Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Mami, warum sind hier nur Männer?

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am14.09.2015
Verkehrte Welt im Gay-Resort auf Sardinien: Hotelier Helmer Klotz, selbst schwul, verachtet seine homosexuelle Klientel aus tiefstem Herzen. Dann gewährt er in einer Notsituation Ilka, einer frisch verlassenen Mutter mit ihren zwei Kindern, Unterkunft. Damit treffen zwei Welten aufeinander, die unterschiedlicher kaum sein können. Denn auf eine Konfrontation mit so viel Heterosexualität sind Helmers Hotelgäste nicht vorbereitet, die aufgeweckte Kleinfamilie stiftet ordentlich Unruhe und Chaos. Und doch sind es am Ende ausgerechnet die von der Liebe enttäuschte Heterofrau und ihre Kinder, die dem bärbeißigen Hotelchef vor Augen führen, dass es unter Homosexuellen durchaus auch liebenswerte Exemplare gibt.

Volker Surmann ist Autor, Satiriker und Exil-Ostwestfale in Ostberlin. Er stand zwanzig Jahre als Kabarettist und Comedian auf der Bühne und ist nach wie vor einer der Hausautoren des Berliner Kabaretts 'Die Stachelschweine'. Er schrieb für diverse TV-Comedyformate (z.B. 'Mensch Markus', 'Was guckst Du?') und rechnete in seinem ersten Roman 'Die Schwerelosigkeit der Flusspferde' (2010) mit dem Comedybusiness ab. 2012 erschien seine Geschichtensammlung 'Lieber Bauernsohn als Lehrerkind', 2014 sein zweiter Roman 'Extremely Cold Water'. Er schreibt Beiträge für das Satiremagazin 'Titanic', Kolumnen für das queere Hauptstadtmagazin 'Siegessäule' und betreibt seit 2011 den Berliner Satyr Verlag für Humor und Satire. Seit 2003 liest er jeden Donnerstag bei der Berliner Vorlesebühne 'Brauseboys' und tritt regelmäßig bei Poetry Slams in ganz Deutschland auf.
mehr

Produkt

KlappentextVerkehrte Welt im Gay-Resort auf Sardinien: Hotelier Helmer Klotz, selbst schwul, verachtet seine homosexuelle Klientel aus tiefstem Herzen. Dann gewährt er in einer Notsituation Ilka, einer frisch verlassenen Mutter mit ihren zwei Kindern, Unterkunft. Damit treffen zwei Welten aufeinander, die unterschiedlicher kaum sein können. Denn auf eine Konfrontation mit so viel Heterosexualität sind Helmers Hotelgäste nicht vorbereitet, die aufgeweckte Kleinfamilie stiftet ordentlich Unruhe und Chaos. Und doch sind es am Ende ausgerechnet die von der Liebe enttäuschte Heterofrau und ihre Kinder, die dem bärbeißigen Hotelchef vor Augen führen, dass es unter Homosexuellen durchaus auch liebenswerte Exemplare gibt.

Volker Surmann ist Autor, Satiriker und Exil-Ostwestfale in Ostberlin. Er stand zwanzig Jahre als Kabarettist und Comedian auf der Bühne und ist nach wie vor einer der Hausautoren des Berliner Kabaretts 'Die Stachelschweine'. Er schrieb für diverse TV-Comedyformate (z.B. 'Mensch Markus', 'Was guckst Du?') und rechnete in seinem ersten Roman 'Die Schwerelosigkeit der Flusspferde' (2010) mit dem Comedybusiness ab. 2012 erschien seine Geschichtensammlung 'Lieber Bauernsohn als Lehrerkind', 2014 sein zweiter Roman 'Extremely Cold Water'. Er schreibt Beiträge für das Satiremagazin 'Titanic', Kolumnen für das queere Hauptstadtmagazin 'Siegessäule' und betreibt seit 2011 den Berliner Satyr Verlag für Humor und Satire. Seit 2003 liest er jeden Donnerstag bei der Berliner Vorlesebühne 'Brauseboys' und tritt regelmäßig bei Poetry Slams in ganz Deutschland auf.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641161651
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum14.09.2015
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse583 Kbytes
Artikel-Nr.1560675
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



TAG 1

HELMER

Ich hasse Schwule. Ich dachte, bevor Sie das hier als irgendein emotionales Toleranzgeschwafel missdeuten, stell ich das lieber klar. Schwule gehören zu den nervtötendsten Zeitgenossen unter der Sonne. Ich weiß das, ich betreibe ein Gay-Resort auf Sardinien.

Als Gott überlegte, welche Kreaturen er nach Schlange, Schwan und Schweinchen noch so schöpfen konnte, hat er die Schwulen geschöpft. Er wird sich was dabei gedacht haben. Die Wege des Herrn sind unergründlich, die Wege der Herren indessen äußerst vorhersehbar. Sosehr sie auch nach öffentlicher Teilhabe und Gleichberechtigung krähen, im Grunde bleiben die Schwulen doch lieber unter sich - vor allem im Urlaub. Davon lebe ich, und das gar nicht schlecht.

Mein Hotel liegt mehr oder minder im Nichts. Vor der Tür liegt die stark befahrene Küstenstraße, einen halben Kilometer weiter eine Art Autobahnkreuz, von dem die Hälfte eine immerwährende Baustelle ist. Das ist wohl die sardische Lebensart, von der die Reiseführer gerne sprechen. Hier gibt´s nicht viel. Auch keinen Strand. Hauptsächlich Felsküste, von der beliebten Costa del Sud sind wir eine Autostunde entfernt, von der berühmten Costa Smeralda mehr als zweihundert Kilometer. Aber Schwule brauchen keinen Strand. Schwule brauchen andere Schwule. Und eine Dusche, bei der man den Brausekopf garantiert abschrauben kann (sprechen Sie mich an, wenn Sie Fragen dazu haben). Beides finden Sie in meinem Hotel. Hier gibt´s so viele Schwule wie andernorts auf dieser Insel Sand. Es ist schrecklich.

Schwule bewegen sich am liebsten unter ihresgleichen. Zumindest die, die bei mir Urlaub machen, von niemand anderem spreche ich, wenn ich von »den Schwulen« rede. Es gibt andere Schwule, gewiss. Die interessieren mich aber nicht. Ich interessiere mich für die, die Gay-Travel-Magazine aufschlagen, ob Print oder im Netz, die meine Anzeigen dort lesen: »Rainbow Inn. Gay-Resort an der malerischen Südküste Sardiniens, verkehrsgünstig gelegen in der Nähe zur pulsierenden Inselmetropole Cagliari. Eigener Pool, Sauna, Cruising Area. Alle Zimmer mit Meerblick. Duschköpfe garantiert abschraubbar. 100 % gay - keine Frauen, keine Kinder.«

Dass alle Zimmer Meerblick haben, stimmt. Das Rainbow Inn liegt auf einer kleinen Landzunge. Ich habe sie für ´n Appel und ´n Ei gekauft, samt einigen Gebäuderuinen. Felsküste in dieser Lage ist nahezu wertloses Land. Der sardische Bauer, dem dieser Klumpen gehörte, konnte sein Glück kaum fassen. Letztes Jahr hat er sich besoffen totgefahren.

Das Hotel ist gut. Da lass ich nichts auf mich kommen. Das habe ich von der Pike auf gelernt. Drei Sterne superior, natürlich nach deutschem Standard. Die hiesige Standardisierung ist so belastbar wie eine italienische Nachkriegsregierung.

Vater hat mich ausgelacht, als ich mir mein Erbe ausbezahlen ließ, meinen Anteil am Zweihundert-Betten-Haus am Titisee, das längst meine ältere Schwester führt. Widerwillig hat er mir das Startkapital überwiesen, das ich brauchte für die weiteren Kredite, um ein eigenes Haus auf wertlosem Geröll in Sardinien zu errichten.

»Vadder«, hab ich gesagt. »Das hab ich von dir gelernt« - und zwar bis zum Abwinken. Als Azubi im eigenen Haus durfte ich immer nur Touristenbusladungen niedersächsischer Landfrauen einchecken. »Man muss seine Klientel kennen. Und meine Klientel ist nun mal dumm genug, in einem wertlosen Haufen Steine, eingekeilt zwischen Mittelmeer, Autobahn und dem Industriegebiet Cagliaris, ein Paradies auf Erden zu sehen.«

Ich sollte recht behalten. Seit zwölf Jahren betreibe ich das Rainbow Inn und hab ´ne Auslastung, bei der mein alter Herr Pipi in die schwachen Augen kriegt.

In der schwulen Welt läuft das eben so: Häng irgendwo ´ne Regenbogenfahne dran, und die Tunten rennen dir die Bude ein. Vorausgesetzt, du machst deinen Job gut, und das mache ich. Ich weiß, wie man mit Gästen umzugehen hat. Mögen gehört nicht dazu.

Das hab ich im Schwarzwald gelernt. Nicht von Vater, sondern vom Bauern nebenan. Kluge Bauern behandeln ihre Milchkühe gut, und seien es auch noch so dumme Rindviecher.

Auf die einschlägigen Symbole ist der gemeine Schwule durch jahrzehntelanges Community-Training perfekt konditioniert. Wenn Sie es so wollen, bin ich Rattenfänger. Ich halte die Regenbogenfahne hoch, und die darauf abgerichteten Biester folgen mir in meinen Bau, in meine Fallen. Und meine Fallen kosten ab einhundertsechzig Euro aufwärts - je nach Saison und Ausstattung. Vor- und Nachsaison sind meine Hauptsaison. Schwule verreisen nicht in den Schulferien (ausgenommen die armen Schweine, die Lehrer sind). Sie glauben, davor und danach sind die Preise günstiger. Als ob ich nicht wüsste, dass sie das glauben. Außerdem sind dann keine Kinder da. Und es gibt nicht viel, was Schwule mehr hassen als Kinder. Außer Türken und Frauen vielleicht.

Ich kann das alles freimütig zugeben. Meinem Hotel wird das nicht schaden. Meine Gäste lesen nicht, jedenfalls nicht solche Bücher wie dieses hier. Vielleicht mal ´nen Krimi, das Magazin Männer, eingefleischte Tunten die Vogue. Die Intellektuellen lesen Thomas Mann, die Großstadttypen, die im Urlaub nur vögeln und feiern wollen, lesen vielleicht mal einen schwulen Roman aus einem schwulen Verlag über schwule Großstädter, die genug gevögelt und gefeiert haben und nun die große Liebe suchen. Aber selbst die sind in der Minderheit. Schwule lesen nicht. Die beliebteste Ferienlektüre meiner Gäste ist ihr iPhone.

Wenn Sie mich nun für einen Schwulenhasser halten, haben Sie sicher recht. Aber ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin selber schwul. Doch bevor Sie heiter drauflos psychologisieren: Mit Selbsthass hat das nichts zu tun. Ich bin mit mir im Reinen und mag mich. Ich mag nur die Schwulen nicht, die sich hier in meinem Haus einnisten.

Warum ich dann ein Hotel für Schwule betreibe? Nun, es ist einfach ungemein lukrativ. Denn es gibt nur eine Sache, die Schwule noch mehr lieben als sich selbst und überall rumzupimpern: sich ausnehmen zu lassen.

ILKA

Er hat mich gefragt, ob ich eine Biofrau bin!

Da stehe ich tropfnass vor ihm an der Rezeption und erkläre diesem Superschwüppi in seinem hübschen Anzug, in seinem hübschen trockenen Anzug, lang und breit und möglichst dramatisch, dass ich gerade mit meiner Karre liegengeblieben bin, Motor kaputt - Klong und heftiges Schleifen, dann abgesoffen und Ende im Gelände. Gelände gleich Straße mit heftigem Gewitterregen um kurz vor elf. Vielleicht ist die Karre auch nur einfach im wörtlichen Sinne abgesoffen. Motor aus dem Kühler weggespült, spontane Turboverrostung, was weiß ich. Es machte weiß Gott keinen Spaß, nachts auf dieser verfickten Küstenstraße abzusaufen, in Dennis´ verficktem Drecksauto, in diesem verfickten Gewitterregen! Seit Stunden kübelte es wie aus Eimern, kaum war das Gewitter abgezogen, machte es dem nächsten Platz, dessen Regenfäuste einem wieder so richtig schön in die Fresse schlugen!

Mir läuft also die Suppe nur so aus den Haaren, und was macht die blöde Tresentunte in ihrem hübschen, trockenen Anzug? Fragt, ob ich eine Biofrau bin!

»Biofrau?«, hab ich gefragt. Herrgott, ich war scheiße nass! Aber ich sah doch nicht aus wie ´ne Ökotussi vom Bioland-Hof! Wie diese Uschi bei uns auf dem Wochenmarkt am Stand von Biohof Schlagstiertot-Abersanft. Senffarbene Kleidung aus naturgefuchteltem Flachs oder gedrechseltem Hanf, Frisur aus Makramee und ihr Deo aus Kartoffelblüten selbst extrahiert. Das ist ´ne Biofrau. Aber ich doch nicht!

Ich muss geguckt haben wie Dennis´ kaputtes Auto, jedenfalls fragte mich dieses Ding am Tresen doch allen Ernstes, ob ich eine biologische Frau sei, und ich hab geantwortet: »Nein! Ich bin ein Android von der Enterprise und nur aus dem Regen geflohen, damit ich nicht roste.«

Ich solle nicht so sarkastisch sein, sie seien eben ein Gay-Resort und auf die schwule Community als Kundschaft spezialisiert, Transvestiten und Transgender wär´n natürlich willkommen, aber bei biologischen Frauen könne er leider nichts machen.

Dass er bei mir nichts machen könne, sei mir schon klar, erwiderte ich, aber danach stehe mir gerade eh nicht der Sinn. Von Männern hätte ich einstweilen die Schnauze gestrichen voll.

Das tue ihm sehr leid, sagte er da, auch für Lesben sei sein Gay-Resort leider nicht offen.

Wie er denn jetzt drauf komme, dass ich Lesbe sei, habe ich gefragt.

Weil, dazu schaute er verwirrt aus der Wäsche, und es bestätigte sich wieder einmal, dass Schwule mit dem anderen Geschlecht eigentlich immer überfordert sind, das hätte ich doch eben gesagt.

»Nichts habe ich gesagt!«, habe ich gerufen, »Ich habe mich gerade von meinem Mann getrennt!« Die Lust auf Männer gehe mir gerade maximal bis zu den Fußsohlen, und außerdem sei ich gerade sehr gut darin, Männer anzuschreien. Ob er das wolle? Oder ob er sich nicht erbarmen und wenigstens nachschauen könne, ob noch ein Zimmer frei sei, nur für eine Nacht, denn wenn nicht, könne ich mir´s sparen, ihn weiter anzupampen.

Kein Problem, meinte er, ein paar Zimmer seien bestimmt frei, sei ja Hauptsaison auf Sardinien und weniger los, aber sie seien nun mal ein Gay-Resort.

Dann solle er bitte so tun, als ob ich Transe wäre, habe ich gesagt, ich könne sogar den Text von It´s Raining Men auswendig, zumindest den Refrain. Da musste er auf einmal lächeln und erwiderte: »Na ja, für eine Nacht ...«, aber er wolle sicherheitshalber kurz mit seinem...


mehr

Autor

Volker Surmann ist Autor, Satiriker und Exil-Ostwestfale in Ostberlin. Er stand zwanzig Jahre als Kabarettist und Comedian auf der Bühne und ist nach wie vor einer der Hausautoren des Berliner Kabaretts "Die Stachelschweine". Er schrieb für diverse TV-Comedyformate (z.B. "Mensch Markus", "Was guckst Du?") und rechnete in seinem ersten Roman "Die Schwerelosigkeit der Flusspferde" (2010) mit dem Comedybusiness ab. 2012 erschien seine Geschichtensammlung "Lieber Bauernsohn als Lehrerkind", 2014 sein zweiter Roman "Extremely Cold Water". Er schreibt Beiträge für das Satiremagazin "Titanic", Kolumnen für das queere Hauptstadtmagazin "Siegessäule" und betreibt seit 2011 den Berliner Satyr Verlag für Humor und Satire. Seit 2003 liest er jeden Donnerstag bei der Berliner Vorlesebühne "Brauseboys" und tritt regelmäßig bei Poetry Slams in ganz Deutschland auf.