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Kuckucksei

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
454 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am16.11.20151. Auflage
?Kuckucksei? schildert bis ins Detail die hochdramatische Jagd nach deutschen Hackern, die in amerikanische Computernetze eingedrungen waren. Es ist der autobiografische Report eines amerikanischen Computercracks, der leidenschaftlich für die Sicherheit der Datennetze kämpft. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Clifford Stoll, geboren 1951, ist Astronom und wurde einer breiten Öffentlichkeit mit seinen Bestsellern ?Kuckucksei? und ?Wüste Internet? als Buchautor und Spezialist für Datenschutz und Computersicherheit bekannt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR4,99

Produkt

Klappentext?Kuckucksei? schildert bis ins Detail die hochdramatische Jagd nach deutschen Hackern, die in amerikanische Computernetze eingedrungen waren. Es ist der autobiografische Report eines amerikanischen Computercracks, der leidenschaftlich für die Sicherheit der Datennetze kämpft. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Clifford Stoll, geboren 1951, ist Astronom und wurde einer breiten Öffentlichkeit mit seinen Bestsellern ?Kuckucksei? und ?Wüste Internet? als Buchautor und Spezialist für Datenschutz und Computersicherheit bekannt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105607244
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum16.11.2015
Auflage1. Auflage
Seiten454 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1864258
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1. Kapitel

Ich ein Computercrack? Bis vor einer Woche war ich noch ein Astronom gewesen, der ganz zufrieden Teleskop-Optiken konstruierte. Wenn ich darauf zurückblickte, hatte ich in einem akademischen Traumland gelebt. Und während all dieser Jahre hatte ich nie für die Zukunft geplant, bis zu dem Tag, an dem mein Forschungsauftrag auslief.

Zu meinem Glück recyclete mein Labor gebrauchte Astronomen. Statt stempeln zu gehen, wurde ich vom Keck Observatorium am Lawrence Berkeley Laboratory (LBL) runter ins Rechenzentrum im Kellergeschoß desselben Gebäudes verfrachtet.

Also, verdammt nochmal, ich konnte den Computercrack so gut mimen, daß die Astronomen immer beeindruckt waren, dann würde ich wohl auch hier bald so gut mithalten können, daß meine Kollegen mir nicht auf die Schliche kämen. Denn - ich, ein Computercrack? Nein - ich bin Astronom.

Und was jetzt? Als ich apathisch auf mein Computerterminal starrte, dachte ich immer noch an Planetenumlaufbahnen und Astrophysik. Für eine Weile schuf mein Miesepeter-Rückzug in mich selbst noch Distanz zu meiner neuen Welt.

Als Neuer in diesem Haufen hatte ich die Wahl zwischen einer Besenkammer mit Fenster und Aussicht auf die Golden Gate Bridge und einem Büro ohne Belüftung, aber mit einer Wand voller Bücherregale. Ich schluckte meine Platzangst runter und nahm das Büro, in der Hoffnung, es würde niemandem auffallen, wenn ich unter dem Schreibtisch schlief. In den Büros nebenan saßen zwei Systemleute, Wayne Graves und Dave Cleveland, alte Hasen auf ihrem Gebiet. Ich sollte meine Nachbarn bald durch ihre Streiterei kennenlernen.

Wayne hielt alle anderen für inkompetent oder faul und lag daher mit der übrigen Mannschaft über Kreuz. Trotzdem kannte er das System durch und durch, vom Plattencontroller bis zu den Mikrowellenantennen. Wayne war eingeschworen auf VAX-Computer von Digital Equipment Corporation (DEC), dem nach IBM zweitgrößten Computerhersteller in der Welt, und akzeptierte nichts anderes.

Dave, unser heiterer Unix-Buddha, lauschte geduldig Waynes ununterbrochenem Strom von Computervergleichen. Kaum ein Gespräch gipfelte nicht in Waynes Satz: »Die VAX ist bei allen Wissenschaftlern der Computer Nummer 1, und man kann mit ihm auf tausend Arten mächtige Programme entwickeln.«

Dave erwiderte stets geduldig: »Okay, halte du deine VAX-Süchtigen bei Laune, und ich kümmere mich um den Rest der Welt.« Dave gab ihm nie die Genugtuung, sich zu ärgern, und Waynes Beschwerden verebbten schließlich in unverständlichem Genöle. Na, großartig. Erster Arbeitstag, eingeklemmt zwischen zwei Typen, die meine Tagträume mit ihren ewig gleichen Disputen wie Seifenblasen platzen ließen.

Wenigstens würde sich niemand über mein Äußeres beschweren. Ich trug die Berkeley-Standarduniform: kariertes Hemd, abgewetzte Jeans und billige Latschen. Gelegentlich trug ein Systemverwalter (oder auch Systemmanager genannt), eine Krawatte, aber an diesen Tagen sank gewöhnlich die Produktivität.

Wayne, Dave und ich sollten gemeinsam die Computer als Dienstleistungsanlage für das gesamte Labor betreuen. Wir verwalteten ein Dutzend Zentralrechner - riesige Arbeitspferde zur Lösung physikalischer Probleme, die zusammen rund sechs Millionen Dollar wert waren. Den Wissenschaftlern, die diese Computer benutzten, sollte ein einfaches, leistungsfähiges Rechnersystem zur Verfügung stehen, das so zuverlässig war wie die Elektrizitätsgesellschaft. Das hieß, die Maschinen mußten die ganze Zeit laufen, rund um die Uhr. Und wie jede andere Service-Firma stellten wir jede Benutzung in Rechnung.

Von den viertausend Labormitarbeitern nutzte vielleicht ein Viertel die Zentralrechner. Jedes dieser tausend Konten wurde täglich aufsummiert, und der Computer führte ein elektronisches Hauptbuch. Weil eine Stunde Rechenzeit immerhin 300 Dollar kostete, mußte unsere Buchhaltung genau arbeiten, also verzeichneten wir jede ausgedruckte Seite, jeden Block Plattenspeicherplatz und jede Minute Prozessorzeit. Ein eigener Computer sammelte diese Zahlen und sandte monatliche Rechnungen an die Laborabteilungen.

Und so geschah es, daß Dave an meinem zweiten Arbeitstag in mein Büro marschierte und etwas von einem Schluckauf im Unix-Abrechnungssystem murmelte. Irgend jemand mußte ein paar Sekunden Rechenzeit verbraucht haben, ohne dafür zu bezahlen. Die Computerbücher gingen nicht ganz auf: Die letzte Monatsrechnung über 2387 Dollar wies ein Defizit von 75 Cents aus. Nun ist ein Fehler von ein paar Tausend Dollar offensichtlich und nicht schwer zu finden. Aber Fehler in der Cent-Spalte stammen von tiefverborgenen Problemen; sie aufzudecken ist deshalb eine Herausforderung für jeden sich mausernden Softwarecrack. Dave meinte, ich solle mal darüber nachdenken.

»Astreiner Raub, was?« fragte ich.

»Krieg´s raus, Cliff, und alle werden staunen«, sagte Dave.

Das sah ganz nach einer netten Spielerei aus, also vergrub ich mich in das Abrechnungsprogramm.

Ich stellte sehr bald fest, daß unsere Abrechnungssoftware ein Flickenteppich aus Programmen war, die längst entschwundene Werkstudenten geschrieben hatten. Jedenfalls funktionierte der Eintopf gut genug, so daß sich niemand darum kümmerte. Dann sah ich mir die Programm-Mixtur genauer an; sie war in Assembler, Fortran und Cobol geschrieben, den ältesten aller Computersprachen. Hätte auch klassisches Griechisch, Latein oder Sanskrit sein können.

Wie bei der meisten Software Marke Eigenbau hatte sich niemand die Mühe gemacht, unser Abrechnungssystem zu dokumentieren. Nur ein Irrer würde seine Nase ohne Karte in solch ein Labyrinth stecken.

Aber es war ein Zeitvertreib für den Nachmittag und eine Gelegenheit, das System kennenzulernen. Dave zeigte mir, wie es, immer wenn sich jemand bei dem Computer anmeldete, den Benutzernamen und das Terminal speicherte. Es versah jede Verbindung mit der Uhrzeit und zeichnete auf, welche Aufgaben er durchführen ließ, wie viele Sekunden Prozessorzeit er benötigte und wann er sich abmeldete.

Dave erklärte, daß wir zwei unabhängige Abrechnungssysteme hätten. Die normale Unix-Abrechnungssoftware speicherte nur die datierten Aufzeichnungen in einer Datei. Um aber die Bedürfnisse von ein paar Bürokraten zu befriedigen, die wissen wollten, welche Abteilungen die Computer benutzten, hatte Dave ein zweites Abrechnungssystem installiert, das detailliertere Aufzeichnungen über die Computerbenutzer machte.

Im Lauf der Jahre hatte eine lange Reihe gelangweilter Werkstudenten Programme geschrieben, um diese ganzen Abrechnungsinformationen zu analysieren. Ein Programm sammelte die Daten und legte sie in einer Datei ab. Ein zweites Programm las die Datei und berechnete die Kosten für den jeweiligen Zeitraum. Und ein drittes sammelte all diese Kosten und druckte Rechnungen aus, die an jede Abteilung geschickt wurden. Das letzte Programm addierte alle Benutzergebühren auf und verglich das Gesamtergebnis mit dem Ergebnis des computerinternen Abrechnungsprogramms. Und zwei Abrechnungsdateien, die von verschiedenen Programmen parallel geführt wurden, sollten eigentlich dasselbe Ergebnis erbringen.

Ein Jahr lang hatte es keine Differenzen gegeben, diese Woche aber war etwas nicht ganz in Ordnung. Die naheliegende Erklärung: ein Rundungsfehler. Wahrscheinlich war jeder Abrechnungsposten korrekt; wurden sie aber addiert, summierten sich Differenzen von Zehntel-Cents bis zu einem Fehler von 75 Cents auf. Ich sollte in der Lage sein, dies zu beweisen, indem ich entweder analysierte, wie die Programme arbeiteten, oder indem ich sie mit verschiedenen Daten testete.

Statt mir den Code jedes Programms mühsam zu entschlüsseln, schrieb ich kurzerhand ein Programm zur Kontrolle der Dateien. In ein paar Minuten hatte ich das erste Programm geprüft: Es sammelte die Abrechnungsdaten wirklich korrekt. Hier gab´s keine Probleme.

Zur Simulation des zweiten Schrittes brauchte ich länger, aber in einer Stunde hatte ich ein ausreichendes ad-hoc-Programm zusammengeklopft, um zu beweisen, daß auch das zweite Programm richtig funktionierte. Es addierte einfach die Zeitintervalle auf und multiplizierte sie mit den Kosten für die Rechenzeit. Also lag der 75-Cent-Fehler nicht an diesem Programm.

Auch das dritte Programm arbeitete perfekt. Es sah in der Liste der autorisierten Benutzer nach, fand ihre Laborkonten und druckte eine Rechnung aus. Rundungsfehler? Nein, jedes der Programme verzeichnete das Geld bis auf den Hundertstel Cent. Kumulative Fehler würden bei den Zehntel-Cents auftreten. Seltsam. Woher kam dann dieses 75-Cent-Defizit?

Ich hatte nun bereits einige Stunden in den Versuch investiert, ein triviales Problem zu verstehen. Und ich wurde stur: Verdammt, ich würde bis Mitternacht hierbleiben, wenn´s sein mußte.

Nach einigen weiteren Testprogrammen fing ich an, dem Mischmasch der hausgemachten Abrechnungsprogramme wirklich zu vertrauen. Keine Frage, die Rechnungen gingen nicht auf, aber es war sicher kein Rundungsfehler, und die Programme waren zwar nicht kugelsicher, aber sie verschlampten keinen Cent. Ich hatte auch die Listen der autorisierten Benutzer gefunden und fand heraus, wie die Programme die Datenstrukturen nutzten, um den verschiedenen Abteilungen Rechnungen auszustellen. Gegen 19 Uhr fiel mir ein Benutzer namens Hunter auf. Dieser Typ hatte keine gültige Rechnungsadresse.

Ha! Hunter hatte im letzten Monat für 75 Cents Rechenzeit verbraucht, aber niemand hatte für ihn bezahlt. Er war die...
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