Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Uli Borowka - Volle Pulle

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
304 Seiten
Deutsch
Edel Sports - ein Verlag der Edel Verlagsgruppeerschienen am08.10.20121. Auflage
Sein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker konnte Uli Borowka vor der Öffentlichkeit jahrelang verheimlichen. Erst zwei Jahre nach seinem Abschied aus der Bundesliga gelang ihm im Jahr 2000 nach viermonatiger, stationärer Therapie der Ausstieg aus der Alkoholsucht. Borowka berichtet in seiner typisch direkten und kompromisslosen Art von Alkohol und Fußball, Freunden und Feinden, Enttäuschungen und Abstürzen. Und über seinen hart erkämpften Weg zurück ins Leben.

Uli Borowka wurde 1962 in Menden im Sauerland geboren. Seine Karriere als Fußballprofi startete er unter Jupp Heynckes bei Borussia Mönchengladbach. Mit Werder Bremen, wo er von 1987 bis 1996 unter Otto Rehagel spielte, wurde er mehrfach Deutscher Meister, Pokalsieger und Europapokalsieger. Uli Borowka ist 6-facher Nationalspieler. Nach einer erfolgreichen Alkoholtherapie gründete er den Verein 'Uli Borowka Suchthilfe und Suchtprävention e.V.'.
mehr

Produkt

KlappentextSein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker konnte Uli Borowka vor der Öffentlichkeit jahrelang verheimlichen. Erst zwei Jahre nach seinem Abschied aus der Bundesliga gelang ihm im Jahr 2000 nach viermonatiger, stationärer Therapie der Ausstieg aus der Alkoholsucht. Borowka berichtet in seiner typisch direkten und kompromisslosen Art von Alkohol und Fußball, Freunden und Feinden, Enttäuschungen und Abstürzen. Und über seinen hart erkämpften Weg zurück ins Leben.

Uli Borowka wurde 1962 in Menden im Sauerland geboren. Seine Karriere als Fußballprofi startete er unter Jupp Heynckes bei Borussia Mönchengladbach. Mit Werder Bremen, wo er von 1987 bis 1996 unter Otto Rehagel spielte, wurde er mehrfach Deutscher Meister, Pokalsieger und Europapokalsieger. Uli Borowka ist 6-facher Nationalspieler. Nach einer erfolgreichen Alkoholtherapie gründete er den Verein 'Uli Borowka Suchthilfe und Suchtprävention e.V.'.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841901996
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum08.10.2012
Auflage1. Auflage
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse15636 Kbytes
Artikel-Nr.1675388
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


TRÄUME AUF ROTER ASCHE
Kindheit und Jugend im Sauerland

»Ulrich, spiel doch endlich Fußball!« Das musste mein Vater Ernst sein. Er stand hinter der Bande, wild gestikulierend. Selbstvergessen hockte ich auf dem Boden und formte behutsam Türmchen aus der roten Asche. Für mich war das hier ein herrlicher und riesengroßer Spielplatz. Erst die Worte meines Vaters rüttelten mich auf. Das hier war kein Sandkasten, sondern mein allererstes Fußballspiel. Auch wenn ich nur auf Probe für die ruhmreiche SG Hemer 08 antrat: Ich ließ die Türmchen Türmchen sein und stellte mich dem Angriff der gegnerischen Mannschaft entgegen. Jetzt würde ich meinem Vater zeigen, was für ein großartiger Fußballer ich doch war! KLATSCH! Vom Fuß meines Gegenspielers prallte der Ball direkt in mein Gesicht. Meine Wangen, meine Nase, meine Lippen, alles brannte wie Feuer. Wie reagierte ich als fünfjähriger Debütant? Lächelte ich den Schmerz einfach weg und fegte den Schuldigen bei nächster Gelegenheit über die Seitenlinie? Von wegen. Ich fing an zu heulen. Die Tränen kullerten mir nur so über die Wangen, hilfesuchend schaute ich zur Seitenlinie. Da standen sie: Meine Eltern Ernst und Erika. Meine kleine Schwester Astrid, meine Großeltern. Meine Familie. Und jetzt stand ich hier und jaulte wie ein Schlosshund. Meine Mutter wäre am liebsten auf den Platz gerannt, um mich in den Arm zu nehmen. Mein Vater aber sah mich nur an. Ganz ruhig, so wie es seine Art war. Er sagte kein Wort, aber ich wusste auch so, was er mir mitteilen wollte: Stell dich nicht so an! Und jetzt spiel endlich Fußball …

Ich bin am 19. Mai 1962 in Menden, einer kleinen Stadt im Sauerland, geboren. Meine Mutter, eine gebürtige Oberschlesierin, war 1956 nach Becke-Oese gekommen und hatte dort meinen Vater, einen gelernten Armaturenschleifer, kennen- und lieben gelernt. 1964 kam meine Schwester Astrid zur Welt. Mit zwei Kindern im Gepäck wagten meine Eltern dann den großen Schritt in die Selbstständigkeit - und eröffneten im Sommer 1970 die Vereinsgaststätte »Zum Hillebach« vom FC Oese 49. Die Gaststätte wurde unser Lebensmittelpunkt und unser Zuhause, schließlich wohnten wir direkt über der Kneipe. Lediglich der Hillebach und eine kleine Brücke trennten unser Grundstück vom Sportplatz.


Mein Vater Ernst, der Neuzugang Uli und meine Mutter Erika.    © Uli Borowka privat


In den frühen siebziger Jahren war der kleine Ascheplatz der Mittelpunkt des örtlichen sozialen Lebens. Und wer in Oese zum Fußball ging, der schaute auch bei Ernst und Erika Borowka auf ein paar selbst gemachte Frikadellen oder ein Glas Bier vorbei. Arbeit ist das halbe Leben, heißt es. Für meine Eltern gab es nichts anderes. Um sechs Uhr morgens wurde die Gaststätte geputzt, dann eingekauft und das Essen zubereitet. Mittags kamen die ersten Gäste und bestellten ihr Schnitzel, abends schauten die Dorfkicker auf ein Feierabendpils vorbei. Ohne fremde Hilfe, nur zu zweit, hielten meine Eltern den Laden am Laufen. Die Gaststätte war ihr Leben.


Der Anlaufpunkt der gesamten Familie: Die Gaststätte »Zum Hillebach« ganz in der Nähe des örtlichen Ascheplatzes. Davor meine Eltern.    © Uli Borowka privat


Für mich war es das Paradies! Da war der große Saal für die Festlichkeiten. Der Besprechungsraum mit dem Billardtisch, in dem die Trainer mit ihren Spielern vor jeder Partie noch einmal die Aufstellung durchgingen. Der Garten mit den Schirmen und Tischen und dem gleich dahinter verlaufenden Hillebach, der unserer Gaststätte ihren Namen gegeben hatte. Oder der Keller mit dem Tischkicker, in dem es immer ein wenig nach Zigaretten und Bier müffelte. Jahrelang ließ ich hier den kleinen Ball zwischen den Holzfiguren rotieren, bis ich irgendwann so gut war, dass ich bei den Deutschen Meisterschaften teilnahm (und dort am Ende immerhin den neunten Platz belegte). Und natürlich der Ascheplatz, spätestens seit meinen ersten Erfahrungen als Fußballer Dreh- und Angelpunkt meines jungen Lebens.

Wenn ich heute an diese Jahre denke, dann schmeckt die Luft nach Mutterns Frikadellen. Ich sehe meinen Vater hinter dem Tresen, wie er das schäumende Bier aus dem Hahn in die Gläser sprudeln lässt. Ich sehe meine Großeltern, wie sie die Hühner füttern. Ich höre die Schlacke unter meinen Schuhen knirschen und den Motor unseres VW-Käfers mit den Doppelfenstern aufheulen. Und ich denke daran, wie ich mit meinen Kumpels hinter unserem Haus lauerte, bis der Platzwart fort war, damit wir wieder auf das Feld stürmen konnten. Schöne Jahre.

Die Rollenverteilung bei uns zu Hause erschloss sich erst auf den zweiten Blick: Mein Vater war die meiste Zeit sehr ausgeglichen, ein entspannter, in sich ruhender Typ. Natürlich trank er als Gastwirt auch mal eine Runde mit seinen Gästen. Wenn der Andrang am Tresen gerade nicht so groß war, knobelte er mit den Stammkunden um die Wette. Der Verlierer musste die Runden bezahlen, da kamen dann schon einmal mehrere Gläser Bier zusammen. Nur selten verlor mein Vater die Fassung, doch wenn das passierte, konnte er sehr böse werden. Meistens blieben die Streitereien jedoch ohne Folgen, weil meine Mutter die Gefahr roch und das Problem auf ihre Weise löste. »Ernst«, sagte sie immer, »geh doch mal in die Küche und iss einen Happen.« Wenn mein Vater verschwunden war, regelte meine Mutter die Angelegenheit. Sie hatte alles im Griff und war die gute Seele unserer Familie. Hatte ich etwas ausgefressen, dann ging ich selbstverständlich zu ihr. Von meinem Vater brauchte ich kein Mitleid zu erwarten. Das war noch später so, als ich in meinem ersten Trainingslager für Borussia Mönchengladbach vor lauter Schmerzen nachts nicht schlafen konnte und mit zitternden Muskeln in mein Kissen weinte. Wenn ich dann zu Hause anrief, hoffte ich stets, dass meine Mutter den Apparat abheben würde. Mein Vater hätte nur gesagt: Hör auf zu jammern und beiß dich durch. Harte Schale, weicher Kern, so war Ernst Borowka. Nur einmal habe ich als Kind meinen Vater weinen sehen. 1972 lag meine Mutter, der von Geburt an ein Gerinnungsstoff im Blut fehlt, nach einer schweren Unterleibsoperation im Krankenhaus. Fast wäre sie gestorben. Gemeinsam mit meinem Vater und meiner Schwester saß ich bei uns in Oese auf dem elterlichen Bett und betete für meine Mutter. Meinem alten Herrn, unserem starken Beschützer, rollten die Tränen über das Gesicht. Für mich als zehnjährigen Jungen war das schlimmer als jede väterliche Ohrfeige.


Silberhochzeit von Ernst und Erika. Natürlich im Klammerblues: der Sohnemann.    © Uli Borowka privat


Ich glaube, ich war ein relativ anständiges Kind. Auch wenn ich Katastrophen anzog wie ein Magnet Eisensplitter. Im örtlichen Krankenhaus in Hemer war ich Stammgast. Mit vier Jahren fiel ich vom Kletterturm im Kindergarten und biss mir bei der Landung fast die Zunge ab. Mit Lederriemen schnallten mich die Ärzte an Beinen, Armen und Kopf fest und nähten mir die Zungenspitze wieder an. Ohne Betäubung. Einige Jahre später wollte ich meinen Großvater, der mit meiner Oma bei uns im Hinterhaus wohnte, mit einer freihändigen Fahrt auf dem Fahrrad beeindrucken, stürzte drei Meter tief in den Hillebach und riss mir die Hand auf. Und als ich - wie auch immer - meinen Fahrradschlüssel heruntergeschluckt hatte, mussten mich die Krankenschwestern mit Sauerkraut füttern, damit der Schlüssel auf natürliche Weise wieder ans Tageslicht gelangte.


Breitreifen, lackierte Felgen, ein Fahrer mit dem richtigen Biss: Mein Roller, Mitte der Sechziger das Fortbewegungsmittel Nummer eins für alle unter zwölf.    © Uli Borowka privat


Ähnlich unangenehme Erinnerungen habe ich auch an meine Grundschulzeit. Weil sich ein Mädchen aus meiner Klasse bei einem Sturz gegen die Wand eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte - ich hatte ihr zuvor den Stuhl gemopst - wurde ich ins Rektorzimmer beordert. Dort wartete auch schon Rektor Strothköter. Mit einem Rohrstock prügelte er auf meine kurze Lederhose ein, bis ihm der Arm müde wurde. Heulend schlug ich zu Hause auf, Mitleid erwartend. Meine Eltern sagten nur: »Dann weißt du ja, was du in Zukunft nicht mehr tun darfst.« Das saß! Ein weiteres Beispiel der elterlichen Erziehungsmethoden erfuhr ich Jahre später als 14-jähriger Teenager. Mit meinem Kumpel Wolfgang Hain hatte ich die glorreiche Idee, die erste Zigarette unseres Lebens heimlich in der Kartoffelmiete hinter unserem Haus zu rauchen. Also hockten wir beide eines Nachmittags in diesem eineinhalb Meter in der Erde eingelassenen Vorratsspeicher und schmauchten ganz cool ein paar Kippen. Schon bald zogen die ersten Rauchschwaden aus der Miete, was wiederum meinen Opa alarmierte. Panisch brüllte er durchs Haus: »Die Miete brennt!« Mit einem Eimer Wasser rannte mein Vater in den Garten, doch ein kurzer Blick genügte ihm, um zu wissen, was da wirklich zwischen Kartoffeln und Kohlköpfen vor sich ging. »Wenn ihr beiden Halbstarken unbedingt rauchen wollt, dann habe ich was für euch«, sagte er und schleifte uns in die Gaststätte. Er fischte eine riesige Dannemann-Zigarre aus der Schublade, steckte sie an und schob uns den Kolben zwischen die Zähne. »Schön ein- und wieder ausatmen«, hörten wir seine Stimme zwischen dem beißenden Qualm. Es dauerte nicht lange, bis Wolfgang und ich zu den Toiletten stürmten und das Mittagessen in die Keramik verabschiedeten. Es hat Jahre gedauert, bis ich mich wieder an die nächste Zigarette herangewagt habe.

Ich habe bereits von...


mehr

Autor

Uli Borowka wurde 1962 in Menden im Sauerland geboren. Seine Karriere als Fußballprofi startete er unter Jupp Heynckes bei Borussia Mönchengladbach. Mit Werder Bremen, wo er von 1987 bis 1996 unter Otto Rehagel spielte, wurde er mehrfach Deutscher Meister, Pokalsieger und Europapokalsieger. Uli Borowka ist 6-facher Nationalspieler. Nach einer erfolgreichen Alkoholtherapie gründete er den Verein "Uli Borowka Suchthilfe und Suchtprävention e.V.".