem ich beschloss, meinen Mann zu dressieren". Kessler ist mit dem Gesamtherausgeber der "Bild"-Gruppe, Kai Diekmann, verheiratet. Sie lebt mit ihrem Mann und vier Kindern in Potsdam.
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