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Die Ausweitung der Bekenntniskultur - neue Formen der Selbstthematisierung?

E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
362 Seiten
Deutsch
VS Verlag für Sozialwissenschaftenerschienen am07.12.20072006
Das Buch untersucht die zunehmende Selbstthematisierung, Selbstbeobachtung und Selbstaufmerksamkeit und damit auch die wachsende Problematisierung des eigenen Selbst in der modernen Gesellschaft.

Dr. Günter Burkart ist Professor für Soziologie an der Universität Lüneburg.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR54,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR42,25

Produkt

KlappentextDas Buch untersucht die zunehmende Selbstthematisierung, Selbstbeobachtung und Selbstaufmerksamkeit und damit auch die wachsende Problematisierung des eigenen Selbst in der modernen Gesellschaft.

Dr. Günter Burkart ist Professor für Soziologie an der Universität Lüneburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783531902883
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatPDF
Format Hinweis1 - PDF Watermark
FormatE107
Erscheinungsjahr2007
Erscheinungsdatum07.12.2007
Auflage2006
Seiten362 Seiten
SpracheDeutsch
IllustrationenVI, 362 S.
Artikel-Nr.1421670
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;Inhalt;5
2;Einleitung. Selbstreflexion und Bekenntniskultur;8
2.1;1. Eine neue Bekenntniskultur?;8
2.2;2. Individualisierung und Selbstthematisierung;9
2.3;3. Eine neue Kultur der Selbstthematisierung;12
2.4;4. Theoretische Ankerpunkte;16
2.5;5. Selbsterkenntnis, Geständnis und Bekenntnis;20
2.6;6. Strukturelle Hintergründe und historische Markierungspunkte;22
2.7;7. Funktionen der Selbstthematisierung und ihre Bedeutung für Liebe und Partnerschaft;27
2.8;8. Veralltaglichung und Demokratisierung. Autobiografie für jedermann und die neuen Medien;29
2.9;9. Arbeit und Selbstverwirklichung;32
2.10;Literatur;36
3;Selbstthematisierung. Von der ( Er-) Findung des Selbst und der Suche nach Aufmerksamkeit;42
3.1;Einleitung;42
3.2;1. Individualisierung und die Geschichte der Selbstthematisierung: Von der Entdeckung über die Leugnung bis zur Vervielfältigung des Selbst;45
3.3;2. Selbstthematisierung in der visuellen Kultur;58
3.4;3. Selbstthematisierung im Kampf um Aufmerksamkeit;63
3.5;Literatur;68
4;Vom Beichtstuhl zum Chatroom. Strukturwandlungen institutioneller Selbstthematisierung;74
4.1;Einleitung;74
4.2;1. Entwicklungen moderner Institutionen der Selbstthematisierung;76
4.3;2. Selbstthematisierung im Chat;86
4.4;3. Schluss;98
4.5;Literatur;100
5;'Magic Mirrors'. Zur extensiven Ausleuchtung des Subjekts;106
5.1;Einleitung;106
5.2;1. Marktgerechter Selbstbezug und gesteigerte SelbstkontroIIe als Vergesellschaftungsmodus;109
5.3;2. Das Subjekt und sein Begehren - ein Ensemble unbewusster Strukturen und Machtwirkungen;111
5.4;3. Ökonomien der Manifestation des Subjekts und des Selbstmanagements;116
5.5;4. Imaginäre und phantasmatische Mechanismen der Subjektbildung und Selbstmanifestation;121
5.6;Literatur;124
6;Serielle Einzigartigkeit und Eigensinn;128
6.1;1. Schattenseiten der Individualisierung;128
6.2;2. Das Konzept des 'romantischen Individualismus';130
6.3;3. Gegentendenzen zur Dominanz des romantischen Individualismus;133
6.4;4. Serielle Einzigartigkeit;135
6.5;5. Die 'Dialektik' von Individualisierung und Standardisierung;137
6.6;6. Ressourcen des Eigensinns;140
6.7;7. Resümee;144
6.8;Literatur;144
7;Transformationen des Selbst im spätmodernen Raum. Relational, vereinzelt oder hyperreal?;146
7.1;Einleitung;146
7.2;1. Raum und Selbst. Theoretische Vorüberlegungen;148
7.3;2. Das relational Selbst im elektronischen Raum;152
7.4;3. Das Selbst am Nicht-Ort;157
7.5;4. Fazit. Das Selbst im spätmodernen Raum;162
7.6;Literatur;168
8;Massenmedien im und als Spiegel der Person;172
8.1;1. Theorie des Spiegelselbst und moderne Identitätsproblematik;172
8.2;2. Massenmedien als generalisierte Andere;177
8.3;3. Massenmedien als Spiegel der Person;179
8.4;4. Medien in Personenspiegeln;181
8.5;Literatur;183
9;Dissensfiktionen bei Paaren;186
9.1;1. Dissensfiktionen und ihr Stellenwert in der Dialektik von Bezogenheit und Individuation in Paarbeziehungen. Einleitung in die Fragestellung;186
9.2;2. Liebe und Partnerschaft als zwei miteinander verbundene Modi des Zusammenlebens als Paar;187
9.3;3. Der Begriff der Konsensfiktion" bei Alois Hahn;188
9.4;4. Exkurs: Der Status des 'Als Ob' im menschlichen Handeln. Zur theoretischen Begründung des Begriffs ' Fiktion';192
9.5;5. Dissensfiktionen in Paarbeziehungen;195
9.6;7. Dissens- und Konsensfiktionen und ihre Rolle bei den Modi des Paarlebens von Liebe und Partnerschaft;200
9.7;Literatur;205
10;Das erzählte Ich in der Liebe. Biografische Selbstthematisierung und Generationswandel in einem modernen Kulturmuster;208
10.1;1. Einleitung;208
10.2;2. Der soziale Konnex zwischen romantischer Liebe und Individualisierung;210
10.3;3. Argumente für eine Generationsanalyse zum Wandel der Liebe;213
10.4;4. Sample und methodisches Vorgehen;216
10.5;5. Synopse historischer Rahmenbedingungen beim 'erzählten Ich in der Liebe';217
10.6;6. Fallvignetten aus drei Generationen;219
10.7;7. Diskussion. Generationsdynamik im Kulturmuster 'romantische Liebe';228
10.8;8. Schlussbemerkung;230
10.9;Literatur;231
11;Die Veralltaglichung der Patchwork-Identität. Veränderungen normativer Konstruktionen in Ratgebern für autobiografisches Schreiben;236
11.1;Einleitung;236
11.2;1. Autobiografie als voraussetzungsvolle Form der Selbstthematisierung;237
11.3;2. Verdachtsmomente für einen Normenwandel;242
11.4;3. Autobiografie-Ratgeber als Forderer und Indikatoren des Normenwandels;249
11.5;Literatur;257
12;Die Herstellung von Biografie(n). Lebensgeschichtliche Selbstpräsentationen und ihre produktive Wirkung;262
12.1;Einleitung;262
12.2;1. Doing biography" als Dienstleistung;266
12.3;2. Doing biography" als wissenschaftliche Aktivität;270
12.4;3. Herstellung von 'Biografie' durch die Biografieforschung - fünf Aspekte;271
12.5;4. Das narrative Interview als Biografiegenerator";275
12.6;5. Fazit;281
12.7;Literatur;282
13;Eine Romantische Arbeitsethik? Die neuen Ideale in der Arbeitswelt;286
13.1;1. Einleitung;286
13.2;2. Die Protestantische Arbeitsethik;290
13.3;3. Kultureller und struktureller Wandel der Arbeitswelt;295
13.4;4. Trägergruppen;299
13.5;5. Erfolg durch Selbstverwirklichung;304
13.6;6. Schluss;309
13.7;Literatur;310
14;Gibt es Virtuosen der Selbstthematisierung?;314
14.1;1. Einleitung;314
14.2;2. Typenportraits. Pragmatiker und Virtuosen der Selbstthematisierung;319
14.3;3. Spannungsverhältnisse;327
14.4;4. Techniken der Selbstthematisierung. Diskurs und Praxis;331
14.5;Literatur;336
15;Wohl dem der eine Narbe hat. Identifikationen und ihre soziale Konstruktion;340
15.1;1. Jemeinigkeit";340
15.2;2. Identifikation und Identität;344
15.3;3. Identifikation durch die Stimme und das Antlitz: Ulrich und seine Familia;347
15.4;4. Identifikation im Dunklen: Ruodberts Schnaufen;349
15.5;5. Identifikation durch die Narbe: Ulrich und seine Frau Wendilgarth;350
15.6;6. Narbenlose Identifikation: Martin Guerre;350
15.7;7. Identifikation durch Werke: Tuotilo und Sintram;351
15.8;8. Die Narbe des Odysseus;352
15.9;9. Identifikationsdispositive;354
15.10;10. Die Identifikation in der Sphare des Göttlichen;357
15.11;Literatur;360
16;Zu den Autorinnen imd Autoren;362
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Leseprobe
Einleitung. Selbstreflexion und Bekenntniskultur (S. 7)

Gunter Burkart

1. Eine neue Bekenntniskultur?

Im Januar 2006 wurde in der ARD ein ausführliches Interview mit der Archäologin Susanne Osthoff gesendet, die vorher im Irak entführt worden war. Nach ihrer Freilassung, deren Umstände von den Behörden geheim gehalten wurden, war in den Medien viel spekuliert worden und sie zum Teil heftig kritisiert. Reinhold Beckmann, der Interviewer, versuchte die Geschichte zu durchleuchten.

Dabei legte er großen Eifer an den Tag, Frau Osthoff persönliche Bekenntnisse abzuringen: zu ihrem Glauben, ihren familiären und persönlichen Beziehungen, ihren Gefühlen gegenüber den Entführern, ihrer kulturellen Identität, ihrer Dankbarkeit für Deutschland.

Sind Sie dankbar, Frau Osthoff?, fragte Beckmann immer wieder, während er ihr Feuer gab - eine (angesichts der heute fast skandalösen Praxis, im Fernsehen zu rauchen) seltsam antiquierte Höflichkeitsgeste, die in scharfem Kontrast zur unhöflichen Insistenz des bohrenden Fragens stand. Aber trotz dieser intensiven Befragung gelang es dem Moderator nur selten, Bekenntnisse zutage zu fördern.

Auffällig am Interview mit Susanne Osthoff war gerade, dass sie darauf bestand, nicht über ihre privaten Angelegenheiten sprechen zu wollen. Diese Bekenntnis-Verweigerung wirkte fast noch skandalöser als die Missachtung des Rauchverbots - gemessen an der Alltäglichkeit und Selbstverständlichkeit, mit der heute Menschen jeglicher Art öffentlich zu ihren persönlichen Lebensumständen befragt werden und meist auch bereitwillig antworten.

Sie geben Auskunft über sich und ihr Innenleben, weil sie gelernt haben, sich selbst zum Thema zu machen. Selbstaufmerksamkeit und Selbstbeobachtung der Individuen scheinen zugenommen zu haben und damit auch die biografische Reflexivität. Insbesondere die inzwischen weiter ausgefacherte Tsychoszene hat Diskurse der Selbstreflexion und der Selbstverwirklichung hervorgebracht und intensiviert, wie es sie in diesem Ausmaß wohl noch nie gab.

Diese Diskurse - so die weitere Vermutung - sind tief in den Alltag eingedrungen, jedenfalls in den Bildungsschichten, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung stetig gewachsen ist. Eine Gesprächskultur der Selbstthematisierung ist entstanden, die vielfach die Form von Bekenntnis und Geständnis, von sanktionsfreier Selbstenthüllung, annimmt.

Viele Tabus sind inzwischen zurückgedrängt oder gebrochen, es darf über private und intime, das Selbst betreffende Dinge gesprochen werden, wie es früher in diesem Ausmaß nicht möglich war. Dazu kommen neue mediale Formen der Selbstdarstellung und des Identitätsmanagements. Immer wichtiger wird darüber hinaus eine kompetente Balancierung zwischen Selbsterkenntnis und Selbstdarstellung, zunehmend auch im beruflichen Bereich, wo Selbstreflexion und Selbstcoaching zu neuen Zauberformeln der Managerweiterbildung geworden zu sein scheinen.

Damit ist eine zeitdiagnostische These umrissen, die sich auf ein ganzes Bündel von Vermutungen stützt, die genauerer Prufung bedürfen. Die Autorinnen und Autoren des vorliegenden Bandes bemühen sich an ausgewählten Aspekten und unterschiedlichen Themen um einen Beitrag zur Klärung dieser komplexen These.

Diese Einleitung versucht einen Rahmen abzustecken, in dem die einzelnen Beiträge verortet werden können. Zunächst wird Selbstreflexion/ Selbstthematisierung als eine von drei Dimensionen von Individualisierung konzipiert. Nach einem ersten Überblick zur neuen Kultur der Selbstthematisierung und einer kurzen Diskussion theoretischer Grundlagen und begrifflicher Probleme werden die historischen Hintergründe dieser Entwicklung skizziert.

Die Frage nach einer möglichen Reflexionselite wird kontrastiert mit der These der Verallgemeinerung und Demokratisierung: ehemals exklusive Formen der Selbstthematisierung werden nun zunehmend für alle zugänglich. Gerade in den neuen Medien, so scheint es, sind solche Demokratisierungstendenzen zu finden.
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Kritik
"Burkart bindet in seiner ausgezeichneten thematischen Einführung das Konzept der Selbstthematisierung in einen theoretischen Rahmen ein." Soziologische Revue, 02/2009mehr