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The Diviners - Die dunklen Schatten der Träume

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
704 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am18.12.20151. Auflage
Wenn Träume tödlich sind New York, 1927: Während Evie O'Neill durch ihre besonderen Fähigkeiten zur landesweiten Berühmtheit wurde, braut sich das Unheil zusammen: Mehr und mehr Leute fallen einer mysteriösen Schlafkrankheit zum Opfer. Die Ärzte sind ratlos. Jetzt ruht alle Hoffnung auf den Diviners, denn sie können in die Träume anderer Menschen eindringen und der Krankheit so hoffentlich auf den Grund gehen. Doch was sie dort vorfinden, übersteigt ihre schlimmsten Befürchtungen ...

Libba Bray ist in Texas aufgewachsen und lebt heute in New York. Unter anderem ist sie Autorin der Trilogie >Der geheime ZirkelOhne. Ende. Leben.Diviners<-Reihe.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR21,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR15,99

Produkt

KlappentextWenn Träume tödlich sind New York, 1927: Während Evie O'Neill durch ihre besonderen Fähigkeiten zur landesweiten Berühmtheit wurde, braut sich das Unheil zusammen: Mehr und mehr Leute fallen einer mysteriösen Schlafkrankheit zum Opfer. Die Ärzte sind ratlos. Jetzt ruht alle Hoffnung auf den Diviners, denn sie können in die Träume anderer Menschen eindringen und der Krankheit so hoffentlich auf den Grund gehen. Doch was sie dort vorfinden, übersteigt ihre schlimmsten Befürchtungen ...

Libba Bray ist in Texas aufgewachsen und lebt heute in New York. Unter anderem ist sie Autorin der Trilogie >Der geheime ZirkelOhne. Ende. Leben.Diviners<-Reihe.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423428156
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum18.12.2015
Auflage1. Auflage
Seiten704 Seiten
SpracheDeutsch
IllustrationenFormat: EPUB
Artikel-Nr.1814502
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
DIE STADT UNTER DER STADT

New York City, 1927

Alle Städte sind Geister.

Neue Gebäude entstehen über den Gebeinen der alten, sodass jeder glänzende Stahlträger, jedes Backsteinhochhaus die Erinnerung an das, was nicht mehr da ist, in sich trägt - ein architektonischer Spuk.

Manchmal lässt sich ein flüchtiger Einblick in dieses frühere Leben erhaschen: in dem verborgenen Winkel einer Straße, an einem filigran verzierten Tor, einer alten Eichentür, die aus einer neuen Hausfassade hervorschaut, oder einer Gedenktafel, die an eine Stelle erinnert, an der sich einst ein Schlachtfeld befand, dann ein Saloon errichtet und inzwischen ein Park angelegt wurde.

Im Untergrund verhält es sich nicht anders.

Unter den Straßen wächst die Stadt. U-Bahn-Gleise drängen bis nach Brooklyn, Queens und in die Bronx vor. Tunnel verbinden einen Ort mit dem anderen, das Mögliche mit dem Unmöglichen. So viele Menschen, die befördert werden müssen. Aber das Streben der Stadt beschränkt sich nicht auf die Oberfläche. Das schrille Wimmern der Bohrmaschinen und das Klirren der Spitzhacken begleiten die Arbeiter, die das Gestein für einen neuen U-Bahn-Tunnel aus dem Weg schaffen. Schweiß bindet Staubschichten an die Körper der Männer, bis sich schwer sagen lässt, wo sich die Grenze zwischen ihnen und der Finsternis befindet. Der Bohrer frisst sich nur häppchenweise durch das Grundgestein. Die Arbeit der Männer ist hart und mühselig. Dann, plötzlich, brechen sie zu schnell durch.

»Achtung! Aufgepasst - jetzt!«

Ein Erdwall stürzt ein. Die Männer husten und husten, ersticken fast an der staubgeschwängerten Luft. Einer von ihnen, ein irischer Einwanderer namens Padriac, wischt sich mit seinem schmutzigen Unterarm über die Stirn und starrt in das große Loch, das der Bohrer hinterlassen hat. Auf der anderen Seite befindet sich ein hohes schmiedeeisernes Tor, das längst dem Rost anheimgefallen ist: eines der Geister aus einer vergangenen Zeit. Padriac leuchtet mit seiner Grubenlampe durch die Gitterstäbe und der rostige Belag scheint auf wie das getrocknete Blut einer alten Wunde.

»Jetzt seht euch das an«, sagt er und grinst die anderen an. »Dahinter könnte was von Wert stecken.«

Er zieht an dem rostigen Tor, es öffnet sich quietschend, und dann stehen die Männer in dem staubigen Gewölbe eines vergessenen Teils der Vergangenheit dieser Stadt. Der Ire lässt den Strahl seiner Lampe durch den gruftähnlichen Raum gleiten und pfeift durch die Zähne: Der Blick öffnet sich auf Holzverkleidungen, grau von Spinnweben, auf verschüttete Fliesenmosaike, auf eine Laterne, die bedrohlich von einem geknickten Mast herabbaumelt. Ein Eisenbahnwaggon steht da, halb begraben unter einem Berg von Schutt. Seine Räder stehen schon lange still, und doch kommt es den Arbeitern im Dunkeln beinahe so vor, als könnten sie das leise schleifende Geräusch von Metall auf Metall in der konservierten Luft des Gewölbes nachklingen hören. Padriac verfolgt die Gleise mit dem Strahl seiner Lampe bis ganz nach hinten zu einem stillgelegten Tunnel. Die Männer treten näher heran und spähen in die Finsternis. Ihnen ist, als starrten sie in das klaffende Maul der Hölle, dessen Zunge die Gleise sind. Der Tunnel scheint sich ins Unendliche auszudehnen, doch das gaukelt ihnen nur die Dunkelheit vor.

»Was da wohl drin is?«, sagt Padriac.

»Ne Flüsterkneipe, is doch klar«, erwidert Michael, einer der Männer, und kichert in sich hinein.

»Das wär´s. Einen Drink könnt ich vertragen«, scherzt Padriac. Er geht in den Tunnel, noch immer voller Hoffnung auf einen verschollenen Schatz. Die anderen Arbeiter folgen ihm. Diese Männer sind die unsichtbaren Erbauer der Stadt, selbst fast schon Geister, und sie haben keinen Grund, die Dunkelheit zu fürchten.

Nur Sun Yu zögert. Eigentlich hasst er die Dunkelheit, aber er ist angewiesen auf diese Arbeit, und an Arbeit ist schwer ranzukommen, wenn man Chinese ist. Er hat sie ohnehin nur ergattert, weil er sich ein Zimmer mit Padriac und ein paar anderen in Chinatown teilt und der Ire beim Boss ein gutes Wort für ihn eingelegt hat. Jetzt einen Rückzieher zu machen, wäre keine gute Idee. Also folgt auch er Padriac. Als Sun Yu sich einen Weg durch die herabgefallenen Schutt- und Gesteinshaufen auf den Gleisen bahnt, stolpert er plötzlich über etwas. Padriac schwenkt seine Lampe herum und entdeckt eine hübsche kleine Spieldose mit einer Handkurbel auf dem Deckel. Er hebt sie auf und bestaunt die kunstvolle Verarbeitung. So was wird heute nicht mehr hergestellt. Er dreht an der Kurbel und leise klimpernd erklingt eine Melodie. Er hat sie schon mal irgendwo gehört, es ist ein altes Lied, aber er weiß nicht mehr, wann und wo.

Er überlegt, ob er die Spieldose mitnehmen soll, doch dann legt er sie wieder auf den Boden zurück. »Schauen wir erst mal, was es hier unten noch für Schätze gibt.«

Padriac schwenkt seine Grubenlampe weiter, bis ihr Strahl auf das Skelett eines Fußes fällt. Vor ihm liegt eine mumifizierte Leiche, großteils zerfressen von Verwesung, den Ratten und der Zeit. Die Männer werden still. Sie starren auf die Haarbüschel, die dünn wie Zuckerwatte sind, und auf den wie zu einem letzten Schrei aufgerissenen Mund. Einige Männer bekreuzigen sich. Vieles haben sie zurückgelassen, um in dieses Land kommen zu dürfen, aber ihren Aberglauben nicht.

Sun Yu ist beklommen zumute, doch im Englischen fehlen ihm die Worte, mit denen er den anderen seine Gefühle mitteilen könnte. Mit dieser Frau hat es ein böses Ende genommen. Wäre er in China, er würde für angemessene Gebete und ein Begräbnis sorgen. Denn dort weiß jeder, dass eine Seele ohne diese Rituale keine Ruhe finden kann. Aber hier ist Amerika. Und hier ist alles anders.

»Pech gehabt«, sagt er schließlich, und keiner widerspricht ihm.

»Wir machen dann wohl besser weiter, Jungs«, sagt Padriac mit einem tiefen Seufzer.

Die Männer drängen aus dem Gewölbe. Als Padriac das Tor schließt, wirft er noch einen bedauernden Blick auf die von ihnen entdeckte Bahnstation. Bald schon wird es sie nicht mehr geben, wird sie zerstört werden, um neuen U-Bahn-Linien für die wachsende Stadt Platz zu machen. Der Fortschritt schreitet immer weiter fort.

»Eine Schande«, sagt er.

Nur wenige Augenblicke später verschmilzt das Dröhnen der Presslufthammer mit dem stetigen Geratter der U-Bahnen; der Gesang der Stadt hallt in den Tunneln wider. Plötzlich wird das Licht der Arbeitsleuchten schwächer. Die Männer halten inne. Ein Windstoß weht durch den Tunnel und streicht zart über ihre schweißbedeckten Gesichter. Er trägt ein leises Weinen mit sich und dann ist es vorbei. Die Lichter werden wieder hell. Die Männer zucken mit den Achseln - solch sonderbare Dinge ereignen sich nun einmal in der Stadt unter der Stadt. Sie nehmen ihre Arbeit wieder auf; ihre Maschinen fressen sich in das Erdreich und begraben dabei die Vergangenheit.

Später kehren die Männer erschöpft nach Chinatown zurück und steigen die Treppen zu ihrem Mehrbettzimmer hinauf. Sie fallen mit eingerissenen, schmutzverkrusteten Fingernägeln in ihre Betten. Sie sind zu müde, um sich noch zu waschen, nicht aber, um zu träumen. Denn auch die Träume sind Geister, Sehnsüchte, denen wir im Schlaf nachjagen, bis sie am Morgen dann verschwinden. Das Verlangen dieser Träume lockt die Toten an, und die Stadt birgt viele Träume.

Die Männer träumen von der Spieldose und ihrer Melodie, einem Relikt aus längst vergangenen Tagen.

»Beautiful dreamer, wake unto me / Starlight and dewdrops are waiting for thee ...«

Die Melodie geht ihnen ins Blut, trägt sie fort in die schönsten Träume, die sie jemals hatten - Träume, in denen sie über Tage sind, Männer mit Vermögen und Ansehen, Männer, die über Besitz verfügen, in einem Land, das zu Besitzerwerb anspornt. Michael träumt von einem eigenen Bauunternehmen. Padriac von einer Pferdefarm auf dem Land. Sun Yu träumt davon, als wohlhabender Mann in sein Dorf zurückzukehren und den Stolz in den Gesichtern seiner Eltern zu sehen, wenn er sie nach Amerika holt, samt einer Frau für sich. Ja, einer Frau, mit der er die Beschwerlichkeiten und Freuden des Lebens in diesem Land teilen kann. Er sieht, wie sie ihn anlächelt. Was für ein reizendes Gesicht! Und das da neben ihr sind seine Kinder? Tatsächlich! Glückliche Kinder, die ihn nach getaner Arbeit mit seinen Hausschuhen, seiner Pfeife und glücklichen »Baba!«-Rufen zu Hause willkommen heißen und um eine Gutenachtgeschichte betteln.

Sun Yu streckt den Arm nach seinem jüngsten Kind aus und sein Traum zerfällt zu glühender Asche. Nur das Dunkel des Tunnels, den sie vorhin entdeckt haben, umgibt ihn noch. Sun Yu ruft laut nach seinen Kindern und hört leises Wimmern. Es bricht ihm das Herz.

»Nicht weinen«, versucht er sie zu trösten.

Ein Funken glimmt in der Finsternis auf. Einige Sekunden lang erwacht Sun Yus lang ersehntes Familienleben wieder zum Leben, so als ob er durch ein Schlüsselloch auf sein Glück spähen würde. Eins seiner Kinder lockt ihn mit gekrümmtem Finger zu sich her und lächelt.

»Träum mit mir ...«, flüstert der Knabe.

Ja, denkt Sun Yu. Er öffnet eine Tür und tritt über ihre Schwelle.

Drinnen ist es kalt, so kalt, dass Sun Yu es selbst im Schlaf spürt. Der Ofen ist nicht angezündet, das ist das Problem. Sun Yu geht weiter und begreift, dass der Ofen kein wirklicher Ofen ist. Er verschwimmt, und unter diesem Traumbild sieht Sun Yu alte...
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