Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Damals warst du still

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am11.03.2009
Ein Nerven zerreißender psychologischer Thriller.
Der Sohn des Familientherapeuten Fabian Plessen wird tot aufgefunden. In seine Leiche wurde das Wort 'warst' geritzt. Kaum hat Kriminalhauptkommissarin Mona Seiler zu ermitteln begonnen, taucht eine zweite Leiche auf: Auch auf dem Körper von Sonja Martinez steht ein Wort: 'damals'. Als Mona erfährt, dass Sonja Martinez bei Plessen in Behandlung gewesen war, scheint der Fall klar. Aber Mona hat das Gefühl, etwas Wichtiges übersehen zu haben. Bei ihrem Chef stößt sie jedoch auf taube Ohren - und das hat tödliche Konsequenzen ...

Christa von Bernuth ist Schriftstellerin und Journalistin. Ihre Romane »Die Stimmen«, »Untreu«, »Damals warst du still« und »Innere Sicherheit« wurden mit Mariele Millowitsch und Hannah Herzsprung in den jeweiligen Hauptrollen verfilmt und in mehrere Sprachen übersetzt. Mit »Tief in der Erde« hat sie erstmals einen Kriminalroman veröffentlicht, der von einer wahren Begebenheit inspiriert wurde. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in München.
mehr

Produkt

KlappentextEin Nerven zerreißender psychologischer Thriller.
Der Sohn des Familientherapeuten Fabian Plessen wird tot aufgefunden. In seine Leiche wurde das Wort 'warst' geritzt. Kaum hat Kriminalhauptkommissarin Mona Seiler zu ermitteln begonnen, taucht eine zweite Leiche auf: Auch auf dem Körper von Sonja Martinez steht ein Wort: 'damals'. Als Mona erfährt, dass Sonja Martinez bei Plessen in Behandlung gewesen war, scheint der Fall klar. Aber Mona hat das Gefühl, etwas Wichtiges übersehen zu haben. Bei ihrem Chef stößt sie jedoch auf taube Ohren - und das hat tödliche Konsequenzen ...

Christa von Bernuth ist Schriftstellerin und Journalistin. Ihre Romane »Die Stimmen«, »Untreu«, »Damals warst du still« und »Innere Sicherheit« wurden mit Mariele Millowitsch und Hannah Herzsprung in den jeweiligen Hauptrollen verfilmt und in mehrere Sprachen übersetzt. Mit »Tief in der Erde« hat sie erstmals einen Kriminalroman veröffentlicht, der von einer wahren Begebenheit inspiriert wurde. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in München.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641023676
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2009
Erscheinungsdatum11.03.2009
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2606 Kbytes
Artikel-Nr.1415546
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2

Dienstag, 15.7., 4.00 Uhr

Es war immer dieselbe Kneipe in der sie sich trafen, ein ehemaliges Striplokal mit dem hochtrabenden Namen Palais, das anschließend zu einem Club umfunktioniert worden war, bis auch der neue Betreiber pleite ging. Heute kamen nur noch Trinker der untersten Kategorie. Dafür hatte das Palais jede Nacht bis sechs Uhr morgens geöffnet, dem offiziellen Ende ihrer Arbeitszeit.

In dieser Nacht stießen David und sein Partner Janosch die Tür auf wie jede Nacht, wenn sie Dienst hatten. Wie jede Nacht blickten die vier, fünf traurigen Gestalten im Lokal kurz auf und rasch wieder auf ihr Glas herunter, als sie die beiden jungen, gesunden Männer erkannten, die nicht dazu- und nicht hierher gehörten. Sie kamen aus einer Welt voller Kraft und Energie, deren reine Existenz den Männern an der Bar mittlerweile ganz unmöglich schien, vor allem um diese Uhrzeit, vor allem an diesem heruntergekommenen Ort mit seinem schmuddligen Tresen und seinen abgewetzten, fleckigen Plüsch-Separees.

David und Janosch blieben einen Moment stehen, um sich in der schummrigen Beleuchtung zu orientieren. Jeder von ihnen trug eine Plastiktüte voller bunter Pillen, braunen, harzig duftenden »Pieces«, weißer Kristalle. In wenigen Sekunden würden sie ihre Tüten auf den Tisch knallen, die anderen würden sie mit Hallo begrüßen, und sie würden feiern: dass eine weitere erfolgreiche Nacht hinter ihnen lag, in der sie im Namen des Gesetzes beschlagnahmt hatten, was in und vor den Clubs an illegalen Waren an minderjährige und andere Kunden gebracht werden sollte. Sie hatten sich als potenzielle Käufer und als potente Händler ausgegeben. In dieser Nacht hatten sie mehrere vierzehnjährige Mädchen gefilzt, die geschminkt und aufgetakelt wie Nutten waren, und sie hatten zwei sechzehnjährige Jungs als strafmündig erkannt und festgenommen, sie hatten in ihrem Zivilfahrzeug einen Deal beim Abwickeln beobachtet und waren in letzter Sekunde eingeschritten.

In solchen Momenten empfanden sie sich als die wahren Könige der Straße, und dass sie auf der Seite der Guten waren, erhöhte nur noch ihr Machtgefühl. Die anderen waren nur Statisten in einem Stück, dessen Ausgang Janosch und David bestimmten. Mit dem wiegenden Gang der Leute, die wussten, was in der Szene abging, die den Durchblick hatten, durchquerten sie das Lokal auf der Suche nach dem Rest der Truppe.

Aber diesmal war ihr Stammplatz leer. Janosch machte ein enttäuschtes Gesicht und ging aufs Klo, David bestellte an der Theke zwei Bier für sich und ihn und setzte sich allein an den Tisch ganz hinten im Lokal. Er war in dieser halb euphorischen, halb übermüdeten Stimmung, in der er dringend etwas zu trinken brauchte, um später wenigstens ein paar Stunden schlafen zu können. Seine Augen brannten, sein Herz schlug zu schnell. Der Polizeiarzt hatte letzte Woche Herzrhythmusstörungen festgestellt und ihm angeboten, ein Attest zu schreiben. Natürlich hatte David abgelehnt. Er brauchte keinen Zwangsurlaub, sondern diesen Job. In mehr als einer Beziehung. Er zündete sich eine Zigarette an.

Ein älterer Mann in fadenscheinig aussehender Kellnerkluft brachte das Bier. Im selben Moment kam Janosch an den Tisch zurück. David sah ihm ins Gesicht: ein Spiegelbild seiner eigenen Verfassung. Janosch war blass, seine Augen hatten dunkle Ringe und glänzten fiebrig.

»Alles klar mit dir?«, fragte David.

»Ja. Geht schon.« Vorhin hatten sie noch über dies und das gewitzelt, jetzt wirkte Janosch ernst. Er setzte sich und nahm einen tiefen Schluck Bier. »Hast du noch Zigaretten?«

»Sicher.« David schob ihm die Schachtel herüber. Janosch nahm eine heraus und sah David dabei nicht an. Beide rauchten und tranken schweigend. Nicht immer war ihr Job spannend, oft erwies er sich auch als die ödeste Sache der Welt. Das war vor allem dann der Fall, wenn sie warten mussten: auf einen eventuellen Deal zum Beispiel oder vor dem Haus eines Verdächtigen, der observiert werden sollte. In solchen Situationen hatten sie von Zeit zu Zeit tief gehende Gespräche geführt - über den Sinn des Daseins, über Zukunftsträume, über jene seltsamen, elementaren Ängste, die niemand verstehen konnte, dessen Leben sich hauptsächlich tagsüber abspielte.

Eigentlich fühlte er sich mit Janosch befreundet. Doch es war immer das Gleiche: Sobald die Arbeit beendet war, schienen sie sich plötzlich nichts mehr zu sagen zu haben. Empfand das Janosch auch als irritierend? Ging es den anderen mit ihren Partnern genauso? War das der heimliche Sinn ihrer allnächtlichen Treffen? Zusammenzukommen, um gemeinsam das große Schweigen zu brechen? David hatte den Verdacht, dass es genau so war, aber darüber würde er mit niemandem sprechen können. Man sprach nicht über so etwas.

Er rutschte unbehaglich hin und her und sah auf die Uhr. Seine Augen brannten vor Müdigkeit; plötzlich wollte er nur noch nach Hause ins Bett.

»Kann ich heute das Auto nehmen?«, fragte er Janosch.

»Natürlich. Du bist ja dran.«

»Danke.« Einer von beiden fuhr mit ihrem Dienstwagen nach Hause, der andere nahm sich auf Kostenstelle ein Taxi. Immer abwechselnd. Dafür holte jeweils der, der an der Reihe war, den anderen am nächsten Abend zur neuen Schicht ab.

»Ich geh jetzt«, sagte David. »Das dauert mir zu lange mit den anderen.«

»Kein Problem. Holst du mich um zehn?«

»Klar. Bleibst du noch?«

»Paar Minuten vielleicht. Ich trink nur noch aus.«

Das hieß übersetzt: Ich nehm noch eins. David grinste und schlug Janosch in die geöffnete Hand.

»Cool, Alter.«

»Fick dich selber.« Ihre müden Gesichter erhellten sich für einen Moment.

»Soll ich dir Zigaretten dalassen?«, fragte David.

»Lass nur, ich hol mir selber noch welche.«

Zwei Minuten später saß David in ihrem schwarzen 3er BMW, den sie im Halteverbot vor dem Palais geparkt hatten. Er startete den Wagen, schüttelte sich die hundertste in dieser Nacht aus der Schachtel, und drückte auf den Anzünder. Die Straßen waren so leer wie zu keiner anderen Tageszeit. Er genoss diese letzten zwanzig Minuten ganz allein mit sich. Der Anzünder sprang heraus, David hielt ihn an die aufglühende Zigarette und nahm einen tiefen Zug. Er fuhr los und legte eine neue CD ein. Die schwarze Popdiva, der man längst ansah, dass sie ein notorischer Crackhead war, sang von Angst und Mut und einem neuen Anfang, und bestimmt glaubte sie daran, so wie all die anderen Süchtigen. Ihre Stimme war immer noch stark und schön, aber das würde ihr bald auch nicht mehr helfen. David hatte schon viele Frauen kennen gelernt und abgeführt, die ähnlich aussahen und sich genauso benahmen wie sie - abgemagert, nervös, befeuert von einer wilden, krankhaften Energie, hoffnungslose Fälle, die im Sarg, in der Psychiatrie oder im Obdachlosenasyl endeten. Nun, Letzteres war bei ihr immerhin nicht zu befürchten.

David ließ die Innenstadt hinter sich und fuhr auf den Ring Richtung Osten. Er bemühte sich, wach zu bleiben, aber seine Augenlider wurden schwer. Schließlich schaltete er auf einen Nachrichtensender um. Die trockene Stimme des Sprechers berichtete, dass die Zahl der Firmenpleiten dieses Jahr erneut einen Höchststand erreichen würde, was gleichermaßen für die Nettoverschuldung der Regierung galt. David hörte mit halbem Ohr zu; an Katastrophenberichte zum Zustand der Nation hatte er sich längst gewöhnt. Die verbotenen Geschäfte blühten wie nie zuvor, trotz oder gerade wegen Rezession und Zukunftsangst.

Kurz vor seiner Wohnung bog er in eine Seitenstraße und fuhr auf das Gelände einer vor Jahren stillgelegten Papierfabrik, die demnächst abgerissen werden sollte. Ihm fiel auf, dass es dunkler war als sonst, aber er konnte sich keinen Reim darauf machen. Der Club, zu dem er wollte, befand sich in einer der alten Fabrikhallen im hinteren Teil des Geländes und war normalerweise bis acht Uhr morgens geöffnet. Ein-, zweimal hatte David hier noch in buchstäblich letzter Minute Beute gemacht (so nannten sie ihre Razzien: Beute machen, als handle es sich um ein Räuber-und-Gendarm-Spiel). Seither machte er häufig allein diesen Abstecher hierher, obwohl das eigentlich nicht erlaubt war, weil sie nicht zu zweit waren und dieser Club nicht zu seinem Revier gehörte. Aber danach fragte im Fall des Falles keiner.

Der betonierte Platz vor der Halle war leer und dunkel. David bremste ein paar Meter von der Frontseite entfernt und stieg aus. Jetzt merkte er erst richtig, dass etwas ganz anders war als sonst. Grillen zirpten, und in der Ferne hörte man jemanden hupen und einen anderen mit quietschenden Reifen bremsen: sonst nichts. Keine hämmernden Bässe, kein durch die Wände gedämpftes vielstimmiges Geschrei. Der Club schien Ruhetag zu haben. David wollte gerade wieder einsteigen, da sah er etwas vor dem Eingang liegen.

David zog seine Waffe und entsicherte sie.

Es war sehr still und dunkel, nur über dem Eingang spendete eine trübe Funzel...
mehr
Kritik
"Mona Seiler ist ein weiblicher Wallander: Diese Heldin möchte man ganz oft erleben."mehr

Autor

Christa von Bernuth ist Schriftstellerin und Journalistin. Ihre Romane »Die Stimmen«, »Untreu«, »Damals warst du still« und »Innere Sicherheit« wurden mit Mariele Millowitsch und Hannah Herzsprung in den jeweiligen Hauptrollen verfilmt und in mehrere Sprachen übersetzt. Mit »Tief in der Erde« hat sie erstmals einen Kriminalroman veröffentlicht, der von einer wahren Begebenheit inspiriert wurde. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in München.