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Die Tote von Charlottenburg - Mord in Babelsberg

dtv Deutscher Taschenbuch Verlagerschienen am01.07.2016
Zwei packende Kriminalfälle im eBundle Die Tote von Charlottenburg: Kommissar Leo Wechsler und seine Freundin Clara Bleibtreu verbringen im Sommer 1923 ein paar Urlaubstage auf Hiddensee. Dort lernt Clara die Ärztin und Frauenrechtlerin Henriette Strauss kennen, eine lebhafte, charismatische Frau. Clara fühlt sich sofort zu ihr hingezogen. Doch im Herbst stirbt Henriette gänzlich unerwartet in ihrer Wohnung in Charlottenburg. Ihr Neffe will nicht an einen natürlichen Tod glauben. Und in der Tat hatte sich die Ärztin zu Lebzeiten viele Feinde gemacht ... Der dritte Fall für den Berliner Kommissar Leo Wechsler. Mord in Babelsberg: Berlin 1926. Im Hof einer eleganten Wohnanlage in Kreuzberg wird die Leiche einer Frau entdeckt, die mit einer roten Glasscherbe erstochen wurde. Kommissar Leo Wechsler muss am Tatort erkennen, dass es sich bei der Toten um seine ehemalige Geliebte Marlen Dornow handelt, die er seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Er erzählt niemandem von seiner Verbindung zu der Toten, auch nicht seiner Frau Clara, sondern stürzt sich verbissen in die Ermittlungen...Leo Wechslers vierter Fall.

Susanne Goga lebt als Autorin und Übersetzerin in Mönchengladbach. Sie ist Mitglied des deutschen PEN-Zentrums. Außer ihrer Krimireihe um Leo Wechsler hat sie mehrere historische Romane veröffentlicht und wurde mit verschiedenen literarischen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Goldenen HOMER für >Mord in BabelsbergNachts am Askanischen Platz<.
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Produkt

KlappentextZwei packende Kriminalfälle im eBundle Die Tote von Charlottenburg: Kommissar Leo Wechsler und seine Freundin Clara Bleibtreu verbringen im Sommer 1923 ein paar Urlaubstage auf Hiddensee. Dort lernt Clara die Ärztin und Frauenrechtlerin Henriette Strauss kennen, eine lebhafte, charismatische Frau. Clara fühlt sich sofort zu ihr hingezogen. Doch im Herbst stirbt Henriette gänzlich unerwartet in ihrer Wohnung in Charlottenburg. Ihr Neffe will nicht an einen natürlichen Tod glauben. Und in der Tat hatte sich die Ärztin zu Lebzeiten viele Feinde gemacht ... Der dritte Fall für den Berliner Kommissar Leo Wechsler. Mord in Babelsberg: Berlin 1926. Im Hof einer eleganten Wohnanlage in Kreuzberg wird die Leiche einer Frau entdeckt, die mit einer roten Glasscherbe erstochen wurde. Kommissar Leo Wechsler muss am Tatort erkennen, dass es sich bei der Toten um seine ehemalige Geliebte Marlen Dornow handelt, die er seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Er erzählt niemandem von seiner Verbindung zu der Toten, auch nicht seiner Frau Clara, sondern stürzt sich verbissen in die Ermittlungen...Leo Wechslers vierter Fall.

Susanne Goga lebt als Autorin und Übersetzerin in Mönchengladbach. Sie ist Mitglied des deutschen PEN-Zentrums. Außer ihrer Krimireihe um Leo Wechsler hat sie mehrere historische Romane veröffentlicht und wurde mit verschiedenen literarischen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Goldenen HOMER für >Mord in BabelsbergNachts am Askanischen Platz<.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423429344
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum01.07.2016
Seiten624 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3038
Artikel-Nr.1855953
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

HIDDENSEE, JULI 1923

Clara Bleibtreu wachte auf, als die ersten Sonnenstrahlen über das Bett tanzten. Sie reckte sich und genoss wie eine Katze die sommerliche Wärme, die durchs Fenster drang. Dann stützte sie sich auf einen Ellbogen und betrachtete den schlafenden Mann an ihrer Seite. Es war nicht ihre erste gemeinsame Nacht, aber alles erschien ihr jetzt ganz anders als sonst. Sie waren weit weg von Berlin, hatten die Großstadt mit ihrem Lärm und den Alltagssorgen hinter sich gelassen. Es war ein wunderbares Gefühl, von niemandem gestört zu werden, nicht mit einem Ohr auf die Türklingel oder das Telefon horchen zu müssen. Im Augenblick war Berlin mit seinem Elend, den politischen Unruhen und den bedrückenden Verbrechen weit weg.

Leo lag auf der Seite. Die dunklen Haare waren ihm ins Gesicht gefallen und verdeckten seine Augen. Auch die charakteristische Narbe, die ihr so vertraut geworden war, blieb verborgen. Clara ließ die Augen zärtlich über seine nackten Schultern und die schlanken, muskulösen Arme wandern und kam sich beinahe wie ein Voyeur vor, da sie die Verletzlichkeit des Schlafes ausnutzte, um Leo ungestört zu betrachten. Manchmal musste sie das tun, um wirklich zu begreifen, was mit ihr geschehen war.

Letztes Jahr im Sommer war Leo Wechsler zum ersten Mal in ihre Leihbücherei gekommen. Ein freundlicher, ein wenig distanziert wirkender Mann, der Lektüre für seine Kinder suchte. Sie waren einander sympathisch gewesen, aber auch scheu, da beide leidvolle Erfahrungen hinter sich hatten. Irgendwann hatte er von seinem Beruf als Kriminalkommissar erzählt, dem Leben mit zwei noch kleinen Kindern, deren Mutter während der großen Grippeepidemie nach dem Krieg gestorben war. Außerdem lebte seine unverheiratete Schwester bei ihnen, die ihm seither den Haushalt führte.

Clara hatte lange gezögert, bevor sie etwas von sich preisgegeben hatte. Sie sprach ungern über ihre unglückliche Ehe. Sie war schuldig geschieden worden, was zu einem Bruch mit ihrer Familie geführt hatte. Danach hatte sie sich ein neues Leben aufgebaut, in dem sie sich nur auf sich selbst verließ, hatte eine Schutzmauer errichtet, um nie wieder so tief verletzt zu werden. Leo Wechsler war der erste Mann, dem sie einen Blick hinter die Mauer gestattete. Eine zufällige Begegnung mit ihrem früheren Ehemann hatte sie schließlich dazu gezwungen, Leo die Wahrheit zu sagen, was ungeheuer befreiend gewesen war.

An einem Winterabend hatte sie ihn mit in ihre Wohnung genommen. Clara wusste, dass es auch in heutiger Zeit noch ungewöhnlich war, wenn eine Frau einem Mann zeigte, dass sie mit ihm schlafen wollte. Leo war anfangs sehr zurückhaltend gewesen, weil er von ihrer unglücklichen, von Gewalt und Rücksichtslosigkeit geprägten Ehe wusste; er wollte sie nicht verletzen. Irgendwann aber hatte ihre Lust die Furcht überwunden. Als sie nackt vor ihm gestanden und seine Hand auf ihre Brust gelegt hatte, war eine Welle über sie hinweggefegt und hatte sie von den Füßen gerissen.

In den vergangenen Monaten war Clara glücklicher gewesen als je zuvor und ahnte doch, dass es nicht immer so weitergehen konnte. Denn sie fühlte sich nie ganz frei, wenn sie Leo zu Hause besuchte, und scheute davor zurück, im Beisein seiner Schwester ihre Gefühle offen zu zeigen.

Die Tage auf Hiddensee waren von einer Unbeschwertheit, nach der sie süchtig zu werden drohte. Sie hatten gezögert, als unverheiratetes Paar zu verreisen. Dann aber war Clara auf Hiddensee verfallen, weil die Insel als Künstlerkolonie galt und man dort gewiss weniger strenge Maßstäbe anlegte. Sie hatte es nicht bereut. Leo ganz für sich allein zu haben, war eine Erfahrung, die sie zutiefst berührte.

Die Sonne schien warm durchs Fenster; ein Frühmorgenspaziergang wäre genau das Richtige. Clara stand behutsam auf und zog sich an, nahm die Schuhe in die Hand und schlich aus Leos Zimmer. Sie hatten getrennte Zimmer in der Pension genommen, um neugierige Fragen der Pensionswirtin zu vermeiden.

Im Haus war es noch still, nur aus dem Frühstückszimmer erklang das Klappern von Geschirr. Sie glitt leise an der Tür vorbei, damit Frau Sommer, die Besitzerin, sie nicht bemerkte.

Das kleine Seebad Vitte, in dem sich die Pension befand, bestand aus einer Ansammlung vereinzelter Häuser, umgeben von grünen Wiesen. Jenseits der Wiesen gab es nur noch den Strand und die Ostsee. Um diese Zeit war kaum jemand unterwegs.

Clara zog die Schuhe gar nicht erst an und genoss es, das frische Gras, auf dem der Tau schon getrocknet war, unter den Füßen zu spüren. Der Sand war kühl, feucht und angenehm fest. Sie ging bis ans Wasser und blieb stehen, bis sie allmählich einsank, während die Brandung ihre Knöchel umspülte. Sie bückte sich und hob ein paar Muscheln auf, die wollte sie für Georg und Marie, Leos Kinder, mitnehmen. Auf ein Stückchen Bernstein hatte sie auch gehofft, war bis jetzt aber noch nicht fündig geworden. Dann musste sie eben eines im Andenkenladen kaufen.

Im Weitergehen wäre sie fast mit einer Frau zusammengeprallt. Clara war so versunken gewesen, dass sie sie gar nicht bemerkt hatte.

Die Frau stand auf einem Bein, die Arme über den Kopf erhoben, die Fingerspitzen aneinandergelegt, und schaute Clara gelassen an. »Ein wunderschöner Morgen für einen Spaziergang.«

»In der Tat. Bitte verzeihen Sie, wenn ich störe, ich war in Gedanken.«

»Es ist ja nichts passiert.«

Die Frau mochte Ende dreißig sein. Am auffallendsten war ihr goldbraunes, seidig schimmerndes Haar. Sie trug es lang, aber nur lässig im Nacken zusammengesteckt. Ihr schlichtes weißes Kleid schien dem Haar den Vortritt zu lassen, sodass es alle Aufmerksamkeit auf sich zog. Die Frau hatte eine tiefe Altstimme, die ein wenig heiser klang. Als Clara genauer hinschaute, bemerkte sie die kleinen Fältchen an Augen und Mundwinkeln und korrigierte ihre Schätzung auf einige Jahre über vierzig. Kein schönes, aber ein ausdrucksvolles Gesicht, ein Gesicht, an das man sich erinnerte.

Sie wollte weitergehen, doch die Frau setzte den zweiten Fuß auf den Boden und machte einen Schritt auf sie zu. »Ich bin ohnehin fertig. Was gibt es Schöneres als Yoga am Strand?«

Clara hatte einmal von Yoga gelesen, aber nie gesehen, wie jemand es praktizierte.

»Eine asiatische Kunst, nicht wahr?«

»Ja. Das war die Baum-Position«, erklärte die Frau und streifte die weißen Leinenschuhe über, die neben ihr im Sand standen.

»Sind Sie schon einmal in Asien gewesen?«

»Ja, vor langer Zeit. Ich habe dort Yoga gelernt. Hier mag es exotisch wirken, aber in vielen Ländern gehört es zum Alltag.« Die Frau breitete impulsiv die Arme aus, als wollte sie Meer und Strand umfangen. »Schauen Sie nur - außer uns kein Mensch, so weit man sehen kann, keine Eisverkäufer und Limonadenhändler, nicht einmal ein Fischer â¦«

»Sind Sie eine Menschenfeindin?«, fragte Clara leicht belustigt.

»Keineswegs, aber wenn man das Jahr über in Berlin lebt, gewinnt die Einsamkeit durchaus an Anziehungskraft«, entgegnete die Frau lächelnd. Dann fügte sie mit einem leichten Nicken hinzu: »Henriette Strauss.«

»Clara Bleibtreu. Ich glaube, ich habe Ihren Namen schon einmal gehört.« Clara hob die Hand. »Sind Sie Ärztin?«

»Ja«, erwiderte die Frau.

»Jetzt fällt es mir ein. Meine Freundin Magda Schott hat Sie erwähnt.«

»Ja, wir kennen uns.«

»Verzeihen Sie, dass ich so viel frage. Aber ich bin unheilbar neugierig«, sagte Clara.

Henriette Strauss lachte. »Wenn Sie mir von sich erzählen, erzähle ich auch von mir.«

»Abgemacht.«

Henriette Strauss holte eine silberne Dose heraus und bot Clara eine Zigarette an, die diese dankend ablehnte.

»Wenn ich Sie nicht in Ihrer Morgeneinsamkeit störe, können wir ein Stück gemeinsam gehen«, schlug die Ärztin vor.

Clara nickte. Während sie nebeneinander über den feuchten, mit Muschelsplittern übersäten Sand schlenderten, sah sie die ältere Frau von der Seite an. »Darf ich Sie noch etwas fragen?«

»Nur zu.«

»Ärztinnen sind nach wie vor etwas Besonderes, nicht wahr? Ich stelle es mir schwer vor, als Frau diesen Beruf auszuüben. Mussten Sie sehr für Ihre Ausbildung kämpfen?«

Henriette Strauss stieß eine Rauchwolke in die Morgenluft und verzog das Gesicht. »Heutzutage geht es. Der Krieg hat vieles verändert. Wenn man die jahrelangen Erniedrigungen ertragen kann und sich bewährt, erhält man irgendwann die verdiente Anerkennung. Aber es dauert länger und kostet mehr Kraft als bei jedem Mann.«

»Für Frauen ist es sicher angenehmer, von einer Ärztin behandelt zu werden.«

»Und von ihr beraten zu werden. Ich arbeite nicht nur im Krankenhaus, sondern auch in einer Beratungsstelle für Frauen. Dort geht es meist um Schwangerschaft, Verhütung, Stillen und Ehestreitigkeiten. Es ist mühsam, immer wieder gegen Mauern anzurennen, die man schon längst niedergerissen glaubte. Viele Ärzte und Politiker, darunter übrigens auch Frauen, wollen nicht begreifen, dass wir in einer neuen Zeit leben«, sagte die Ärztin und strich sich mit einer anmutigen Geste die Haare aus dem Gesicht.

»Gibt es viele, die mit Ihnen zusammenarbeiten?«

Henriette Strauss schüttelte den Kopf. »Leider sind wir immer noch wenige und müssen uns für das, was wir tun, fortwährend rechtfertigen. Glauben Sie nicht, ich schwelgte in Selbstmitleid. Aber wenn man Dinge verändern will...
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Susanne Goga lebt als Autorin und Übersetzerin in Mönchengladbach. Sie ist Mitglied des deutschen PEN-Zentrums. Außer ihrer Krimireihe um Leo Wechsler hat sie mehrere historische Romane veröffentlicht und wurde mit verschiedenen literarischen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Goldenen HOMER für >Mord in BabelsbergNachts am Askanischen Platz