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Sie haben Ihr Baby am Airport vergessen

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
224 Seiten
Deutsch
Edel Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppeerschienen am09.03.20151. Auflage
Wie zwei Singles eine Pärchenreise antraten und sich ineinander verliebten, wie der Scheich von Ras al-Chaima zum Stammkunden wurde, warum Sardinien plötzlich in Spanien lag und welcher Bus von Hamburg nach Kairo fährt ... Die Geschichten von 25 Jahren hinterm Last-Minute-Schalter von Maryam Komeyli sind lustig, spannend, rührend und verrückt. Obwohl sie 17 Stunden täglich arbeitet, hat sie zwei Babys: ihren Schalter am Hamburg Airport und ein Reisebüro auf der Reeperbahn. Ob Schnäppchenjäger, Kurzentschlossene, Nachtschwärmer, Prostituierte, Aussteiger - Maryam Komeyli schickt sie alle in den Urlaub.mehr

Produkt

KlappentextWie zwei Singles eine Pärchenreise antraten und sich ineinander verliebten, wie der Scheich von Ras al-Chaima zum Stammkunden wurde, warum Sardinien plötzlich in Spanien lag und welcher Bus von Hamburg nach Kairo fährt ... Die Geschichten von 25 Jahren hinterm Last-Minute-Schalter von Maryam Komeyli sind lustig, spannend, rührend und verrückt. Obwohl sie 17 Stunden täglich arbeitet, hat sie zwei Babys: ihren Schalter am Hamburg Airport und ein Reisebüro auf der Reeperbahn. Ob Schnäppchenjäger, Kurzentschlossene, Nachtschwärmer, Prostituierte, Aussteiger - Maryam Komeyli schickt sie alle in den Urlaub.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841903761
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum09.03.2015
Auflage1. Auflage
Seiten224 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1816912
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1
Mutter für ein paar Stunden

Es regnete. Nein, es goss. Und ein Blick aus dem Fenster in den Hamburger Himmel verriet mir: Das wird sich so schnell auch nicht ändern.

Ich wusste sofort: Es wird ein guter Tag. Regen ist gut für das Geschäft. Lang anhaltender, strömender Regen ist hervorragend für das Geschäft. Mein Geschäft.

Mein geliebter Last-Minute-Schalter befindet sich am Flughafen Hamburg. In Hamburg regnet es oft, wobei ich finde, es könnte ruhig noch ein wenig häufiger regnen. Wie gut ich die Norddeutschen verstehen kann, wenn sie mit durchnässter Kleidung an meinem Schalter stehen und den sehnlichen Wunsch nach Sonne äußern. Nach Wärme, einem Swimmingpool oder Strand, gern garniert mit Halbpension oder AI. Sie wissen schon, all inclusive. Schon ein Foto mit Palmen zaubert ein Lächeln auf die blassen Gesichtszüge der Deutschen. In Hamburg sind sie besonders blass.

Vorfreude ist die schönste, heißt es. Ich versuche Vorfreude in Glück umzuwandeln. Jeden Tag aufs Neue.

Und bei diesem Regen wird es viele Menschen mit Vorfreude geben, die vor meinem Schalter stehen werden, dachte ich, als ich mein 5 Quadratmeter großes Büro direkt hinter dem Schalter aufschloss. Das Geschäft an dem Tag lief gut. Alles wie immer. Jeder Tag ist ein guter Tag an meinem Schalter. Pauschalreisen in die Türkei, auf die Kanaren, fünf »Nur-Flug-Tickets« nach Cancún in Mexiko an eine Familie, deren Kinder erst im kommenden Jahr an Schulferien gebunden sein werden - die Zugfahrt nach Düsseldorf und einen Mietwagen vor Ort konnte ich noch dazuverkaufen. Sie mussten am kommenden Morgen bereits aufbrechen.

So ist das damals noch gewesen, das Geschäft mit kurzfristigen Reiseschnäppchen: Je schneller es losging, desto günstiger der Preis. Profis kamen oft mit gepackten Koffern zum Flughafen. Das ist für mich last minute in Reinkultur.

Reinkultur auch, was an diesem Tag so gegen 16 Uhr seinen Lauf nehmen sollte. Der Regen hatte noch immer nicht aufgehört. Der Weg vom Parkplatz ins Flughafengebäude reichte aus, um auch die bestsitzende Frisur in einen Trümmerhaufen zu verwandeln. Mein Schalter war damals im alten Charterterminal 1 des Hamburger Flughafens perfekt gelegen. Der Terminal war hässlich, mein Schalter schon immer schön. Gelegen direkt am Eingang.

Doch was war das?

Eine vierköpfige Familie ging triefend erst einmal an allen Schaltern vorbei. Ihre Taktik schien wie bei einem Flohmarktbummel: Das größte Schnäppchen lauert beim letzten Anbieter, kurz bevor zusammengepackt wird. Deshalb packe ich immer als Letzte ...

Ich bediente gerade andere Kunden, sonst hätte ich sie gleich abgefangen. Doch so zogen sie von einem Last-Minute-Schalter zum nächsten. Die Reiseanbieter saßen wie die Hühner auf der Stange. Hinter ihnen die damals noch mit Edding angeschriebenen Angebote. Menorca, 3***, ÜF, ab 499,-; Phuket, nur Flug, ab 899,-. Der Preis immer ganz groß, von wo es losging und wie lange die Reise dauern würde zweitrangig. Das spielt ja auch eine geringe Rolle, solange der Name des Reiseziels nach Traumurlaub, der Preis nach Schnäppchen klingt und die Aussicht auf Sonne die Menschen sehnsüchtig macht.

Die Familie war nur noch zwei Schalter entfernt. Der ältere Sohn sichtbar genervt und mit dem Capri-Eis in der Hand nicht mehr ruhigzustellen. Der Vater sichtbar genervt, weil er inzwischen seit 20 Minuten einen Maxi-Cosi-Babysitz durch den Terminal schleppen musste. Die Mutter sichtbar genervt, bislang nicht das entdeckt zu haben, was ihnen vorschwebte. Jetzt scannten sie die Reiseangebote der Konkurrenz am Nachbarschalter ab. Ich kannte deren Angebote besser als die Mitarbeiter hinterm Schalter und wusste, dass ich die Familie nicht an die Nachbarn verlieren würde. Als sie in Rufweite noch am Nachbarschalter stehen blieben, hauchte ich ihnen mein bestes »Hallo« entgegen. Der Vater nickte kurz herüber, das Baby war gerade eingeschlafen. Der Junge, der zwischen Vater und Mutter nach wie vor etwas genervt auf seinem Eisstiel kaute, war vielleicht fünf oder sechs Jahre alt. Trotz der Hatz schaute er sich neugierig um. Die Atmosphäre des Flughafens, die vielen Koffer, Menschen in Uniformen, Lautsprecherdurchsagen und natürlich die Nähe zu den startenden und landenden Flugzeugen, nimmt viele Menschen gefangen, Kinder lieben diesen Ort. Ich auch.

Der Vater nahm seine Frau an die kindersitzfreie Hand und zog sie in meine Richtung. Ich hatte das Gefühl: Endlich lächelte er einmal.

»Ich hätte vorher sagen können, dass Sie da nichts finden werden!«, begrüßte ich die Reisegruppe in spe. Seine spontane Antwort überraschte mich.

»Wir haben heute Morgen zueinander gesagt: Entweder kaufen wir uns heute bei Ikea ein neues Bett oder wir fahren in den Urlaub«, sagte er und dabei schaute er auf meine Angebote, die ich hinter mir an der Schalterrückwand angebracht hatte.

»Die erste Idee ist ja nun wirklich schlecht!«, sagte ich. »Investieren Sie lieber in Erlebnisse, nicht in Gegenstände.« Vater und Mutter lächelten, der Junge schwieg. Ich wusste, jetzt musste es schnell gehen. Nicht lange um den heißen Brei herumreden, nicht theoretisch über eine Reise sprechen, ohne etwas darüber zu wissen. Für viele meiner Kolleginnen und Kollegen ist es wichtig zu wissen, wohin die Reise gehen soll. Mir ist es wichtig, den Menschen Träume aufzuzeigen. Sie müssen sich im Geiste bereits am Pool, am Strand, mit dem Drink in der Hand an der Hotelbar sehen. Es musste ein Ziel auf den Tisch, und das möglichst schnell.

»Vielleicht Ibiza«, sagte die Frau.

»Vielleicht Italien«, sagte der Vater.

»Ne, Griechenland«, sagte ich und tippte dabei bereits auf der Tastatur, um die Angebote zu durchforsten. Ich wusste, ich musste nur noch eine Griechenlandreise verkaufen, dann wäre der Flieger voll. Nach Ibiza ging erst wieder fünf Tage später eine Maschine, zu viel Zeit, es sich anders zu überlegen. Und Italien? Vergiss Italien.

»Kreta, viereinhalb Sterne, Vollpension - wichtig, wegen der Kids«, las ich vor.

Die üblichen erwartungsfrohen Gesichter. Ich wusste, es ging nur um den Preis.

»Zehn Tage 499 Euro. Kaum zu glauben,« hängte ich etwas leiser an den Preis dran, sodass die Familie es aber noch gut hören konnte. »Wie alt ist der Große? Fünf, sechs? Das Baby ist ja eh umsonst ... für den Großen gibts einen Superrabatt!«

Ich bin Perserin, Tochter eines Teppichhändlers. Ich bin nicht sicher, vielleicht haben Teppichhändler in Deutschland kein gutes Image, aber sie können verkaufen. Die Regeln sind weltweit die gleichen. Ein bisschen Ungläubigkeit über das eigene Angebot, ein erstauntes Kopfschütteln, ein Lächeln, dem Kunden das Gefühl geben, ein richtig gutes Geschäft ist zum Greifen nahe.

Von meinem Vater habe ich viel gelernt. Es brachte immer wieder Spaß, es anzuwenden. Ich tat nichts Schlechtes. Die Teppiche meines Vaters waren immer von guter Qualität, er verhalf Menschen zu Luxus, am Ende war der Preis immer fair. Für beide Seiten. Und diese Reise war den Preis ebenfalls wert. Sie war gerade vor wenigen Stunden drastisch im Preis heruntergesetzt worden, lag deutlich unter der Hälfte des Originalpreises, da sie für Menschen, die Planungssicherheit benötigen, einen entscheidenden Haken hatte: Die Maschine hob bereits in drei Stunden ab. Bis jetzt hatte ich nur Ziel und Preis genannt ...

Hinten im Büro lagerte ich damals alle, wirklich alle Kataloge von allen Veranstaltern, die in Deutschland Reisen verkauften. Ich konnte immer den Originalkatalog der Originalreise des Originalveranstalters hervorholen. Dort gab es dann wunderschöne Bilder von den Hotels, von den Poolanlagen, immer aus günstiger Perspektive fotografiert, von den Stränden. Und: den Originalpreis schwarz auf weiß. Und dieses Viersternehotel auf Kreta war wirklich ein Schmuckstück. Klares Wasser, ein - für Kreta ungewöhnlich - von Kies- und Felsplateaus verschonter Sandstrand. Es sah auf diesen Fotos aus wie in der Karibik.

»Das sieht ja aus wie in der Karibik«, sagte die Frau zu ihrem Mann, dabei schlug sie die Augen auf.

Bis hierher hatte das Gespräch nur wenige Minuten gedauert - und dann tat ich überrascht über etwas, was ich natürlich seit dem frühen Morgen wusste und was für eine Familie mit zwei Kindern eigentlich einen Traumurlaub zum No-Go macht.

»Oh.«

Spannung lag in der Luft. »Ah, ein Haken oder warum Oh ?«, fragte die Frau.

»Der Flug, er geht schon heute Abend um 19 Uhr.«

Der Mann sah auf seine Uhr, dafür hängte er den Maxi-Cosi von einem Arm auf den anderen.

»Das ist ja schon in ... nicht einmal drei Stunden! Wie lange vorher müssen wir am Schalter sein?«

»Es heißt immer, 120 Minuten, aber die Schlange am Check-in muss ja erst einmal abgearbeitet werden. Da reichen also auch 90 Minuten. Umsonst ist das eben nicht, so ein Schnäppchen! Sie sehen doch, was die Reise eigentlich kosten sollte ...«, erwiderte ich und blockte schon einmal die Reise, damit sie mir nicht von einem anderen L´tur-Büro weggeschnappt werden konnte.

»Aber mal ehrlich, wie sollen wir das machen?«, die Frau war jetzt aufgeregt, der Mann wollte noch immer souverän wirken. Den Karibikstrand zum Greifen nahe, außerdem hatte er die Poolbar auf dem Foto gesehen. Ich hatte es am...

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