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Die chinesische Schrift

Geschichte, Zeichen, Kalligraphie
Verlag C.H.Beckerschienen am01.07.2015
Die chinesische Schrift fasziniert durch ihre Fremdheit, ihr Alter und ihre Schönheit. Thomas Höllmann erklärt, wie sie entstanden ist, wie die Zeichen aufgebaut sind und wie man diese liest. Er erläutert, warum sich Chinesen unter Umständen besser schriftlich als mündlich verständigen können und welche Rolle chinesische Zeichen in Japan und Korea spielen. Nicht zuletzt geht es um die unterschiedlichen Schreibtechniken, von der Kalligraphie mit Tusche und Pinsel über den frühen Buchdruck bis hin zur modernen Textverarbeitung.

Thomas O. Höllmann ist Professor für Sinologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR8,95

Produkt

KlappentextDie chinesische Schrift fasziniert durch ihre Fremdheit, ihr Alter und ihre Schönheit. Thomas Höllmann erklärt, wie sie entstanden ist, wie die Zeichen aufgebaut sind und wie man diese liest. Er erläutert, warum sich Chinesen unter Umständen besser schriftlich als mündlich verständigen können und welche Rolle chinesische Zeichen in Japan und Korea spielen. Nicht zuletzt geht es um die unterschiedlichen Schreibtechniken, von der Kalligraphie mit Tusche und Pinsel über den frühen Buchdruck bis hin zur modernen Textverarbeitung.

Thomas O. Höllmann ist Professor für Sinologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406682919
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum01.07.2015
Seiten128 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse10018
Artikel-Nr.1814188
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;Cover;1
2;Titel;3
3;Impressum;4
4;Inhalt;5
5;Vorwort;7
6;1. Inspiration und Drill;9
6.1;Viele Sprachen, eine Schrift;9
6.2;Privilegien und Defizite;15
6.3;Der Schrifterwerb;21
7;2. Die Schrift;24
7.1;Historische Grundzüge;25
7.2;Die Zeichenstruktur;35
7.3;Wörterbücher;39
8;3. Erfindungsgeist und Leidenschaft;44
8.1;Bambus und Seide;44
8.2;Das Papier;48
8.3;Tusche und Pinsel;52
9;4. Der Buchdruck und seine Folgen;60
9.1;Die Wegbereiter;60
9.2;Druckverfahren;64
9.3;Büchernarren und Zensoren;69
9.4;Amtsblätter und Zeitungen;73
9.5;Kommunikation im 21. Jahrhundert;75
10;5. Import - Export;77
10.1;Die Schriften der anderen;77
10.2;Lehnwörter und Übersetzungen;83
10.3;Die chinesische Schrift als Vorbild;85
10.4;Der Weg nach Korea und Japan;87
11;6. Kalligraphie;93
11.1;Die Macht der Zeichen;94
11.2;Schrift als Kunst;99
11.3;Schrift, Bild, Performance;105
11.4;Zeichen der Macht;110
12;Hinweise zur Aussprache;115
13;Chinesische Dynastien;116
14;Karte;118
15;Literatur;119
16;Bildnachweis;125
17;Personenregister;127
18;Farbabbildungen;129
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Leseprobe
1. Inspiration und Drill

Man sieht sie vor allem in den Parks der großen Städte: kleine Gruppen von Männern und Frauen, die mit Kübeln ausgestattet sind, aus denen sie Wasser entnehmen, um mit großen Pinseln - notfalls auch Schrubbern - weithin sichtbare Schriftzeichen auf das Pflaster zu malen. Und dann wird oft leidenschaftlich über die ästhetische Qualität dieser Kalligraphie diskutiert. Aber nie lange; denn das Wasser trocknet rasch, und jedes Werk trägt von Anfang an den Keim der Vergänglichkeit in sich. Die Schrift ist in China auch in anderen Zusammenhängen ein beliebter Gesprächsstoff. Sie hat eine starke Kohäsionswirkung und ist vielleicht sogar das sichtbarste Symbol nationaler Identität. Es gibt aber darüber hinaus ganz praktische Gründe dafür, dass die Einführung des lateinischen Alphabets nie eine realistische Chance hatte und im Fernsehen fast jeder Beitrag mit Untertiteln versehen ist.
Viele Sprachen, eine Schrift

Auch wenn in China gerne der Eindruck kultureller Homogenität und Kontinuität vermittelt wird, spielt das Nebeneinander regionaler Traditionen bis heute eine mindestens ebenso wichtige Rolle wie die staatlich verordnete Einheit. Ähnlich verhält es sich mit der sprachlichen Vielfalt: nicht nur im Hinblick auf die ethnischen Minderheiten, die sich beispielsweise auf Uigurisch, Mongolisch oder Tibetisch verständigen, sondern auch in Bezug auf die Han, die mit 91,5 Prozent die Bevölkerungsmehrheit im Lande bilden. Zwar fehlt es keineswegs an Argumenten für die Zusammenfassung der bei ihnen gebräuchlichen (sinitischen) Sprachen unter der Bezeichnung «Chinesisch», doch vermittelt die Begriffswahl - bewusst oder unbewusst - eine Geschlossenheit, die sich mit der Alltagsrealität nur bedingt in Einklang bringen lässt.


Die wichtigsten sinitischen Sprachen


So gibt es neben dem ursprünglich nur im Norden geläufigen Mandarin, das zunächst durch die Beamten und später durch Rundfunk und Fernsehen fast im ganzen Land verbreitet wurde, mindestens noch sechs weitere untereinander nicht verständliche Sprachen, die immerhin von 29 Prozent der Han als erstes Kommunikationsmittel verwendet werden.

Die Unterschiede zwischen den einzelnen Sprachen und ihren Varietäten sind enorm. Vergleicht man beispielsweise Kantonesisch und Mandarin, dann betrifft das die Syntax (Abfolge direktes und indirektes Objekt, Stellung des Adverbs), noch mehr aber die Phonetik. So ist die Zahl der zur Verfügung stehenden Silben (rund 630 im Kantonesischen, nur wenig über 400 im Mandarin) vergleichsweise gering, was eine Fülle von Homonymen, also gleichlautenden Wörtern, zur Folge hat.

Uneinheitlich ist auch die Zahl der Töne, die die Bedeutungsvielfalt begrenzen: bis zu neun im Kantonesischen, im Mandarin lediglich vier. Diese lassen sich wie folgt unterscheiden: 1. Ton: konstant hoch; 2. Ton: stetig steigend (fragend); 3. Ton: erst fallend, dann steigend; 4. Ton: abrupt abfallend (befehlend). Sie können in manchen Umschriften - wie in der inzwischen weit verbreiteten Pinyin-Transkription - mit Hilfe von Diakritika angezeigt werden, die über den Vokalen platziert sind: Makron (mÄ), Akut (má), Hatschek (mÇ) und Gravis (mà). Dennoch bleiben viele Wörter übrig, die jeweils exakt die gleiche Aussprache (einschließlich des identischen Tons) haben, aber unterschiedliche Bedeutungen, die im Gespräch nur über den Kontext erschlossen werden können.


Schriftzeichen mit der Aussprache yi (kleine Auswahl)



Homonyme im Mandarin (kleine Auswahl aus einem gängigen Wörterbuch)



Bedeutungsspektrum des Zeichens shu im «klassischen» Chinesisch


Zwar sind die Besonderheiten der einzelnen sinitischen Sprachen nicht ohne Auswirkungen auf die jeweils gebräuchlichen Zeichen, doch ist die Zahl der Abweichungen erstaunlich gering. Daher sind Texte im Prinzip für alle Han gleichermaßen verständlich, auch wenn sich die Menschen verbal nicht untereinander verständigen können.

Allerdings ist auch die Schrift keineswegs immer eindeutig. Das liegt zunächst einmal an der semantischen Breite der Zeichen. So lässt sich das Zeichen hui als Substantiv unter anderem wie folgt übersetzen: Treffen , Sitzung , Versammlung , Konferenz , Verein , Vereinigung , Feierlichkeit , Gelegenheit , Verständnis , Fähigkeit , Fertigkeit , Möglichkeit und Augenblick . Hinzu kommen freilich noch Verwendungen als Verb (z.B. begegnen , verstehen , können , freihalten ), Adjektiv (z.B. möglich ) oder Adverb (z.B. möglicherweise ).

Es gibt weder Deklination noch Konjugation. Numerus und Tempus sind, wenn überhaupt, lediglich durch den Kontext zu erschließen. Einzelne Zeichen weisen überdies eine phonetische Variabilität auf, so dass unterschiedliche Lesungen - zuweilen auch nur abweichende Töne - zumeist mit Sinnabweichungen einhergehen.


Schriftzeichen mit unterschiedlichen Aussprachen und Bedeutungen im Mandarin



Schriftzeichen mit unterschiedlichen Tönen und Bedeutungen im Mandarin



Substantive mit dem Zeichen shu am Anfang


Im Übrigen waren Texte über rund drei Jahrtausende hinweg meist nicht einfach nur schriftliche Umsetzungen des gesprochenen Worts. Das lag zum einen an der Behandlung unterschiedlicher Themen, zum anderen aber auch an deutlichen Abweichungen in der Grammatik. Zudem spielten Wörter, die sich aus zwei und mehr Silben zusammensetzten, in Buch und Zeitung eine weit geringere Rolle als in der mündlichen Erörterung.

Zwar gab es Literaturgattungen wie den Roman, die schon in der Kaiserzeit umgangssprachliche Elemente als Stilmittel nutzten, doch ist die zeitliche Trennlinie zwischen «klassischem» und «modernem» Chinesisch relativ klar zu ziehen. Sie verläuft im ersten Jahrzehnt nach der Revolution von 1911, als Intellektuelle Reformen einforderten, die ihnen nicht zuletzt den Zugang zu weiteren Teilen der Bevölkerung erleichtern sollten. Heute ist die im «klassischen» Chinesisch zumindest als Prinzip gültige Gleichsetzung von einem Wort, einer Silbe und einem Zeichen weitgehend aufgebrochen, und zusammengesetzte Begriffe sind in der Schrift beinahe so häufig wie in der Sprache.

Die beiden umfangreichsten Wörterbücher enthalten derzeit 85.568 (Zhonghua zihai) und 106.230 (Yitizi zidian) Zeichen. Allerdings ist die Anzahl der darin aufgeführten Schreibvarianten extrem hoch, der wirkliche Bestand deutlich niedriger. Ein gängiges chinesisch-deutsches Nachschlagewerk (Xin Han De zidian) kommt mit rund 6000 Zeichen aus, unter die mehr als 70.000 Komposita eingeordnet sind. Das dürfte in etwa dem Wortschatz eines gebildeten Chinesen mit Hochschulabschluss entsprechen.
Privilegien und Defizite

Bis zum 20. Jahrhundert war der Umgang mit der Schrift im Allgemeinen Männersache und eng an die Herkunft und an das soziale Umfeld gebunden. Solide Kenntnisse gehörten insbesondere zum Selbstverständnis all jener, die den Bildungseliten angehörten und ihr Glück in einer Karriere bei Hofe suchten. Zwar konnte eine Laufbahn im Staatsdienst auch durch die Abstammung aus einer einflussreichen Familie, durch die Hilfe mächtiger Förderer oder durch finanzielle Zuwendungen ermöglicht werden, doch bildeten gestaffelte Examina das Kernstück der Beamtenrekrutierung.

Hierzu waren im Prinzip fast alle Männer zugelassen, vorausgesetzt sie verfügten über Kenntnisse, die nur unter jahrelanger intensiver Betreuung erlangt werden konnten. Fachwissen, das für die Kandidaten bei der Ausübung ihrer späteren Tätigkeit nützlich gewesen wäre, wurde dabei nicht unbedingt abgefragt; lediglich in hierarchisch nachgeordneten Ausbildungen galt es, juristischen, medizinischen, ökonomischen oder geographischen Sachverstand nachzuweisen. Ansonsten kam es fast ausschließlich darauf an, philosophische und literarische Themen nach einem starren Muster aufbereiten zu können.


Der Beamtenhierarchie entspricht am Firmament die Position der Gestirne, auf Erden der Verlauf von Flüssen und Gebirgen. Die Wahl kann [somit nur] auf Männer fallen, die über himmlische Vollkommenheit verfügen und Einsicht in menschliches Handeln haben. Nur dann wird ihnen auf Grundlage ihrer Fähigkeiten ein Amt verliehen und ein entsprechender Aufgabenbereich zugewiesen. (Wang Rong, zitiert im Wenxuan, 531, Kap. 36)


Riesig war freilich die Zahl derer, denen der Erfolg verwehrt blieb: sei es, weil sie die extrem anspruchsvollen Prüfungen nicht bestanden, sei es, weil sie in Ermangelung der nötigen Protektion auf drittrangigen Posten in der Provinz versauerten oder weil sie rechtzeitig feststellten, dass sie sich nicht völlig verbiegen lassen wollten. Zudem erhielten die Beamten in dem stets relativ klein gehaltenen Verwaltungsapparat keineswegs üppige...
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