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Schatten der Schuld

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
544 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am18.09.2015
Spannend, abgründig, überraschend - Petra Johann macht süchtig.
Drei Jahre ist es her, seit Kriminalkommissarin Charly Rumor ihren besten Freund und ehemaligen Kollegen Mick das letzte Mal gesehen hat. Damals jagten sie den sogenannten Axtmörder, der drei Frauen ermordet hatte. Die Ermittlungen endeten traumatisch, Mick musste den Polizeidienst quittieren.
Als im Stadtwald eine Frauenleiche gefunden wird, ist Charly sicher: Der Axtmörder hat wieder zugeschlagen. Sie ahnt, dass sie ihn nur mit Micks Hilfe enttarnen kann, doch sie hatte gute Gründe, seinerzeit den Kontakt abzubrechen. Wäre da nicht die Chance, vergangenes Unrecht wieder gutzumachen.


Petra Johann, Jahrgang 1971, ist promovierte Mathematikerin. Sie arbeitete mehrere Jahre in der Forschung und in der Softwarebranche, bevor sie ihre wahre Berufung fand: Menschen umbringen - wenn auch nur auf dem Papier. Petra Johann ist im Ruhrgebiet aufgewachsen, mittlerweile lebt sie in Bayern.
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Produkt

KlappentextSpannend, abgründig, überraschend - Petra Johann macht süchtig.
Drei Jahre ist es her, seit Kriminalkommissarin Charly Rumor ihren besten Freund und ehemaligen Kollegen Mick das letzte Mal gesehen hat. Damals jagten sie den sogenannten Axtmörder, der drei Frauen ermordet hatte. Die Ermittlungen endeten traumatisch, Mick musste den Polizeidienst quittieren.
Als im Stadtwald eine Frauenleiche gefunden wird, ist Charly sicher: Der Axtmörder hat wieder zugeschlagen. Sie ahnt, dass sie ihn nur mit Micks Hilfe enttarnen kann, doch sie hatte gute Gründe, seinerzeit den Kontakt abzubrechen. Wäre da nicht die Chance, vergangenes Unrecht wieder gutzumachen.


Petra Johann, Jahrgang 1971, ist promovierte Mathematikerin. Sie arbeitete mehrere Jahre in der Forschung und in der Softwarebranche, bevor sie ihre wahre Berufung fand: Menschen umbringen - wenn auch nur auf dem Papier. Petra Johann ist im Ruhrgebiet aufgewachsen, mittlerweile lebt sie in Bayern.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641160517
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum18.09.2015
Seiten544 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2877 Kbytes
Artikel-Nr.1704683
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Das vierte Opfer

Der Anruf kam gegen halb acht Uhr am Sonntagabend, als Erster Kriminalhauptkommissar Frank Quirin und seine Frau Backgammon spielten. Bea hatte gerade auf Acht verdoppelt und sich dann eine Champagnertrüffel in den Mund gesteckt. Jetzt schob sie sie in ihre linke Backe.

»Falls es eine Leiche ist, sag ihnen, du seist gerade unabkömmlich«, verlangte sie von ihrem Ehemann.

Frank konnte sie nur allzu gut verstehen. Acht Punkte würden Bea zum endgültigen Sieg verhelfen, und sie hatten verabredet - das heißt, Bea hatte bestimmt -, dass der Sieger der Backgammonpartie die Haushaltspflichten für die Woche einteilen durfte. Unter anderem standen ein Besuch beim TÜV und Kücheputzen auf dem Programm, und Bea hatte beim Abendessen schon verkündet, ihren Kopf lieber unter eine schmutzige Motorhaube als unter eine schmutzige Spüle stecken zu wollen.

»Es kann keine Leiche sein, zumindest nicht für mich«, entgegnete Frank entspannt und verschob zwei schwarze Steine. »Die MK1 hat Bereitschaft. Vermutlich ist es Tante Gerda.«

»Oh Gott, dann geh erst recht du dran.«

»Es ist deine Tante.«

»Aber sie will sowieso dich sprechen. Bestimmt steht wieder ein imaginärer Einbrecher in ihrem Bad.« Bea drückte sich aus ihrem Sessel hoch und reichte Frank das Telefon vom Sideboard. »Erzähl ihr einfach, dass sie den Kerl in den Duschvorhang wickeln und mit Klopapier verschnüren soll. Ich hole uns noch eine Flasche Wein.«

Sie verschwand in der Küche. Frank lehnte sich auf der Couch zurück und nahm das Gespräch an. Doch statt der aufgeregten, altjüngferlichen Stimme von Beas Patentante hörte er eine aufgeregte, tiefe, eindeutig männliche Stimme, die er im ersten Moment nicht identifizieren konnte, weil er noch nie erlebt hatte, dass der phlegmatische Kommissar Kurt Randerath vom Kriminaldauerdienst sich aufregte.

»Sag das noch mal langsamer«, verlangte Frank schließlich.

Am anderen Ende der Leitung atmete Kurt vernehmlich ein und aus. Dann rülpste er. »´tschuldigung. Ich bin etwas durch den Wind. Wir haben eine Leiche, weiblich, im Aachener Stadtwald. Eine Spaziergängerin hat sie vor einer Stunde entdeckt. Tötungsdelikt, kein Zweifel. Sie wurde erschlagen. Kannst du herkommen?«

Ich kann schon, dachte Frank, aber ich will nicht. Er sah auf das Spielbrett. Er hatte sich auf einen ruhigen Abend mit Bea und Backgammon gefreut. Oder mit Bea und einer Flasche Wein. Oder nur mit Bea. »Warum ich? Was ist mit Jens? Die MK1 ist dran.« Zur Aachener Kripo gehörten drei Mordkommissionen, die sich mit dem Bereitschaftsdienst abwechselten. Frank leitete die MK2.

»Er ist einverstanden. Ich habe mit ihm gesprochen. Er ist der Meinung, du sollst das übernehmen. Das finden wir beide.«

»Und warum?«

Am anderen Ende der Leitung entstand eine Pause. »Das würde ich dir lieber zeigen, wenn du hier bist.« Dann fügte Kurt hinzu: »Frank, du solltest wirklich dringend kommen.«

Frank überlegte kurz. »Nun gut, gib mir eine Viertelstunde. Wo ist es genau?« Er griff zum Notizblock mit dem Backgammonstand und notierte die Wegbeschreibung. Die Tote war am Rand des Stadtwaldes in der Nähe eines Wanderparkplatzes entdeckt worden. Frank kannte die Stelle, Bea und er waren dort schon spazieren gegangen.

»Die Jungs vom Erkennungsdienst sind schon informiert«, schloss Kurt. »Soll ich noch jemanden aus deinem Team anrufen?«

»Nein. Falls nötig, erledige ich das selbst.« Es reichte, wenn sein freier Sonntagabend ausfiel. Außer vielleicht ... »Du kannst Benny Bescheid sagen.« Kriminalkommissar Benjamin Kämpfer war der jüngste Neuzugang der MK2 und hatte bisher erst an einer Mordermittlung teilgenommen. »Bis gleich.« Frank stand auf und legte das Telefon auf die Basisstation.

Bea kam mit einer geöffneten Flasche Shiraz zurück. Sie warf ihm einen Blick zu. »Doch der Job?«

Frank antwortete nicht sofort. Sein Blick war auf eins der zahlreichen Fotos gefallen, die auf dem Sideboard standen. Frank und Bea hatten keine Kinder, doch viele Menschen, die ihnen nahestanden und die ihren Platz in einem der kunterbunt zusammengewürfelten Rahmen gefunden hatten. Frank starrte auf ein Hochzeitsbild, wenn auch auf ein reichlich unkonventionelles. Der Bräutigam hatte sein Jackett abgelegt, darunter trug er eine mit einem silbernen Drachen bestickte Weste. Er hatte sich seine Braut über die Schulter geworfen, sodass hauptsächlich ihr schmaler, in weiße Seide gehüllter Po zu sehen war. Er grinste breit in die Kamera, im Gesicht die pure Lebensfreude. Frank betrachtete das Bild, und plötzlich hatte er eine Ahnung, was er am Tatort vorfinden würde. Der Gedanke war so erschütternd, dass er ihm für einen Moment die Sprache raubte.

»Ich glaube eher, das war das Schicksal.«

Im Wald war es kalt und nass und ungemütlich. Die Tote lag auf der Seite auf einem Bett aus welken Blättern und abgebrochenen Zweigen. Die Stelle war nur wenige Meter von einem der Wege entfernt, die vom Wanderparkplatz wegführten, jedoch durch Büsche und Bäume vor den zufälligen Blicken Vorbeigehender verborgen. Ein Labrador, der seiner Nase folgte, hatte die Leiche aufgespürt und durch aufgeregtes Bellen sein Frauchen alarmiert. Dieses war, über Äste und Wurzeln stolpernd, in den Wald vorgedrungen, um den Hund zu holen. Sie hatte vor Sonnenuntergang zu Hause sein wollen, weil sie sich - wie sie Kurt Randerath später erklärte - bei Dunkelheit im Wald fürchtete. Doch was sie dann gesehen hatte, hatte ihr noch weit mehr Angst gemacht.

Mittlerweile herrschte finstere Nacht, doch der Fundort der Leiche war hell erleuchtet. Bevor er Frank anrief, hatte Kurt das THW alarmiert, und die Helfer hatten einen Lichtmastkraftwagen so nahe wie möglich an den Fundort herangefahren. Im Schein seiner 1000-Watt-Halogenstrahler glänzten die Blätter, die noch hier und dort an Büschen und Bäumen hingen. Die Stämme der Bäume warfen schmale Schattenstreifen auf die Szenerie. Ein solcher schwarzer Streifen fiel auch über die Beine der Toten, doch ihr Oberkörper war in kaltes Licht getaucht.

Frank musste nur einen kurzen Blick auf diesen Oberkörper werfen, um seine düsteren Ahnungen bestätigt zu sehen. Einen Augenblick stand er wie erstarrt, dann griff er zu seinem Handy und wählte die Nummer von Kriminalhauptkommissarin Charlotte Rumor. Er wartete ungeduldig und unterdrückte einen Fluch, als er auf die Mailbox umgeleitet wurde. Er sprach nur sechs Worte: »Charly, ruf mich an! Egal wann.«

Frank steckte das Handy wieder weg und wandte sich an Benjamin Kämpfer, der gleichzeitig mit ihm am Tatort eingetroffen war und wartend neben ihm auf dem Trampelpfad stand, den die Polizisten zu der Toten gebahnt hatten. Normalerweise hätte Frank sich jetzt Zeit für Benny genommen, schließlich war es erst dessen zweite Leiche. Stattdessen sagte er:

»Benny, ich will, dass du Charly findest und hierherbringst. Ich habe versucht, sie anzurufen, aber sie meldet sich nicht. Ich habe keine Ahnung, wo sie ist, aber ich will sie innerhalb der nächsten Stunde hierhaben. Verstanden?«

Benny sah ihn erstaunt an. »Aber Charly hat Urlaub.«

Das hatte Frank völlig vergessen. »Das ist mir egal.«

Bennys Kinderaugen rundeten sich noch mehr. »Aber vielleicht ist sie weggefahren.«

»Charly fährt nie weg. Also, ab mit dir! Ich brauche sie hier.«

»Aber wenn du nicht weißt, wo sie ist ...«

Frank riss der Geduldsfaden. »Benny, spar dir deine Aber«, schnauzte er. »Fahr zu ihr nach Hause. Sie wohnt in der Arndtstraße. Klingle. Wenn sie nicht da ist, frag die Nachbarn, wo sie sein könnte. Klappere alle möglichen Orte ab. Frag meinetwegen einen Polizisten oder auch deinen lieben Gott, aber schaff sie her.«

Er wusste, dass er übertrieben hatte, als sich Bennys Gesicht zu einer Grimasse aus Schmerz und Staunen verzog. Bevor er zur Polizei ging, hatte Benny in seiner Heimatstadt Köln zwei Semester Theologie studiert. Es gab Kollegen, die sich darüber lustig machten, aber Frank wäre das unter anderen Umständen nie eingefallen. »Entschuldige. Finde sie einfach, okay?«

Benny nickte, öffnete noch mal den Mund, überlegte es sich offenbar anders und verschwand. Frank schloss kurz die Augen, bevor er sich wieder zu der Toten umwandte.

Sieh sie dir an wie jede andere Leiche, sagte er sich im Stillen. Vergiss für jetzt die Implikationen. Vergiss die anderen.

Doch das gelang ihm nicht. Die Frau, die auf dem kalten, matschigen Waldboden lag, verschwamm vor seinen Augen. Dafür tauchte das Bild einer anderen Toten vor ihm auf. Und das Bild des Mannes, der sie in den Armen hielt. Seine geröteten starren Augen. Seine Zähne, die er fletschte wie ein wildes Tier. Und dann gellte Frank der Schrei dieses Mannes in den Ohren, und am liebsten hätte er sie zugehalten.

Kriminalkommissar Benjamin Kämpfer hatte schon zu Beginn seiner Ausbildung in Köln erkannt, dass das Schicksal ihm drei große Nachteile für eine Polizistenkarriere mit auf den Lebensweg gegeben hatte: Ein Posaunenengelgesicht, mit dem er aussah wie zwölf statt neunundzwanzig. Einen Kleine-Jungen-Vornamen, bei dem Kollegen unweigerlich an eine alberne Kindersendung dachten. Und die Neigung, in Stresssituationen hysterisch zu kichern. Gegen die Nachteile Nummer eins und drei hatte er bisher keine wirksamen Gegenmittel gefunden. Doch um wenigstens Nummer zwei zu beheben, hatte er sich vor einigen Wochen bei seinem Dienstantritt bei der Aachener Kripo mit Ben...


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