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Die Westentaschenvenus

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
253 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am15.04.20151. Auflage
Ausgerechnet vor dem Aldi-Markt prallt die kleine Buchhändlerin Sophia mit der eleganten Gräfin Anna Eleonora zusammen und landet dadurch nicht nur in einer Tomatensaftpfütze, sondern auch in ganz neuen Gesellschaftskreisen. Prompt verliebt sie sich gleich dreimal - in den charmanten Italiener Vanno, in den promovierten Klempnermeister Philipp und in das uraltadelige, etruskische Hundebaby Pomponia. Für Turbulenzen mit zwei Männern und einem wahrhaft umwerfenden Hund ist gesorgt. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Verena Charlotte Harksen, geboren 1942 in Berlin, studierte Jura und veröffentlichte nebenher Kurzgeschichten, Aufsätze und Gedichte sowie zahlreiche Rezensionen (u. a. für Brigitte). Sie gab die ?Bibliothek der Phantastischen Abenteuer? heraus, übersetzte mehr als fünfzig Bücher (u. a. Barbara Wood und Marion Zimmer Bradley).
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Produkt

KlappentextAusgerechnet vor dem Aldi-Markt prallt die kleine Buchhändlerin Sophia mit der eleganten Gräfin Anna Eleonora zusammen und landet dadurch nicht nur in einer Tomatensaftpfütze, sondern auch in ganz neuen Gesellschaftskreisen. Prompt verliebt sie sich gleich dreimal - in den charmanten Italiener Vanno, in den promovierten Klempnermeister Philipp und in das uraltadelige, etruskische Hundebaby Pomponia. Für Turbulenzen mit zwei Männern und einem wahrhaft umwerfenden Hund ist gesorgt. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Verena Charlotte Harksen, geboren 1942 in Berlin, studierte Jura und veröffentlichte nebenher Kurzgeschichten, Aufsätze und Gedichte sowie zahlreiche Rezensionen (u. a. für Brigitte). Sie gab die ?Bibliothek der Phantastischen Abenteuer? heraus, übersetzte mehr als fünfzig Bücher (u. a. Barbara Wood und Marion Zimmer Bradley).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105600344
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum15.04.2015
Auflage1. Auflage
Seiten253 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse798 Kbytes
Artikel-Nr.1692730
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2. Kapitel

In der Buchhandlung Mayenkranz herrschte Aufregung. Soeben hatte Juliane Mayenkranz, die Inhaberin, eine Art Betriebsversammlung einberufen und verkündet, dass ihre ehemalige Starverkäuferin Silvie Glowitz zum ersten Februar wiederkommen würde.

»Sie zieht aus persönlichen Gründen zurück nach Frankfurt. Ich freue mich natürlich sehr, dass sie wieder bei uns arbeiten möchte. Einige von Ihnen kennen sie ja noch von früher und werden sich ebenso freuen. Über eine Neuverteilung der Arbeitsgebiete sprechen wir dann später.«

Sophia kannte Silvie Glowitz nur vom Hörensagen, wusste aber, dass »die schöne Silvie«, von weniger Wohlwollenden auch »die scharfe Silvie« genannt, vor ihrer Ehe den soliden hessischen Namen Hinkel getragen und bis vor etwa fünf Jahren bei Mayenkranz recht erfolgreich Bücher verkauft hatte. Vor allem bei der männlichen Kundschaft war sie beliebt gewesen. Frau Mayenkranz, eine grauhaarige, unscheinbare Endfünfzigerin, die mehr an eine pensionierte Gewerbelehrerin alter Schule als an eine neuzeitliche Literaturvermittlerin erinnerte, hatte sie auf mütterliche Art bewundert und gefördert. Umso schmerzlicher traf es sie, als Silvie Hinkel einen gewissen Herrn Glowitz aus München - Typ überarbeitetes Vorstandsmitglied mit heimlicher Sehnsucht nach dem Wahren, Guten, Schönen - kennen gelernt und blitzartig geheiratet hatte, um mit ihm in seine Bogenhausener Villa zu entschweben. Danach hatte man mehrere Jahre nichts mehr von der frisch gebackenen Millionärsgattin gehört.

Nun aber war der Traumhochzeit offenbar ein kühles Erwachen gefolgt, Silvie hatte vor ein paar Monaten unter ungeklärten Umständen das eheliche Heim verlassen, die Scheidung lief bereits, der Zank um den Unterhalt brodelte, und die frustrierte Silvie strebte an den Ort ihrer einstigen Triumphe zurück.

 

Die jetzige Belegschaft der Buchhandlung nahm die Nachricht mit gemischten Gefühlen entgegen. Sophia, die sich unauffällig in der Runde umsah, konnte keine besondere Begeisterung feststellen. Nur Herr Wahlich, zuständig für Bestellbuch, Lager und Versand, strahlte. Er war fünfundfünfzig und seit über dreißig Jahren im Geschäft. Schon für Frau Mayenkranz' Schwiegervater, den längst verblichenen Herrn Hugo Mayenkranz, war er tätig gewesen und hatte sie selbst und ihren Mann, den leider ebenfalls verstorbenen Herrn Martin Mayenkranz, stets zuverlässig unterstützt. Die schöne Silvie hatte er vor ihrer Heirat still und hoffnungslos verehrt.

»Frau Glowitz wird das Geschäft beleben«, erklärte er zuversichtlich. »Es werden viel mehr Manager und Industriekunden kommen, glauben Sie mir. Für die hat sie ein Händchen.«

Sophia bezweifelte das. Die Buchhandlung hatte nur eine mäßige Lauflage und lebte weitgehend von ihren Stammkunden. Viele davon arbeiteten in der Umgebung des Eschenheimer Turms. Natürlich waren auch ein paar Manager darunter, aber als Wallfahrtsstätte des Großkapitals war Sophia das Haus Mayenkranz bisher nicht erschienen.

»So, das war's«, schloss Frau Mayenkranz ihre kleine Ansprache. »Und nun wieder frisch ans Werk.« Mit diesem Lieblingsspruch nickte sie ihrer Belegschaft zu und entschwand in das kleine Büro hinter dem Laden.

Sophia trottete hinter den anderen her, um zu hören, was sie von der frohen Botschaft hielten. Die Kommentare waren wenig ergiebig.

Frau Müller-Murat seufzte, sagte aber nichts. Auch Sophias Freundin Frauke Tetzlaff verdrehte nur die Augen und schwieg. Anders verhielt es sich mit Joschi Weiland, dem Lehrling oder, korrekt gesagt, dem Auszubildenden. Joschi zählte zwanzig muntere Jahre und stammte aus gutbürgerlichem Elternhaus.

Nach einem mühsam erlangten Abitur hatte er sich zur Erleichterung seiner Familie entschlossen, auf ein Studium zu verzichten und stattdessen den kargen Brotberuf des Buchhändlers zu erlernen. Seine Vorstellung von dieser Tätigkeit stieß sich allerdings mit den tatsächlichen Gegebenheiten hart im Raume. Joschi las gern und viel und war in literarischen Dingen erstaunlich bewandert, hielt aber nichts von der praktischen Seite der Literatur. Dass man Bücher auch auspacken, einräumen und vor allem immer wieder abstauben muss, war ihm wesensfremd. Nur mühsam hatte man ihm vermitteln können, dass das Aufräumen des Ladens einschließlich Blumen gießen, Klopapier holen, Fliegen aus dem Schaufenstersaugen und sogar Kaffee kochen Teil seines Wirkens war. Lieber hielt er eiligen Kunden ausführliche Vorträge über Bücher, die ihm gefallen hatten, und erschreckte sie durch harte Urteile über andere. Vor allem die »seichten Unterhaltungsromane«, die die meisten Kundinnen gern lesen wollten, erregten seinen Zorn, und immer wieder versuchte er trotz strenger Abmahnungen, missionarisch auf den Geschmack der Buchkäufer einzuwirken.

Frau Mayenkranz hätte Joschi längst hinausgeworfen, wenn er nicht beim heiß umworbenen jugendlichen Lesernachwuchs so gut angekommen wäre. Ob das an seinen Ohrringen - großer Anhänger im linken, kleine Kreole im rechten Läppchen - lag, am dunkelblond gegelten Igelschnitt oder am coolen Slang, ließ sich nicht ermitteln. Vielleicht reizte auch sein gepiercter Bauchnabel, mit dem er ständig angab, vermutlich, weil er wusste, dass der Rest der Belegschaft gern auf diesen Anblick verzichtete. Immer wieder musste man ihn ermahnen, das Hemd unten zu lassen.

Ansonsten war er freundlich und hilfsbereit, und seine jugendliche Klientel vertraute ihm blind und kaufte ihm alles ab, was er empfahl - Fantasy, Esoterik, Reise, Pop, Lifestyle und vor allem Computer- und Internet-Bücher, denn davon verstand er wirklich etwas. Tatsächlich gehörte der junge Herr Weiland zu den Umsatzbringern und war stolz darauf.

Joschi freute sich auf die scharfe Silvie, deren legendär kurze und enge Röcke ihm von Herrn Wahlich in verträumten Sätzen geschildert worden waren.

»Ist doch klasse, wenn mal so 'ne geile Braut hier rumspringt«, meinte er hoffnungsvoll.

Petra Müller-Murat seufzte noch einmal. Sie war die erste Sortimenterin der Buchhandlung und hatte, was die Neuordnung der Arbeitsgebiete betraf, ungute Ahnungen.

Auch sie war schon lange im Geschäft, eine fünfunddreißigjährige, flotte Schwarzhaarige. Mit kaum zwanzig hatte sie Herrn Hasan Murat, einen türkischen Ingenieur, geheiratet. Herr Murat war ein friedlicher, etwas bequemer Mensch, der schon viele Jahre in Deutschland lebte, tüchtig im Beruf, viel auf Reisen, im Privatleben eher träge. Er fand, dass seine Frau türkischer aussah als er selbst und somit ausgezeichnet zu seiner großen Familie in Ankara passte. Tatsächlich wurde Petra dort mit offenen Armen aufgenommen, umso mehr, als schon im ersten Ehejahr der ersehnte Enkelsohn eintraf, den man mit dem Namen des großen Staatsmannes Kemal ehrte.

Leider sah Petra, die aus dem urhessischen Großkrotzenburg stammte, nicht nur türkisch aus, sondern sie war auch eifersüchtig wie ein türkischer Sultan und fest davon überzeugt, dass ihr Hasan in jedem Kuhdorf einen Harem hatte. Ihre Eifersucht verfolgte ihn so lange auf Schritt und Tritt, bis dem gutmütigen und ganz unschuldigen Herrn Murat der Geduldsfaden riss. Er ließ sich scheiden, kehrte in die Türkei zurück und blieb von da an verschollen. Nun lebte Frau Müller-Murat seit neun Jahren als allein erziehende Mutter, verzog ihren vierzehnjährigen Kemal nach Strich und Faden und war von Herzen unzufrieden. Wenigstens zahlte der verschwundene Vater pünktlich jeden Monat einen ordentlichen Unterhaltsbeitrag, der ihr bar und gegen Quittung von einem seiner vielen Freunde ausgehändigt wurde, sodass weder sie noch der verwöhnte Kemal, ein feister, etwas öliger, kräftig gebauter Junge, den alle nur Pascha nannten, Mangel litten. Kürzlich hatte sie Pascha von diesem Geld sogar seinen Herzenswunsch erfüllen und ihm einen großen Rottweiler kaufen können, um sein Ansehen in der Clique zu heben. Allerdings hatte sie Sophia gestanden, dass der Hund sich meistens bei ihrer in der Nähe wohnenden Mutter aufhielt, zu der er eine innige Beziehung entwickelt hatte.

Frau Müller-Murat fand es ganz in Ordnung, wenn viele Kunden beim Anblick ihrer schwarzen Haarpracht glaubten, ihr Mann heiße Müller, sie selbst aber sei eine geborene Murat mit exzellenten Deutschkenntnissen. Sie genoss den Hauch von Exotik, den ihr dieses Missverständnis verlieh, und freute sich, wenn man ihr Komplimente über ihren hessischen Akzent machte.

In der Buchhandlung betreute sie die Belletristik und die teuren Geschenkbücher. Frauke Tetzlaff war für die so genannte Sachbuchabteilung zuständig, mit Ausnahme der Kunst und Kultur, die wiederum in Sophias Ressort fielen, zusammen mit den Kriminalromanen und dem Kinderbuch. Joschi kümmerte sich, wie erwähnt, um die diffuse Gruppe der »jungen Erwachsenen«. Über allem schwebte Frau Mayenkranz, die gelegentlich und sehr zum Unwillen ihrer Untergebenen in alle Referate eingriff und zudem die kaufmännischen Dinge erledigte. Sie war eine ausgezeichnete Buchhändlerin und hatte zahlreiche und keineswegs nur ältere Stammkunden, die sich ausschließlich von ihr beraten lassen wollten.

Es war Frauke Tetzlaff, der Sophia die Stelle bei Mayenkranz verdankte. Sie waren gleichaltrig, beide fünfundzwanzig und beide im ostfriesischen Leer geboren. In ihrer Kindheit war Frauke kugelrund und ein wenig tollpatschig und plump gewesen. Das hatte ihr, zusammen mit den nussbraunen Haaren und Augen, den Spitznamen Tetzibär eingetragen. Inzwischen hatte sich Tetzibär gestreckt, war rank und schlank und ungemein sportlich geworden. Alles Bärenhafte hatte sie verloren, nur die braunen Farbtöne behalten - und den Spitznamen.

Sie und Sophia waren gemeinsam zur...
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