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Theaterstücke

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
624 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am30.05.20151. Auflage
Als Eugen Ruge 2011 für sein Romandebüt den Deutschen Buchpreis bekam, hatte er in einem anderen Genre längst reüssiert. Seit 1990 sind seine Theaterstücke auf mehr als fünfzig deutschen Bühnen gespielt und vielfach ausgezeichnet worden. Sie lassen den Prosa-Autor bereits erkennen, sind bei aller formalen Finesse leicht lesbar und komisch - obwohl sie zumeist um Verlierer und Verlorene kreisen: Zwei Sehnsüchtige verirren sich heillos in einer supermarktartigen Welt; ein arbeitsloser Ex-Linker versucht sich gewaltsam in einen Erfolgsmenschen zu verwandeln; eine Scheidungsfamilie verkeilt sich in Sprachlosigkeit; drei Fortschrittsbegeisterte brechen anno 1897 zum Nordpol auf, mit einem Fesselballon. «Aber Ruge gaukelt nicht vor: So war es. Er entwirft ein Szenario, in dem ständig die Frage mitschwingt: Könnte es so gewesen sein?» (WDR) - und öffnet noch einmal die Akte Böhme (uraufgeführt von Andreas Dresen am Schauspiel Leipzig) oder den Fall Petra Kelly/Gert Bastian. «Das ist vollkommener Aberwitz», befand seinerzeit Der Tagesspiegel. «Das ist vollkommenes Theater.» Eugen Ruges szenisches Werk, erstmals in einem Band.

 Eugen Ruge wurde 1954 in Soswa (Ural) geboren. Der diplomierte Mathematiker begann seine schriftstellerische Laufbahn mit Theaterstücken und Hörspielen. Für «In Zeiten des abnehmenden Lichts» wurde er unter anderem mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Seitdem erschienen die Bände «Theaterstücke» und «Annäherung», die Romane «Cabo de Gata», «Follower» und zuletzt «Metropol».
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR29,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextAls Eugen Ruge 2011 für sein Romandebüt den Deutschen Buchpreis bekam, hatte er in einem anderen Genre längst reüssiert. Seit 1990 sind seine Theaterstücke auf mehr als fünfzig deutschen Bühnen gespielt und vielfach ausgezeichnet worden. Sie lassen den Prosa-Autor bereits erkennen, sind bei aller formalen Finesse leicht lesbar und komisch - obwohl sie zumeist um Verlierer und Verlorene kreisen: Zwei Sehnsüchtige verirren sich heillos in einer supermarktartigen Welt; ein arbeitsloser Ex-Linker versucht sich gewaltsam in einen Erfolgsmenschen zu verwandeln; eine Scheidungsfamilie verkeilt sich in Sprachlosigkeit; drei Fortschrittsbegeisterte brechen anno 1897 zum Nordpol auf, mit einem Fesselballon. «Aber Ruge gaukelt nicht vor: So war es. Er entwirft ein Szenario, in dem ständig die Frage mitschwingt: Könnte es so gewesen sein?» (WDR) - und öffnet noch einmal die Akte Böhme (uraufgeführt von Andreas Dresen am Schauspiel Leipzig) oder den Fall Petra Kelly/Gert Bastian. «Das ist vollkommener Aberwitz», befand seinerzeit Der Tagesspiegel. «Das ist vollkommenes Theater.» Eugen Ruges szenisches Werk, erstmals in einem Band.

 Eugen Ruge wurde 1954 in Soswa (Ural) geboren. Der diplomierte Mathematiker begann seine schriftstellerische Laufbahn mit Theaterstücken und Hörspielen. Für «In Zeiten des abnehmenden Lichts» wurde er unter anderem mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Seitdem erschienen die Bände «Theaterstücke» und «Annäherung», die Romane «Cabo de Gata», «Follower» und zuletzt «Metropol».
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644048515
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum30.05.2015
Auflage1. Auflage
Seiten624 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1548072
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1. Akt


Hamlet-Welt; Hamlet, König, Königin, Ophelia.



HAMLET


Der Onkel König! Wo habt Ihr Eure Gorillas?

Ihr habt sie im Flur eingesperrt, damit sie die Ohren

an die Tür heften und lauschen. Gespenstisches Schloss.

Man sticht in einen leeren Korridor, und es riecht nach Blut!


KÖNIG


Guten Tag, Hamlet. Wie ist der Puls, was macht deine Seele?

Bei Depressionen empfehle ich ein Klistier.

Du trägst immer noch Schwarz, ist das möglich?


HAMLET


Dies ist ein Trugschluss der euklidischen Geometrie:

Alles ist nichts, und Schwarz ist die Abwesenheit aller Farben.

Ich trage ein Meer von Blumen durch dieses Haus

aber man hält mich für den Klempner.

In Wirklichkeit bin ich der Blumenverkäufer auf diesem Fest

aber niemand kauft Blumen!


KÖNIG


Was denn: Hier ist ein Fest?


HAMLET


Karussell!


KÖNIG


Wie? Ein Karussell also?


HAMLET


Ganz recht, ein Totenschiff. Seht ihr nicht die Toten ihre Rituale tanzen

zum Rauschen der Brandung? Wofür haltet Ihr denn das Schloss?


KÖNIG


Zunächst für ein Schloss.


HAMLET


Nicht für ein Wasserfahrzeug?

Das ist eine bemerkenswerte Hypothese.

Ihr haltet das Schloss für ein Schloss

die Balken für Balken und die Welt für ein Ei

das an einer unzerreißbaren Kette um eine Gasexplosion zirkuliert. Was nicht krumm ist, deucht Euch gerade

was man anfassen kann, hat einen Preis

was gedruckt steht, ist wahr

und was kaputt ist, haltet Ihr für reparabel!

Das ist ein gefährlicher Wahnsinn. Ich bin ganz ratlos ...


KÖNIGIN


Es geht um den Norweg, Hamlet.


HAMLET


Was meint ihr: Der Norweg geht um, oder er umgeht uns?

Oder er geht mit uns um. Oder gar in uns?


KÖNIGIN


Dich respektiert unser Heer. Das Volk liebt dich.

Der Norweg fürchtet dich wie die Pocken. Du hast ihn geschlagen.


HAMLET


Mutter, Ihr überschätzt euren Sohn.

Es waren noch ein paar andere dabei, die sich im Feld die Köpfe zu Brei schlugen.

Mein Krieg war die Nacht: ein Zelt und ein Windlicht

und eine Karte, in die ich mit rotem oder blauem Stift

ein paar Stellungen eintrug: Rot waren wir und Blau war der Norweg.

Einmal am Tag kam der Schreiber und meldete die Anzahl der

ausgefallenen Soldaten. Es war langweiliger als Halma.


KÖNIGIN


Spar deine Witze auf für danach.

Es geht um dein Vaterland, Hamlet

dein zukünftiges Reich.


HAMLET


Nur wenn der Wind ungünstig stand über den Massengräbern

hörte man, wie der weiche Aufprall

die letzte Luft aus den Lungen der Toten presste

und es roch nach Moder und Kalk.

Mein Vaterland, sagt ihr? Mein Vater, freilich, hat ein eignes Land.

Es ist drei Fuß breit, zehn Fuß lang.

Und was mein künftiges Reich angeht

es liegt unmittelbar neben seinem

(Zu Ophelia) Wer seid ihr, schönes Fräulein?


OPHELIA


Ich bin deine Ophelia.


HAMLET


Ausgeschlossen. Meine Ophelia ist tot.


OPHELIA


Warum stößt du alle von dir? Warum mich?

Warum demütigst du mich wie eine Hündin?

Was ist meine Schuld, außer dass ich dich liebe?


HAMLET


Wenn es um Liebe geht, so macht Euch auf dem Kanapee zurecht

aber entblößt Euch nicht mehr als notwendig

und legt Euch ein Kissen unter den Hintern.


OPHELIA


Wenn du hören könntest, wie meine Seele schreit

du würdest barmherziger sein.

Was macht dich so hart? Was verschließt dir die Augen und Ohren?

Sieh dich um, Hamlet, die Welt ist so schön!

Es könnte so einfach sein, alles.


HAMLET


Das ist eine bestechende Philosophie.

So ist es tatsächlich ein Missverständnis

und das Fräulein sucht einen gescheiten Partner zum Disputieren.

Ich bin leider nicht aufgelegt.

Geht in die Welt, die so schön ist, fresst Euch mit reifen Äpfeln voll

lasst Euch die Sonne auf Euren Bauch scheinen

und wenn Ihr erwachsen seid, heiratet einen Philosophen!

(Zum König) Ganz im Vertrauen, Onkel: Seht Ihr niemals Gespenster?

Trefft Ihr nie Euren Vater, wenn Ihr Euch in Euren lüsternen Träumen verirrt?

Nie Euer Brüderchen, das im Paradies Kreise läuft

gelb vor Wut über die verlorene Krone?


KÖNIG


Nein.


HAMLET


Seht Ihr nicht das Gesindel, das nackt auf den Balustraden tanzt?

Die bleichen Minister, die genau wie zu Lebzeiten über die Galerie schleichen?

Seht Ihr nicht den Nachtwächter über der Treppe vorm Hauptportal?

Seht Ihr nicht seine kunstvollen Pirouetten?


KÖNIG


Man sollte dir Blutegel auflegen!


HAMLET


Seht! Die Kinderchen haben ihm Beine zusammengebunden, als er schlief

und eine kalte, abgeschnittene, menschliche Hand in seinen Nacken gedrückt.

Das hat ihn aufgeschreckt. Seht doch, was für eine phantastische Flugbahn!

Wie er immer geschmeidiger wird nach jedem Aufprall.

Und schreit. Leise schreit. Wie eine gebärende Katze.


KÖNIG


Ich sehe dort nichts als die dänische Flagge.


HAMLET


Fürwahr! Fast könnte man seine ausgebreiteten Arme für das weiße Totenkreuz halten.

Der Rest ist Blut, das im Wind zuckt.

Ihr habt schlechte Augen.


KÖNIGIN


Das ist der Krieg, Hamlet. So sind die Gesetze.

Wer nicht siegt, wird besiegt. Dazwischen

ist nichts. Kein Aufenthalt. Kein Flecken Erde.


HAMLET


Dann will ich lernen, auf einem Seil zu gehn und auf diese Erde zu scheißen.


KÖNIGIN


Du musst der Sieger sein, das ist die einzige Lösung.


HAMLET


Das ist das Schlimmste daran.

Falls ich den Krieg überlebe,

die Siegesfeiern überlebe ich nicht noch einmal.

Es ist möglich, mein Puls schläft ein, während der König redet, oder

ich vergesse zu atmen oder erschreck mich zu Tode

wenn einem dieser gepuderten Affen der Gummizug reißt

mit dem er sein Lächeln im Nacken verknotet hat.

Man kann auch an einem Stück Fleisch ersticken

wenn man das kalte Büffet abfrisst aus langer Weile

zum mindesten aber verdirbt man sich den Magen.

Ich bin sehr empfindlich. Mir sprießen die Pickel

wenn sie mir bloß den Saum küssen.

Ich kriege eine belegte Zunge von lauter Wiederholungen

zudem Halsschmerzen, Staublunge, und die

Haare gehen mir büschelweise aus unter meiner Perücke.

(Zu Ophelia) Ophelia und ich - als Ophelia noch lebte -

wir waren keine Menschen, was man hier darunter versteht.

Wir waren Illegale in einem entlegenen Gasthof

mit speckigen Vorhängen.

Oder wir froren nachts am Strand,

wir machten uns Feuer wie die Zigeuner

und dachten den ganzen Tag an nichts als an Essen

und danach an nichts als die Lust auf unserer Haut.

Wir waren das Wild in den dänischen Wäldern

gehetzt von der Brunst, die Körper vom Wetter wund

und vom Sanddorngestrüpp und von Brennesseln.

Meine Ophelia war ein sündiger Sommer

aber jetzt kommt der Herbst und zieht die Konturen scharf

und malt mit schwarzer, gebrechlicher Schrift

seine Todesurteile in den Himmel.

Könnt Ihr sie lesen?


OPHELIA


Du warst glücklich mit mir, du hast es mir oft gesagt.

Du hast von unserer Zukunft gesprochen.

Ich habe mich den Gerüchten am Hofe preisgegeben

weil ich dir vertraut hab. Jetzt lässt du mich liegen?

Du weißt nicht, was es bedeutet, ein Fräulein bei Hofe zu sein.

Dir verzeiht man, du bist der Prinz.


HAMLET


Jetzt begreife ich! Das Fräulein verwechselt mich mit dem Prinzen!

Seid Ihr die Prinzessin? Wollt Ihr es sein?

Ich muss euch enttäuschen, ich bin nicht der Prinz.

Dort wo ich zu Hause bin, bin ich Bettler.

Meine Ophelia liebte mich nackt.


OPHELIA


Warum willst du den Herbst mit Gewalt?

Warum sollen dem Sommer nicht noch andere folgen?

Wovor fürchtest du dich?

Gib unsere Verlobung bekannt, und wir beginnen zu leben!


HAMLET


Dass es Herbst wird, mein Fräulein, dagegen kann man nichts machen.


KÖNIG


Was für ein Datum ist heute?


HAMLET


Heut ist das Datum, an dem der Narr starb, der Yorrik heißt.

Man hat seine Totenmaske zermahlen

weil sein letztes Lachen so furchtbar war

dass es dem König nachschlich bis in den Schlaf.

Jetzt kreist es als Staub durch das Schloss und ertönt jedes Jahr im Oktober.


KÖNIG


Was ist zwei mal zwei?


HAMLET


Stechfliegen oder Gorillas?

Beim ersten sind ein mal zwei schon eine...


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Autor

Eugen Ruge wurde 1954 in Soswa (Ural) geboren. Der diplomierte Mathematiker begann seine schriftstellerische Laufbahn mit Theaterstücken und Hörspielen. Für «In Zeiten des abnehmenden Lichts» wurde er unter anderem mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Seitdem erschienen die Bände «Theaterstücke» und «Annäherung», die Romane «Cabo de Gata», «Follower» und zuletzt «Metropol».