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Aller Anfang fällt vom Himmel

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am21.09.2015
Was geschieht, wenn eine junge Ausreißerin und
ein pedantischer Witwer aufeinanderprallen?
Korbinian Gerhard ist Lehrer und seit dem Tod seiner Frau allein lebend. Er ist kauzig, pedantisch und legt Wert darauf, die Dinge unter Kontrolle zu haben. Billa ist siebzehn, freiheitsliebend und rebellisch - und ohne Dach über dem Kopf, denn sie ist von zu Hause abgehauen. Als Korbinian sie an einem kalten Winterabend hungrig und krank auffindet, nimmt er sie widerwillig mit zu sich nach Hause. Dass seine sorgsam gehütete Ordnung damit bedrohlich ins Wanken gerät, bekommt er bald zu spüren: Billa fegt - nebst ihrer Entourage - wie ein Wirbelwind durch sein Leben und scheut sich nicht, alle vermeintlichen Gewissheiten auf den Kopf zu stellen. Und Korbinian staunt nicht wenig, als er sich plötzlich wiederfindet in dem großen Abenteuer, das man Freundschaft nennt ...

Veronika Peters, geboren 1966 in Gießen, verbrachte ihre Kindheit in Deutschland und Afrika. Im Alter von 15 Jahren verließ sie ihr Elternhaus, schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch und absolvierte eine Ausbildung zur Erzieherin. Sie arbeitete in einem psychiatrischen Jugendheim, bis sie Ende 1987 für zwölf Jahre aus dem sogenannten bürgerlichen Leben ausstieg und in eine Benediktinerinnenabtei eintrat. Von der Zeit, die sie dort lebte, handelt die autobiographische Erzählung »Was in zwei Koffer passt« (2007). Es folgten die Romane »An Paris hat niemand gedacht« (2009), »Das Meer in Gold und Grau« (2011), »Die Liebe in Grenzen« (2013) und »Aller Anfang fällt vom Himmel« (2015). In ihrem neuesten Roman »Die Dame hinter dem Vorhang« setzt sie der englischen Exzentrikerin Edith Sitwell ein Denkmal.
Veronika Peters ist verheiratet mit dem Schriftsteller Christoph Peters, hat eine Tochter und lebt als freie Autorin in Berlin.
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Produkt

KlappentextWas geschieht, wenn eine junge Ausreißerin und
ein pedantischer Witwer aufeinanderprallen?
Korbinian Gerhard ist Lehrer und seit dem Tod seiner Frau allein lebend. Er ist kauzig, pedantisch und legt Wert darauf, die Dinge unter Kontrolle zu haben. Billa ist siebzehn, freiheitsliebend und rebellisch - und ohne Dach über dem Kopf, denn sie ist von zu Hause abgehauen. Als Korbinian sie an einem kalten Winterabend hungrig und krank auffindet, nimmt er sie widerwillig mit zu sich nach Hause. Dass seine sorgsam gehütete Ordnung damit bedrohlich ins Wanken gerät, bekommt er bald zu spüren: Billa fegt - nebst ihrer Entourage - wie ein Wirbelwind durch sein Leben und scheut sich nicht, alle vermeintlichen Gewissheiten auf den Kopf zu stellen. Und Korbinian staunt nicht wenig, als er sich plötzlich wiederfindet in dem großen Abenteuer, das man Freundschaft nennt ...

Veronika Peters, geboren 1966 in Gießen, verbrachte ihre Kindheit in Deutschland und Afrika. Im Alter von 15 Jahren verließ sie ihr Elternhaus, schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch und absolvierte eine Ausbildung zur Erzieherin. Sie arbeitete in einem psychiatrischen Jugendheim, bis sie Ende 1987 für zwölf Jahre aus dem sogenannten bürgerlichen Leben ausstieg und in eine Benediktinerinnenabtei eintrat. Von der Zeit, die sie dort lebte, handelt die autobiographische Erzählung »Was in zwei Koffer passt« (2007). Es folgten die Romane »An Paris hat niemand gedacht« (2009), »Das Meer in Gold und Grau« (2011), »Die Liebe in Grenzen« (2013) und »Aller Anfang fällt vom Himmel« (2015). In ihrem neuesten Roman »Die Dame hinter dem Vorhang« setzt sie der englischen Exzentrikerin Edith Sitwell ein Denkmal.
Veronika Peters ist verheiratet mit dem Schriftsteller Christoph Peters, hat eine Tochter und lebt als freie Autorin in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641155629
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum21.09.2015
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse431 Kbytes
Artikel-Nr.1705218
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1

Ein kalter Herbststurm hatte die ganze Nacht über der Stadt getobt, und Korbinian Gerhard hatte schlecht und unruhig geschlafen. Dennoch schlug er wie an allen Werktagen der vergangenen Jahre auch an diesem Freitag um Punkt sieben die Decke zur Seite, sobald sein Wecker den ersten Ton von sich gegeben hatte. Er hob die Beine über die Bettkante, richtete sich langsam auf und blieb einen Moment still sitzen, damit der Kreislauf in die Gänge kam. Währenddessen glitten seine Füße in die Hausschuhe, die er am Vorabend bereitgestellt hatte: rechter Winkel zum Bett, parallel nebeneinander, exakt an der richtigen Stelle.

Er fühlte sich nur dann wohl, wenn alles um ihn herum verlässlich strukturiert war, wenn die Welt ihre Ordnung hatte, und sei es nur in Form perfekt positionierter Filzpantoffeln in der Morgenfrühe.

Der Tod seiner Frau Marie, die ihn von dem gerahmten Foto auf der Kommode im Flur verhalten anlächelte, lag sieben Jahre, elf Monate und neun Tage zurück, und er hatte sich so gut in der Gleichförmigkeit seines Witwer-Alltags eingerichtet, wie es eben möglich war.

Der einzige Mensch, der ihn noch gelegentlich auf einen Sonntagnachmittagstee besuchte, war seine jüngere Schwester Emilia, und das auch nur, weil es sich schlicht nicht verhindern ließ.

Nachdem seine Frau so völlig unerwartet gestorben war, hatte er sich das Alleinsein wie einen Mantel umgelegt, der ihn vor dem Mitleid und der Anteilnahme anderer schützte. Die bedeutungsvollen Blicke, das hilflose Gestammel, die Verlegenheit, mit der die Leute ihm begegneten, all das hatte das Unfassbare nur schlimmer gemacht. Kurz nach der Beerdigung hatte er deswegen alles darangesetzt, die Kümmerer und Möchtegerntröster so schnell wie möglich loszuwerden. Er hatte den Anrufbeantworter unbeachtet auf Dauerbetrieb laufen lassen, Kondolenzbriefe direkt zum Altpapier gegeben, wohlmeinende Helfer so lange unter fadenscheinigen Gründen abgewiesen, bis sie es aufgaben. Als endlich Ruhe eingekehrt war, begann er damit, sein Leben ohne Marie in den Griff zu bekommen, was nur und ausschließlich im Alleingang möglich gewesen war.

Seine freien Stunden und Tage verbrachte er seither am liebsten in seiner Wohnung. Er mochte es, endlos in den Kunstbildbänden zu blättern, die seine Regale füllten, sich in Klassiker oder Künstlerbiografien zu vertiefen, die Zeitung ohne Unterbrechung von der ersten bis zur letzten Seite zu lesen, Naturdokumentationen im Fernsehen anzuschauen, all diese angenehmen Dinge zu tun, bei denen die Anwesenheit anderer Menschen nur gestört hätte. Allenfalls ein Gang durch den Park konnte ihn freiwillig aus der Wohnung locken, wobei er auch da nie jemanden direkt ansah oder grüßte, um der Gefahr auszuweichen, in ein Gespräch verwickelt zu werden.

Es genügte ihm völlig, dass er vormittags in der Schule dazu gezwungen war, unablässig mit Kindern, Kollegen und Eltern umzugehen, aber das ließ sich nun mal nicht ändern, wenn er nicht in Frührente gehen wollte.

Alleinsein und Ordnung, das waren die beiden Pfeiler, auf denen Korbinians Existenz als Witwer bis zu diesem vierzehnten November aufgestellt war, Alleinsein und Ordnung hielten ihn beieinander, und genauso wäre es bis an sein Lebensende geblieben, wenn er selbst zu bestimmen gehabt hätte.

Korbinian löste seinen Blick von dem Foto seiner Frau und ging ins Bad. Im Spiegel betrachtete er sein fahles Gesicht, die Tränensäcke unter den Augen, das schütter werdende Haar. Bis dass der Tod euch scheidet. Sie würden einander nie altern sehen.

»Alles um uns herum verändert sich. Nur du nicht«, hatte Marie wenige Tage vor der Katastrophe zu ihm gesagt, und er hatte das damals als Kompliment genommen. An diesem Morgen aber, als ihm ihre Worte und deren mögliche Bedeutung wieder einmal durch den Kopf gingen, war er sich nicht mehr hundertprozentig sicher, ob er sie richtig interpretiert hatte. Und diese Unsicherheit irritierte ihn mehr, als er für möglich gehalten hätte.

Er wusch und rasierte sich, ging danach in die Küche, um sich sein Frühstück zuzubereiten. Zwei Eier der Größe M in der Pfanne verrührt, eine Scheibe Graubrot mit Butter, zwei Tassen Filterkaffee, ohne Milch und ohne Zucker, wie an jedem einzelnen Morgen seit bald acht Jahren.

Als Marie noch am Leben gewesen war, hatte morgens immer sie den Tisch gedeckt, während er noch beim Rasieren gewesen war, und Eier hatte es nur sonntags gegeben wegen des Cholesterinspiegels. Vielleicht war auch der sich damals schon bei ihm abzeichnende Bauch der Grund gewesen, und seine Frau hatte es nur taktvoller auszudrücken versucht.

Während er darüber nachdachte, wandte er sich mit der Pfanne in der Hand vom Herd zum Küchentisch, um sein Ei neben das geschmierte Brot auf den Teller rutschen zu lassen, nahm dabei etwas zu viel Schwung und verfehlte den Teller knapp. Die Eiermasse klatschte mit einem unappetitlichen Schmatzen auf den Küchenboden.

Korbinian schüttelte den Kopf und griff zum Lappen. Wenn etwas durcheinandergeriet, musste man es eben wieder in die Ordnung zurückführen, und dieses kleine Missgeschick hier war leicht zu bereinigen.

Nachdem er die Eierreste in den Mülleimer entsorgt und den Boden gesäubert hatte, verließ er trotz des Malheurs pünktlich um sieben Uhr dreißig das Haus.

Korbinian stemmte sich gegen den immer noch mächtig wehenden Wind. Er drückte mit der einen Hand seine alte Aktentasche an die Brust, verhinderte mit der anderen, dass der Hut weggeblasen wurde, und war erleichtert, als er keine zwanzig Minuten später heil das Schultor passierte.

In den ersten beiden Stunden hatte er die 3b während einer Deutscharbeit zu beaufsichtigen, eine angenehm ruhige Tätigkeit. Im Anschluss war die 4a außerplanmäßig während der Pause davon abzuhalten, die Einrichtung des Klassenzimmers zu zerlegen, da aufgrund des stürmischen Wetters alle Schüler in den Räumen zu bleiben hatten. Eine notwendige Sicherheitsmaßnahme, wie im Auftrag von Direktorin Schmalenberg über die Lautsprecheranlage verkündet worden war. Korbinian ließ die Kinder ihre Frühstücksbüchsen auspacken, bat um Zimmerlautstärke und widmete sich selbst seinem täglichen Apfel.

Nach etwa sieben Minuten Sicherheitsmaßnahme kippte ein dickliches Mädchen mit strähnigem, aschblondem Haar seitlich mit seinem Stuhl um, knallte dabei gegen den Nachbartisch und blutete derart heftig aus der Nase, dass Korbinian sein bestes Stofftaschentuch opfern musste. Weil sich spontan kein Freiwilliger finden ließ, begleitete er die weinende Schülerin persönlich zur weiteren medizinischen Versorgung ins Sekretariat, obwohl das hieß, die Verantwortung für die im Raum verbleibenden Kinder dem zuständigen Klassensprecher zu übertragen, einem Professorensohn, den er für einen intriganten und gefallsüchtigen Streber hielt. Zehn Minuten später musste er dann die empörte Rede der herbeigeeilten und von verletzter Aufsichtspflicht faselnden Mutter über sich ergehen lassen. Die Frau war trotz des verkniffenen Gesichtsausdrucks von derart makelloser Eleganz, dass ihm das dicke hässliche Mädchen daneben selbst dann von Herzen leidgetan hätte, wenn es gerade nicht verheult und blutbeschmiert gewesen wäre. Sie sei Anwältin, verkündete die Mutter, und die Zustände an dieser Schule seien ihr schon lange ein Dorn ihm Auge, ihre Henriette sehe sie tagtäglich den übelsten Nachstellungen ausgesetzt, Mobbing sei das, ein ganz klarer Fall, aber niemand unternehme etwas zum Schutz des Kindes, ein Skandal, und so weiter. Korbinian ließ die Tirade an sich vorbeirauschen, während er sich auf etwas Angenehmes zu konzentrieren versuchte, eine Blumenwiese von Monet zum Beispiel.

Als der Dame angesichts seiner gleichbleibend lächelnden Gesprächsverweigerung nichts mehr einfiel, worüber sie sich beschweren konnte, verstummte sie jäh, und er sah seinen Einsatz gekommen. Mit wenigen, aber warmherzig und verständnisvoll klingenden Worten versprach er, in Zukunft ganz besonders auf das Wohlbefinden der lieben Henriette zu achten, und schickte mit dem nächsten Satz Mutter und Kind samt schuleigenem Eisbeutel in dessen Genick zur weiteren Genesung nach Hause. Die Anwältin nahm das indigniert, aber widerspruchslos hin, bejahte Korbinians Bitte, im Fall eines Arztbesuchs der Schule umgehend Meldung zu machen, und wünschte beim Hinausgehen halbwegs versöhnt einen guten Tag.

Die Sekretärin, vor deren Schreibtisch sich die Szene abgespielt hatte, seufzte auf und sagte: »Herr Gerhard, was hätte ich nur mit dieser grässlichen Person gemacht, wenn Sie nicht bei mir gewesen wären?!« Dabei flammte über ihre Wangen ein so tiefes Rot, dass Korbinian sich wunderte.

»Ach was, Frau Schütz, Sie hätten das auch gut ohne mich hingekriegt«, murmelte er und kehrte in seine Klasse zurück.

Nun reicht es für heute aber wirklich, sonst erwäge ich ernsthaft die Frührente, dachte er, nachdem er das Gepetze des Strebers ignoriert und die aufgeregte 4a mit einem Kurzdiktat, das um einiges über den allgemeinen Leistungsanforderungen lag, wieder zur Ruhe gebracht hatte.

Als er gegen vierzehn Uhr erschöpft, aber mit der Aussicht auf ein entspanntes, stilles Wochenende das Schulgebäude verließ, schlug Korbinian wie üblich den Weg zu Bolles Ochsenglück ein.

Er trat in den schlicht eingerichteten Schankraum, grüßte den glatzköpfigen Wirt mit Handzeichen und schob das »Reserviert«-Schild auf einem kleinen Tisch am äußersten Ende des Raums beiseite, um seinen angestammten Platz hinter einer mannshohen Zimmerlinde einzunehmen. Ohne dass er eigens bestellen musste, wurde ihm eine Viertelstunde später das Tagesgericht mit einer kleinen Apfelschorle serviert,...

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Veronika Peters, geboren 1966 in Gießen, verbrachte ihre Kindheit in Deutschland und Afrika. Im Alter von 15 Jahren verließ sie ihr Elternhaus, schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch und absolvierte eine Ausbildung zur Erzieherin. Sie arbeitete in einem psychiatrischen Jugendheim, bis sie Ende 1987 für zwölf Jahre aus dem sogenannten bürgerlichen Leben ausstieg und in eine Benediktinerinnenabtei eintrat. Von der Zeit, die sie dort lebte, handelt die autobiographische Erzählung »Was in zwei Koffer passt« (2007). Es folgten die Romane »An Paris hat niemand gedacht« (2009), »Das Meer in Gold und Grau« (2011), »Die Liebe in Grenzen« (2013) und »Aller Anfang fällt vom Himmel« (2015). In ihrem neuesten Roman »Die Dame hinter dem Vorhang« setzt sie der englischen Exzentrikerin Edith Sitwell ein Denkmal.
Veronika Peters ist verheiratet mit dem Schriftsteller Christoph Peters, hat eine Tochter und lebt als freie Autorin in Berlin.