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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
237 Seiten
Deutsch
Beck C. H.erschienen am20.08.20141. Auflage
Gerald, ein nicht mehr junger Mann, wartet vor dem Café Anna in München auf eine Frau, Gloria, die er seit neun Jahren nicht mehr gesehen hat. Eine Amerikanerin, mit der ihn eine ebenso leidenschaftliche wie unverbindliche Liebe verband. Und leidenschaftlich und irgendwie unverbindlich waren seine Liebesbeziehungen eigentlich immer. Allerdings gibt es einen Grund dafür, die Geschichte mit Julia, seiner Cousine. Gloria hat plötzlich andere Pläne mit ihm und sich selbst, ernsthafte und neue. Aber da ist auch noch Nina... Verspielt, leicht, intelligent und lässig erzählt Günter Ohnemus in seinem neuen Roman mit seinem ganz eigenen Sound von den vier großen Lieben in Geralds Leben, von Kindheit und Politik, den wichtigen Büchern, Filmen und Platten und davon, daß eine Liebe spät, aber nicht zu spät, doch noch gelingt. Und was das mit Ava zu tun hat.

Günter Ohnemus, 1946 geboren, lebt als freier Autor, Literaturkritiker und Übersetzer in Freising. Er veröffentlichte u.a. mehrere Erzählungsbände und die Romane «Der Tiger auf deiner Schulter» (1998), «Reise in die Angst» (2002), «Als die richtige Zeit verschwand» (2005) und «Alles was du versäumt hast» (2011). Legendär sind seine Übersetzungen der Bücher Richard Brautigans. Außerdem hat Ohnemus u.a. Bücher von Jennifer Egan, Tim Parks und Hubert Selby übersetzt. Er erhielt den Marburger Literaturpreis (1994), den Alfred-Kerr-Preis (1998) und den Tukan-Preis der Stadt München (1998).
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Produkt

KlappentextGerald, ein nicht mehr junger Mann, wartet vor dem Café Anna in München auf eine Frau, Gloria, die er seit neun Jahren nicht mehr gesehen hat. Eine Amerikanerin, mit der ihn eine ebenso leidenschaftliche wie unverbindliche Liebe verband. Und leidenschaftlich und irgendwie unverbindlich waren seine Liebesbeziehungen eigentlich immer. Allerdings gibt es einen Grund dafür, die Geschichte mit Julia, seiner Cousine. Gloria hat plötzlich andere Pläne mit ihm und sich selbst, ernsthafte und neue. Aber da ist auch noch Nina... Verspielt, leicht, intelligent und lässig erzählt Günter Ohnemus in seinem neuen Roman mit seinem ganz eigenen Sound von den vier großen Lieben in Geralds Leben, von Kindheit und Politik, den wichtigen Büchern, Filmen und Platten und davon, daß eine Liebe spät, aber nicht zu spät, doch noch gelingt. Und was das mit Ava zu tun hat.

Günter Ohnemus, 1946 geboren, lebt als freier Autor, Literaturkritiker und Übersetzer in Freising. Er veröffentlichte u.a. mehrere Erzählungsbände und die Romane «Der Tiger auf deiner Schulter» (1998), «Reise in die Angst» (2002), «Als die richtige Zeit verschwand» (2005) und «Alles was du versäumt hast» (2011). Legendär sind seine Übersetzungen der Bücher Richard Brautigans. Außerdem hat Ohnemus u.a. Bücher von Jennifer Egan, Tim Parks und Hubert Selby übersetzt. Er erhielt den Marburger Literaturpreis (1994), den Alfred-Kerr-Preis (1998) und den Tukan-Preis der Stadt München (1998).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406659676
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum20.08.2014
Auflage1. Auflage
Seiten237 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1482389
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

 

 

 

 

3 Sieben Wochen später kam sie nach München. Sie blieb eine Woche. Er hatte drei Wochen lang Strudelrezepte ausprobiert, mußte erst lernen, wie man Strudel macht, und sie gingen ins Kino und in den Englischen Garten oder einfach durch die Stadt, und oft in der Nacht oder am Morgen oder irgendwann am Tag, wenn sie miteinander geschlafen hatten, sagte er: Ich weiß gar nicht, wo du noch die Energie für die Nato hernimmst. Und manchmal sagte sie dann nur, Yes, we have no bananas, oder sie sagte: Diese Woche brauch ich überhaupt keine Energie für die Nato. Und war schon wieder in seinen Armen.

Drei Wochen darauf fuhr er nach Paris. Und wieder neun Wochen später trafen sie sich in Verona. Dann wurde die Nato wieder sehr wichtig, und sie sahen sich lange nicht. Erst wieder, viele Monate später, in Hamburg. Dann in Genf, und so ging es weiter. Fast drei Jahre lang. Er überlegte, ob er nicht nach Paris ziehen sollte, aber das hätte sie nicht gewollt. Es war Sex und die Nato. Sonst nichts. Und das war ihm auch ganz recht, trotzdem dachte er immer wieder über einen Umzug nach. Schließlich war er ein reicher Erbe.

Nach ungefähr drei Jahren kam sie für zwei Tage nach München. In einer Nato-Mission, wie sie sagte. Und sie hatte am Telefon auch gesagt: Ich will das mit dir besprechen.

Abends, beim Essen in einem Restaurant, sagte sie zu ihm: Willst du nicht zu uns kommen? Nach Paris? Ich meine, zur Nato?

Ich bin kein Soldat.

Ich auch nicht, sagte sie.

Sondern?

Ich arbeite für den Geheimdienst der Nato in Paris. Das war alles, was sie jemals über ihre Arbeit sagte.

Ich soll also für den Geheimdienst der Nato arbeiten?

Ja, sagte sie.

Das kann ich nicht. Dafür bin ich nicht qualifiziert. Und es gibt noch einige andere Gründe, die dagegen sprechen.

Du meinst, weil du einmal mit dem Anarchismus sympathisiert hast?

Woher weißt du das denn?, fragte er.

Baby, wir sind ein Geheimdienst. Wenn wir mit jemandem Fühlung aufnehmen, den wir vielleicht für uns haben wollen, dann überprüfen wir ihn vorher.

Heißt das, du hast mich ausspionieren lassen? Von irgendwelchen Männern in Ledermänteln oder so?

Nein, von zwei Leuten, die ganz neu sind. Zwei Lehrlinge sozusagen, frisch vom College, die zeigen müssen, was sie können, bevor wir sie auf die Menschheit loslassen. Einer kommt aus Bremen und einer aus York, und ich hab die Untersuchung geleitet. Niemand außer mir weiß das alles.

Du bist verrückt! Das ist ja so, als würdest du mich betrügen.

Du hast mir auch nicht die Wahrheit gesagt, Baby. Du heißt nicht Tom. Ich weiß nicht, warum du dich Tom genannt hast, aber du hast wahrscheinlich nicht gedacht, wir würden so lange etwas miteinander zu tun haben, daß Tom nicht mehr aus­reichen könnte.

Ja, sagte er. Das hab ich gedacht.

Und wir bleiben auch bei Tom, sagte sie. Ich hab mich so daran gewöhnt. Aber du bist noch dazu auch nicht unter dem Familiennamen geboren, den du jetzt trägst. Du bist nicht als Gerald Romberg geboren, sondern als Gerald Winter. Ich gebe zu, daß ich einen ziemlichen Schock hatte, als ich das hörte. Ein paar Sekunden lang, ein paar Stunden lang hab ich gedacht, daß dich jemand auf mich angesetzt hat.

Es hat ein bißchen gedauert, bis wir das herausgefunden ­haben. Und es sieht so aus: Deine Eltern haben sieben Monate vor deiner Geburt geheiratet. Das war damals ziemlich normal. Die meisten ersten Kinder waren Siebenmonatskinder. Dein Vater war ein Soldat, der in den letzten Wochen des Kriegs in eure Stadt verschlagen worden ist. Das war damals auch ziemlich normal. Was weniger normal war, ist der Umstand, daß dein Vater schon verheiratet war. Schon eine Frau und sechs Kinder in Hamburg hatte. Er war entweder ein Bigamist, der nach dem Krieg ein neues Leben suchte, oder ein ganz normaler Heiratsschwindler. Wir konnten das nicht klären.

Als du etwas über ein Jahr alt warst und die ganze Sache aufgeflogen ist, hat deine Mutter sich umgebracht. Wir haben eine Aussage, allerdings nur eine einzige Aussage, über ein Gerücht, daß sie sich mit dir zusammen umbringen wollte, mit dir zusammen sterben wollte, aber dann sei etwas dazwischengekommen. Weißt du etwas darüber?

Ja.

Und was?

Ich hab das Gerücht auch gehört.

Gut, Baby. Lassen wir das. Aber ich hab mir meine Gedanken darüber gemacht. Und meine Gedanken sehen so aus: Kann es nicht sein, daß du dich nie an jemanden binden wolltest, weil das nie passieren durfte - daß jemand sich deinet­wegen umbringt? Es durfte immer nur Sex (und ein bißchen mehr) geben, damit das nie passiert. Die meisten Männer sind mehr oder weniger bigamistisch (oder eher poly als bi), und das weißt du auch, also hätte das leicht irgendwann passieren können. Daß jemand deinetwegen verzweifelt. Wenn ich an diesen ganzen Psychokram und das ganze Psychoblabla glauben würde, dann würde ich jetzt sagen, du hast dich auf diese merkwürdige Form von Enthaltsamkeit verlegt, um deine Mutter zu schützen und zu retten, die nicht mehr zu schützen und zu retten war.

Ich habe keine Erinnerung an meine Mutter, sagte er.

Das sag ich ja. Ich glaub nicht an dieses Zeug.

Das ist sehr gut, Gloria.

Dein Vater?, sagte sie jetzt. Hast du je nach deinem Vater gesucht?

Ich brauch keinen Vater.

Und deine sechs Geschwister, die alle älter sind als du?

Auch kein Interesse.

O ja. Klar. Natürlich, sagte sie. Du brauchst keinen Vater und keine Mutter und keine Geschwister. Du hattest ja Robert und Margot, die dich adoptiert haben. Du hattest ja den Bruder deiner Mutter und seine Frau. Robert und Margot Romberg. Nach allem, was wir wissen, bist du da in eine Art Paradies gefallen, oder?

Ja, so kann man das sagen. Robert war mein Vater und Margot meine Mutter. Und es war eine Art Paradies. Fast bis zum Ende.

Und dann, sagte sie. Dann war da ja auch noch Julia. Cousine Julia. Cousin Julia. Genau neun Tage älter als du. Ihr seid praktisch Zwillinge gewesen. Nicht dafür gemacht, daß euch jemals etwas trennt. Viele suchen ja in ihren jüngeren Jahren nach ihrem Zwilling. Aber dein Zwilling hat schon auf dich gewartet, als du hier angekommen bist. Das hätte langweilig werden können, weil es keine Sehnsucht gibt und keine Suche - kann ich weitermachen?

Du hast ja schon angefangen.

OK. Es ist nicht langweilig geworden bei euch. Vielleicht war es so, daß ihr euch schon gesucht habt, bevor ihr geboren worden seid. Ihr hattet schon die Sehnsucht und die Suche hinter euch. Der Anfang war schon das Ziel. Könnte das sein?

Das ist eine hübsche Spekulation, Gloria. Und sie paßt überhaupt nicht zu dir.

Aber zu dir, oder?

Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß wir füreinander gemacht waren. Ich hab das an jedem Tag gewußt.

Das hab ich mir schon gedacht. Cousin und Cousine - in manchen amerikanischen Bundesstaaten gilt das als Inzest.

Na und?, sagte er. In manchen amerikanischen Bundesstaaten gilt auch die Todesstrafe.

Die gab es ja für euch auch. Wenigstens für Cousin Julia.

Hör auf. Hör auf, Cousin Julia zu sagen.

Ja, du hast recht. Wir sind hier nicht in einer Komödie. Und mit siebzehn seid ihr dann von zu Hause weggelaufen, oder? Weil es zu heiß geworden ist? Weil das Paradies sonst explodiert wäre? Weil ihr zu jung gewesen seid für das, was ihr wolltet?

Vielleicht, Gloria. Vielleicht. Es ist auf jeden Fall zu heiß geworden. Wir wollten alles. Und das jetzt. Und für immer.

Paradise now?

Paradise now.

Ihr seid, wie so viele Leute, Opfer eurer Hormone geworden. Oder war es etwas anderes?

Von außen sieht das eine so aus wie das andere, sagte er. Von innen übrigens auch. Aber das andere war schon da, bevor die Hormone, von denen du redest, eine größere Rolle gespielt ­haben. Ich muß das schließlich wissen.

Und du hast nie wieder zugelassen, daß die Hormone - oder dieses andere - dein Leben bestimmen, oder?

Die Hormone haben getan, wozu sie da sind. Und ich habe keinen großen Widerstand geleistet. Sex ist Sex. Etwas, das sich in sich selber erfüllt. Sonst nichts. Nichts Persönliches. Kein Versprechen auf irgendeine Zukunft.

Yes, we have no bananas, sagte sie. Wir passen gut zusammen, Baby. Du wärst ein perfekter Spion. Niemand könnte dich mit Sex zu irgendwelchen romantischen Dummheiten verleiten. Zum Geheimnisverrat oder solchen Sachen.

Man könnte mich auch mit Sex nicht für die Nato anwerben, sagte er.

Sie lachte. Das würde ich nie versuchen.

Dann schaute sie ihn lange an, bevor sie sagte: Es war in allen Zeitungen. Monatelang. Mit Fotos von euch beiden. Sie hat sehr gut ausgesehen. Ein sehr schönes Mädchen. Das sieht man sogar auf diesen Mikrofilmen. Rote Haare, nehme ich an. Und du warst so dünn - My brother. My cousin. My lover. Nicht viel mehr als sechzig Kilo. Und sie haben euch neun Monate lang durch Europa gejagt. Und was haben eure … ich meine, was haben Margot und Robert gesagt?

Sie haben uns gedeckt. Es waren...
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Autor

Günter Ohnemus, 1946 geboren, lebt als freier Autor, Literaturkritiker und Übersetzer in Freising. Er veröffentlichte u.a. mehrere Erzählungsbände und die Romane «Der Tiger auf deiner Schulter» (1998), «Reise in die Angst» (2002), «Als die richtige Zeit verschwand» (2005) und «Alles was du versäumt hast» (2011). Legendär sind seine Übersetzungen der Bücher Richard Brautigans. Außerdem hat Ohnemus u.a. Bücher von Jennifer Egan, Tim Parks und Hubert Selby übersetzt. Er erhielt den Marburger Literaturpreis (1994), den Alfred-Kerr-Preis (1998) und den Tukan-Preis der Stadt München (1998).