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Glück und Glas

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
512 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am24.08.2015
Glück und Glas, wie leicht bricht das?
Am 7. Mai 1945 werden Marion und Hannelore in der Frauenklinik in der Münchner Maistraße geboren. Obwohl sie aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen stammen, wachsen sie wie Schwestern auf und sind unzertrennlich. Doch als Marion sich an ihrem zweiundzwanzigsten Geburtstag verliebt, zerbricht ihre Freundschaft. Während der Kalte Krieg immer mehr eskaliert, die Studenten auf die Straße gehen und die ersten Kommunen entstehen, trennen sich ihre Wege endgültig. Die widerspenstige Marion wird Fotomodel, hat großen Erfolg im Beruf, aber kein Glück in der Liebe. Hannelore studiert Jura, um Anwältin zu werden, doch das Leben hat andere Pläne mit ihr. Jahrzehnte später, am 7. Mai 2015, wollen sie ihren siebzigsten Geburtstag zusammen feiern - doch kann die Zeit alle Wunden heilen?

Lilli Beck wurde 1950 in Weiden/Oberpfalz geboren und lebt seit vielen Jahren in München. Nach der Schulzeit begann sie eine Ausbildung zur Großhandelskauffrau. 1968 zog sie nach München, wo sie von einer Modelagentin in der damaligen In-Disko Blow up entdeckt wurde. Das war der Beginn eines Lebens wie aus einem Hollywood-Film. Sie arbeitete zehn Jahre lang für Zeitschriften wie Brigitte, Burda-Moden und TWEN. Sie war Pirelli-Kühlerfigur und Covergirl auf der LP Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz von Marius Müller-Westernhagen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextGlück und Glas, wie leicht bricht das?
Am 7. Mai 1945 werden Marion und Hannelore in der Frauenklinik in der Münchner Maistraße geboren. Obwohl sie aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen stammen, wachsen sie wie Schwestern auf und sind unzertrennlich. Doch als Marion sich an ihrem zweiundzwanzigsten Geburtstag verliebt, zerbricht ihre Freundschaft. Während der Kalte Krieg immer mehr eskaliert, die Studenten auf die Straße gehen und die ersten Kommunen entstehen, trennen sich ihre Wege endgültig. Die widerspenstige Marion wird Fotomodel, hat großen Erfolg im Beruf, aber kein Glück in der Liebe. Hannelore studiert Jura, um Anwältin zu werden, doch das Leben hat andere Pläne mit ihr. Jahrzehnte später, am 7. Mai 2015, wollen sie ihren siebzigsten Geburtstag zusammen feiern - doch kann die Zeit alle Wunden heilen?

Lilli Beck wurde 1950 in Weiden/Oberpfalz geboren und lebt seit vielen Jahren in München. Nach der Schulzeit begann sie eine Ausbildung zur Großhandelskauffrau. 1968 zog sie nach München, wo sie von einer Modelagentin in der damaligen In-Disko Blow up entdeckt wurde. Das war der Beginn eines Lebens wie aus einem Hollywood-Film. Sie arbeitete zehn Jahre lang für Zeitschriften wie Brigitte, Burda-Moden und TWEN. Sie war Pirelli-Kühlerfigur und Covergirl auf der LP Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz von Marius Müller-Westernhagen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641171247
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum24.08.2015
Seiten512 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2001 Kbytes
Artikel-Nr.1704642
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



3

München, Weihnachten 1948

Hilde Lemberg musterte den übersichtlichen Inhalt ihres Kleiderschranks und überlegte, welches von den warmen Stücken sie entbehren konnte. Obwohl sie beständig etwas verschenkte, besaß sie immer noch drei Pullover, zwei Strickjacken, fünf Wollröcke, zwei Skihosen, Handschuhe, Mützen und Schals. Einiges davon wollte sie an das Rote Kreuz weitergeben. Es war ihr unerträglich, jeden Tag aufs Neue zu hören, wie sehr die Menschen drei Jahre nach Kriegsende immer noch Not und Hunger litten. Nur wer amerikanische Zigaretten auftreiben konnte und mutig genug war, sich auf die Schwarzmärkte zu wagen, bekam, wonach ihm gelüstete, sogar das begehrte Schweineschmalz in Dosen. Die weniger Glücklichen mussten sich auf Hamsterfahrt ins Münchner Umland begeben oder mit den 950 Kalorien begnügen, die es pro Tag mithilfe der Lebensmittelkarten gab. Im Winter reichte das kaum zum Überleben. Beinahe noch katastrophaler war die Wohnungsnot. Nicht alle durch die Bomben obdachlos gewordenen Bewohner fanden Unterschlupf bei Verwandten. Die meisten wurden in Baracken einquartiert oder bei Fremden zwangseingewiesen. Weder die fast vollständig zerstörte historische Altstadt noch die unbewohnbaren Wohnhäuser waren wieder aufgebaut worden. Es würde Jahrzehnte dauern, obwohl sich Tausende Freiwillige bemühten, die Trümmer mit bloßen Händen wegzuschaffen. Nur wenige lebten im eigenen unversehrten Haus mit Garten, in dem sie Gemüse anpflanzen und sogar ein paar Hühner halten konnten, so wie ihre Familie. Friedrich, ihr Ehemann, hatte 1944 seinen Bruder mit Frau und den beiden Kindern aufgenommen. Die vier hatten ihre Wohnung durch einen Bombenangriff verloren und bis Ende 1947 im Haus gewohnt. Trotz der räumlichen Enge wegen der Verwandtschaft war Hilde Lemberg dankbar für ihr privilegiertes Leben. Geboren und aufgewachsen in einem wohlhabenden Elternhaus mit Personal und durch ihre Verheiratung mit dem Schuhfabrikanten Lemberg junior gesellschaftlich aufgestiegen, kannte sie weder Hunger noch wirtschaftliche Not. Erst in den letzten beiden Kriegsjahren, als die Materiallieferungen für die Schuhherstellung ins Stocken geraten war, hatten sie Angestellte entlassen müssen. Die Fabrikation war schließlich zum Stillstand gekommen, und es waren karge Zeiten angebrochen. Im letzten Kriegsjahr, als sie das Dienstmädchen nicht mehr hatten bezahlen können, war dieses über Nacht verschwunden, nicht ohne vorher noch die Speisekammer leer zu räumen.

Hilde bemühte sich fortan nach Kräften, das große Haus mit dem Salon, den sechs Schlafzimmern, den zwei Bädern, der Wohnküche und die für ihren Schwiegervater ausgebaute Dachwohnung allein sauber zu halten. Doch die Pflege der wertvollen antiken Einrichtung, das Ausklopfen der Perserteppiche und die mühsame Wäschepflege war eine kaum zu bewältigende Plage. Sie bereute, nie kochen gelernt zu haben, und hoffte täglich, ihr Mann möge über ihre rudimentären Kochkünste hinwegsehen. Auch über den Anbau von Gemüse wusste sie lediglich, dass es in der Erde wuchs. Als sie guter Hoffnung war, hamsterte ihr Schwiegervater Butter, Mehl und zwei Kisten Zigaretten. Dem Hamstergut und einem Paar ihrer schönsten Schuhe verdankte sie das luxuriöse Klinikbett und die Erster-Klasse-Geburt. Ihre glückliche Lage war ihr einmal mehr bewusst geworden, als die von Wehen gezeichnete Elsa Schutz in ihrem Krankenzimmer gesucht hatte.

Nie würde sie vergessen, wie Elsa drei Wochen später glücklich gelächelt hatte, als sie ihr das Gartentor geöffnet hatte. Anscheinend hatte sie damit gerechnet, doch abgewiesen zu werden, dabei war Hildes Einladung ernst gemeint. Von der Krankenschwester hatte sie von Elsas Schicksal als Hausschwangere erfahren und war zutiefst erschüttert gewesen. Sie selbst hatte drei Tage lang mit mäßigen Wehen im Klinikbett gelegen, denn Lorchen wollte einfach nicht schlüpfen, wie ihr Mann es ausdrückte. Als ahne das Ungeborene, in welchem Zustand es die Welt vorfinden würde. Friedrich hatte gescherzt, das kleine Lorchen fürchte sich vielmehr vor den abenteuerlichen Kochkünsten ihrer Mutter. Als Friedrich von Elsas Situation, ihrer Arbeits- und Wohnungssuche erfuhr und hörte, dass sie kochen konnte und bereits im Haushalt tätig gewesen war, rief er: »Sie schickt uns der Himmel«, und bot ihr spontan eine Stelle als Haushälterin in der Villa an. Es sei ein großes Haus, seine Frau käme nicht damit zurecht. Hilde wusste, dass er großes Mitleid mit der obdachlosen Elsa hatte. So war allen geholfen. Elsa nahm die Stelle nur zu gern an, und zur Feier verspeisten sie gemeinsam die Dose Corned Beef mit Bratkartoffeln und ein paar Eiern zum Abendessen.

Anfangs bestand Elsas Lohn aus dem Dienstbotenzimmer im Souterrain, neuen passenden Schuhen, einigen abgelegten Kleidern von Hilde, Babywäsche für die kleine Marion und natürlich Essen. Hilde war es peinlich, sie nur mit Naturalien bezahlen zu können, Elsa dagegen war überglücklich, ihr Kind nicht zu fremden Menschen oder in ein Heim geben zu müssen. Seit der Währungsreform am 20. Juni erhielt Elsa zusätzlich 20 Mark für ihre Dienste.

Hilde war über die Maßen erleichtert, in Elsa eine tatkräftige Hilfe und in der kleinen Marion eine Spielgefährtin für ihre Tochter gefunden zu haben. Elsas erfinderischen Kochkünsten und den Hühnern ihres Schwiegervaters war es zu verdanken, dass sie den quälend langen Hungerwinter 1946/1947 überlebt hatten. Jener Winter war der kälteste und längste des Jahrhunderts. Im vorangegangenen heißen, trockenen Sommer waren die Ernteerträge noch unter den bescheidenen Erwartungen ausgefallen. Die Versorgungslage verschlechterte sich von Woche zu Woche. Es gab einfach nichts zu essen. Alle hungerten, waren klapperdürr, und das tägliche Leben war geprägt vom stundenlangen Anstehen nach Lebensmitteln oder der Suche nach Brennmaterial. Hilde beobachtete immer wieder, wie die Leute in den Schuttbergen nach Fenster-, Türrahmen oder Parkettdielen wühlten, die wertvoller waren als Gold, denn durch die tägliche Stromabschaltung war man auf Holzfeuer angewiesen. Hilde war dem Himmel jeden Tag aufs Neue dankbar, dass er ihr Elsa geschickt hatte. Staunend beobachtete sie, wie die patente junge Frau zusammen mit ihrem Schwiegervater eine Kochkiste zimmerte, in der Kartoffeln nach kurzem Aufkochen über Stunden garten. Und den Griesbrei für die Kinder stellte sie zum Aufquellen einfach in die Babybettchen, die zugleich schön warm wurden. Mit Schaudern hörte sie beim Anstehen nach Brot die Geschichten von ungeheizten Wohnungen, in denen die Federbetten so klamm waren, dass sie nicht mehr wärmten. Man erzählte sich auch von Tellern, die im Küchenschrank mit einer Eisschicht zusammenklebten, und von eingefrorenen Wasserleitungen. Der Weiße Tod forderte in Europa Hunderttausende Opfer. Der Boden war wochenlang derartig durchgefroren, dass die bedauernswerten Toten nicht einmal beerdigt werden konnten.

In diesen entbehrungsreichen Jahren kümmerte sich Hilde um die beiden kleinen Mädchen, während Elsa den Haushalt versorgte, Hildes alte Kleider für die Kinder umarbeitete, Essen kochte oder auf dem Schwarzmarkt in der Möhlstraße das Familiensilber gegen Lebensmittel eintauschte. Und wenn sie erfolglos zurückkam, zauberte sie aus einer einzigen Kartoffel, einer halben Zwiebel und gesammelten Kräutern eine köstliche Suppe. Sonntags gab es falsches Beefsteak aus eingeweichtem, ausgedrücktem Brot, das mit klein geschnittenen Zwiebeln, Kräutern und Gewürzen vermengt, in Mehl gewälzt und im Rohr gebacken wurde. Nachmittags tranken sie Kaffee aus gerösteten Bucheckern, dazu gab es Grießplätzchen. Und letztes Weihnachten hatte Elsa falsches Marzipan aus Kartoffeln und Puderzucker hergestellt.

Dieses Jahr würden sie nun endlich wieder mit einem richtigen Tannenbaum, echten Butterplätzchen und einigen Geschenken feiern. Seit der Währungsreform war die größte Not vorbei. Friedrich hatte Leder und lang entbehrte Arbeitsmaterialien erhalten. Die Schuhproduktion war seitdem in vollem Gange, und die finanzielle Lage hatte sich merklich verbessert. Auch die Schaufenster waren über Nacht mit den herrlichsten Dingen gefüllt. Doch am glücklichsten war Hilde, weil sie ihr Haar nicht mehr mühsam selbst waschen musste, sondern sich wieder die lang vermissten Friseurbesuche und eine luxuriöse Maniküre leisten konnte. Der Coiffeur im Hotel Bayerischer Hof hatte ihr schulterlanges Haar auf Kinnlänge geschnitten, es platinblond gefärbt, aufgedreht und asymmetrisch aus dem Gesicht gekämmt, wie es jetzt bei den großen Hollywooddiven Mode war. Genau so trugen es Jean Harlow und Marlene Dietrich, und Hilde fühlte sich mindestens glamourös wie ein Filmstar seit ihrem letzten Friseurbesuch.

An Heiligabend versammelten sich alle zum Mittagessen am Küchentisch. Es gab Steckrübensuppe und Brot mit guter Butter, die Elsa gegen Babykleidung eingetauscht hatte. Am Abend würden sie Sauerkraut mit Bratkartoffeln essen, dazu für jeden ein Paar knuspriger Bratwürstchen. Und am ersten Feiertag würde endlich wieder eine Gans im Rohr brutzeln.

Nach der Suppe wechselte die Familie ins Wohnzimmer, um dem »Christkind« beim Schmücken des Tannenbaums zu helfen. Hilde zündete die letzte Kerze am Adventskranz an, und Opa Lemberg heizte den Kamin ein. Als Friedrich aus der Fabrik nach Hause kam, wechselte der Hausherr den Anzug gegen eine abgetragene Hose, um den ersten Friedensweihnachtsbaum zurechtzusägen. Zwei, drei Fehlversuche später war er zwar um einige Zentimeter kürzer, aber er passte in den gusseisernen Baumständer. »Meine handwerklichen Fähigkeiten sind ziemlich stümperhaft«, gab er freimütig zu.

»Immerhin steht er gerade«, kommentierte Hilde, die...


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Lilli Beck wurde 1950 in Weiden/Oberpfalz geboren und lebt seit vielen Jahren in München. Nach der Schulzeit begann sie eine Ausbildung zur Großhandelskauffrau. 1968 zog sie nach München, wo sie von einer Modelagentin in der damaligen In-Disko Blow up entdeckt wurde. Das war der Beginn eines Lebens wie aus einem Hollywood-Film. Sie arbeitete zehn Jahre lang für Zeitschriften wie Brigitte, Burda-Moden und TWEN. Sie war Pirelli-Kühlerfigur und Covergirl auf der LP Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz von Marius Müller-Westernhagen.