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Wie Ihr wollt

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Berlin Verlagerschienen am09.03.2015Auflage
August 1571: Elizabeth I. herrscht in England, und Mary Grey, ihre Cousine, ist wütend. Sie ist 26, kleinwüchsig, hat einen Thronanspruch und hat leider ohne Erlaubnis geheiratet. Zu lange steht sie unter königlichem Hausarrest - sie will frei sein, einen eigenen Haushalt führen. Nichts von alldem wird ihr gewährt. Doch anstatt es weiter still hinzunehmen, begehrt sie auf. »Mahlkes Werk ist eine subtile, knochentrockene und äußerst witzig zu lesende Form der Rebellion, ein zeitgemäßes Buch über die Selbstermächtigung einer unterdrückten Frau.« Die Zeit

Inger-Maria Mahlke, geboren 1977 in Hamburg, wuchs in Lübeck auf, studierte Rechtswissenschaften an der FU Berlin und arbeitete am Lehrstuhl für Kriminologie. Preisträgerin des 17. Open Mike 2009 sowie des ersten Debütpreises des HarbourFront-Literaturfestivals 2010 für ihren Roman »Silberfischchen«. 2012 Ernst-Willner-Preis bei den »Tagen der deutschsprachigen Literatur« in Klagenfurt für einen Auszug aus ihrem zweiten Roman »Rechnung offen«, der im Frühjahr 2013 im Berlin Verlag erschien, von Kritik und Lesern gefeiert und 2014 mit dem Karl-Arnold-Preis der Akademie der Künste und Wissenschaften von NRW ausgezeichnet wurde. Ihr neuer Roman »Wie ihr wollt« wurde für die Shortlist des deutschen Buchpreises 2015 nominiert. Sie lebt in Berlin.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAugust 1571: Elizabeth I. herrscht in England, und Mary Grey, ihre Cousine, ist wütend. Sie ist 26, kleinwüchsig, hat einen Thronanspruch und hat leider ohne Erlaubnis geheiratet. Zu lange steht sie unter königlichem Hausarrest - sie will frei sein, einen eigenen Haushalt führen. Nichts von alldem wird ihr gewährt. Doch anstatt es weiter still hinzunehmen, begehrt sie auf. »Mahlkes Werk ist eine subtile, knochentrockene und äußerst witzig zu lesende Form der Rebellion, ein zeitgemäßes Buch über die Selbstermächtigung einer unterdrückten Frau.« Die Zeit

Inger-Maria Mahlke, geboren 1977 in Hamburg, wuchs in Lübeck auf, studierte Rechtswissenschaften an der FU Berlin und arbeitete am Lehrstuhl für Kriminologie. Preisträgerin des 17. Open Mike 2009 sowie des ersten Debütpreises des HarbourFront-Literaturfestivals 2010 für ihren Roman »Silberfischchen«. 2012 Ernst-Willner-Preis bei den »Tagen der deutschsprachigen Literatur« in Klagenfurt für einen Auszug aus ihrem zweiten Roman »Rechnung offen«, der im Frühjahr 2013 im Berlin Verlag erschien, von Kritik und Lesern gefeiert und 2014 mit dem Karl-Arnold-Preis der Akademie der Künste und Wissenschaften von NRW ausgezeichnet wurde. Ihr neuer Roman »Wie ihr wollt« wurde für die Shortlist des deutschen Buchpreises 2015 nominiert. Sie lebt in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783827077219
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum09.03.2015
AuflageAuflage
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1997 Kbytes
Artikel-Nr.1556058
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

29. September 1571, Bishopsgate

Ellen ist sehr bemüht, mit schlechtem Gewissen wegen der Kirche gestern. So leicht kommt sie mir nicht davon: Krämpfe, ein stechender Schmerz hinter dem rechten Auge, ich kann nicht mal aufstehen. Sie brüht Kamillenblüten auf, will mir einen Umschlag machen für die Stirn. Soll sie es versuchen, viel Vergnügen.

Hätte Robert den Brief nicht schicken dürfen.

Ellen schmollt, ist runter in die Küche mit ihren Schüsseln, Kräutern, kamillegetränkten Tüchern, nassen Ärmeln und zerkratzten Handgelenken.

Hab mir durchgelesen, was ich gestern schrieb.

Motten zum Licht, heißt es. Die braunsilbrigen Flügeldreiecke auf dem Wandteppich - an manchen Stellen sitzen sie so dicht, als wären sie aufgestickt - sagen etwas anderes. Ganz selten fällt mal eine aus der Kerzenflamme auf den Tisch. Motten denken nicht: ich nicht. Motten denken nicht: Ich hab zugesehen, beobachtet, die Unzähligen vor mir. Ich habe Erkenntnisse gewonnen, ich werde nicht fehlen. Nicht zu eitel sein oder in falsche Sicherheit gewiegt, nicht voreilig, ich weiß, wie es richtig geht. Die Zeichen, bei den anderen habe ich sie rechtzeitig erkannt, ich kann sie lesen, wie keiner vor mir, entziffere jedes Kompliment, jede Geste, Ernennung, Höflichkeit. Alles ist gut, denken sie, kurz bevor es geschieht, und verstehen nicht, dass Alles-ist-gut-Denken das entscheidende Zeichen war.

Weich ist Gnade, gewiss, und warm. Erst im Magen, eine Perle, die sanft schimmert und wächst, faustgroß wird, sich weiter ausdehnt, anschwillt zu einem Ball. Der aufbricht und Wärme in alle Glieder strömen lässt. Die Blicke der anderen Höflinge sind plötzlich Streicheleinheiten, im Nacken, auf dem Rücken, der Erhebung sogar. Freude beginnt zu vibrieren, im ganzen Raum, alle schwingen gleich, als wären sie ein Ganzes im Gleichklang. Und das ist absurd. Denn das Gegenteil ist geschehen. Du wurdest ausgezeichnet, hervorgehoben, bist nicht gleich den anderen Höflingen. Bist angelächelt, berührt, mit ein wenig Stoff, einem Rat, einem Schmuckstück, einer Unterschrift, der Frage, ob sich dein Durchfall gebessert hat, bedacht worden. Bist etwas Besonderes. Nicht ein Teil von vielen, sondern besser als die anderen Teile.

Und wie muss es sich erst anfühlen, warme Perlen in die Mägen anderer Menschen einpflanzen zu können. Zentralgestirn zu sein. Glück zu gewähren oder nicht, wie es einem beliebt, nützlich erscheint. Jeden Tag zu sehen, wie alle danach lechzen und deine Füße waschen und lechzen und den Toilettenstuhl leeren und lechzen und stotternd Bericht erstatten über ihre Aufträge und lechzen. Um Unterstützung in rechtlichen Angelegenheiten bitten, deine Unterschrift, dein in Wachs gedrücktes Siegel. Und lechzen.

Neuigkeiten:

Die Alte hat nach einem Arzt schicken lassen. Einwandfrei sei das Fleisch gewesen, dafür legt die Küche diverse Körperteile ins Feuer. Alle anderen, die am gestrigen Dinner teilgenommen hätten, seien schließlich wohlauf.

30. September 1571, Bishopsgate

Müde. Noch keine Reaktion auf den Brief an Robert. Ist noch zu früh. Hab wach gelegen letzte Nacht. Über IHRE Falten habe ich geschrieben. Wenn er ihn liest. Und IHR zeigt. Sie werden mich holen kommen. Mich rechts und links am Arm nehmen, die Füße, mit denen ich nach ihnen trete, winzig, die Zehen sehr weich ohne Schuhe, sie werden mich hochheben und lachen und auf geht es in den Tower. Ins Fleet, in eines der gewöhnlichen Gefängnisse, kann SIE mich nicht stecken. Falten sind auch kein Hochverrat. Aber im Tower vergessen, das geht.

Nach dem Frühstück Gresham. Ob mir jemand eingefallen sei, der mich aufnehmen usw. Hab ihm den Katechismus gegeben, er möge ihn seiner Frau ins Maul schieben. Da ist er gegangen.

SIE ist bei Cecil in Theobalds. Danach geht es zurück nach London; Ende der Sommerreise. Das ergibt für dieses Jahr: Wer ist oben, wer ist unten? Es klopft.

Stiefgroßmama war da. Scheinbar darf ich Besuch empfangen. Ein Mädchen kam, verschüchtert und ungeübt, und meldete die Herzogin von Sussex. Ich fragte mich, seit wann es eine Herzogswürde von Sussex gibt. Ob es das jetzt endlich ist. Die Nachricht. Äußerst standesgemäß überbracht, das alleine schon ein Zeichen. Ein großartiges. Hab Herzrasen bekommen, als wär ich wieder auf dem Weg zu Keyes und der dunklen Ecke unten an der Themse. Und dann trat Stiefgroßmama ins Zimmer.

Suffolk, rief Ellen dem Mädchen hinterher, ehe sie sich verneigte.

Ich sehe ja nicht schlecht aus, sagte Stiefgroßmama, hätte zugenommen, sie selber sei beständig in Eile und komme kaum zum Essen. Wann ich entlassen werde?

Ich hätte gehofft, dass sie das wüsste, habe ich geantwortet.

Stiefgroßmama hat den Kopf geschüttelt.

Hat SIE nach mir gefragt?

Wer? Die Königin? Stiefgroßmama lacht, nein. Ob ich Ansprüche angemeldet hätte, wollte sie wissen, wegen des Erbes meiner Mutter. Es sei zu beachten, dass sie die Schulden meines Großvaters geerbt und bezahlt hätte, so gut sie dazu in der Lage war. Diese Schulden seien durch die Eheschließung mit Großvaters erster Frau entstanden und die sei schließlich meine Großmutter. Es sei doch eigentlich die Aufgabe einer Tochter, also meiner Mutter, für den Vater einzustehen. Somit hätte Mutter zahlen müssen und nicht sie, das müsse, wenn Mutters Erbe an mich ginge, Beachtung finden.

Mutters Vermögen steht allein mir zu, habe ich geantwortet. Soll sie selbst herausfinden, dass ich nichts kriege.

Ob ich Kontakt zu Hertford und Kats Kindern hätte, wollte sie wissen. Oder mit Stokes? Ob die Ansprüche angemeldet hätten?

Weiß ich nicht.

War ja auch nur dein Stiefvater und auch nicht für lange.

Ich bin kürzlich Witwe geworden, hab ich schließlich gesagt.

Das sehe ich, ihre Augen fuhren über mein Brusttuch, Kragen, Haube, und wieder zurück, die Ärmel hinab, bei den Fingern hielten sie inne, auf Höhe des Rings. Ob das geschickt sei?

Ich dachte, es wäre angemessener, Ellen hat einen Schritt auf uns zu gemacht, ihr Kopf gesenkt.

Derart hinzuweisen auf die Ursache ihrer Ungnade? Stiefgroßmama hat nicht einmal den Kopf in Ellens Richtung gewandt, weiter den Ring betrachtet.

Ellen hat sich verbeugt, tiefer diesmal, wollte sich rückwärts zurückziehen, aber es gab nicht viel Rückwärts, nach zwei Schritten stieß sie gegen das Regal.

Ist mir unbegreiflich, Stiefgroßmama hat mich angesehen und den Kopf geschüttelt. Warum darauf beharren? Keyes sei schlauer gewesen.

Dann sei er eben nicht verheiratet, das sei ihm auch recht, hat er gesagt, als er verhaftet wurde.

Sie haben ihn trotzdem ins Fleet gesteckt, habe ich geantwortet.

Und wieder entlassen, Stiefgroßmama hat den Zeigefinger in die Luft gereckt.

Ohne meinen ist sein Leib ungefährlich.

Dennoch, ich würde - Stiefgroßmama hat den Satz nicht beendet, stattdessen gesagt, sie werde das nie verstehen. Ob ich die Schale gefunden hätte.

Die Schale steht in dem Regal und vor dem Regal stand Ellen und verneigte sich nur so tief, als Stiefgroßmama ging, dass das Fach mit dem Geschirr von ihren Schultern verdeckt blieb.

Zwei Dinge sind bemerkenswert:

1. Ich darf Besuch empfangen. In Chequers durfte ich das nicht, so viel ist sicher, Hawtrey entschuldigte sich täglich dafür. Solange ich bei Stiefgroßmama war, hab ich nicht darüber nachgedacht. Es kam auch niemand. Ist das also eine neue Regelung und ein Anzeichen? Oder ist die Änderung alt und besagt nichts mehr? Oder ist es allen egal, so dass es gar keine Regelung mehr gibt, außer: ich bin eingesperrt?

2. Stiefgroßmama - und damit der mittelgut unterrichtete Hofklatsch - geht davon aus, dass sich an meiner Situation grundsätzlich etwas ändern wird.

Ich hätte den Brief an Robert nicht schreiben sollen.

Es klopft schon wieder.

Ein Mädchen, ein anderes als vorhin, mit einem in Tüchern gewickelten Klumpen im Arm. Schinken. Mit Schwarte, von der weißlich Fett tropft, einem Knochen in der Mitte und allem, was dazugehört. Von Ellens Köchin, ihr Vater besitzt ein Wirtshaus. Werde ich nicht essen, hab ich gesagt. Ellen hat darauf bestanden, ihn anzunehmen, zu behalten. Alles andere wäre unhöflich, behauptet sie. Hat ihn wieder in die Tücher gewickelt, nun liegt er im Regal.

Besuche

1. Beaulieu

Okt/Nov 1549

Während Henry Grey lärmreich den Protestanten anhängt, bearbeitet die Gräfin still die andere Seite. Im Oktober, die Blätter sind gelb-braun gefleckt, wenn die Sonne auf sie scheint, das Gefolge ist silber-blau, der Zug hinter ihnen lang, reist Frances Grey zur lieben Cousine. Begleitet von ihren Töchtern, allen dreien, die liebe Cousine misst auch nur viereinhalb Fuß. Sie sitzt nordöstlich von London hinter den rötlichen Backsteinmauern von Schloss Beaulieu auf einem schmalen Lehnstuhl. Erhebt sich, als sie hereingeführt werden, streckt die Arme aus, geht ein, zwei Schritte auf die Besucher zu. Zieht die Gräfin gleich wieder hoch, sobald diese bei ihr angelangt ist und vor ihr kniet. »Fett ist sie geworden«, sagt die Gräfin später, als sie mit den Töchtern alleine ist. »Schwester«, sagt die liebe Cousine, der Haushalt vermerkt es flüsternd. Mary Grey versteht kein Wort, Jane und Katherine knien noch immer, also bleibt auch sie unten. Würde sich lieber in Ruhe mit ihrem Kleid beschäftigen. Eng ist es und hart, das Korsett gleicht einem Harnisch, einer festen Klammer, als solle es sie geradebiegen, aufrichten, zurechtdrücken. Stemmt sich gegen ihren Brustkorb beim...
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Autor

Inger-Maria Mahlke, geboren 1977 in Hamburg, wuchs in Lübeck auf, studierte Rechtswissenschaften an der FU Berlin und arbeitete am Lehrstuhl für Kriminologie. Preisträgerin des 17. Open Mike 2009 sowie des ersten Debütpreises des HarbourFront-Literaturfestivals 2010 für ihren Roman »Silberfischchen«. 2012 Ernst-Willner-Preis bei den »Tagen der deutschsprachigen Literatur« in Klagenfurt für einen Auszug aus ihrem zweiten Roman »Rechnung offen«, der im Frühjahr 2013 im Berlin Verlag erschien, von Kritik und Lesern gefeiert und 2014 mit dem Karl-Arnold-Preis der Akademie der Künste und Wissenschaften von NRW ausgezeichnet wurde. Ihr neuer Roman »Wie ihr wollt« wurde für die Shortlist des deutschen Buchpreises 2015 nominiert. Sie lebt in Berlin.