Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Der General in seinem Labyrinth

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Kiepenheuer & Witsch GmbHerschienen am18.06.20141. Auflage
»Der General in seinem Labyrinth« - Gabriel García Márquez' meisterhafter Roman über das Leben und die letzte Reise des südamerikanischen Freiheitshelden Simón Bolívar. Simón Bolívar, der legendäre Libertador und Held des Unabhängigkeitskrieges gegen die spanische Krone, wird noch heute in ganz Lateinamerika verehrt. Der charismatische Bürgerssohn aus Caracas, der in den Salons seiner Zeit glänzte und unermüdlich für seine Vision eines befreiten und vereinten Südamerikas kämpfte, erlebte als Präsident des von ihm geschaffenen Staates Kolumbien die Höhen des Ruhms, aber auch die Niederungen der Macht und die Angriffe seiner Gegner.  In seinem fesselnden Roman »Der General in seinem Labyrinth« beschreibt Literaturnobelpreisträger Gabriel García Márquez die letzte Reise des schwerkranken Bolívar den Magdalena-Strom hinab zur Karibik. In einem spannungsreichen Geflecht historischer Ereignisse zeigt er den Menschen hinter dem Helden in seinem körperlichen und seelischen Verfall, im Labyrinth seiner Leiden und verlorenen Träume.  Ein ergreifendes Porträt eines der bedeutendsten Protagonisten der lateinamerikanischen Geschichte, meisterhaft erzählt von einem der größten Schriftsteller unserer Zeit.

Gabriel García Márquez, geboren 1927 in Aracataca, Kolumbien, arbeitete nach dem Jurastudium zunächst als Journalist. García Márquez hat ein umfangreiches erzählerisches und journalistisches Werk vorgelegt. Seit der Veröffentlichung von »Hundert Jahre Einsamkeit« gilt er als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftsteller der Welt. 1982 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Gabriel García Márquez starb 2014 in Mexico City.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR19,90
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR17,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

Klappentext»Der General in seinem Labyrinth« - Gabriel García Márquez' meisterhafter Roman über das Leben und die letzte Reise des südamerikanischen Freiheitshelden Simón Bolívar. Simón Bolívar, der legendäre Libertador und Held des Unabhängigkeitskrieges gegen die spanische Krone, wird noch heute in ganz Lateinamerika verehrt. Der charismatische Bürgerssohn aus Caracas, der in den Salons seiner Zeit glänzte und unermüdlich für seine Vision eines befreiten und vereinten Südamerikas kämpfte, erlebte als Präsident des von ihm geschaffenen Staates Kolumbien die Höhen des Ruhms, aber auch die Niederungen der Macht und die Angriffe seiner Gegner.  In seinem fesselnden Roman »Der General in seinem Labyrinth« beschreibt Literaturnobelpreisträger Gabriel García Márquez die letzte Reise des schwerkranken Bolívar den Magdalena-Strom hinab zur Karibik. In einem spannungsreichen Geflecht historischer Ereignisse zeigt er den Menschen hinter dem Helden in seinem körperlichen und seelischen Verfall, im Labyrinth seiner Leiden und verlorenen Träume.  Ein ergreifendes Porträt eines der bedeutendsten Protagonisten der lateinamerikanischen Geschichte, meisterhaft erzählt von einem der größten Schriftsteller unserer Zeit.

Gabriel García Márquez, geboren 1927 in Aracataca, Kolumbien, arbeitete nach dem Jurastudium zunächst als Journalist. García Márquez hat ein umfangreiches erzählerisches und journalistisches Werk vorgelegt. Seit der Veröffentlichung von »Hundert Jahre Einsamkeit« gilt er als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftsteller der Welt. 1982 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Gabriel García Márquez starb 2014 in Mexico City.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783462308679
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum18.06.2014
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse2017 Kbytes
Artikel-Nr.1449100
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


zurück

José Palacios, sein ältester Diener, fand ihn in der Badewanne, nackt und mit offenen Augen im Heilwasser treibend, und glaubte, er sei ertrunken. Er wußte, dies war für ihn eine von vielen Möglichkeiten zu meditieren, der Zustand der Verzückung aber, in dem er da trieb, schien nicht mehr von dieser Welt zu sein. Er wagte nicht, näher heranzutreten, sondern rief ihn mit gedämpfter Stimme, getreu dem Befehl, ihn vor fünf Uhr zu wecken, damit man beim ersten Tageslicht aufbrechen könne. Der General löste sich aus dem Bann und sah in der Dämmerung die blauen durchscheinenden Augen, das krause eichhörnchenfarbene Haar und die unbeirrbare Hoheit, mit der sein Leibdiener die Tasse Feldmohntee mit Gummiarabikum trug. Der General hielt sich kraftlos an den Griffen der Badewanne fest, tauchte dann wie ein Delphin aus dem Heilwasser, unerwartet schwungvoll für einen derart abgezehrten Körper.

»Gehen wir«, sagte er. »Sofort, denn hier will uns keiner haben.«

José Palacios hatte das so oft von ihm gehört und bei ganz verschiedenen Gelegenheiten, daß er es noch nicht glauben mochte, obgleich die Lasttiere bepackt in den Ställen warteten und die offizielle Delegation sich bereits sammelte. Er half ihm, so gut es ging, beim Abtrocknen und zog ihm den Feldumhang über den nackten Leib, denn die Tasse zitterte in seinen Händen. Vor Monaten schon hatte der General, als er sich eine seit den babylonischen Nächten von Lima nicht mehr getragene Wildlederhose anzog, die Entdeckung gemacht, daß er, in dem Maße wie sein Gewicht abnahm, auch an Körpergröße verlor. Sogar seine Nacktheit war anders, denn sein Körper war bleich, Gesicht und Hände aber wie gedörrt von den Unbilden des Wetters. Im vergangenen Juli war er sechsundvierzig Jahre alt geworden, sein starres karibisches Kraushaar war jedoch schon aschfarben und seine Knochen durch den frühzeitigen Verfall in Unordnung geraten, der ganze Mann sah so erbarmungswürdig aus, daß man ihm nicht zutraute, bis zum nächsten Juli zu überdauern. Die entschiedenen Gebärden aber waren von einem anderen, den das Leben weniger mitgenommen hatte, und er lief unablässig um nichts herum. Vor seinen eigenen Wasserspuren auf den zerschlissenen Bodenmatten fliehend, trank er den Heiltee in fünf glühenden Schlucken, die ihm fast Blasen auf die Zunge trieben, und es war, als hätte er das Lebenselexier getrunken. Er sagte jedoch kein Wort, bis es von der nahen Kathedrale fünf schlug. »Sonnabend, der 8. Mai 30, Tag der Heiligen Jungfrau, Mittlerin aller Gnaden«, verkündete der Haushofmeister. »Es regnet seit drei Uhr morgens.«

»Seit drei Uhr morgens des 17. Jahrhunderts«, sagte der General mit einer noch vom sauren Atem der Schlaflosigkeit belegten Stimme. Und fügte ernst hinzu: »Ich habe die Hähne nicht gehört.«

»Hier gibt es keine Hähne«, sagte José Palacios. »Nichts gibt es«, sagte der General. »Ein gottloser Landstrich.«

Denn sie waren in Santa Fe de Bogotá, zweitausendsechshundert Meter über dem fernen Meer, und das riesige Zimmer mit den kahlen Wänden war eisigen Winden, die durch die schlecht schließenden Fenster drangen, ausgesetzt und damit für die Gesundheit von niemandem zuträglich. José Palacios stellte die Schale mit dem Schaum auf die Marmorplatte des Waschtischs, dazu das rote Samtetui mit den Barbierinstrumenten, allesamt aus vergoldetem Metall. Er stellte den Handleuchter mit der Kerze auf ein Sims nah dem Spiegel, damit der General ausreichend Licht hätte, und rückte das Kohlebecken heran, damit er warme Füße bekäme. Dann reichte er ihm eine Brille, ein feines Silbergestell mit quadratischen Gläsern, die er für ihn stets in der Westentasche trug. Der General setzte sie auf und begann sich zu rasieren, wobei er das Rasiermesser dank einer angeborenen Gabe ebenso geschickt mit der rechten wie mit der linken Hand führte, und das erstaunlich sicher, obwohl er doch vor wenigen Minuten kaum fähig gewesen war, die Tasse zu halten. Er rasierte sich blind fertig, während er weiter seine Runden durchs Zimmer machte, bestrebt, sowenig wie möglich in den Spiegel zu sehen, um seinen eigenen Augen nicht zu begegnen. Dann riß er sich ruckweise die Haare aus der Nase und den Ohren, polierte sich die vollkommenen Zähne mit Kohlepulver auf einer Seidenbürste mit Silbergriff, schnitt und polierte sich die Nägel an Händen und Füßen, legte zuletzt den Umhang ab, leerte eine große Flasche Kölnisch Wasser auf seinem Körper aus und rieb sich mit beiden Händen von oben bis unten ab, bis er erschöpft war. An diesem frühen Morgen hielt er die tägliche Reinlichkeitsmesse mit noch besessenerer Strenge ab als gewöhnlich, er versuchte, Körper und Seele von zwanzig Jahren nutzloser Kriege und von all den Enttäuschungen der Macht zu reinigen.

Als letzten Besuch hatte er am Abend zuvor Manuela Sáenz empfangen, eine kampferprobte Frau aus Quito, die ihn liebte, ihm aber nicht bis zum Tod folgen sollte. Sie blieb wie stets mit dem Auftrag zurück, den General über alles, was in seiner Abwesenheit geschah, gut informiert zu halten, denn er vertraute schon seit langem niemandem außer ihr. Er hinterließ in ihrer Obhut ein paar Dinge, deren einziger Wert darin bestand, ihm gehört zu haben, so wie einige seiner liebsten Bücher und zwei Truhen seines Privatarchivs. Am Tag zuvor hatte er bei dem kurzen förmlichen Abschied zu ihr gesagt: »Ich liebe dich sehr, werde dich aber noch mehr lieben, wenn du jetzt mehr Vernunft zeigst denn je.« Sie nahm es hin als eine weitere Huldigung von den vielen, die er ihr in acht Jahren glühender Liebe dargebracht hatte. Von allen, die ihn kannten, war sie die einzige, die es glaubte: Diesmal ging er wirklich fort. Sie war aber auch die einzige, die zumindest einen triftigen Grund hatte, auf seine Rückkehr zu hoffen.

Sie hatten nicht vor, sich vor der Abreise noch einmal zu sehen. Die Hausherrin wollte ihnen jedoch einen letzten heimlichen Abschied gewähren, setzte sich über die Vorurteile der frömmelnden Stadtgemeinde hinweg und ließ Manuela, die Reitkleidung trug, durch das Stalltor ein. Nicht weil die beiden heimlich ein Liebespaar gewesen wären, denn sie waren es vor aller Augen und zum öffentlichen Skandal, sondern weil die Gastgeberin um jeden Preis den guten Ruf des Hauses wahren wollte. Er war aber noch mehr auf Anstand bedacht, befahl José Palacios sogar, die Tür zur angrenzenden Halle nicht zu schließen, durch die das Hauspersonal gehen mußte und wo die wachhabenden Adjutanten bis lange nach Ende des Besuchs Karten spielten.

Manuela las ihm zwei Stunden lang vor. Sie war bis vor kurzem, als ihr Leib die Jahre einzuholen begann, jung gewesen. Sie rauchte eine Seemannspfeife, parfümierte sich wie die Offiziere mit Verbenenwasser, trug Männerkleidung und bewegte sich meist unter Soldaten, aber ihre heisere Stimme war immer noch gut im Dämmerlicht der Liebe. Sie las im spärlichen Schein des Handleuchters und saß dabei in einem Sessel, der noch das Wappen des letzten Vizekönigs trug, während der General in Hauskleidung und mit dem Vicuña-Umhang zugedeckt auf dem Bett lag und ihr zuhörte. Nur am Rhythmus seines Atems war zu erkennen, daß er nicht schlief. Das Buch hieß Almanach der Nachrichten und Gerüchte, die im Jahre des Heils 1826 in Lima umgingen, war geschrieben von dem Peruaner Noé Calzadillas, und sie las es mit einem theatralischen Pathos vor, das gut zum Stil des Autors paßte. Eine Stunde lang war dann nichts als ihre Stimme im schlafenden Haus zu hören. Nach der letzten Wachrunde explodierte plötzlich vielstimmiges Männergelächter, das die Hunde der Nachbarschaft in Aufruhr brachte. Er öffnete die Augen, eher neugierig als beunruhigt, und sie schloß das Buch auf ihrem Schoß, den Daumen zwischen den Seiten.

»Das sind Ihre Freunde«, sagte sie.

»Ich habe keine Freunde«, sagte er. »Und falls mir ein paar geblieben sind, dann nur noch für kurze Zeit.«

»Nun, da draußen sind sie und halten Wache, damit man Sie nicht umbringt«, sagte sie.

So erfuhr der General, was die ganze Stadt wußte: Nicht nur eins, sondern mehrere Attentate wurden gegen ihn vorbereitet, und seine letzten Anhänger wachten im Haus, um sie zu verhindern. Der Eingangsflur und die Gänge um den Innengarten waren von den Husaren und Grenadieren besetzt, die allesamt Venezolaner waren und ihm bis zum Hafen von Cartagena de Indias das Geleit geben sollten, wo er an Bord eines Segelschiffs nach Europa gehen würde. Zwei von ihnen hatten ihre Schlafmatten so ausgerollt, daß sie quer vor der Haupttür des Schlafzimmers lagen, und die Adjutanten würden im Nebenraum auch noch weiterspielen, wenn Manuela zu lesen aufgehört hatte. Aber es waren nicht die Zeiten, in denen man, umgeben von so vielen Soldaten ungewisser Herkunft und unterschiedlichen Schlags, irgend etwas für sicher halten konnte. Unberührt von der schlechten Nachricht forderte er Manuela mit einer Handbewegung auf weiterzulesen.

Er hatte den Tod stets für ein unvermeidliches Berufsrisiko gehalten. Alle seine Kriege hatte er vorn in der Gefechtslinie geführt, ohne eine Schramme abbekommen zu haben, und er bewegte sich im gegnerischen Feuer mit einer so unvernünftigen Gelassenheit, daß sich sogar seine Offiziere mit der einfachen Erklärung zufriedengaben, er halte sich für unverletzbar. Er hatte jedes Attentat, das gegen ihn ausgeheckt worden war, unversehrt überstanden und war mehrmals nur deshalb mit dem Leben davongekommen, weil er nicht in seinem Bett geschlafen hatte. Er bewegte sich ohne Eskorte, aß und trank unbesorgt, was man ihm, wo auch immer, anbot. Nur Manuela wußte, daß seine Gleichgültigkeit nicht Unbedachtheit oder Fatalismus entsprang, sondern der melancholischen...
mehr

Autor

Gabriel García Márquez, geboren 1927 in Aracataca, Kolumbien, arbeitete nach dem Jurastudium zunächst als Journalist. García Márquez hat ein umfangreiches erzählerisches und journalistisches Werk vorgelegt. Seit der Veröffentlichung von »Hundert Jahre Einsamkeit« gilt er als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftsteller der Welt. 1982 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Gabriel García Márquez starb 2014 in Mexico City.Dagmar Ploetz, geboren 1946 in Herrsching, übersetzt seit 1983 u.a. Werke von Isabel Allende, Julián Ayesta, Rafael Chirbes, Manuel Puig, Mario Vargas Llosa und Gabriel García Márquez. 2012 wurde sie mit dem Münchner Übersetzerpreis ausgezeichnet. 2010 erschien von ihr »Gabriel García Márquez. Leben und Werk« bei Kiepenheuer & Witsch.