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Frau Prinz pfeift nicht mehr

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
208 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am01.08.20091. Auflage
Ein spannender Psychothriller um den Tod einer mißgünstigen Frau und schrecklichen Nachbarin. »Nun lag Frau Prinz in ihrem Vorgarten, für immer verstummt. Sie trug ihren knallroten Anorak und die Schirmmütze mit den Ohrenklappen. Eine seltsame Bekleidung für eine Leiche. Aber so war sie gewesen, ohne Rücksicht auf die Umwelt.« Das Scheusal ist tot, erschlagen - und die Nachbarn im vornehmen Münchner Stadtteil Nymphenburg zeigen klammheimliche oder offene Freude, denn Frau Prinz hat sie alle drangsaliert. War es Mord? Die Zahl der Verdächtigen ist groß, und Kommissar Kemper gerät immer tiefer in ein Geflecht von Haß und Rache. Ungekürzte Ausgabe im augenfreundlichen Großdruck.     

Asta Scheib, geboren in Bergneustadt im Rheinland, arbeitete als Redakteurin bei verschiedenen Zeitschriften. Sie gehört heute zu den bekanntesten deutschen Schriftstellerinnen und lebt mit ihrer Familie in München.
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Produkt

KlappentextEin spannender Psychothriller um den Tod einer mißgünstigen Frau und schrecklichen Nachbarin. »Nun lag Frau Prinz in ihrem Vorgarten, für immer verstummt. Sie trug ihren knallroten Anorak und die Schirmmütze mit den Ohrenklappen. Eine seltsame Bekleidung für eine Leiche. Aber so war sie gewesen, ohne Rücksicht auf die Umwelt.« Das Scheusal ist tot, erschlagen - und die Nachbarn im vornehmen Münchner Stadtteil Nymphenburg zeigen klammheimliche oder offene Freude, denn Frau Prinz hat sie alle drangsaliert. War es Mord? Die Zahl der Verdächtigen ist groß, und Kommissar Kemper gerät immer tiefer in ein Geflecht von Haß und Rache. Ungekürzte Ausgabe im augenfreundlichen Großdruck.     

Asta Scheib, geboren in Bergneustadt im Rheinland, arbeitete als Redakteurin bei verschiedenen Zeitschriften. Sie gehört heute zu den bekanntesten deutschen Schriftstellerinnen und lebt mit ihrer Familie in München.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423401517
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2009
Erscheinungsdatum01.08.2009
Auflage1. Auflage
Seiten208 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse615 Kbytes
Artikel-Nr.1416670
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1


Die Bewohner der Max-Ernst-Straße liebten ihre Hunde, ihre Häuser, ihre Religion und ihre Partei. So einen Schrei, wie er am Dienstag, dem 2. Februar, plötzlich in der ruhigen Mittagsstunde aufstieg, hoch und anhaltend hysterisch, voll Entsetzen und Lust am Schrecklichen, solch einen Schrei liebten sie nicht. Bayern schrien höchstens für die Sechziger oder für Bayern München, und daher war es nur natürlich, daß es eine Preußin war, Frau Tinius, die am Gartenzaun der Nummer 75 stand und nach einem Arzt rief, nach einem Pfarrer, nach der Polizei, welche letztere, von irgend jemandem benachrichtigt, sich rasch durch Blaulicht und Sirene ankündigte. Kunststück, wo das Revier um die Ecke war.

 

Immer mehr Leute liefen vor der Nummer 75 zusammen, drängten sich durch bis ganz nach vorn, aber niemand trat durch die Tür zum Vorgarten, obwohl die offenstand. Frau Tinius starrte in einer Mischung von Entsetzen und Behagen durch den Zaun, murmelte abund zu »ach du heiliger Bimbam, die Frau Prinz«.

»Lassen Sie gefälligst unsere Heiligen aus dem Spiel, Sie haben die Frau Prinz ja gar nicht gemocht«, wurde Frau Tinius von Frau Schierl korrigiert, die es für die höchste und lebenslang ausreichende Eigenleistung hielt, als Bayerin geboren zu sein, und sie duldete es nicht, daß eine Preußin mit bayerischen Werten fahrlässig umging. Die traditionelle, in manchen Bayern stets abrufbereite Abneigung gegen die Zugereisten stieg hoch in Frau Schierl. Doch schon vereinte die Ankunft der Gesetzeshüter Preußen und Bayern wieder zu gesammelter Aufmerksamkeit.

 

Zwei Polizisten stiegen aus dem Streifenwagen, ihre jungen robusten Gesichter wirkten jovial im Bewußtsein ihrer Bedeutung. Die Umstehenden machten ihnen Platz, doch der jüngere Polizist versuchte mit herablassender Geduld die Zaungäste zum Abzug zu überreden. »Kommen Sie, gehen Sie doch, hier gibt´s nichts zu sehen.«

Der andere Polizist kniete bei der Toten, man sah, daß er bemüht war, nichts zu berühren, er schaute nur aufmerksam die Leiche an und ging dann wortlos zu seinem Wagen, um zu telefonieren, und sein junger Kollege schloß das Tor, damit niemand mehr nahe an die Tote herankommen konnte. Die Umstehenden, auch Frau Tinius und Frau Schierl, zogen sich folgsam ein wenig zurück. Das sah man ja ein, die Polizei mußte hier ihre Pflicht tun, schließlich gehörte man sozusagen zu diesem Drama dazu, immerhin kannte Frau Schierl die Tote seit gemeinsamen Kindertagen, und Frau Schierl fühlte mit jeder Sekunde mehr, wie teuer ihr Frau Prinz trotz allem gewesen war. Schon als Schulkinder waren sie zerstritten, eines war selig, wenn das andere nachsitzen mußte, spätere Schicksalsschläge wurden wechselseitig mit Genugtuung registriert, wobei man mitleidsvoll Anteilnahme bekundete. Das gehörte sich so. In Streitzeiten waren sie mit hochgerecktem Kinn auf die andere Straßenseite gewechselt, um einander nicht begegnen zu müssen. Ach ja, schön war es gewesen, und nun auf immer vorbei.

Frau Tinius dagegen war auch angesichts des Todes von keiner sentimentalen Strömung durchflutet, eher vom Gefühl einer ausgleichenden Gerechtigkeit. Unmerklich, wie die Cellulite an ihren Schenkeln, hatte sich in Frau Tinius Abscheu entwickelt gegen die ständigen Pöbeleien der Frau Prinz, die alle Preußen aus der nachbarschaftlichen Gemeinschaft ausschließen wollte. Ließen sich Frau Tinius oder die junge Nachbarin zur Linken, Frau Molden, im Garten sehen, pfiff Frau Prinz so schrill wie der Vogeljakob auf dem Oktoberfest. Dann verließ man den Garten freiwillig, obwohl jedem klar war, daß Frau Prinz gerade deshalbso schauerlich pfiff. Jetzt war sie tot. Plötzlich und unerwartet. Ein Wunder, das Frau Tinius der Sorge enthob, Frau Prinz könnte mindestens zweihundert Jahre alt werden, so daß zu Lebzeiten keine Erlösung von ihr zu erwarten sei. Seit Frau Prinz sich ein Mobiltelefon angeschafft hatte, war es noch schlimmer geworden. Das Handy am Ohr, ragte Frau Prinz wie ein Schreckensmonument auf ihrem Balkon auf und ließ ihre Stimme über die Gärten schallen. Selber schwerhörig, teilte sie ihren Gesprächsteilnehmern brüllend mit, daß die Preußen ihr schönes Nymphenburg zerstörten. Sie beschwor ihre Gesprächspartner, sie doch zu besuchen, um sie über diesen Mißstand hinwegzutrösten. »Ich bin die Beherrscherin der Gärten«, brüllte sie. »Die Preußen sind nicht da, die Moldens-Bagaasch auch nicht. Das müssen wir ausnutzen.«

Hin und wieder traf sich dann eine kleine geriatrische Runde im Garten, die mit rostigen Stimmen Witze erzählte, über die sie dann scheppernd lachte. Später sangen sie Schunkellieder, in denen merkwürdigerweise immer der Rhein und die Nordseewellen vorkamen.

 

Nun lag Frau Prinz in ihrem Vorgarten, für immer verstummt. Sie trug ihren knallroten Anorak und die Schirmmütze mit den Ohrenklappen. Eine seltsame Bekleidung für eine Leiche. Aber so war sie gewesen, ohne Rücksicht auf die Umwelt. Man sollte Toten nichts Böses nachsagen, aber Frau Prinz hatte nicht nur akustisch, sondern zweifellos auch optisch zur Umweltverschmutzung beigetragen. Wenn sie in ihrer bedrohlichen Fülle in den Garten hinausgetreten war, schienen die Blätter der Bäume apathisch hinabzusinken, Kinder und Katzen drückten sich in die Büsche, sogar der Pudel von Frau Seifert verzog sich leise jaulend ins Haus. Alle Gärten wirkten trostlos, als hinge eine schwere Wolke über der Max-Ernst-Straße.

 

Nun waren sie erlöst. Was für ein Tag! Frau Tinius mochte um keinen Preis von der Nummer 75 weichen. Sie fürchtete, aus diesem denkwürdigen Traum aufzuwachen und Frau Prinz würde sich zur Haustür hinauswälzen und wie alle Tage das Unkraut aus ihrem Vorgarten in den der Nachbarn hinüberwerfen. Aber nein, es war kein Traum, die Prinz lag immer noch auf den Steinen, immer noch tot. Frau Tinius würde sich zwar vom Tatort zurückziehen, wenn die Polizei das verlangte und auch die Schierl und die anderen vertrieb, aber weggehen, einfach ins Haus hineingehen und nichts mehr mitkriegen von diesem wundersamen Tod der Frau Prinz, das wollte sie auf keinen Fall. Schließlich mußte sie doch erfahren, wie dieses Wunder geschehen war. Ein Unfall? Ein Mord? Schauer des Behagens durchfluteten Frau Tinius.

Sie reckte ihre hohe, dürre Gestalt, machte großzügig dem Taxidoktor Platz, damit der auch an dem Drama teilhaben konnte. Der Taxidoktor hieß eigentlich Lersch, war ein praktischer Arzt, aber da er sich seit Jahren darauf beschränkte, nur noch Taxifahrer auf ihre Berufstauglichkeit zu untersuchen, hieß er Taxidoktor. Ehe Frau Tinius ihn in ihre Beobachtungen und Überlegungen einbeziehen konnte, kam auch schon der nächste Wagen vorgefahren, natürlich, das war die Mordkommission, das waren Beamte in Zivil, man hätte sie für Schauspieler halten können, »die sehen ja richtig gut aus, Frau Schierl, gucken Sie mal, da könnte man sich ja direkt verlieben. Schade, daß die Prinz das nicht mehr erlebt, die war ja so lange Witwe, und dann zwei so knackige junge Kommissare, jetzt, wo alles zu spät ist.« Halb ohnmächtig aus Abscheu vor der Preußin, suchte Frau Schierl Trost in den Gesichtern der anderen Nachbarn, sie forschte in den Zügen des Taxidoktors.

»Sie, Herr Doktor, von alleine sind die Steine doch nicht hinuntergefallen, was meinen Sie?«

»Ich meine gar nichts«, sagte der Doktor schwer atmend. Er hatte Asthma, und wenn etwas Ungewöhnliches geschah, bekam er Probleme mit der Atmung. Jetzt inhalierte Doktor Lersch von seinem Taschenspray. Es war nicht klar, ober Frau Schierl zuhörte, die laut darüber nachdachte, daß unter den Dachdeckern des Hauses 77 so ein Dunkler gewesen sei. Zwar habe er ein Dirndltuch um die Stirn gewunden gehabt, Edelweißmuster, was sie ja schon unpassend finde für einen aus der tiefsten Türkei oder wer weiß woher, aber der sei ihr gleich unheimlich vorgekommen. Am Gerüst habe er das große Wort geführt, die wollten jetzt alle hier bestimmen, sogar deutsche Pässe wollten die.

»Herr Doktor, wir Deutschen sind ja bald eine Minderheit, bald gibt´s ja nur noch Gelbe und Schwarze, die machen Kinder wie die Karnickel, und bei uns erlauben die Sozis die Abtreibung - ich sag´, wie ich denke, mir kann nix mehr passiern, ich bin ja alt, ich erlebes nicht mehr, wenn die uns rausjagen aus unserem Land und uns massakrieren. Die ganze Ausländer-Bagaasch.«

 

Der Taxidoktor atmete tief durch. Sein Spray wirkte rasch, eigentlich war Lersch immer homöopathisch orientiert gewesen, doch in der Not frißt der Teufel Fliegen. Und überhaupt war Lersch froh, zeitlich und nervlich aufwendige Patientinnen wie die Schierl los zu sein,...

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Kritik
»In ihrem hübsch bösartigen Kriminalroman nimmt Asta Scheib die braven Bayern und die Abgründe hinter der gutbürgerlichen Fassade so richtig aufs Korn. Ein ebenso amüsanter wie beklemmender Lesespaß mit überraschendem Ende.«Hannoversche Allgemeine Zeitungmehr