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Der Diamantenmops

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am15.04.20151. Auflage
Charlotte Schatz ist eine hilfsbereite junge Frau. So hilfsbereit, dass sie auch einen plötzlich herrenlos gewordenen Mops in Pflege nimmt. Mit seinem Hang zu glitzernden Gegenständen wird Charlottes Leben deutlich turbulenter. An ihrem Urlaubsort wird sie nicht nur mit mysteriösen Juwelendiebstählen konfrontiert, sondern auch gleich mit mehreren Bewerbern um ihre Gunst. Es bedarf zwei feiner Nasen, den richtigen Kandidaten herauszuspüren. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Verena Charlotte Harksen, geboren 1942 in Berlin, studierte Jura und veröffentlichte nebenher Kurzgeschichten, Aufsätze und Gedichte sowie zahlreiche Rezensionen (u. a. für Brigitte). Sie gab die ?Bibliothek der Phantastischen Abenteuer? heraus, übersetzte mehr als fünfzig Bücher (u. a. Barbara Wood und Marion Zimmer Bradley).
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Produkt

KlappentextCharlotte Schatz ist eine hilfsbereite junge Frau. So hilfsbereit, dass sie auch einen plötzlich herrenlos gewordenen Mops in Pflege nimmt. Mit seinem Hang zu glitzernden Gegenständen wird Charlottes Leben deutlich turbulenter. An ihrem Urlaubsort wird sie nicht nur mit mysteriösen Juwelendiebstählen konfrontiert, sondern auch gleich mit mehreren Bewerbern um ihre Gunst. Es bedarf zwei feiner Nasen, den richtigen Kandidaten herauszuspüren. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Verena Charlotte Harksen, geboren 1942 in Berlin, studierte Jura und veröffentlichte nebenher Kurzgeschichten, Aufsätze und Gedichte sowie zahlreiche Rezensionen (u. a. für Brigitte). Sie gab die ?Bibliothek der Phantastischen Abenteuer? heraus, übersetzte mehr als fünfzig Bücher (u. a. Barbara Wood und Marion Zimmer Bradley).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105600375
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum15.04.2015
Auflage1. Auflage
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse742 Kbytes
Artikel-Nr.1692846
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Erstes Kapitel

Junge Witwen sind gefährlich«, sagte Frau Luise Bommersheim mit fester Stimme und musterte streng die auf der anderen Straßenseite näher kommende Charlotte Schatz.

»So jung ist sie ja nun auch wieder nicht«, wandte ihre Nachbarin, Frau Käthe Henninger, ein. »Mindestens Mitte dreißig.«

»Siebenunddreißig«, stellte die andere Nachbarin, Frau Gudrun Krautwurst, richtig. »Ich weiß es von Frau Neudorf. Sie hat letzte Woche Blumen für sie entgegengenommen. Mit einer Karte zum Siebenunddreißigsten.«

»Was Sie nicht sagen!« Frau Henninger lächelte spöttisch.

»Eine offene Postkarte?«

Frau Krautwurst lächelte zurück. »Das weiß ich nicht. Aber jedenfalls stand die Zahl darauf.«

Die drei Damen, deren Häuser nebeneinander am Ende des Kandinskyweges lagen, teilten sich eine große gelbe Tonne für Verpackungsmüll, die vor Frau Henningers Haus stand. Dort trafen sie sich oft, denn alle drei Küchenfenster gingen nach vorn zur Straße hinaus, und wenn eine von ihnen eine andere zur gelben Tonne gehen sah, fiel ihr fast immer ein, dass sie auch noch einen leeren Joghurtbecher oder eine Plastiktüte zu entsorgen hatte.

Nach und nach waren die Mülleimergespräche eine feste und beliebte Einrichtung geworden, die einerseits der Unterhaltung und Festigung der nachbarlichen Beziehungen, andererseits dem regen Austausch von Informationen diente. Günstig dafür war, dass Frau Krautwursts Haus, das erste in der Reihe, die Ecke des Kandinskyweges bildete, der dahinter in die breite Ernst-May-Straße mündete. Genau an dieser Stelle hielt auch der Bus, und wer immer dort ausstieg, geriet ins Blickfeld der drei Nachbarinnen und bot ihnen, vor allem wenn er fremd und unbekannt war, Gesprächsstoff und Anregung zu allerlei Spekulationen.

Charlotte Schatz war ihnen allerdings wohl bekannt, denn sie wohnte selbst im Kandinskyweg, sogar unten in der besseren Abteilung, die weiter von der lauten Straße entfernt und näher am Park lag.

»Traurig, wenn man nur so kurz verheiratet war«, meinte Frau Bommersheim, die seit vierzig Jahren mit dem geduldigen Verwaltungsangestellten Karl-Heinz Bommersheim verehelicht war und in diesem langen Zeitraum kein böses Wort von ihm gehört hatte. »Das können doch kaum zehn Jahre gewesen sein.«

»Eher weniger.« Frau Henninger rechnete nach. »Sie war doch erst zweiundzwanzig, als sie hier bei ihm einzog. Genau wie ich! Ich habe meinen Erwin auch so jung genommen ... und nun ist er schon zwölf Jahre nicht mehr bei mir.« Sie bekam feuchte Augen.

Charlotte Schatz auf der anderen Straßenseite hatte jetzt die drei Nachbarinnen bemerkt. Sie grüßte freundlich, blieb aber nicht stehen. Natürlich kannte sie die Damen Bommersheim, Krautwurst und Henninger, hatte aber keine Lust auf ein nachbarliches Schwätzchen. Sie kam mit Tüten und Taschen beladen aus der Stadt, hatte im Bus die ganze Fahrt über stehen müssen und war, müde und erschöpft, nur von einem Wunsch erfüllt - zu Hause die Schuhe auszuziehen, die Füße hochzulegen und eine große Tasse Tee zu trinken. Außerdem wusste sie nie, ob ein solches Schwätzchen nicht damit endete, dass irgendjemand sie um einen Gefallen bat.

Manchmal kam es Charlotte vor, als bestehe ihr ganzes Leben nur daraus, dass sie Dinge für andere Leute tat, und als bestehe der ganze Kandinskyweg nur aus solchen Leuten. Ihr Problem lag darin, dass sie außerstande schien, jemandem nein zu sagen. Sie war sich durchaus im Klaren darüber, dass viele sie ausnutzten und ihre Gutmütigkeit missbrauchten, aber sie brachte es einfach nicht fertig, den Mund zu öffnen und ihnen zu sagen, was sie von ihnen hielt. Immer wieder nahm sie sich vor, endlich energisch zu werden, wenn die an sie gestellte Bitte einer Zumutung gleichkam, und jedes Mal nickte sie freundlich und sagte: »Aber selbstverständlich kann ich es einrichten.« Hinterher verachtete sie sich selbst und war wütend.

Während sie ihren Weg fortsetzte, blickten die drei Damen ihr wohlwollend nach.

»Eigentlich eine hübsche Frau«, bemerkte Frau Henninger, die selbst - schlank, über mittelgroß (wenn auch immer noch einen halben Kopf kleiner als Charlotte), mit rot gefärbten Haaren und grünen Augen - recht ansprechend aussah.

»Nur zu lang«, meinte Frau Krautwurst. »So unhandlich!«

»Und diese Augen ... die reinste Opernbühne!«, fügte Frau Bommersheim missbilligend hinzu.

Charlotte, die ihre dunkelbraunen, glänzend glatten Haare zum strengen, kinnlangen, eckigen Pagenkopf geschnitten trug, bevorzugte tatsächlich ein Make-up, das geradewegs aus einer Galaaufführung von Aida hätte stammen können. Ihre braunen Augen umrandete ein dicker schwarzer Strich, und obwohl ihre Wimpern von Natur aus so dunkel waren, dass sich Tusche eigentlich erübrigte, hätte sie um keinen Preis darauf verzichtet. Den vollen Mund schminkte sie brombeerrot und sah mit ihrer blassen Haut immer ein wenig tragisch und geheimnisvoll aus. Diese dramatische Wirkung kultivierte sie vor allem deshalb, weil sie fand, es gehöre zu ihrem Beruf. Charlotte Schatz schrieb unter dem Namen Madame Cleopatra Horoskope für das Hochglanzmagazin YVONNE, beantwortete Leserbriefe zum Thema »Du und die Sterne« und berichtete regelmäßig über die Erlebnisse von Menschen, deren astrologische Vorhersagen eingetroffen waren und ihnen Glück gebracht oder sie vor Unheil bewahrt hatten. Neben dem Titel der jeweiligen Kolumne stand ihr Foto, auf dem sie schön und rätselhaft in die unendlichen Weiten des gestirnten Himmels blickte.

Im Lauf der Zeit hatte Charlotte angefangen, selbst ein bisschen an das zu glauben, was sie anfangs nur aus Gründen des Broterwerbs verkündet hatte. Sie sog sich die vierzehntägigen Horoskope auch nicht aus den Fingern, sondern erstellte sie mit Hilfe komplizierter Berechnungen, und nur wenn das Ergebnis allzu düster ausfiel, korrigierte sie die unerbittlichen Sterne ein wenig zum Milderen.

Manchmal verursachte ihr das zwar Gewissensbisse, denn sie nahm ihre Arbeit ernst, aber das Mitleid siegte.

Frau Henninger hatte über Frau Bommersheims Worte nachgedacht. »Warum sind denn junge Witwen so gefährlich?«, fragte sie neugierig.

»Weil sie die Freuden des Ehestandes erfahren haben und auf die Dauer nicht entbehren wollen«, erläuterte Frau Bommersheim etwas umständlich. »Darum suchen sie unbedingt wieder einen Mann. Sie können sich das Alleinleben nicht vorstellen. Ältere Witwen können besser damit umgehen. Aber die jungen sind manchmal geradezu hemmungslos.«

»Ich weiß nicht«, sagte Frau Henninger zweifelnd. »Was die Älteren angeht, mögen Sie ja Recht haben. Ich war dreiunddreißig Jahre verheiratet, und so sehr ich meinen armen Erwin bedaure, direkt fehlen tut er mir jetzt wirklich nicht mehr. Aber von Frau Schatz habe ich noch nie gehört, dass sie nach jedem Hosenbein schnappt.«

»Dass Sie aber auch immer übertreiben müssen!« Frau Bommersheim war gekränkt. »So habe ich es nicht gemeint. Trotzdem - ich behalte meinen Karl-Heinz im Auge. Man weiß nie.«

»Meinen Sie wirklich?«, erkundigte sich Gudrun Krautwurst besorgt. »Mein Dieter ist schließlich ein gut aussehender Mann ... ich sollte wohl mehr auf ihn achten.«

Käthe Henninger stellte sich in Gedanken Herrn Krautwurst vor, einen kleinen, rundlichen Kraftfahrzeugmechaniker im Ruhestand, wie er mit glitzernden Augen der langen Charlotte Schatz nachblickte. Sie unterdrückte ein Grinsen. »Passen Sie nur immer gut auf ihn auf.«

»Schaden kann es jedenfalls nicht«, versicherte Frau Bommersheim. »Er muss es ja nicht merken.«

 

Charlotte Schatz war weitergegangen. Vor dem Haus Nummer 28 spürte sie ein Steinchen unter der Fußsohle. Sie blieb stehen, stellte Tüten und Taschen ab und stützte sich auf den Zaun, um ihren Schuh auszukippen. Dabei musste sie ein Geräusch verursacht haben, denn sofort ertönte hinter der Haustür ein schrilles, keifendes Gebell.

Natürlich, dachte Charlotte. Dieser widerliche Köter von Frau Posewitz hört das Gras wachsen und regt sich darüber auf.

Von innen hörte man einen wütenden Schrei und ein dünnes Aufjaulen. Das Gekläff verstummte. Eigentlich ungerecht, dachte Charlotte, die, von einer Ausnahme abgesehen, Hunde nicht mochte. Er bewacht doch nur sein Revier. Wolle hätte sich das nicht gefallen lassen. Aber der war auch so groß, dass Frau Posewitz nicht gewagt hätte, sich mit ihm anzulegen.

Wolle war der einzige Hund, der Charlotte imponierte. Er gehörte dem jungen Ehepaar Bettenbühl, das ebenfalls im Kandinskyweg wohnte. Charlotte hielt Bettenbühls nächst sich selbst und ihrem Freund Martin Fischmeister für die einzigen vernünftigen Leute in der Straße.

Ächzend und mit schmerzenden Füßen erreichte sie endlich das Haus Nummer 15, schloss das Tor auf, durchquerte den kleinen Vorgarten und öffnete die dunkelgrüne Haustür.

»Uff!«

In der schmalen Diele stellte sie ihre Lasten hin, setzte in der Küche Teewasser auf und streifte mit einem Seufzer der Erleichterung die schönen, aber unbequemen Stadtschuhe ab. Für heute reichte es ihr.

Sie dachte einen Augenblick an ihren Schreibtisch, der im ersten Stock auf sie wartete, und schüttelte dann entschlossen den Kopf. Das Halbmonatshoroskop für die YVONNE war zwar diese Woche noch fällig, und ein Stapel Leserbriefe wartete auf Antwort.

Aber das hatte auch bis morgen Zeit. Die YVONNE erschien alle 14 Tage jeweils zu Beginn und Mitte des Monats, und Charlotte musste ihre Texte pünktlich abliefern, damit die zuständige Redakteurin...
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