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Geisterfahrt

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am03.11.2014
Ein Schutzengel zum Fürchten
Lisas Freundin Nadine ist verschwunden. Ihr Handy ist nicht zu orten, die Polizei findet keine Spur. Lisa ist verzweifelt. Hat dieser Herr Engel etwas damit zu tun? Ein mysteriöser Typ, von dem sich die Mädchen verfolgt fühlten - aus dessen Auto sie einst panisch geflohen sind. Oder etwa der nette junge Mann, der sie damals rettete? Da ereilt Lisa das nächste Grauen: Ihr kleiner Bruder Florian erzählt begeistert von seinem netten Schutzengel. Seit der ihn auf dem Schulweg begleite, fühle er sich sicher. Lisa beschleicht ein schlimmer Verdacht ... Plötzlich wird Nadine schwer verletzt und ohne Bewusstsein aufgefunden. War das das Werk ihres Schutzengels?

Doris Bezler schreibt seit vielen Jahren für Jugendliche und Erwachsene, am liebsten Psychothriller. Die Autorin ist Lehrerin und stellvertretende Schulleiterin einer großen Gesamtschule und Mutter von drei erwachsenen Kindern. Sie lebt mit Mann und Hund in Bad Soden im Taunus.
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Produkt

KlappentextEin Schutzengel zum Fürchten
Lisas Freundin Nadine ist verschwunden. Ihr Handy ist nicht zu orten, die Polizei findet keine Spur. Lisa ist verzweifelt. Hat dieser Herr Engel etwas damit zu tun? Ein mysteriöser Typ, von dem sich die Mädchen verfolgt fühlten - aus dessen Auto sie einst panisch geflohen sind. Oder etwa der nette junge Mann, der sie damals rettete? Da ereilt Lisa das nächste Grauen: Ihr kleiner Bruder Florian erzählt begeistert von seinem netten Schutzengel. Seit der ihn auf dem Schulweg begleite, fühle er sich sicher. Lisa beschleicht ein schlimmer Verdacht ... Plötzlich wird Nadine schwer verletzt und ohne Bewusstsein aufgefunden. War das das Werk ihres Schutzengels?

Doris Bezler schreibt seit vielen Jahren für Jugendliche und Erwachsene, am liebsten Psychothriller. Die Autorin ist Lehrerin und stellvertretende Schulleiterin einer großen Gesamtschule und Mutter von drei erwachsenen Kindern. Sie lebt mit Mann und Hund in Bad Soden im Taunus.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641147464
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum03.11.2014
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1241 Kbytes
Artikel-Nr.1449070
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



In den kommenden Wochen sollte sich zeigen, dass ihr Gefühl sie nicht getrogen hatte. Nadine hatte noch weniger Zeit. Gleich nach der Schule hetzte sie fort, erzählte auf Nachfrage etwas von Nachhilfe oder Urlaubsvorbereitungen. Nachrichten beantwortete sie erst nach Stunden oder gar nicht.

Oft lag Lisa abends im Bett und grübelte nach, ob sie Nadine zur Rede stellen oder alles einfach so weiterlaufen lassen sollte. Sie fürchtete sich vor einer erneuten Abfuhr oder, noch viel schlimmer, vor Nadines Gleichgültigkeit, ihrer schulterzuckenden Reaktion, so what? Sie würde sich damit abfinden müssen, dass Nadine nicht mehr ihre ABF war. Nach den Erfahrungen mit ihr in der Horrornacht war Lisa das sogar ganz recht, denn eigentlich gab es ja genug andere nette Leute in der Klasse, zu denen sie sich immer häufiger auf dem Schulhof stellte, während Nadine irgendwo unsichtbar herumgeisterte oder in letzter Minute zum Unterricht angehetzt kam.

Einmal glaubte Lisa gesehen zu haben, wie Nadine morgens unweit der Schule aus einem Auto gestiegen war. Aber sie war noch zu weit entfernt und sich nicht sicher, ob das überhaupt Nadine gewesen war. Längst waren die Zeiten vorbei, in denen sie sie einfach danach hätte fragen können. Lisa beschloss also, alles auf sich beruhen zu lassen und sich neue Freunde zu suchen. Das war ein bisschen traurig, aber auch keine Katastrophe. Außerdem war da noch Marco. In den letzten Tagen vor den Ferien waren Projekttage zur Stadtgeschichte Offenbachs. Lisa studierte akribisch die Teilnehmerlisten der angebotenen Themen. Kurz vor Terminschluss entdeckte sie, wonach sie Ausschau gehalten hatte. Marco Michelsen stand dort auf der Liste der Gruppe, die sich mit dem Thema »Lederstadt Offenbach« beschäftigen wollte. Die Gruppenliste hatte noch Plätze frei. Zugegeben, das Thema war nicht gerade »der Burner«. Lisa schrieb sich dazu und malte sich aus, wie sie in den nächsten Tagen mit Marco durch Offenbach ziehen, ehemalige Fabrikgebäude fotografieren und in ruhigen Winkeln im Stadtarchiv recherchieren würde.

Am ersten Projekttag brauchte Lisa im Bad doppelt so lang und brachte die ganze Familie in Aufruhr. Doch das Gedrängel der Mutter ließ sie unberührt. Zart duftend schwebte sie durch den Wohnungsflur und griff nach ihrer neuen mintfarbenen Sommerjacke aus dünnem Leder, die sie am Vortag von dem Rest ihrer Ersparnisse erstanden hatte. Heute nahm sie gerne das Angebot ihres Vaters an und ließ sich von ihm zur Schule fahren. An den zugigen Haltestellen oder gar unter dem Fahrradhelm hätten sich ihre mit dem Plätteisen gebändigten Locken sehr schnell wieder aufgezwirbelt.

Lisas Vater musterte seine Tochter von der Seite. »Hab ich was verpasst? Ist heute ein besonderer Tag?«

Lisa nickte lächelnd. Ihre mit dunkelbrauner Tusche sorgfältig eingefärbten, langen Wimpern, die im ungeschminkten Zustand beinahe unsichtbar waren, ließen ihre Augen wie Sterne strahlen. Die Sommersprossen waren unter dem zart bräunlichen Make-up fast unsichtbar geworden.

Mit einer gewissen Wehmut im Blick stellte Herr Neufeldt fest, dass seine kleine Tochter, dieses rotlockige Püppchen mit den lustigen Punkten um die Nase, auf dem Weg war, eine junge Lady zu werden. »Darf ich fragen, was es Besonderes gibt?«

»Projektwoche«, antwortete Lisa.

»Aha. Und zu welchem Thema?«

»Lederstadt Offenbach.«

»Aha. Und deshalb hast du jetzt eine neue Lederjacke?«

»In gewisser Weise, ja.«

»Musstet ihr euch alle neue Ledersachen kaufen? Hat das die Schule von euch verlangt?«

»Och, Papa, jetzt frag nicht so viel! Lass mich doch einfach mal!«

Herr Neufeldt zuckte mit den Schultern und startete den Motor. Wenig später sah er seiner Tochter nach, wie sie mit engen weißen Jeansbeinen und Sandalen mit Plateausohlen in Richtung des Schultors davonstakste. Er saß noch einen Moment nachdenklich da. Plötzlich fuhr ein Wagen dicht an ihm vorbei und fuhr schnittig vor ihm an die Bordsteinkante. Durch das Rückfenster konnte er die Silhouette eines langhaarigen Mädchens erkennen, das sich zu dem Fahrer beugte und ihm einen schnellen Kuss auf die Wange hauchte. Das hätte er gerne eben auch von seiner Tochter gehabt, doch die schien heute mit dem Kopf - oder besser gesagt mit dem Herzen - ganz woanders zu sein. Das andere Mädchen sprang leichtfüßig aus dem Wagen. Es beugte sich noch einmal hinab und winkte dem Fahrer, dann lief es davon. Das Auto startete mit quietschenden Reifen und fuhr so zügig, wie es gekommen war, davon. Kopfschüttelnd fuhr Herr Neufeldt betont langsam an.

Das Mädchen war jetzt am Schultor angekommen. Es wandte sich noch einmal um und sah dem Wagen nach, der gerade in einer Seitenstraße verschwand. In ihrem Gesicht stand ein seltsamer Ausdruck tiefster Zufriedenheit. Herr Neufeldt runzelte die Stirn. War das nicht Nadine, die beste Freundin seiner Tochter?

Er hielt noch einmal an und warf einen Blick durch das weit offen stehende Hoftor über den Schulhof, wo die Schüler von allen Seiten auf das Gebäude zuströmten. Nun sah er auch noch einmal Lisa. Sie stand in einer Gruppe junger Leute, von denen einige bereits Oberstufenschüler zu sein schienen. Lisa stand neben einem dunkelhaarigen, jungen Mann mit sportlicher Figur, der selbst die groß gewachsene Lisa noch um einen Kopf überragte. Lisa warf ihr Haar mit leichtem Schwung über die Schulter und schien sich dabei mit dem jungen Mann zu unterhalten. Nadine ging mit schnellen Schritten an der Gruppe vorbei, ohne sie zu beachten. Auch von Lisa kam außer einem kurzen Seitenblick keine Reaktion. Herr Neufeldt gab Gas und fuhr davon. Vielleicht sollte er Lisa demnächst öfter in die Schule fahren, um wenigstens per Augenschein etwas von den neuen Entwicklungen im Leben seiner Tochter zu erfahren. In seinen Ohren klang noch ihre Stimme nach. »Och, Papa, lass mich!«

Lisa trat heftig in die Pedale. Die Bäume flogen an ihr vorbei. Der Waldweg war holprig. Doch sie minderte ihre Geschwindigkeit nicht. »Mir doch egal!«

Sie biss sich auf die Lippen. Ihre Augen tränten nicht nur vom Wind. An einer schattigen Stelle fuhr sie durch eine übrig gebliebene Pfütze. Schlamm spritzte auf und verpasste ihrer mintgrünen Hose einen Military-Look. »Mir doch egal!«

Ein stummer Schluchzer hatte sich in ihrem Hals festgesetzt. Ihre Augen waren verquollen. Schmerztränen, Trauertränen, Selbstmitleidstränen und am Schluss viele Wuttränen, die sie in der letzten Nacht vergossen hatte, waren schuld daran.

Wie hatte sie sich nur in diesen Marco vergucken können! Diesen ... diesen Angeber! Diesen eingebildeten Muskelfreak! Diesen hinterhältigen Mobber! Vorgestern noch war sie voller Hoffnung gewesen, als er mit ihr zu einem kleinen Ledergeschäft ganz in der Nähe der Schule gegangen war. Wie eine warme Glut hatte es sie durchströmt, als er zu den anderen sagte: »Zu dem Laden geh ich mit Lisa. Wir machen ein Interview, ob es sich heutzutage noch rechnet, das Zeug selbst zu entwerfen, zu nähen und dann entsprechend teuer zu verkaufen.« Es hätte sie warnen müssen, als er später zu ihr sagte: »Schreib das mal zusammen! So was kannst du gut.« Lisa hatte einen Text für die Projektpräsentation geschrieben, das letzte Klimpergeld aus ihrem Sparschwein für Plakatpapier und Stifte verwendet und schließlich auch noch das Plakat gestaltet. Marco hatte freundlich genickt und selbst keinen Finger krumm gemacht. Von Sarah hatte Lisa sich Geld geliehen und dann noch diese mintgrüne Hose, passend zu ihrer viel bewunderten Jacke, gekauft.

Gestern, am Tag der Projektpräsentation, hatte sie besonders gut aussehen wollen. Papa hatte sie sogar wieder in die Schule gefahren und das Plakat wie einen kostbaren Schatz in den Kofferraum gebettet. Lisa hatte ein Schnittmuster für eine kleine Ledertasche aufgeklebt und es rundherum mit sorgfältig beschrifteten Ledermusterstreifen dekoriert, sodass der Betrachter gleich auf Anhieb wusste, wie sich Nappaleder von Wild- oder Glattleder unterschied. Marco hatte noch nicht einmal geholfen, das Plakat auszuladen. Er stand mit seinen Leuten in der Nähe und palaverte mit ihnen herum. Als Lisa vorbeikam, sagte er: »Ey, da ist ja meine Praktikantin. Heute sieht sie aber echt aus wie eine Packung Brennnesseltee.« Dabei hatte er noch freundschaftlich seinen Arm um Janas Schultern gelegt. Alle lachten. Alle! Für Lisa war der Angriff so unverhofft gekommen, dass ihr auf der Stelle die Tränen in die Augen schossen. Dunkle Rinnsale flossen über ihre Wangen.

Marco hatte mit lässiger Geste sein Smartphone hochgehalten und sie über Janas Schulter hinweg fotografiert. Das war zu viel. Mitsamt Plakat war sie auf die beiden losgegangen und hatte auf sie eingeschlagen, dass die Lederfetzen flogen. Jana hatte gekreischt, weil Lisa sie im Gesicht traf, und sich schutzsuchend hinter Marco versteckt. Es war eine Kleinigkeit für ihn gewesen, Lisa mit ein paar entschlossenen Handgriffen ruhigzustellen. Oh, wie sehr hatte sie sich danach gesehnt, von ihm umarmt zu werden. Aber doch nicht so! Sie schrie und fluchte. Schnell hatte sich viel Publikum um sie geschart. Jetzt hielt fast jeder mit dem Phone auf die Szene und filmte lachend. Marco stieß Lisa von sich, und sie ließ ihre letzte Wut nicht an Marco, sondern an den Überresten ihres Plakates aus, indem sie es zertrampelte, in Fetzen...


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Autor

Doris Bezler schreibt seit vielen Jahren für Jugendliche und Erwachsene, am liebsten Psychothriller. Die Autorin ist Lehrerin und stellvertretende Schulleiterin einer großen Gesamtschule und Mutter von drei erwachsenen Kindern. Sie lebt mit Mann und Hund in Bad Soden im Taunus.
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Bezler, Doris