Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Sämtliche Gedichte

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am20.11.20141. Auflage
Hilde Domin gehört zusammen mit Rose Ausländer und Nelly Sachs zu den bedeutendsten Lyrikerinnen der Nachkriegszeit. Von den Nationalsozialisten ins Exil gezwungen, fand sie ihre Heimat im Wort. Ihre Lyrik spricht vom widerständigen Mut zur Erneuerung des Verlorenen. Erstmals werden mit diesem Band alle Gedichte Hilde Domins in der Chronologie der Einzelausgaben, ergänzt um verstreut publizierte und Gedichte aus dem Nachlass, vorgelegt. Ein editorischer Anhang und ein Nachwort von Ruth Klüger komplettieren diese Neuausgabe.

Hilde Domin, 1909 in Köln geboren, studierte Jura, Philosophie und Nationalökonomie. Ihre Studien beendete sie in Florenz. Mit Hitlers Machtergreifung brach die Zeit des Exils an, die Hilde Domin gemeinsam mit ihrem Mann zunächst in England, dann in der Karibik, in Santo Domingo, verbrachte. Nach 22jährigem Exil kehrten sie nach Deutschland zurück. Hilde Domin lebte bis zu ihrem Tod im Februar 2006 in Heidelberg. Als eine der bedeutendsten Lyrikerinnen der Nachkriegszeit erhielt sie zahlreiche Literaturpreise und Auszeichnungen, u.a. 1999 den Jakob Wassermann-Preis der Stadt Fürth und 2005 die höchste Auszeichnung der Dominikanischen Republik für ihr Lebenswerk.Literaturpreise:Hilde Domin erhielt u.a. den Meersburger Drostepreis, 1971, die Heine-Medaille der Heinrich-Heine Gesellschaft, Düsseldorf, 1972, den Roswitha-Preis der Stadt Gandersheim, 1974, den Rilkepreis, 1976, die Richard-Benz-Medaille der Stadt Heidelberg, 1982, den Nelly-Sachs- Preis, Kulturpreis der Stadt Dortmund, 1983, die Carl-Zuckmayer-Medaille des Landes Rheinland- Pfalz, 1992, den Friedrich Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg v.d.H., 1992, den Preis für Literatur im Exil der Stadt Heidelberg, 1992, den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung, 1995, den Jakob-Wassermann-Preis der Stadt Fürth, 1999, den Staatspreis des Landes NRW, 1999, Verleihung des Ehrenbürgerrechts der Stadt Heidelberg, 2004 und Verleihung des Ordens del Mérito de Duarte, Sánchez y Mella, en el grado de Comméndador der Dominikanischen Republik, 2005. Die Gedichte von Hilde Domin wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.Hilde Domin starb am 22. Februar 2006. S. FISCHER VERLAG
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR30,00
BuchGebunden
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextHilde Domin gehört zusammen mit Rose Ausländer und Nelly Sachs zu den bedeutendsten Lyrikerinnen der Nachkriegszeit. Von den Nationalsozialisten ins Exil gezwungen, fand sie ihre Heimat im Wort. Ihre Lyrik spricht vom widerständigen Mut zur Erneuerung des Verlorenen. Erstmals werden mit diesem Band alle Gedichte Hilde Domins in der Chronologie der Einzelausgaben, ergänzt um verstreut publizierte und Gedichte aus dem Nachlass, vorgelegt. Ein editorischer Anhang und ein Nachwort von Ruth Klüger komplettieren diese Neuausgabe.

Hilde Domin, 1909 in Köln geboren, studierte Jura, Philosophie und Nationalökonomie. Ihre Studien beendete sie in Florenz. Mit Hitlers Machtergreifung brach die Zeit des Exils an, die Hilde Domin gemeinsam mit ihrem Mann zunächst in England, dann in der Karibik, in Santo Domingo, verbrachte. Nach 22jährigem Exil kehrten sie nach Deutschland zurück. Hilde Domin lebte bis zu ihrem Tod im Februar 2006 in Heidelberg. Als eine der bedeutendsten Lyrikerinnen der Nachkriegszeit erhielt sie zahlreiche Literaturpreise und Auszeichnungen, u.a. 1999 den Jakob Wassermann-Preis der Stadt Fürth und 2005 die höchste Auszeichnung der Dominikanischen Republik für ihr Lebenswerk.Literaturpreise:Hilde Domin erhielt u.a. den Meersburger Drostepreis, 1971, die Heine-Medaille der Heinrich-Heine Gesellschaft, Düsseldorf, 1972, den Roswitha-Preis der Stadt Gandersheim, 1974, den Rilkepreis, 1976, die Richard-Benz-Medaille der Stadt Heidelberg, 1982, den Nelly-Sachs- Preis, Kulturpreis der Stadt Dortmund, 1983, die Carl-Zuckmayer-Medaille des Landes Rheinland- Pfalz, 1992, den Friedrich Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg v.d.H., 1992, den Preis für Literatur im Exil der Stadt Heidelberg, 1992, den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung, 1995, den Jakob-Wassermann-Preis der Stadt Fürth, 1999, den Staatspreis des Landes NRW, 1999, Verleihung des Ehrenbürgerrechts der Stadt Heidelberg, 2004 und Verleihung des Ordens del Mérito de Duarte, Sánchez y Mella, en el grado de Comméndador der Dominikanischen Republik, 2005. Die Gedichte von Hilde Domin wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.Hilde Domin starb am 22. Februar 2006. S. FISCHER VERLAG
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104034010
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum20.11.2014
Auflage1. Auflage
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1481112
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Aufbruch ohne Gewicht


Dando voy pasos perdidos

por tierra, que todo es aire

LOPE DE VEGA


I

Ziehende Landschaft


Man muß weggehen können

und doch sein wie ein Baum:

als bliebe die Wurzel im Boden,

als zöge die Landschaft und wir ständen fest.

Man muß den Atem anhalten,

bis der Wind nachläßt

und die fremde Luft um uns zu kreisen beginnt,

bis das Spiel von Licht und Schatten,

von Grün und Blau,

die alten Muster zeigt

und wir zuhause sind,

wo es auch sei,

und niedersitzen können und uns anlehnen,

als sei es an das Grab

unserer Mutter.




Apfelbaum und Olive


Ein Trost ist, zu wissen

wo die Tassen stehn und die Teller

in dem Haus, in dem du zu Gast bist,

und einen Anteil zu haben

an der Zärtlichkeit von Katze und Hund

deines Freunds,

und die Tücke des Fahrrads zu kennen

als sei es dein eignes,

auf dem du mit der verblichenen Tasche

in das fremde Dorf fahren darfst,

und die Milch auf dem Weg zu verschütten

als habest du selbst

den Deckel der alten Kanne

vor Jahren

auf diesem Wege verloren.

Du gehst durch das Gartentor

und machst es hinter dir zu,

als stehe die Bank

für dich vor dem Haus,

und siehst die andern draußen vorbeigehn,

du,

der Wandrer

von Tag zu Tag

und von Land zu Land,

an dem das Wort

von der Flüchtigkeit

allen Hierseins

Fleisch ward.

Du, den jede Wand

aufgibt,

und den es oft nach des Zirkuskinds

fahrbarer Höhle verlangt.



Zwar, der Apfelbaum und die Olive

sind überall dein,

und in fernen Ländern

schiebt man dir einen Stuhl an den Tisch

an der Seite der Hausfrau,

und jedes gibt dir von seinem Teller

wenn die Schüssel schon leer ist,

als habe ein Kind sich verspätet,

nicht als kämest du eben vom Flugplatz.

Und die dunkeln Mangobäume

und die Kastanien

wachsen Seite bei Seite

in deinem Herzen.

Du weißt, wie die hohen Gräser

an den Rändern der Inseln rascheln

in allen südlichen Meeren,

wie staubig die Kaktuswege sind,

und du gehst durch die schaumigen Wiesen und kennst

ihren bunten Kalender.

Du spielst mit dem Wind

und bläst die hellen Kugeln

des Löwenzahns in die Luft

und siehst dem Schweben

der kleinen weißen Schirme mit zu

- so leicht, so widerstandslos vor dem Wehn

wie du selbst.

Irgendwo

dürfen sie landen.



Dann fährst du die Straße hinab

als glittest du auf einem Schlitten

an den Pappeln vorbei

in die Abendsonne.

Ein Reh tritt aus dem Wald,

und eine kleine Kirche auf einem Hügel

mit einem einsamen Kirchhof

winkt dir zu.

Du wägst ihren Gruß

wie eine Einladung,

die man eines Tages

- noch ungewiß, wann -

vielleicht gerne

annehmen möchte.

Und daran erkennst du,

daß du

hier ein wenig mehr

als an andern Stätten

zuhaus bist.




Herbstzeitlosen


Für uns, denen der Pfosten der Tür verbrannt ist,

an dem die Jahre der Kindheit

Zentimeter für Zentimeter

eingetragen waren.



Die wir keinen Baum

in unseren Garten pflanzten,

um den Stuhl

in seinen wachsenden Schatten zu stellen.



Die wir am Hügel niedersitzen,

als seien wir zu Hirten bestellt

der Wolkenschafe, die auf der blauen

Weide über den Ulmen dahinziehn.



Für uns, die stets unterwegs sind

- lebenslängliche Reise,

wie zwischen Planeten -

nach einem neuen Beginn.



Für uns

stehen die Herbstzeitlosen auf

in den braunen Wiesen des Sommers,

und der Wald füllt sich

mit Brombeeren und Hagebutten -



Damit wir in den Spiegel sehen

und es lernen

unser Gesicht zu lesen,

in dem die Ankunft

sich langsam entblößt.




Gleichgewicht


Wir gehen

jeder für sich

den schmalen Weg

über den Köpfen der Toten

- fast ohne Angst -

im Takt unsres Herzens,

als seien wir beschützt,

solange die Liebe

nicht aussetzt.



So gehen wir

zwischen Schmetterlingen und Vögeln

in staunendem Gleichgewicht

zu einem Morgen von Baumwipfeln

- grün, gold und blau -

und zu dem Erwachen

der geliebten Augen.




Rückzug


Meine Rechte (wer glaubt es ihr heut?)

war einstmals eine offene Rose

voller Schmetterlinge.

Plötzlich, fast ohne Vorbereitung,

wie einer gestoßen wird und fällt,

hat sie ihre Blätter verloren

und war blaß und nackt:

eine Menschenhand

wie alle andern.

Du erinnerst dich.

Die Schale meiner Linken,

die deine Vögel tränkte,

zerbrach.

Du weißt, wie lange die Scherben

in unserem Garten lagen.

Es ist wahr, ich konnte mich damals

in eine Wand von blühendem Wein verwandeln

für deine Bienen.

Die Jahreszeit war

kaum von Bedeutung -

vor diesem Tag,

an dem ich meine Hände

auf den Tisch legte,

und sie leer waren.



Seither bin ich bescheiden geworden,

ich gehe mit einem Netz auf den Markt,

wo gewogen und abgeschnitten wird,

und habe dir Tassen und Teller gekauft

wie eine richtige Hausfrau.

Aber wenn du weinst

und dich hilflos

im Schlafe beklagst,

dann wachsen meinem Herzen

kleine schmerzende Flügel,

und ich fühle seine Ungeduld

in meinem Hals,

daß mir der Atem vergeht.






II




Für E.
Wo steht unser Mandelbaum



Ich liege

in deinen Armen, Liebster,

wie der Mandelkern in der Mandel.

Sag mir: wo steht

unser Mandelbaum?



Ich liege in deinen Armen

wie in einem Schiff,

ohne Route noch Hafen,

aber mit Delphinen am Bug.



Unter unserem Rücken

ein Band von Betten,

unsere Betten in den vielen Ländern,

im Nirgendwo der Nacht,

wenn rings ein fremdes Zimmer versinkt.



Wohin wir kamen

- wohin wir kommen, Liebster,

alles ist anders,

alles ist gleich.



Überall wird das Heu

auf andere Weise geschichtet

zum Trocknen

unter der gleichen

Sonne.




Aufbruch ohne Gewicht


Weiße Gardinen, leuchtende Segel

an meinem Fenster

am Hudson,

im zehnten Stock des Hotels

hell in die Sonne gebläht und knatternd im Meerwind.



Versprechen, Ausfahrt

nachhause,

zum Stelldichein mit mir selbst.

Aufbruch ohne Gewicht,

wenn das Herz den Körper verbrannt hat.



Segel so möwenleicht

über das offene Blau.

Das Zimmer ist unterwegs.

Aber das Meer

ist abgesteckt wie ein Acker.




Bau mir ein Haus


Der Wind kommt.



Der Wind, der die Blumen kämmt

und die Blüten zu Schmetterlingen macht,

der Tauben steigen läßt aus altem Papier

in den Schluchten Manhattans

himmelwärts, bis in den zehnten Stock,

und die Zugvögel an den Türmen

der Wolkenkratzer zerschellt.



Der Wind kommt, der salzige Wind,

der uns übers Meer treibt

und uns an einen Strand wirft

wie Quallen,

die wieder hinausgeschwemmt werden.

Der Wind kommt.

Halte mich fest.


*


Ach, mein heller Körper aus Sand,

nach dem ewigen Bilde geformt, nur

aus Sand.

Der Wind kommt

und nimmt einen Finger mit,

das Wasser kommt

und macht Rillen auf mir.

Aber der Wind

legt das Herz frei

- den zwitschernden roten Vogel

hinter den Rippen -

und brennt mir die Herzhaut

mit seinem Salpeteratem.

Ach, mein Körper aus Sand!

Halte mich fest,

halte

meinen Körper aus Sand.


*


Laß uns landeinwärts gehn,

wo die kleinen Kräuter die Erde verankern.

Ich will einen festen Boden,

grün, aus Wurzeln geknotet

wie eine Matte.

Zersäge den Baum,

nimm Steine

und bau mir ein Haus.



Ein kleines Haus

mit einer weißen Wand

für die Abendsonne

und einem Brunnen für den Mond

zum Spiegeln,

damit er sich nicht,

wie auf dem Meere,

verliert.

Ein Haus

neben einem Apfelbaum

oder einem Ölbaum,

an dem der Wind

vorbeigeht

wie ein Jäger, dessen Jagd

uns

nicht gilt.




Wie wenig Nütze ich bin


Wie wenig nütze ich bin,

ich hebe den Finger und hinterlasse

nicht den kleinsten Strich

in der Luft.



Die Zeit verwischt mein Gesicht,

sie hat schon begonnen.

Hinter meinen Schritten im Staub

wäscht Regen die Straße blank

wie eine Hausfrau.



Ich war hier.

Ich gehe...




mehr

Autor

Hilde Domin, 1909 in Köln geboren, studierte Jura, Philosophie und Nationalökonomie. Ihre Studien beendete sie in Florenz. Mit Hitlers Machtergreifung brach die Zeit des Exils an, die Hilde Domin gemeinsam mit ihrem Mann zunächst in England, dann in der Karibik, in Santo Domingo, verbrachte. Nach 22jährigem Exil kehrten sie nach Deutschland zurück. Hilde Domin lebte bis zu ihrem Tod im Februar 2006 in Heidelberg. Als eine der bedeutendsten Lyrikerinnen der Nachkriegszeit erhielt sie zahlreiche Literaturpreise und Auszeichnungen, u.a. 1999 den Jakob Wassermann-Preis der Stadt Fürth und 2005 die höchste Auszeichnung der Dominikanischen Republik für ihr Lebenswerk.Literaturpreise:Hilde Domin erhielt u.a. den Meersburger Drostepreis, 1971, die Heine-Medaille der Heinrich-Heine Gesellschaft, Düsseldorf, 1972, den Roswitha-Preis der Stadt Gandersheim, 1974, den Rilkepreis, 1976, die Richard-Benz-Medaille der Stadt Heidelberg, 1982, den Nelly-Sachs- Preis, Kulturpreis der Stadt Dortmund, 1983, die Carl-Zuckmayer-Medaille des Landes Rheinland- Pfalz, 1992, den Friedrich Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg v.d.H., 1992, den Preis für Literatur im Exil der Stadt Heidelberg, 1992, den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung, 1995, den Jakob-Wassermann-Preis der Stadt Fürth, 1999, den Staatspreis des Landes NRW, 1999, Verleihung des Ehrenbürgerrechts der Stadt Heidelberg, 2004 und Verleihung des Ordens del Mérito de Duarte, Sánchez y Mella, en el grado de Comméndador der Dominikanischen Republik, 2005.Die Gedichte von Hilde Domin wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.Hilde Domin starb am 22. Februar 2006.S. FISCHER VERLAG